Das Geschäftsmodell von SpaceX

In der letzten Zeit häufen sich ja die Meldungen von SpaceX. Erst die Ankündigung einer Rakete für die es keine Nutzlasten gibt, dann die Pläne auf dem Mars zu landen und dann die fast schon hilflose Beteuerung, „Ja wir können wirklich Raketen zu dem Preis bauen und auch starten“. Das gibt Diskussionsstoff, aber ich will darauf gar nicht eingehen. Denn ich meine ich und viele andere, haben die Firma bisher völlig falsch eingeschätzt.

Also ich beginne jetzt mal einige Jahre vor SpaceX. Elon Musk gründet 1995 Zip2 und verkauft es 1999 für 306 Millionen Dollar an Compaq. Die Firma hat damals nicht mehr im Portfolio als eine Idee für ein Dotcom Produkt (man hat nach Ende der Blase auch nichts mehr von Zip2 gehört). Als nächstes gründet er X.com, das mit einem Unternehmen fusioniert, das PayPal entwickelt und wieder verkauft Musk, bevor das Produkt auf dem Markt erscheint. Dieses mal an ebay.

In beiden Fällen hat er die Firmen verkauft, als sie in der Phase waren, dass sie etwas in der Entwicklung hatten, das vielversprechend war, ohne aber das es auf dem Markt war (und damit die ganzen Kosten auf einen zukommen und eventuell die Probleme).

Nun hat Elon Musk in zwei neue Firmen investiert, Tesla Motors und SpaceX. Beide versprechen die Lösung von Problemen: Tesla den der Abhängigkeit vom Erdöl und SpaceX die der hohen Transportkosten ins Weltall. Nun gibt es einen Unterschied zu Softwarefirmen. Die Chancen, dass man als Automobilhersteller oder Raumfahrtunternehmen wenige Jahre nach der Gründung aufgekauft wird, sind klein. Häufiger sind Fusionen, aber dann sind meist beide Firmen recht groß. Damit kann man als Raumfahrtfirma nicht das große Geld machen. Doch Tesla zeigt wie es auch wie es gehen kann. Die Firma war immer in den roten Zahlen, 2009 machte Tesla alleine 55,9 Millionen Dollar Verlust. Aber sie ist prominent vertreten. Wenn immer von Elektroautos im Fernsehen die Rede ist taucht Tesla mit ihrem Flitzer auf. Sie sponsern Fernsehserien (Leverage) oder nehmen an Events teil wie einem Elektroautorennen. Kurzum: sie sind bekannt. Dazu gibt es einige Prominente die ihre Sportwagen gekauft haben, die als Werbeträger fungieren. Das alles führte dazu, dass als Tesla letzte Jahr an die Börse ging, die Nachfrage nach den Aktien so groß war, dass am Vorabend noch die Aktienmenge um 20% erhöht wurde. Das spülte dann 226 Millionen Dollar in die Kasse. Viel Geld für eine Firma die nur 600 Mitarbeiter hat.

Die Börse ist auch heute noch der Weg wie man viel Geld bekommen kann. Börsen honorieren weniger laufende Einkünfte, aktuelle Gewinne, sondern vielmehr zukünftige Gewinne, zukünftige Aufträge, mögliches Firmenwachstum, denn jeder Anleger hofft ja für die Zukunft auf Gewinne und steigende Kurse. Wir alle kennen noch die DOTCOM Blase, wo Firmen enorme Kursgewinne realisierten, nur weil sie ein Konzept hatten, das vielversprechend war, egal ob die Firma derzeit nur Verlust macht. Und das kann man ausnutzen. Es gibt hier in Deutschland zwei Beispiele wie dies lief. Das jüngere ist Cargolifter. Auch hier wurde ein epochales Konzept gefeiert und mit Vorschusslorbeeren bedacht. Es gab keine Aufträge, keine Fertigungshalle, nichts und der Aktienkurs war hoch und die Firmenbesitzer mit hohem Anteil an Cargolifter machten die Kasse. Das zweite ist die OTRAG – auch hier kam es nie zu einem Orbitalstart. Mehr als maximal 4 Module, entsprechend einer durchschnittlichen Höhenforschungsrakete, hat die Firma nie gestartet. Dabei hatte sie eine Anfangsfinanzierung von 150 Millionen DM (berücksichtigt man die Inflation, so ist dies mehr als SpaceX jemals an Investment aufwies). Aber Lutz Kayser wurde reich: Von dem Kapital gingen gleich mal 25 Millionen DM für die Rechte an seinen Erfindungen.

Hat man diesen Mechanismus kapiert, so macht die Firmenpolitik Sinn. Eigentlich ist der Beförderungssektor ein sehr konservativer Sektor. Was zählt, sind sicher auch Startpreise, aber auch Vertrauen, Sicherheit, Zuverlässigkeit. Die Firmen verändern ihre Träger nur langsam und evolutionär. Größere Änderungen bergen immer das Risiko von Fehlschlägen, wie sich ja beim Vulcain 2 Ersteinsatz bei der Ariane 5ECA zeigte. Andere Beispiele kennt sicher jeder Raumfahrtfan, wie die Delta 3. Was macht dagegen SpaceX? Sie verändern permanent die Spezifikationen. Bei der Falcon 9 kann man nun schon drei verschiedene Versionen mit Startmassen von 332 bis 480 t und Nutzlasten von 6,8 bis 16 t unterscheiden. Andere Modelle werden angekündigt und dann nicht gebaut (Falcon V). Das Launchmanifest ist zwar anders, als bei anderen Firmen, öffentlich, doch die angekündigten Starts wurden niemals in dem Zeitraum durchgeführt. Seit drei Jahren kündigt die Firma 4-5 Starts der Falcon 9 pro Jahr an, hat aber noch nie mehr als zwei durchgeführt.

Sieht man dies aus der Sicht eines Kunden, so ist das nicht vorteilhaft. Schließlich will der Kunde die Gewissheit haben, dass ein Satellit zu einem bestimmten Zeitpunkt im Orbit ist und dies auch mit einem eingeführten und bewährten Träger unter bekannten Belastungen. Das ist wenn die Trägerrakete laufend verändert wird und das Manifest sich um Jahre verschiebt, schwer möglich. Daher sind die meisten Starts, die nicht mit der ISS zu tun haben, sondern vom freien Markt kommen, auch erst in den nächsten Jahren geplant, in der Hoffnung bis dahin ist der Träger erprobt, nicht eine erneute Revion ansteht ist und die Firma auch einen Start durchführen kann. Der erste Kunde ist ja schon zu Arianespace abgesprungen.

Was allerdings der Horror für einen laufenden Betrieb ist, das wird von der Börse honoriert. Sieht man dies mal in diesem Licht, so hat die Firma nur in den letzten 6 Wochen folgendes verlautbart:

  • Sie wird einen noch größeren, preislich noch attraktiveren Träger entwickeln, mit dem nun eventuell auch NASA/DoD/NRO Aufträge hinzukommen.
  • Sie wird die Kapsel für bemannte Einsätze weiterentwickeln und damit eventuell auch um den Crewtransport sich bewerben können
  • Sie plant sogar den Einsatz in einem Marsunternehmen, was dann alle bisherigen Aufträge zu Peanuts machen würde
  • Sie beteuert, dass sie die Startkosten wirklich erbringen kann und auch starten kann.

Das alles sieht nach der Möglichkeit aus, bei einem Investment enorm viel zu verdienen. Alleine das Militär gibt pro Jahr 1,7 Milliarden für Startaufträge aus – da ist der Beförderungsauftrag zur ISS, der etwas kleiner ist, aber einen Zeitraum von vier Jahren abdeckt, klein dagegen. Von den enormen Gewinnen mal abgesehen, wenn die Firma bei der bemannten Raumfahrt oder einem Marsunternehmen mitspielen würde mal ganz abgesehen.

Ich prophezeie: Wenn die Firma an die Marktkapitalisierung geht, also an die Börse, wird sie enorm viel wert sein. Und Elon Musk noch reicher als vorher – bisher hat er rund 100 Millionen Dollar in die Firma investiert. Der Großteil der gesamten Finanzierung kam von der NASA, die schon jetzt mindestens 700 Millionen Dollar an Vorschüssen für Aufträge bezahlt hat.

Danach wird er es wie Lutz Kayer machen – sich mit dem Geld aus dem Staube. Denn wie ich an anderer Stelle erläutert habe, profitiert die Firma bisher von der NASA und dem Vorschusssystem: Auch wenn das bei COTS und dem Commercial Resupply System ist das so, wenn nun auch etwas anders auf der Basis von Meilensteinen. Das wichtigste ist, dass die NASA schon lange vor dem Start enorme Summen vorfinanziert, bei COTS z.B. 278 der 298 Millionen Dollar vor dem ersten Flug. Das erlaubte der Firma bislang die gesamte Entwicklung zu finanzieren, bzw. mit weiteren Zuschüssen für zukünftige Entwicklungen (alleine in den letzten sechs Monaten erhielt SpaceX 155 Millionen Dollar dafür von der NASA) finanziert sie die nun durchzuführenden Flüge. Das ist wie bei Verschuldeten, die einen neuen Kredit aufnehmen um einen alten zu tilgen.

Aber es ist das Konzept das rasches Wachstum suggeriert und von Börsen honoriert wird. Was wird kommen? Ich denke in einigen Monaten, bevor die durchzuführenden Flüge das Budget belasten und dann rote Zahlen resultieren, wird SpaceX an die Börse gehen – eine Firma in die Elon Musk rund 100 bis 150 Millionen Dollar investiert hat, mit einem Auftragsvolumen von 2-3 Milliarden Dollar. Der Wert an der Börse wird hoch sein und da Elon Musk von den Investoren am meisten eingezahlt hat wird er dann noch reicher sein (das die NASA die Firma inzwischen zu 80-90% finanziert, juckt nicht, da sie ja nur Aufträge vergibt aber kein Investor ist). Er wird dann wahrscheinlich als CEO zurücktreten und still und heimlich seine Aktien verkaufen, solange die Blase noch nicht geplatzt ist und der Kurs ins bodenlose fällt. Wieder einmal nach Paypal, Zip2 und Tesla Motors hat er eine Idee verkauft…

Einige nennen es Bashen, ich nenn es Aufklärung

Ich kannte bis vor ein paar Monaten den Ausdruck „Bash“ nur als Namen einer populären Unix Shell, deren zig verschiedene Möglichkeiten ich während des Studiums kennen lernte. Dann las ich das „SpaceX Bashing“ betreibe. Also, wenn man die Verlautbarungen dieser Firma kritisch auf Wahrheitsgehalt untersucht oder basierend auf den letzten 50 Jahren Weltraumfahrt feststellt, dass es keinen Markt für 20 Flüge zu je 50 t Nutzlast pro Jahr gibt, dann betreibt man Bashing.

Ich sehe das so: Es gibt diese Firma, die im Abstand von mehreren Wochen immer unglaublichere Dinge ankündigt. Derzeit ist glaube ich der Stand der Dinge, dass sie in 10 bis 15 Jahren auf dem Mars landen wollen. Ich denke bis Jahresende wird noch was unglaublicheres kommen. Das wird auf den entsprechenden Portalen wiederholt und manchmal auch von Nachrichtenagenturen. Ja das von KlausD vertretene Portal ist da keine Ausnahme – es gibt also nirgendwo einer kritische Auseinandersetzung. Im Gegenteil , vergleiche ich die letzte Meldung von SpaceX mit der von raumfahrer.net so stehen dort sogar Dinge dein, die man bei SpaceX nicht findet, wie das die NASA bestimmte Dinge nicht wiedersprechen würde (als ob die NASA sich jemals überhaupt zu irgendwelchen Ankündigungen von SpaceX geäußert hätte). Das ist eine sehr komische Vorstellung von Berichterstattung. Sicher sie ist hier nicht neutral, aber ich bin ja auch kein Portal, das bei anderen Meldungen diese einfach 1:1 von englisch in Deutsch übersetzt, sondern eine private Website. Continue reading „Einige nennen es Bashen, ich nenn es Aufklärung“

Am 4.Mai: 50 Jahre Strato-Lab V

Leider mit einer kleinen Verspätung ein weiterer Artikel zu einem ballonhistorischen Ereignis: Hatte Nick Piantanida den inoffiziellen Ballon-Höhenrekord geholt, wurde der heute noch geltende offizielle Rekord am 4. Mai 1961 aufgestellt: Der Ballon hieß Strato-Lab V und an Bord: Die beiden Navy-Offiziere Malcolm Ross und Victor Prather.

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Neues von der Bücherfront

Ich habe vor zwei Wochen das Manuskript des Skylab Buchs von Arne zurückbekommen, der erstmals bei diesem Buch Korrekturleser war und wie ich finde recht gute Arbeit geleistet hat. Derzeit bin ich dabei nach Bildern zu suchen und danach werde ich wohl die geeignetsten ausselektieren müssen und diese ins Manuskript einfügen. Ich hoffe das Buch kann dann noch im Mai erscheinen. Bisher habe ich 318 Seiten Text, die Bilder vergrößern die Länge typischerweise um ein Viertel, sodass ich rechne dass es dann rund 400 Seiten werden.

Ich will das mal nutzen um über die kommenden Projekte zu referenzieren. Es wird längere Zeitabstände zwischen den Büchern geben, weil ich eine gewisse Sättigung verspüre. Nach zehn Titeln (die beiden Manuskripte eingeschlossen) ist so ein bisschen die Luft raus. Ich habe es inzwischen aufgegeben um Rezensionen zu bitten. Es scheint als bekäme man die nur durch „Vitamin B“. Anders kann ich mir nicht erklären das die neuen Bücher anderer Autoren immer zeitnah rezensiert werden und ich zehnmal nachfragen kann und keine Antwort bekomme. Prinzipiell gibt es für mich drei Gründe ein Buch zu schreiben: der Verdienst, die positive Leserresonanz und das eigene Interesse an einem Thema. Über den Verdienst gäbe es nur zu sagen, dass sich die Verkaufszahlen der meisten Titel unter 100 pro Jahr bewegen, dafür lohnen sich mehrere Monate Arbeit pro Buch nicht. Eine große Resonanz von Lesern oder durch Rezensionen habe ich auch nicht erhalten, bleibt also noch der letzte Punkt. Continue reading „Neues von der Bücherfront“

„Das steht alles im Internet“

Eine Frage, dieh ich mir nach einem Kommentar gestellt habe: braucht man noch Bücher? Noch Nachrichtensendungen und Magazine? Kann man sich nicht im Internet viel einfacher mit Informationen versorgen? Nun ja. Zum einen gibt es nicht alles im Internet. Die Wissenschaft hat vor schon vor dem Internet ein System aufgebaut wie Artikel, Forschungsberichte etc. publiziert und auch die Information verkauft wird. Bis heute kosten Artikel von Nature, Scientific American oder den zahllosen anderen spezialisierten Zeitschriften nur gegen bares.

Die Frage ist aber auch ob die andere Aussage stimmt. Auf den ersten Blick ja, ja es geht sogar noch weiter als die obige Aussage suggeriert. Im Internet steht nicht nur alles was man in einer Fernsehsendung erfährt, nicht nur alle Nachrichten aus der Tagesschau sondern sogar noch die von Hinterdupfing. Nein, es gibt zig verschiedene Meldungen, Webseiten etc. Wer heute bei Google News „Osama bin Laden“ eingibt erfährt, dass es rund 5.000 Nachrichtenartikel zum Tod des Terroristen gibt. Continue reading „„Das steht alles im Internet““