Die ersten russischen Venusssonden – ein langsamer Lernprozess
Ich schließe heute an meinen Blogeintrag von gestern an.
Die erste Raumsonde zur Venus war Venera 1. Sie führte einen schwimmfähigen Lander mit sich. Genaue Konstruktionsdetails sind bis heute unbekannt, doch war es eine vergleichsweise einfache Konstruktion. Doch Venera 1 sollte wie ihre Schwestersonde Sputnik 7 vor Erreichen der Venus ausfallen. So war Ende 1962 Mariner 2 (auch Mariner 1 ging verloren) die erste Raumsonde die an der Venus vorbeiflog. Ihre Ergebnisse ergaben, dass die Oberflächentemperatur bei rund 425°C lagen, der Atmosphärendruck bei mindestens 20 Bar. Die Wolken, sich zwischen 72 und 97 km Höhe über der Oberfläche erstrecken, mit Temperaturen von -55 Grad Celsius an der Oberseite und +93 an der Unterseite. Wasserdampf war nicht nachweisbar – das bedeutet das nur 1/1000 des auf der Erde vorhandenen Wassers sich in den Wolken befinden kann.
Doch die Russen glaubten diesen Ergebnissen nicht. Temperaturmessungen der Russen ergaben +100°C bei der unbeleuchteten Seite und +400°C bei der beleuchteten Seite. +100°C sollten die nächsten Landesonden also überleben können. Auch die nächste Generation der russischen Sonden fiel 1962 komplett aus und erhielt nicht mal eine offizielle Venera Bezeichnung da keine Sonde einen Erdorbit verlies. Auch hier sollte eine von drei Sonden einen Lander absetzen, der neben einem Sender einen Gasanalysator verfügte, Weiterhin sollten Druck, Temperatur und Wind bestimmt werden. Erst Jahre später zeigte sich das der neue Block L einen Designfehler hatte, der dazu führte dass er den Lageregelungstreibstoff vorzeitig verbrauchte. Da die zweite Zündung nicht von der UdSSR aus beobachtet werden konnte (sie wurde von einem Zeitgeber ausgelöst) wurde das Phänomen erst nach einigen Jahren entdeckt.
1965 folgte Venera 3. (Venera 2 war eine reine Vorbeiflugsonde). Inzwischen kannte auch Russland die Ergebnisse von Mariner 2, doch der Lander von Venera 3 ging von anderen Umgebungsbedingungen aus. Er war ausgelegt für einen Betrieb bis 5 bar Außendruck und eine Temperatur von 77°C. Ein Ammoniakkühlsystem sollte dabei das innere kühl halten. Man ging sogar von einem Betrieb über mehrere Tage aus und brachte Solarzellen an. Wie die vorhergehenden Exemplare war er schwimmfähig. Als neues Experiment gab es ein Photometer zur Bestimmung der Helligkeit und des Nachtleuchtens bei der Annäherung. Der Bus von Venera 3 überhitze sich aber und so wurde der Kontakt vor Erreichen der Venus verloren. Stumm trat der Lander am 1.3.1966 in die Atmosphäre ein.
1967 folgte die nächste Generation mit überarbeiteter Instrumentierung. Auch hier ging von zwei Sonden eine verloren und strandete in einem Erdorbit. Thermometer und Druckmesser waren ausgelegt für eine Temperatur von 320°C und 6,9 Bar. Der Lander selber für 7,2 Bar und 100 min Messzeit. Diesmal klappte auch alles: Die Landesonde von Venera 4 trat in die Atmosphäre ein, entfaltete ihren 55 m² großen Fallschirm und sandte 94 Minuten lang Daten. Zuerst jubelten die Forscher – ging man doch davon auf dass die Sonde die Oberfläche erreicht hatte und umgekippt war (im Meer wäre die Antenne sogar schwimmfähig gewesen). Doch dann zeigte eine Auswertung der Funkdaten, dass die Sonde sich noch knapp 25 km über der Oberfläche befand als sie verstummte. Die letzten Messungen ergaben eine Temperatur von 270°C. Der Drucksensor hatte schon vorher versagt. So extrapolierte man einen Druck von 20 Bar, der die Sonde zerquetscht hatte.
Der Bus lieferte eine Zusammensetzung der Atmosphäre, die Kohlendioxid als Hauptgas (80-96%) bestätigte. Einen Tag später verifizierte dies die US-Raumsonde Mariner 5, die nun eine Temperatur von 527°C an der Oberfläche und einen Druck von 90 Bar bestimmte. Obwohl es nun eigene Messungen gab, die eine höhere Temperatur vorhersagten und auch der Druck hoch war, glaubten einige russische Wissenschaftler dies nicht. Die anderen hielten einen Druck von 75 Bar und 500°C aufgrund der Hochrechnung der Venera 4 Daten bis zur Oberfläche für möglich. Leider konnten sie sich nicht beim Design der nächsten Generation durchsetzen.
1969 folgte eine verbesserte Landergeneration mit Venera 5+6. Während die Lander nun Temperaturen von 500°C überstand, war die Druckhülle nur für 20 bis 25 Bar ausgelegt. Der Fallschirm war verkleinert worden, sodass er schneller fiel und die Instrumentierung verbessert. Beide Lander konnten erfolgreich abgesetzt werden. Nun ja es kam wie es kommen musste, beide Sonden arbeiteten 51 bzw. 53 Minuten lang und fielen in 21-23 km Höhe bei einem Außendruck von rund 27 Bar aus. Erstmals war dies nun auch der Sowjetunion klar, denn die interne Temperatur war nur von 13 auf 28°C geklettert. Die Bodentemperatur wurde nun auch von russischen Wissenschaftlern zwischen 400 und 530°C und der Druck auf 60 bis 140 bar geschätzt.
1970 folgte dann Venera 7. Inzwischen hat man die Lehren aus den verlorenen Sonden gezogen. Der gesamte Lander war nun in eine Titanhülle gepackt. Deren Gewicht reduzierte die Instrumentierung auf einen Druckmesser und ein Thermometer. aber sie war druckdicht bis zu 180 Bar. Der Fallschirm war hochtemperaturresistent bis 500°C Nach 35 Minuten erreichte Venera 7 die Oberfläche und zuerst verstummte das Signal, doch dann bemerkte man, dass es nicht verstummt war, sondern nur abgeschwächt auf 3% der normalen Stärke. Venera 7 war zur Seite gerollt und die Antenne zeigte nun nicht mehr zum Himmel. Erstmals hatte eine Kapsel den Venusboden erreicht und überlebt, Weitere 23 Minuten lang gab es Funkkontakt zu Venera 7. Die Sonde maß eine Temperatur von 475°C und einen Bodendruck von 92 Bar – beidesmal korrekte Werte,
Danach konnte Russland an die Konstruktion von viel leistungsfähigeren Landern gehen, die nun innerhalb von wenigen Minuten komplexe Analysen der Atmosphäre des Bodens und Fotos anfertigen können. Doch das ist eine andere Geschichte.
Ich finde das sehr spannend zu lesen. Gäbe das vielleicht genug Stoff für ein oder mehrere Bücher, wie z.B. „Planetenforschung Teil 1: Merkur und Venus“ mit den ersten Erkenntnissen der erdgebundenen Forschung, einer Beschreibung der Planeten sowie sämtlicher Raumsonden und ihrer Erkenntnisse?
Ich hatte ja schon mehrmals im Blog erwähnt was für mich Kriterien für ein Buch sind: entweder weil ich mich selbst in dem Thema weiterbilden möchte oder weil ich denke dass es andere interessiert. Zum dem Thema habe ich schon zig lange Aufsätze auf der Website, also scheidet Punkt 1 aus und für so ein spezielles Thema finden sich auch kaum Käufer. Also ein Buch wird es sicher nicht.