Bernd Leitenbergers Blog

Eisenverhüttung

Zeit mal wieder für eine kleine Chemiestunde, nachdem es eine Weile keine mehr gab. Schließlich wollen wir dem Bildungsauftrag des Internets ja nachkommen oder? Nachdem ich (zum wiederholten Male) eine Unsinnssendung des ZDF, die als Wissenschaft kommt, gesehen habe, bekam ich die Idee für die heutige Sendung. Die Sendung behandelt den angeblichen Einschlag eines Kometen im Chiemgau vor 2.500 Jahren und führt sogar die Überlegenheit der römischen Armee auf „Chiemgauer Eisen“, dass durch den Kometen besonders kohlenstoffreich sei zurück. Schon als die Sendung vor einigen Jahren publiziert wurde, war klar, dass das ZDF einer kleinen Gruppe gefolgt sind die das postulieren. Nur fanden andere Geologen, Archäologen oder Historiker keinerlei Hinweise auf ein solches Ereignis. Die Sendung wird übrigens heute um 19:30 auf ZDF NEO wiederholt. Was mich ärgerte findet sich auch in der Beschreibung des ZDF: „Einige Zeit nach dem Kometeneinschlag revolutionierten die keltischen Noriker die Schmiedekunst. Sie entwickelten den ersten Stahl Europas. Ihre Schwerter waren härter und widerstandsfähiger als alles bisher Dagewesene. Die Pioniere konnten Kohlenstoff und Eisen zu Spitzenqualität verbinden. Vermutlich verarbeiteten die Handwerker bei der Prozedur große Mengen von Meteoritengestein. “ Mal abgesehen das oben noch von einem Kometen (bestehen vorwiegend aus Eis) und unten von Meteoriten (da gibt es auch welche aus Eisen) die Rede ist, fing ich nochmals in meinem Chemiebuch nachzuschlagen, denn meiner Kenntnis nach ist Kohlenstoff in größerer Menge im Eisen äußerst unerwünscht.

Zeit mal etwas Grundlagen zu bringen: Wie funktioniert die Eisengewinnung in einem Hochofen und was passiert da? Im zweiten Teil komme ich dann zur Stahlherstellung.  Fangen wir mal mit dem Aufbau eines Hochofens an. Er besteht aus zwei aufeinander stehenden Kegelstümpfen. Der obere Kegel heißt Schacht und der untere Gicht. Der obere macht 3/5 Der Höhe aus. Es kann kein zylinderförmiger Schacht sein, aufgrund der Physik des Prozesses: Das oben eingefüllte Gut wird beim Sinken nach unten immer wärmer und dehnt sich aus. Daher muss der Durchmesser des Schachtes dem folgen, sonst würde der Hochofen verstopfen. Ab einer bestimmten Tiefe, beginnt das Erz sich zu verflüssigen und tropft nach unten, es wird das Volumen kleiner. Zugleich wird die Kohle verbrannt und ihr Volumen nimmt ab.

Die Höhe beträgt mindestens 10 m. Die größten heute 90 m. Die Wandstärke maximal 70 cm, die des Gestells 100-150 cm. Hier verengt sich der untere Kegel weiter. Unten gibt es drei Ein/Ausgänge oben für die Luft, darunter für die Schlacke und ganz unten für die Entnahme des Roheisens.

Oben wird in den Hochofen abwechselnd Koks (pyrolisierte Kohle, bei der vor allem Verunreinigungen wie Schwefel verbrannt werden) und Eisenerz mit Zuschlägen zugesetzt. Koks bzw. bevor es diesen gab, Holzkohle enthalten beide fast reinen Kohlenstoff. Kohle enthält Schwefel die unter den Bedingungen des Hochofens als Schwefeldioxid störend wirken würde. Aus dem gleichen Grund müssen sulfidische Eisenerze vor der Verhüttung oxidiert werden („rösten“).

Die Zuschläge sind Mineralien die dazu dienen die Zusammensetzung der Schlack beeinflussen. Erwünscht ist, dass die Schlacke aus Calciumaluminiosilikaten besteht. Diese haben mit 1.200°C einen recht niedrigen Schmelzpunkt. Besteht das Erz aus silikatischen Begleitmineralien, die kieselsäurereich sind, dann wird Kalk und Dolomit zugesetzt. Bei den Bändereisenerzen, die kalkreich sind wird dagegen Tonerde, also silikatische Mineralien zugesetzt. Dabei werden die beiden Bestandteile (Koks und Erz) schichtweise eingefüllt, also nicht gemischt.

Die Reaktionen von unten nach oben sind:

Unten verbrennt der Koks durch die vorher auf 900 bis 1300 Grad erhitzte eingeblasene Luft zu Kohlenmonoxid. Diese Zone wird bis zu 1.600°C heiß, was höher als der Schmelzpunkt alle Erze und auch des Eisens ist. Der Hochofen zieht wie ein Schornstein. Nun gelangt das Kohlenmonoxid nach oben und reduziert dort die Eisenoxide zu Eisen.  Es finden folgende Reaktionen statt:

3 Fe2O3 + CO ? 2 Fe3O4 + CO2 + 47,3 kJ

36,8 kJ + Fe3O4 + CO ? 3 FeO + CO2

FeO + CO ? Fe + CO2 + 17,2 kJ

Das bedeutet das Eisen(III)oxid wird stufenweise über das Eisen (II,III)mischoxid, Eisen(II)oxid zum Eisen reduziert.

Das dabei gebildete Kohlendioxid gelangt dann in die nächste Koksseite, in der durch die Gleichgewichtsreaktion mit dem Kohlenstoff erneut Kohlenmonoxid bildet:

172,58 kJ + C + CO2 ? 2 CO

Die Energie wird durch die bei der exothermen Reaktion der Eisenreduktion geliefert sowie durch die Verbrennung des Koks. In der Summe reduziert der Kohlenstoff das Eisen, jedoch nicht direkt, sondern über das Kohlenmonoxid:

172,6 kJ + CO2 + C ? 2 CO

2 FeO + 2 CO ? 2 Fe + 2 CO2 + 34,4 kJ

Summe: 138,2 kJ + 2 FeO + C ? 2 Fe + CO2

Ein Nebenprozess ist die Reduktion der Wasserstoff, das aus dem Wasser der zugeführten Luft durch Reaktion mit dem Koks entsteht. Da unterhalb von 900 Grad die Rückbildung von Kohlenmonoxid aus dem Kohlendioxid abnimmt, ist der Wasserstoff im oberen Bereich mit niedrigeren Temperaturen wichtig um auch dort das Eisen zu reduzieren. Die Reduktionszone in der die Reduktion durch Gas vorherrscht nimmt den Temperaturbereich von 400 bis 900°C ein.

Nur in der unteren Zone die 1300 bis 1600°C heiß ist kann der glühende Koks das Eisen direkt reduzieren. Dabei reagiert er mit dem Kohlenstoff und bildet Zemenit der sich im Eisen löst. Reduziert werden auch Begleitelemente wie Mangan, Phosphor, Silizium, die sich dann im Metall lösen.

Die Reduktion durch Kohlenmonoxid läuft dagegen noch in den höheren Schichten ab. Das Eisen schmilzt und tropft durch den Koks nach unten und löst dabei Kohlenstoff im Metall. Auch die Schlacke tropft nach unten, sie ist allerdings leichter als das Eisen und schwimmt über dem Eisen und schützt es vor der direkten Oxidation durch den oberhalb der Schlacke eingeblasenen Luft. Die Aufnahme von Kohlenstoff senkt den Schmelzpunkt von reinem Eisen (von 1539°C) auf rund 1100 bis 1200°C ab. Bei einer Temperatur von unter 900°C reicht die Reduktionskraft des Kohlenmonoxids nur noch aus um das Eisen(II)oxid zu bilden. Weiter oben findet nur eine Vorwärmung statt. Die Temperatur oben am Hochofen beträgt immer noch 250 bis 400°C. Das Gasgemisch wird oben abgezogen, denn es ist reich an Kohlenmonoxid und kann daher noch verbrannt werden. Der Energiegehalt beträgt etwa 4000 kJ/m³.

Aus 2 t Erz, 1 t Koks, 500 kg Zuschläge und 5.500 kg „Wind“ gewinnt ein Hochofen 1 t Roheisen, 1 t Schlacke und 7 t Gichtgas. Das Gichtgas wird genutzt um den Wind vorzuheizen, aber auch für andere Prozesse in der Eisenherstellung. Die Schlacke wird laufend abgezogen. Je nach Zusammensetzung wird Sie als Straßenfüllmaterial oder zur Zementherstellung genutzt. Das Roheisen wird entweder flüssig dem Stahlwerk zugeführt oder in Roheisenblöcken abgegossen. Anders als die Schlacke wird es nur periodisch entnommen und danach das untere Abflussloch wieder verschlossen.

Das Roheisen enthält neben 2,5 bis 4 Kohlenstoff noch 0,5 bis 6 % Mangan als Begleitmaterial des Eisens, vor allem die Bändererze sind sehr manganreich, da es damals aus dem Wasser durch die Photosynthese mit dem Eisen ausgefällt worden. Dazu kommt Silizium (0,5 bis 3%), Phosphor (0 bis 2%) und kleine Mengen an Schwefel. Wird das Eisen sehr langsam abgekühlt, so kann der Kohlenstoff aus dem Eisen ausscheiden und sich an der Oberfläche als graue Schicht ansammeln „Graueisen“. Dieses graue Roheisen hat einen Schmelzpunkt über 1.200 °C. Als Nebenbedingung muss das Eisen siliziumreich (>2 % Si) und manganarm (< 0,2 % Mn) sein. Bei rascher Abkühlung verbleibt der Kohlenstoff im Eisen und es entsteht das weiße Roheisen mit weißer Bruchfläche. Sein Schmelzpunkt liegt deutlich niedriger bei 1100 °C. Enthält es weniger Silizium als Mangan (<0,5% Si, >4 % Mn) so ist dies möglich, da unter diesen Bedingungen sich die Verbindung Zementit Fe3C bildet, die in Eisen löslich ist.

Die beiden Eisensorten unterscheiden sich stark in ihrem Verhalten. Dass graue Roheisen, erweicht schon lange vor seinem Schmelzpunkt und ergibt dann eine dünnflüssige Schmelze. Es eignet sich daher als Gusseisen für die Herstellung von diversen Haushalts und Gebrauchswaren. Der größte Teil ist aber heute weißes Roheisen, das durch den Zementitgehalt für den direkten Gebrauch kaum nutzbar ist – es ist spröde und bricht leicht. Es wird für die Stahlherstellung genutzt. Da mache ich nächstes Mal weiter.


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