Nun, das gekürzt wird, das dürfte angesichts des Haushaltskompromisses letzte Woche, ja unstrittig sein. Es dürfte sehr unwahrscheinlich sein, dass die NASA nicht vom Sparkurs ausgenommen wird. Eher vermute ich, wird man an Dingen die nicht so wichtig für die nationale Sicherheit oder direkt für die Leute sind, eher spart als am Wehretat oder den Kosten für Soziales und Gesundheit.
Also was kommt auf die NASA zu? Mal hier eine persönliche Prognose.
Ich vermute das gesamte Technologieentwicklungsprogramm für zukünftige „Exploration Missions“ (es fehlt ja sogar das konkrete Ziel!) als erstes fällt. Es macht schon heute keinen Sinn. Ein Punkt sind ja die Schwerlastraketen. Erst einmal die Forschung an Antrieben für eine solche. Welchen Sinn macht es einen Antrieb zu entwickeln, wenn man keine Rakete hat? Sicher man kann ihn entwickeln und dann wenn die Rakete gebaut wird, die Pläne aus der Schublade holen. Das Triebwerk ist dann auch heute noch modern, denn in den letzten Jahrzehnten hat man die Grenzen ausgenutzt die mit den heutigen Treibstoffen möglich sind. Das SSME ist immer noch unübertroffen in den Leistungsdaten, sei es Brennkammerdruck, spezifischer Impuls oder Voll/Meermasseverhältnis. Andere Triebwerke dieser Klasse, die nachkamen verzichteten sogar eher auf Performance zugunsten geringerer Kosten. Doch das ist nicht der Punkt: Wenn auch die Technologie nicht mehr viel leistungsfähiger wird, so ändern sich aber Verfahrenstechniken. Neue Werkstoffe setzen sich durch, so war in den sechziger Jahren die Legierung 7075 üblich, in den siebziger und achtziger die 2219 und heute die 2195. Verbundwerkstoffe wurden zuerst in Nutzlasthüllen eingesetzt, dann Zwischenstufenadapter und Verbindungsstrukturen, heute sogar für Tanks und große Feststofftriebwerke. Es ändern sich Verfahrensweisen wie Schweißtechniken. Das bedeutet dass man die Pläne nicht einfach unverändert aus der Schublade holen kann. Es ist sinnvoll ein Triebwerk dann zu entwickeln, wenn man es braucht. Dies ist auch wichtig, weil das Wissen ja nicht nur in Dokumenten, sondern auch in den Köpfen steckt. Derzeit zahl das DoD Boeing und Lockheed Martin pro Jahr über 1 Milliarde Dollar, damit sie nicht die Leute entlassen, die die Atlas V und Delta 4 entwickelt haben und bauen können, damit dieses Wissen nicht verloren geht. Das würden die Firmen sonst tun, weil beide Produktlinien nicht ausgelastet sind, aber das DoD auf zwei Trägern besteht, auch wenn es nur Bedarf für einen gibt.
Was für die Triebwerke gilt, gilt natürlich erst recht für eine Schwerlastrakete. Sie macht ohne Nutzlast noch weniger Sinn. Derzeit ist ja nicht einmal die Mission skizziert, aufgrund der man dann den Bedarf (Anzahl der Starts, mindestens benötigte Nutzlast) abschätzen kann, was ja nicht unwesentlich für eine Rakete ist. Ich vermute, dass wenn man gerade am Streichen ist, dann auch noch die „robotic precursor Missions“ zum Opfer fallen, zumal ja noch keine einzige beschlossen ist. Was bleibt noch? Das JWST ist schon heute in der Kritik, wegen dauernd ansteigenden Kosten und sein Start rutsch ständig nach hinten. Es sieht mir auch nach einem Streichkandidaten aus, zumal das ja schon jetzt gefordert wird.
Ich vermute auch, man wird das Thema Laufzeitverlängerung für die ISS nochmals überdenken. Die Sache ist die, dass sich alle schon mit dem vor 5 Jahren beschlossenen Betriebsende für 2016 arrangiert haben. Die USA müssen für den verlängerten Betrieb einen bemannten Transporter entwickeln, und haben das an die Privatwirtschaft delegiert, arbeiten aber immer noch an der Orion, die nun als MPCV (Multi Purpose Crew Vehicle) umbenannt wurde – ein Raumschiff für alles und für nichts. Beides kann entfallen, wenn es keine Raumstation und kein Marsprogramm gibt. Bis 201576 wird keines der neuen Vehikel zur Verfügung stehen und danach braucht man sie nicht.
Daneben spart sich die NASA rund 2 Milliarden Dollar pro Jahr für den Betrieb der ISS. Auch die ESA dürfte sich freuen: Denn sie muss sonst einen neuen Transporter entwickeln. Das ATV genügt den veränderten Anforderungen nicht mehr richtig, es wird weniger Treibstoff benötigt und vor allem hat sie sich auf die Frist verlassen und so nur so viele ATV bestellt wie sie bis 2015 braucht – für danach gibt es aber das Problem, dass Teile der vor 13 Jahren entwickelten Transporter nicht mehr verfügbar sind. Auch die ESA muss daher unverhältnismäßig viel für 4 weitere Jahre bezahlen. Es wird wahrscheinlich nicht billiger als die bisherigen Aufwendungen für das ATV, die ja die kompensation für einen 10 Jahresbetrieb waren.
Russland mit eh schon klammen Finanzen dürfte sich auch nicht freuen, denn die privaten US-Transporter würden zum Einbruch des bezahlten Mannschaftstransports führen, der laufend teurer und lukrativer wurde und nun schon 40% des gesamten Roskosmos Etats ausmacht. So viele Touristen wird es gar nicht geben um diese Einnahmequelle aufzufangen, zumal die NASA, nachdem sie nicht mehr von den Russen abhängig ist, sicherlich etwas gegen diese Touristen tun wird. Bisher gab es lahme Proteste, aber sie war ja auf die Sojus als Transporter angewiesen.
So könnte es sein, dass eine Rücknahme der Verlängerung des Betriebs nicht auf viel Protest bei den Partnern stößt. Mal sehen was kommt. So wie ich Politiker kenne wird es aber wohl eher das Rasenmäherprinzip sein, das keinem wirklich nützt.