Bernd Leitenbergers Blog

Die Atkins und Lutz Diäten

Der amerikanische Arzt Dr. Robert Atkins erfand 1972 die nach ihm benannte Diät. Nach eigenen Angaben wurde er übergewichtig und krank durch Junk-Food. Er sah aber nicht den zu hohen Fett und Kaloriengehalt dieses Essens als ursächlich an, sondern die Kohlenhydrate. Die Atkins Diät ist eine extreme Form der Low-Carb Diät. Sie basiert auf einer Besonderheit des tierischen Stoffwechsels: tierische Organismen können nicht aus Fett Glucose bilden. Der menschliche Körper benötigt aber rund 160 g Glucose pro Tag, alleine 120 g für das Gehirn, das seine Energie nur aus diesem Zucker gewinnen kann. Glucose muss daher aus Eiweiß gewonnen werden. Das ist aber für den Körper sehr aufwendig. Nur wenige Aminosäuren können direkt in Eiweiß umgewandelt werden. Die anderen müssen erst zu diesen umgebaut werden. Im Prinzip wird das Eiweiß daher weitgehend verbrannt. Nur ein Teil der enthaltenen Energie landet in dem gewünschten Produkt Glucose. Der Rest vor allem in, für den Körper recht nutzlosen, Wärme.

Auch andere Stoffwechselkreisläufe sind gestört. So ist auch der Fettabbau auf Kohlenhydrate angewiesen. Früher gab es dafür den Ausdruck, dass das „Fett im Feuer der Kohlenhydrate“ verbrannt werden. So bildet der Körper ein Abbauprodukt der Fettsäuren die Ketokörper und scheidet diese energiereichen Moleküle aus. Unter Umständen riecht der Atem nach Aceton. Auch Eiweiß kann unter den physiologischen Bedingungen der Atkins-Diät nicht in Fett umgewandelt werden. Der Körper befindet sich so trotz ausreichender Energiezufuhr in einem Zustand der dem Hungerstoffwechsel gleicht, bei dem genau dieselben Vorgänge ablaufen (Fett wird abgebaut zur Energiegewinnung, aus Eiweiß wird Glucose synthetisiert und Ketokrörper werden ausgeschieden).

Ein weiteres Postulat von Atkins ist, das eine kohlenhydratreiche Ernährung den Blutzuckerspiegel sehr stark ansteigen lässt. Dies steigert die Fettneubildung und als Folge dadurch sinkt der Blutzuckerspiegel, was wiederum zu Hunger fühlt. Ein gleichmäßig niedriger Blutzuckerspiegel durch eine kohlenhydratarme Ernährung würde dies vermeiden. Dies wird von der Ernährungsforschung nicht geteilt. Der Blutzuckerspiegel ist sicherlich wichtig für Diabetiker, bei denen das Kontrollsystem, damit dieser weder zu hoch noch zu gering ist, ausgefallen oder gestört ist. Bei normalen Personen schwankt er zwar durch die Nahrungsaufnahme und Verdauung doch es gibt keine Erkenntnis, dass ein niedriger Blutzuckerspiegel weniger Hungergefühl bedeutet oder man dadurch besser abnehmen könnte.

Die Atkins Diät besteht aus vier Phasen:

Als Vorteil der Atkins Diät wird angegeben, dass es kein Kalorienzählen gibt. Erlaubt ist es so viel zu essen bis man satt ist. Allerdings ist es kein Freibrief beliebig viel zu essen. Vielmehr ist es so, dass die Diät durch den hohen Fettanteil sehr stark sättigt und nach Ansicht von Kritikern die starke Begrenzung der Nahrungsmittel und die fehlende Vielfalt dazu führt das weniger gegessen wird. Da Atkins offensichtlich auch erkannt hat, dass die Diät als Dauerernährung ungeeignet ist, obwohl er dies propagiert schlägt er vor, wenn man zunimmt wieder in Phase I einzutreten, also im Prinzip nach dem Ende eienr Diät die nächste zu beginnen.

Die Atkins Diät sollte nur unter ärztlicher Kontrolle durchgeführt werden. Es sind Fälle bekannt, bei denen sich durch die vor allem auf tierischem Fett und Eiweiß beruhende Kost eine drastische Verschlechterung der Blutfettwerte, des Blutdrucks und des allgemeinen Wohlbefindens bewirkte. Da die individuelle Disposition nicht bekannt ist, ist daher eine ärztliche Überwachung notwendig. Steigen Blutdruck, Insulinspiegel oder Blutfettwerte stark an, so wird eine kohlenhydratreiche Diät empfohlen.

Eine Auswertung von 96 Studien durch das Journal of the American Medical Association ergab keine nachweisbaren Vorteile einer Atkins-Diät, bei korrekter Durchführung (mit ärztlicher Begleitung) aber auch keine nachteiligen Auswirkungen auf die Gesundheit. Vereinzelte Studien zeigen dass durchgehaltene Atkins Diäten insgesamt zu einer erhöhten Abnahme gegenüber den von der DGE empfohlenen Low-Fat Diäten führen. Die Unterschiede im Abnahmeerfolg bei allen Studien sind jedoch nicht sehr groß und liegen bei meistens 1-3 kg in sechs Monaten verglichen mit der Low-Fat Diät. Ausgeprägt scheint bei der Atkins Diät ein anfangs sehr hoher Abnahmeerfolg, der dem beim Fasten gleicht. Auf längere Frist (über Monate) wird dieser Vorsprung jedoch nicht gehalten.

Langzeituntersuchungen bei Personen welche die Phase IV erreicht und durchgehalten haben zeigen die Tendenz zur Insulinresistenz und der HDL-Cholesterinspiegel ist erhöht. Insgesamt ist zwar die Diät zur Abnahme recht gut untersucht. Das gilt nicht für das Leben nach den Atkins Empfehlungen als alternative Ernährungsform.

Die Ernährungswissenschaft und der DGE sehen die Atkinsdiät dagegen sehr kritisch. Der Stoffwechselzustand, in dem sich der Körper befindet, ist ein Hungerzustand . Zahlreiche Postulate von Atkins werden bezweifelt, wie das das der Mensch aufgrund seiner Evolution vor allem programmiert sei Fleisch und Milch und wenig Gemüse/Obst aufzunehmen, aber keine Getreideprodukte und Kartoffeln. Unumstritten ist dass die Diät eine sehr hohe Abbruchquote hat da sie extrem einseitig und eintönig ist. Stellen sie sich einfach mal vor über Wochen jedes Musli, Brot, Reis, Nudeln, Kartoffeln oder sonstiges Getreide von ihrem Speiseplan zu streichen und nur noch Fleisch, Milchprodukte und Eier zu essen. (Süßigkeiten sind natürlich wegen des enthaltenen Zuckers auch verboten). Vor allem erfordert die dauerhafte Ernährung mit demselben Speiseplan viel Disziplin, denn dies wird ja von Atkins propagiert um dauerhaft sein Gewicht zu halten. Es reicht also nicht wie bei anderen Diäten nach dem Diötende auf eine normale, etwas gesündere Ernährung umzusteigen, sondern diese Ernährungsweise muss lebenslang beibehalten werden. Atkins Phase IV als Ernährungsform (und nicht als kurzfristige Diät) deckt sich weder mit den US-Empfehlungen (obwohl in den USA die Low-Carb Welle erheblich populärer ist und Zucker und Kohlenhydrate als Verursacher von Übergewicht angesehen werden) noch mit den der DGE oder WHO.

Atkins selbst scheint das beste Beispiel zu sein, dass die Diät nicht funktioniert. Er starb 2003 im Alter von 72 Jahren. Als er ins Krankenhaus eingeliefert wurde, wog er 88 kg bei einer Körpergröße von 1,82 (BMI = 26,5 also als übergewichtig einzustufen). Im Krankenhaus soll er innerhalb von 9 Tagen durch „normale“ Kost und Medikamente dann nochmals massiv zugenommen haben. Seine 1989 gegründete Firma Atkins Nutritionals Inc.  Ging 2005 in den Konkurs.

Eine ähnliche Diät ist die Lutzdiät, die der österreichische Arzt Dr. Wolfgang Lutz 1967 unter dem Titel „ein Leben ohne Brot“ veröffentlicht wurde. Sie wird als Dauerernährung propagiert und nicht als Abnahmediät. Lutz argumentiert evolotionsbiologisch: der Mensch sei nicht an Kohlenhydrate angepasst und er sieht sie als Verursacher zahlreicher Krankheiten. Er selbst sei von Hüftarthrose, chronische Polyarthritis und Erschöpfungssyndromen gesundet als er die Diät die seinen Namen trägt erfand. Die Theorie über den Wirkmechanismus beruht auf die Einteilung in anabole und katabole Hormone. Insulin werde als anaboles Hormon durch Kohlenhydrate vermehrt ausgeschüttet und dadurch ergäbe sich ein Hormonungleichgewicht. Wie das Buch „Leben ohne Brot“ schon im Titel suggeriert sollte vor allem Brot weggelassen werden, da auch das Getreideeiweiß als Verursacher von Magen-Darmkrankheiten bekannt ist.

Der letzte Punkt ist zumindest durch die Ernährungswissenschaft gesichert: Bekannt ist die Glutenunverträglichkeit, die sich in Deutschland bei etwa jedem 3.000 sten als Krankheit manifestiert. Antikörper die eine Immunantwort signalisieren findet man bei jedem 500.sten. Doch für alle anderen also >99% der Bevölkerung gibt es keine Probleme mit den Getreideproteinen.

Die Lutz Diät ist nicht ganz so extrem wie die Atkins Diät. So sind die Kohlenhydrate bis zu 72 g pro Tag erlaubt. Der Speiseplan erlaubt viel Geflügel, Fisch, Wurst und Fleisch, das sogar fett sein darf, wie z.B. Schweinebraten und Schnitzel. Dazu gibt es Eier und Milchprodukte (auch Butter), sogar das eine oder andere Glas Bier. Nur sehr begrenzt erlaubt sind Obst, Rohkost, Gemüse, Kartoffeln, Reis, Nudeln und Vollkornprodukte. Es ist eine sehr fleischbetonte Diät, während bei Atkins Gemüse erlaubt ist, passt es nicht in Lutz Theorie der Steinzeiternährung, denn da gab es eben nur wenige Wildkräuter. Also im die übliche österreichische fette Kost (Wiener Schnitzel) nur ohne Pommes…

Nicht so negativ werden andere Low-Carb Diäten beurteilt die nicht ganz so extrem den Kohlenhydratanteil reduzieren, z.B. auf nur 120 g/Tag, was einem Kohlenhydratanteil von 34% bei 6.000 kJ Gesamtenergiebedarf. Diese Menge vermeidet das Abrutschen in den Hungerstoffwechsel, also die Ketonkörperbildung, ist abwechslungsreicher, weil mehr Nahrungsmittel erlaubt sind und trotzdem soll durch einen erhöhten Fett/Proteingehalt eine gute Sättigung vorhanden sein.

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