Raketen die es geben könnte: Titan II Varianten

Eine der Besonderheit im US-Raumfahrtprogramm ist, dass es den Fall gibt, dass eine Rakete nur militärisch verwendet wurde und ein ähnliches Muster nur zivil. Das wurde bis in die achtziger Jahre so gehandhabt. So gab es die Thor-Agena Linie und die Thor-Delta Linie, bis Anfang der siebziger Jahre die Zahl der Starts der Thor-Agena stark zurückgingen und das Muster auslief. Stattdessen betrieben die USA dann ausgemusterte Atlas E+F und später die Titan II, um Nutzlasten zu starten die auch eine Delta starten konnte. (Vorr allem in polare Orbits: militärische Wettersatelliten und ähnliche Nutzlasten).

Bei der Atlas gab es die Atlas-Agena und Atlas Centaur Linie. Lange wurde letztere nur zivil genutzt. Die Atlas Agena lief Ende der siebziger aus. Stattdessen betrieben die USA die Titan 3B mit in etwa derselben Nutzlast wie die Atlas Centaur bis 1987 parallel zu dieser. Die Titan war das am stärksten alleine vom Militär genutzte Modell und auch hier gab es eine Trennung. Die wenigen zivilen Starts erfolgten fast immer mit Versionen die das Militär ablehnte. Die Geministarts mit der Titan II, die Raumsondenstarts mit der Titan 3E. Nur drei NASA Starts nutzen eine USAF-Version: Die Starts von Landsat 7, ATS-6 und Cassini/Huygens. Das Militär setzte niemals die Titan II und §E ein, obwohl letztere ihrer Titan 3C deutlich überlegen war.

Dabei wäre es durchaus interessant gewesen, die zweistufige Titan zu verstärken. Ich will hier drei Versionen skizzieren und warum ich sie für nützlich halte. Das eine ist die Titan II Centaur, also eine zweistufige Titan mit Centaur. Sie ist technisch möglich und entspricht de Fakto einer Titan 3E ohne Booster, also einer Version die auch so genutzt wurde. Der Gewinn wäre groß, denn eine normale Titan kann schon zweistufig 3.700 kg in den Orbit bringen. Die Atlas ohne Oberstufe nur 1.400 kg – entsprechend sollte die Centaur die Nutzlast deutlich gegenüber der Basisversion anheben, über den Wert der Atlas Centaur hinaus. Sie wurde von der NASA 1961 untersicht und hätte zu Mars/Venus rund 20% mehr Nutzlast befördert. Die leistungsfähige Centaur Oberstufe lässt als zweite Möglichkeit auch das Weglassen der zweiten Stufe (Core 2)  zu, zumindest für niedrige Erdorbits ist die Leistungseinbuße gering. Das ist die zweite Version. Sei ist nur zweistufig und trotzdem der Atlas Centaur weit überlegen.

Die dritte ist eine Kombination zweiter Oberstufen. Die USAF entwickelte zuerst die Transtage für die Titan 3. Ohne Booster kam sie aber nur viermal zum Einsatz um sie zu qualifizieren und so Kosten zu sparen. Alle anderen Flüge der dreistufigen Titan ohne Booster erfolgten mit der Agena. Zuerst mit den Gambitsatelliten. Die frühen Keyhole Satelliten waren richtiggehend mit der Agena-Oberstufe verheiratet. Sie zogen mit ihr von Trägerrakete zu Trägerrakete um. (KH 1-4 auf der Thor, KH-7 auf der Atlas Agena und KH-8 auf der Titan 3B (Agena). Danach transportiere die Titan 34B auch zahlreiche Satelliten in höhere Orbits. Technisch gesehen ist die Agena der Transtage überlegen, obwohl sie älter ist und eine niedrigenergetische Kombination einsetzt. Die Nutzlast ist um einige Hundert Kilo höher. Das liegt daran, dass die Transtage für schwere Satelliten ausgelegt ist und eine recht hohe Trockenmasse von 1.700 kg aufweist. Bei der Version ohne Booster und für höhere Geschwindigkeiten ist die hohe Leermasse viel Nachteilliger als bei den schweren Satelliten die mit der Titan 3C gestartet wurden. Die Trockenmasse der Agena beträgt weniger als die Hälfte dessen, obwohl sie Zwei Drittel der Startmasse hat.  Für sehr hohe Energien wäre es daher interessant beide Stufen zu kombinieren.

Eine letzte Kombination für Fluchtbahnen und GEO-Orbits (hier praktisch als Apogäumsmotor) wäre die Kombination von Titan 3B Agena und Burner II Oberstufe. Letztere ist eine sehr populäre Oberstufe, die auch lange Zeit im Delta Programm zum Einsatz kam. Sie wäre eine Alternative zur Atlas Centaur für GEO-Missionen und Fluchtmissionen.

Hier die Nutzlasten: (grau die theoretischen Versionen, die anderen Raketen sind existente Typen als Vergleich).

Typ Nutzlast LEO Nutzlast Fluchtgeschwindigkeit GEO Orbit
Titan II 3.700 kg
Atlas Centaur D 4.500 kg 1038 kg 640 kg
Titan II Centaur D 7.700 kg 2.170 kg 1.240 kg
Titan II Erststufe Centaur D 5.700 kg 1.300 kg 590 kg
Titan 3A Agena D 4.500 kg 920 kg 380 kg
Titan 3A 3.100 kg
Titan 3B 3.663 kg 840 kg 370 kg
Titan 3B Burner II 4140 kg 1020 kg 640 kg

Wie sich zeigt ist die Kombination beider Oberstufen (Agena und Transtage) mit lagerfähigen Treibstoffen nicht sehr sinnvoll. Der Gewinn liegt bei nur 10-20%. Der Einsatz der Centaur bringt dagegen eine deutliche Steigerung, vor allem auch bei höheren Geschwindigkeiten. Unverständlich, dass diese Option verworfen wurde.

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