Wie kann man mit solchen Computern zum Mond fliegen?

Je weiter wir uns zeitlich vom Mondprogramm entfernen, desto unwahrscheinlicher erscheint es, dass man mit der Technik von damals landen konnte. Das gilt vor allem für die Computertechnik. In Zeiten in denen ein Smartphone einen Prozessor mit mehreren Hundert Megahertz und mehreren Hundert Megabyte verbaut ist erscheint es unwahrscheinlich, dass jemand mit dem AGC mit rund 72 KByte ROM und 4 KByte Speicher und rund 42.000 Rechnungen pro Sekunden landen konnte.

Wert in den frühen achtziger Jahren schon einen Computer hatte denkt vielleicht anders. Die Rechenleistung und Speicherausstattung des AGC (Apollo Guidance Computers) ist in etwa vergleichbar mit einem Apple II, C-64 oder Spectrum. Viele konnten sehr viel mit diesen Kisten anstellen.

Die eigentliche Hauptaufgabe, der Flug zum Mond und die Landung ist sogar relativ einfach. Fangen wir mal an mit dem Start. Natürlich kann man ihn mit einem Computerprogramm durchführen und damit Einflüsse aktiv ausgleichen. Doch bei genügend Reserven kann man ihn auch manuell durchführen oder mit einer einfachen Logik, die keinen Computer nötig macht. Es ist relativ einfach: Zuerst steigt man senkrecht auf um eine Vertikalgeschwindigkeit aufbauen, dann wird der Winkel zum Boden konstant erniedrigt bis 0 Grad erreicht werden und nur noch vertikal beschleunigt. Sofern man genügend Reserven vorsieht, also erst umlenkt, wenn man sicher ist die Orbithöhe zu erreichen, benötigt man keine Steuerung. Alternativ kann dies auch der Mensch tun. Die Astronauten erhielten alle eine Schulung wie sie die Saturn V direkt steuern konnten. Sie hätten praktisch die Neigung die vorgegeben ist manuell mit dem Joystick nachfahren müssen.

Das nächste ist es den Mond zu erreichen. Das ist in der Tat, wenn man nicht korrigieren kann kein Problem. Man will ja ein Landegebiet oder einen Punkt in dem man in den Orbit einschwenkt, genau erreichen. Der Mond bewegt sich aber mit 1 km/s und die Reisezeit ist abhängig von der Startgeschwindigkeit. Schon geringe Abweichungen von der Sollgeschwindigkeit bewirkt dass man Stunden später den Mond erreicht, der in einer Stunde sich rund 3600 km weiter bewegt. Die ersten Raumsonden, bei denen es keine Korrekturmöglichkeiten gab verpassten denn auch den Mond um Tausende von Kilometern.

Doch schon bei der zweiten Generation ging man zu einer anderen Strategie über. Zuerst startete die Raumsonde in eine Parkbahn. Dann wurde an einem vorgegebenen Punkt das Triebwerk neu gezündet und vom Boden aus abgeschaltet wenn die in der Zwischenzeit genau bestimmte Sollgeschwindigkeit erreicht war. Dazu hatten seitdem alle Raumsonden einen Treibstoffvorrat, mit dem sie Abweichungen der Bahn weiter aktiv korrigieren konnten. Das wurde auch bei Apollo so gehandhabt bei dem es üblicherweise mindestens zwei, meistens aber drei Korrekturen gab. Eine direkt nach dem Start um die gröbsten Ungenauigkeiten zu beseitigen, eines wenige Stunden vor Erreichen des Mondes, um letzte Fehler zu korrigieren, und eines in der Mitte der Flugbahn. Genauso ist es auch bei Raumsonden heute.

Auch dafür benötigt man keinen Computer zumindest nicht auf dem Raumfahrzeug. Die Position und die Geschwindigkeit kann durch Vermessung der Funksignale bestimmt werden. Auf der Erde wird dann die Korrektur bestimmt und diese wurde auch bei Apollo der Besatzung übermittelt, die dazu nicht ihren eigenen Computer nutzte.

Zuletzt gibt es noch die Landung auf dem Mond. Auch diese wurde schon ohne Computer durch Luna-Sonden und Surveyor durchgeführt. Die Vorgehensweise ist relativ einfach: Mit einem schubstarken Triebwerk wird zuerst der Großteil der Geschwindigkeit vernichtet, danach fällt mit geringem Schub die Raumsonde/Lander um mit geringer Geschwindigkeit zu landen. Das ist auch ohne Computer durch einen Radarhöhenmesser möglich. Auch bei Apollo war dies so vorgesehen. Der Computer hätte genau dieses Profil durchgeführt. Nach Beendigung der ersten Phase konnten die Astronauten aber übernehmen. Dafür gab es eine Sicherheitsreserve die eine Schwebezeit von 90 s vorsah. Das entsprach rund 10% der Treibstoffvorräte.

Raumsonden die selbst Bodenproben zur Erde zurückbringen zeigten, dass es auch ohne Computer ging. Warum war ein Computer trotzdem essentiell für Apollo? Weil es durch die Menschen nicht ohne ging. Die wichtigsten Aufgaben war es das Raumfahrzeug zu stabilisieren, wenn der Mensch eingriff, jederzeit Alternativen durchführen zu können, so z.B. die Landung abbrechen und die Rückkehrstufe zünden zu können, wobei gleichzeitig deren Systeme überwacht und eine Radarverbindung zum Mutterschiff aufzubauen. Dazu kam die komplette Überwachung der Lebensfunktionen des Raumschiffs und die Aufbereitung der Daten für die Besatzung. Das war der wichtigste Punkt und deswegen war auch der Computer für Apollo unersetzlich. Es ging aber auch ohne ihn. Um Strom zu sparen wurde der Computer der Kommandokapsel direkt nach der Havarie bei Apollo 13 abgeschaltet. Erst vor dem Wiedereintritt wurde er reaktiviert, da er dann den Winkel im Wiedereintrittskorridor aktiv korrigierte um eine Punktlandung zu ermöglichen. Der Computer der Landefähre, der ja für Landung und Start wichtig war, wurde ebenfalls abgeschaltet, nachdem der Mond umrundet war und das einzige größere Manöver durchführt wurde. Den Rest der Daten für kleine Kurskorrekturen berechnete dann wie gehabt die Erde.

2 thoughts on “Wie kann man mit solchen Computern zum Mond fliegen?

  1. Moin,

    ein C64 hatte wohl mehr Speicher als der Apollo Computer.

    Aber auch heute noch gibt es Computer die damit vergleichbar sind. Ich denke der ATmega2560 ist gut mit dem APC vergleichbar. 8 KByte SRAM sind zwar doppelt so viel wie 2 KiloWorte Core, und 256 KByte Flash is mehr als 36 KiloWorte Rope, aber dafuer wird so ein moderner Computer auch in C und nicht in ASM programmiert.

    Ich vermute mal mit der typishen Atmel Periphery liesse sich auch die gesammte Funktion wie Display, Tastatur, Sensoren und Steuerung machen. Nur dass das Gewicht des eigendlichen Computer von 32kilogram auf 2540milligram gesunken ist.

    ciao,Michael

  2. Der AGC wurde nicht in Assembler programmiert, sondern direkt in Maschinensprache (oktal).

    Was wesentlicher ist, ist die Taktfrequenz. Die oben angegebenen 42.000 Rechnungen pro Sekunde beziehen sich auf Integerartithmetrik mit 12 Bits Genauigkeit. Bei bis zu 16 MHz denke ich schafft ein ATmega2560 sicher die 10-20 fache Leistung. Er hat übrigens auch mehr Speicher. Nach Herstellerangaben (http://www.atmel.com/dyn/products/product_card.asp?part_id=3632) bis zu 256 kybte Festwertspeicher (wichtig bei einem Mikrocontroller, bei dem im RAM ja nur die Arbeitsdaten sind und 32 Register anstatt nur 6.

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