Bernd Leitenbergers Blog

Wer braucht die Vega

Heute ist ein kleines Jubiläum. Ich schreibe die ganzen Blogbeiträge ja zuerst mit Expression Web als HTML Seite und konvertiere ihn erst dann in WordPress. Da habe ich heute die Nummer 250 begonnen. Da ich etwa 6 Artikel pro Seite schreibe sind das über 1.500 Stück genauer gesagt ist es die Nummer 1534 an der ich gerade bin). Ich will mich heute mal mit der Vega auseinandersetzen.

Was auffällig ist, ist dass seit Jahren der Start immer etwa ein Jahr in der Zukunft liegt. Hier eine Tabelle aus meinem Buch „Europäische Trägerraketen Band 2„:

Datum Jungfernflug geplant für … Startkosten
September 1998 Dezember 2002 10 Millionen $
Dezember 2000 Januar 2005 20 Millionen $
Mitte 2002 Ende 2005 20 Millionen $
März 2003 Juni 2006
Mai 2004 Mitte 2006 14,5 Millionen €
Juni 2005 September 2007 18,5 Millionen €
November 2005 Dezember 2007
September 2006 Ende 2007 20 Millionen €
April 2007 September 2009
August 2008 November 2009
Juni 2009 Oktober 2010 22 Millionen €
Februar 2010 Ende 2010
September 2010 Mitte 2011

Inzwischen ist von Anfang 2012 die Rede. Vor allem in den letzten Jahren gab es praktisch keine großen Fortschritte mehr, nachdem die Entwicklung der Stufen mit Testfeuerungen schon Mitte 2009 abgeschlossen wurde. Das bewog mich auch, nachdem ich fast ein Jahr mit der Fertigstellung des Buchs wartete um den Jungfernflug der Vega mitzunehmen, auch dieses letztes Jahr herauszubringen.

Die Vega geht zurück auf einen italienischen Vorschlag aus dem Jahr 1998, für das sich damals kein anderes ESA Land erwärmen konnte. Nach dreijährigen Verhandlungen inklusiver einiger Drohungen (wie dem Ausstieg aus dem Ariane 5 Weiterentwicklungsprogramm) bekam Italien auch Frankreich ins Boot und damit war der Hauptanteil der Finanzierung gesichert. Deutschland ist aber nicht an der Vega beteiligt. Schon als 2001 das Programm verabschiedet wurde war die positive Annahme Italiens, es gäbe viele kleine Nutzlasten nicht mehr gegeben. Nach einer kurzen Blüte brach dieser neue Markt Anfang des Jahrtausends ein. Darüber hinaus wurde die Vega laufend teurer. Trotzdem hätte man nicht so lange zögern brauchen, denn so hat die Vega schon zwei ESA Nutzlasten an die Rockot verloren.

Derzeit geht man nur noch von 1-2 Starts pro Jahr aus. Das ist auch ungefähr die Rate mit der ESA derzeit die Rockot, Dnepr und Kosmos bedient. Es steht nun außer Frage, das die Vega überflüssig ist. Es gibt in ihrer Klasse einige Träger wie Taurus XL, Rockot, Dnepr und Kosmos aber auch einige Modelle Chinas. Manche sind noch erheblich teurer wie die Taurus, die meisten preiswerter. Die Rechtfertigung ist daher wie bei anderen Trägern der autonome Zugang zum Weltraum. Auf der anderen Seite ist die Vega flexibler als jedes Konkurrenzmodell und es wurde für die Mission Lisa Pathfinder auch ein Propulsion Module entwickelt, dass eine Nutzlast auf Fluchtgeschwindigkeit bringt. Lisa Pathfinder wiegt 420 kg, mit Antriebsmodul 1.900 kg. Dies entspricht bei der maximalen Nutzlast der Vega einer Nutzlast von rund 500 bis 550 kg auf Fluchtgeschwindigkeit. Damit wären sogar kleine Raumsonden zu Mond, Mars und Venus möglich.

Das ein autonomer Zugang notwendig ist zeigt aber auch, dass die Preise für russiche Träger in den letzten Jahren deutlich angezogen sind und auch die Sojus ist nachdem Arianespace sie vom CSG aus starten will fast doppelt so teuer geworden. Das ist speziell der DLR ins Stammbuch zu schreiben, die weil Astrium LV an der Eurockot beteiligt ist sich nicht an der Vega beteiligen wollte – dafür darf sie nun doppelt so viel pro Start zahlen.

Was natürlich unumgänglich ist, ist das die europäischen Staaten zu ihr halten. Gerade Europa war bisher ein guter Kunde bei den Russen. Deutschland startete alleine in den letzten Jahren 5 SARLupe und zwei TerraSAR / Tandem-X Satelliten. Die ESA Cryosat 1+2, SMOS, GOCE. Weitere Programme mit Nutzlasten in dem Bereich den die Vega abdeckt (Sentinel) laufen an. Es wird also nicht der Run sein, aber eine ordentliche Auslastung, vergleichen mit US-Trägern ist möglich. Dort ist die Nachfrage so gering, das SpaceX seine Falcon 1e inzwischen beerdigt hat. Auch hier werden wir allerdings wahrscheinlich wieder dass Verfolgen nationaler Interessen sehen und die DLR wird weiter Astrium LV mit der Eurockot bevorzugen.

Die Frage ist ob man die Vega weiterentwickeln sollte. Wie immer bei einer neuen Rakete kommt die Industrie auf die Idee lange bevor sie fliegt sich schon weitere Aufträge zu sichern. Nur geht das nicht so gut. Studien der DLR für flüssige Oberstufen brachten kaum mehr Nutzlast, würden aber sicher sehr teuer in der Entwicklung werden. Das gleiche wird man wohl von dem italienischen Vorschlag der Lyra erwarten, Was sinnvoll erscheint, wäre eine leichte Verlängerung (100 anstatt 80 t Treibstoff in der ersten und 30 anstatt 23 t Treibstoff in der zweiten Stufe), doch noch sinnvoller halte ich es einfach die zweite Stufe als Booster für die erste Stufe einzusetzen. So was wurde auch studiert. Zwei Booster erhöhen die Normnutzlast um 720 kg, vier um 1380 kg, verdoppeln also diese. Der Vorteil ist, dass die Entwicklungskosten gering sind, und eine höhere Stückzahl resultiert. Das ist angesichts weniger Starts die einzige sinnvolle Option die ich sehe.

Die mobile Version verlassen