Stöchiometrie
Heute wieder mal ein Chemiethema. Ich will einen Begriff erklären, denn ich öfters verwende: den der Stöchiometrie. Darunter versteht man die Mengenverhältnisse bei chemischen Reaktionen. Also eine ganz praktische Nutzanwendung. Ich möchte Brausetabletten herstellen (sie kennen die mit Vitaminen oder Mineralstoffen) und dort entsteht das Gas durch die Reaktion von einem Karbonat und einer organischen Säure. Ist die Reaktion unvollständig, so ist die Lösung entweder sauer (Säure bleibt übrig) oder schmeckt seifig (Lauge bleibt übrig). Also muss man so viel von beiden Stoffen einsetzen, dass die Reaktion vollständig erfolgt und es keinen Überschuss einer der beiden Komponenten gibt. Die Stöchiometrie ist nun genau dieses Verhältnis.
Damit dies gelingt muss man zwei Dinge wissen: Was wiegt ein Molekül und in welchem Verhältnis reagieren sie miteinander?
Das erste ist das einfachere der beiden. Bei einem Molekül kann man die Masse der Moleküle bestimmen, indem man die Atommassen zusammenzählt. So verwendet man in Brausetabletten z.B. Natriumhydrogencarbonat und Apfelsäure. Natriumhydrogencarbonat hat die Summenformel NaHCO3 und Apfelsäure die Summenformel C4O5H6. Die Summenformel ist nichts anderes, als eine Formel, welche die Anzahl aller Atome eines Moleküls nach Element angibt, ohne Aussage über die Struktur. Die Indizes geben die Anzahl an.
Das führt nun dazu wie man die Masse eines Atoms bestimmt. Hier hat es die Natur uns einfach gemacht: Proton und Neutron sind fast gleich schwer und die Elektronen wiegen viel weniger (weniger als 1/1800 eines Protons). Es reicht also zu wissen wie viele Protonen und Neutronen der Atomkern enthält und wie schwer ein Proton ist, um die Masse eines Atoms zu berechnen. Ein Proton wiegt rund 1,6726 x 10-27 kg. Da sie so leicht sind, haben die Chemiker sich einen Kunstgriff überlegt, um auf alltagstaugliche Gewichtsmengen zu kommen. Sie haben das Mol definiert. Ein Mol sind genau 6,022 x 1023 Teilchen. Diese Definition ist so gewählt, das ein Mol Kohlenstoff genau 12 g wiegt und ein Mol der meisten Atome dann ein vielfaches einer geraden Grammzahl ist. Das leichteste Element Wasserstoff wiegt dann 1 g pro Mol. Das schwerste Element Uran bis zu 238 g pro Mol (zumindest bei den stabilen Isotopen). Für Elemente gilt, das weil sie aus Mischungen von Isotopen bestehen, nicht immer, so wiegt ein Mol Chlor 35,45 g, weil es zu 76% aus dem Isotop 35 und zu 24% aus dem Isotop 37 besteht.
Doch bei den meisten Elementen der ersten und zweiten Periode ist das ganzzahlige Verhältnis gegeben. So wiegen die wichtigsten Elemente aus denen Sie und Ich bestehen, nämlich Wasserstoff (1 g/Mol), Kohlenstoff (12 g/Mol), Sauerstoff (16 g/Mol) und Stickstoff (14 g/Mol) jeweils ein vielfaches eines Gramms. Für die obige Formel für die Brausetabletten brauchen wir noch die Atommasse von Natrium. Sie beträgt 23. So errechnet sich die Atommasse von Natriumhydrogencarbonat zu 1 x 23 + 1 x 1 + 1 x 12 + 3 x 16 = 84 und für die Apfelsäure sind es 4 x 12 + 5 x 16 + 6 x 1 = 134
Doch nun müssen wir noch wissen in welchem Verhältnis die Moleküle reagieren. Nun wird es kompliziert. Schon Atome haben bei den meisten Elementen mehrere Möglichkeiten zu reagieren. Es finden immer Reaktionen zwischen den Elektronen der äußeren Schale statt, doch kann es je nach Reaktionspartner sein, dass unterschiedlich viele Elektronen beteiligt snd. Der Chemiker spricht von der Wertigkeit. Ein einwertiges Element geht eine chemische Bindung ein, ein zweiwertiges zwei Einzel-, oder eine Doppelbindung. Nebenbei gesagt: aus räumlichen Gründen ist die höchste Bindung die möglich ist eine Dreifachbindung. Manche Elemente haben nur eine Möglichkeit zu reagieren und so immer dieselbe Wertigkeit so Wasserstoff, die Alkali und Erdalkalielemente, Sauerstoff und Fluor. Doch die meisten haben mehr Möglichkeiten. Stickstoff reagiert z.B. Mit Wasserstoff oder Kohlenstoff dreiwertig so in Ammoniak (NH3) oder Blausäure (HCN). Mit Sauerstoff dagegen zwei, drei, vier oder fünfwertig (NO, salpetriger Säure HNO2, Stickstoffdioxid (NO2), Salpetersäure (HNO3). Bei Molekülen muss man dann auch noch wissen wie es aufgebaut ist und was reagiert.
Bei der obigen Reaktion ist es so, dass die Apfelsäure eines ihrer H-Atome der Carboxylgruppe an das Natriumhydrogencarbonat abgibt und dieses dafür das Natrium abgibt. Die anderen Wasserstoffatome der Apfelsäure sind chemisch anders gebunden und werden nicht abgegeben. Es entsteht dabei die Kohlensäure, die instabil ist und in Kohlendioxid und Wasser zerfällt:
C4O5H6+ 2 NaHCO3 → 2 H2CO3 + Na2C4O5H4.
H2CO3 → H2O + CO2
Das Kohlendioxid als Gas erzeugt dann den Sprudel. Damit man weiß wie dies abläuft muss man aber dann schon Kenntnisse haben, wie das Molekül aufgebaut ist (das geht aus der Summenformel nicht hervor) und welche Reaktion stattfindet. Da ein Mol Natriumhydrogencarbonat 84 g wiegt und wir zwei Mole benötigen, würde für eine vollständige Reaktion 168 g Natriumhydrogenkarbonat und 134 g Apfelsäure reagieren (hier benötige ich nur ein Mol). Wichtig ist das Verhältnis also 168/134 = 1,254. Ich kann also auch 4 g Apfelsäure und 5 g Natriumhydrogencarbonat für eine Tablette einsetzen.
Stöchiometrie läuft im Prinzip auf den Dreisatz heraus, trotzdem hatten bei meinem Studium viele Kommilitonen Probleme damit. Wir mussten oft für Analysen und Versuche Lösungen herstellen. Wenn da keine mehr vom Vorgänger übrig war (man machte meistens eine Flasche voll, also 1-5 l), dann musste eine neue her und ich wurde oft gefragt „Bernd ich brauche eine 10% HCl, wie bekomme ich die aus einer 12-molaren Lösung?“. Manchmal führten Rechenfehler auch zu interessanten Ergebnissen. So war eine Bestimmung die des Chinins, das so stellten wir schnell fest, kaum das es aus der Lösung extrahiert war, zerfiel, man also schnell messen musste. Bis eine Kollegin eine neue Lösung herstellte und dabei vergaß, das Schwefelsäure eine zweiwertige Säure ist, die herstellte Lösung durch diesen Rechenfehler also nicht eine 1-molare Schwefelsäurelösung war, sondern eine 2-molare. Doch das Chinin zerfiel unter diesen Bedingungen langsamer und man musste sich mit der Bestimmung nicht so beeilen.
Ein Mol enthält natürlich 6.022 * 10^23 Teilchen (nicht 24).
http://de.wikipedia.org/wiki/Mol
Tippfehler, die 3 ist direkt neben der 4 ….
Ja, aber in diesem Fall ist das Resultat Faktor 10 danaben.
@ Thierry Gschwind:
Der Unterschied zwischen Komma und Punkt macht sogar einen Faktor 1.000 aus. Und die liegen auch beide direkt nebeneinander.
Tja aber in der Praxis ohne Auswirkung weil dort jeder Wagen benutzt und keine Atome zählt. Vielleicht schreibst Du auch mal einen Blog, der dann natürlich ganz genau ist und noch genauer gegen gelesen wird.