Bernd Leitenbergers Blog

Transportregeln für gefährliche Stoffe auf Schiffen – Teil 2

So, heute kommt der zweite Teil von Johan über die Gefahrguttransporte und den Umschlag im Hafen:

Im zweiten Teil meines Beitrages widme ich mich wie der Containerumschlag organisatorisch und in der Praxis abgewickelt wird. In den allermeisten Fällen übernimmt ein Befrachter die Aufgabe das überhaupt Ladung in die Container kommt. Bekannte Firmen sind zum Beispiel Maersk Line (gehört zu A.P. Möller-Maersk, einem großen Logistikunternehmen aus Dänemark, unter anderem gehören zu denen die Netto Supermarktkette). Das Verpacken und die Dokumentation übernimmt also die Landseite. Sie ist auch dafür verantwortlich die im meinen vorherigen Beitrag angesprochenen gesetzlichen Bestimmungen einzuhalten. Die Schiffsseite kümmert sich darum das die Container an ihrem vorbestimmten Platz stehen und ausreichend durchs Ladegeschirr gesichert sind.

Im Falle der Container die unter den IMDG-Code fallen, ist zu allererst wichtig zu schauen ob die Gefahrgutklasse überhaupt geladen werden darf. Das DoC Zertifikat gibt Auskunft darüber wo an Bord welche Gefahrgutklassen gestaut werden dürfen. Diese Staukategorien geben wider ob die Ware an Deck oder Unterdeck als offen verpackte Ladung, oder in einem geschlossenen Container gefahren werden dürfen. Daneben können weitere Anforderungen wie „frei von Wohn- und Aufenthaltsräumen“, und „geschützt vor Wärmestrahlung“ durch die Stoffeigenschaften zu beachten sein. Der IMDG Code legt desweiteren Trennvorschriften fest die festlegen wie die verschiedenen Gefahrgutklassen untereinander gestaut werden dürfen. Dies wird in vier Trennstufen realisiert. Es reicht von Stufe 1 („enfernt von“; zwei geschlossene Container dürfen nebeneinander stehen), bis Stufe 4 („in Längsrichtung getrennt durch eine ganze Abteilung oder Laderaum“; zwei Container müssen durch zwei Schotten getrennt voneinander stehen).

Wie läuft das in der Praxis ab?

Für mein Beispiel nehme ich ein Containerschiff an, welches im Liniendienst verchartert ist. Im Hafenterminal sitzt der Cargoplanner die für die Containerstauplanung verantwortlich ist. Er liest den aktuellen Beladungsplan vom Schiff in ein digitales Modell ein, und beginnt dann die in seinem Hafen zu ladenen so zu packen das der Ladungsumschlag möglichst effizient, das heißt ohne unnötige Umstauarbeiten durchgeführt werden kann. Gefahrgut wird dabei in der Regel möglichst an Deck jeweils an den Außenseiten gestellt. Besteht im Notfall eine Gefahr für Schiff und Besatzung, ist der Kapitän dazu ermächtigt Gefahrgutcontainer über Bord zu schmeissen. Der Planner achtet auch auf die Einhaltung der Stabilitätsvorschriften für dieses Schiff. Er ist im Hafen neben der Einwanderungsbehörde einer der ersten Menschen die an Bord kommen. Sein Stauplanvorschlag wird per Datenträger in den Ladungsrechner eingelesen. Zusammen mit den für die Ladungsfürsorge an Bord verantwortliche erste Offizier werden etwaige Änderungen besprochen und übernommen. Der Offizier gibt den zweiten und dritten Offizier den Beladungsplan in die Hand, und erstellt einen Ballastwasserplan, meist ist ein Umballasten von Wasser notwendig um die auftretenden Biegemomente und Scherkräfte, sowie den am Ende gewünschten Tiefgang und Trimm zu erreichen. Der Entladeplan wird meist vorher bereits an Bord vom Ladeoffizier erstellt, da die zu entladenen Container bereits bekannt sind.

Im Hafen teilen sich in der Regel der zweite und dritte Offizier die Ladungswachen jeweils im 6-Stunden-Rhythmus. Anhand der Pläne überwachen sie den Fortschritt des Ladungsumschlages. Wichtig ist es nach ihrem Laden den Gefahrgut- und Kühlcontainern einen tieferen Blick zu zuwerfen. Bei Gefahrgutcontainern wird geschaut ob der gewünschte Container auch wirklich an seinem Stellplatz steht, von außen unbeschädigt ist und mit den Aufklebern der Gefahrgutklasse bestückt ist. Kühlcontainer müssen darüber hinaus meist von der Schiffbesatzung per Kabel mit dem Bordstromnetz verbunden bzw. getrennt werden, und die Kühlaggregate auf Funktion geprüft werden. Wichtig ist auch das die gewünschte Temperatur eingestellt ist (habe schon Thunfisch mit einem setpoint von -60°C gefahren). Bei Früchten ist außerdem meist die Innenraumatmospähre zu kontrollieren, dies dient dazu die Reife für den Transport zu unterbrechen. Dies geht an der Außenseite an einem Display, und wird während der Seereise täglich mehrmals kontrolliert. Letztendlich wird noch geschaut ob die Zurrstangen korrekt angebracht sind. Nur auf kleinen Feederschiffen ist die Besatzung auch für das Laschen der Container zuständig. Neigt sich das Schiff durch einseitige Be- oder Entladung zur Seite gleicht der wachhabende Offizier das durch Bedienung der Krängungstanks aus, die jeweils Wasser zu der gewünschten Seite pumpen. Auf größeren Schiffen wird dies automatisch gemacht. Krängt das Schiff mehr als 4° zu einer Seite, können die Kranfahrer die Container nicht mehr anpicken. Mit ein bisschen Übung merkt der Offizier Krängungen ab etwa 1,5°. Bei der üblichen Umschlagsrate ist es gar nicht mehr möglich jeden einzelnen Container auf Beschädigungen zu prüfen, vor allem wenns Nacht ist. Auf meinem letzten Schiff sind es bei einer angenommenen Umschlagszeit von zwei Minuten bei einer Krananzahl von sieben schon über 200 Container pro Stunde, bei einer Schiffslänge von etwa 335m. Entdeckt man einen defekten Container erst auf See, hat man eben Pech. Ansonsten darf die Annahme des Containers im Hafen verweigert werden.

Bei Ladungsende kommt der Planer ein weiteres Mal an Bord mit den endgültigen Beladungsplänen. Oftmals ergeben sich noch während des Ladungsumschlages Änderungen dadurch das manche Container doch nicht geladen wurden. Anhand dieses Plans wird die Abfahrtsstabilität und die zu erwartenden Tiefgänge ermittelt. Diskrepanzen zwischen Soll- und Ist-Tiefgang sind normal. Sie entstehen meist durch falsche Gewichtsangaben der Container. Der Ladungsrechner macht im Prinzip eine Momentenkalkulation. Er ermittelt alle Gewichts- und Höhenmomente und errechnet so vereinfacht gesagt den Schwerpunkt des Gesamtschiffes. Eine Studie hat ergeben das bei 95% aller dafür berechneten Ladefälle ein mittleres Mehrgewicht von 7% +-10% Streuung. Mit steigender Containerzahl wächst also der Gesamtfehler. In der Regel ist das Gewicht des vom Schiff verdrängten Wassers nach dieser Studie durchschnittlich 4,6% höher als das vorher berechnete Displacement. Ein weiterer Unsicherheitsfaktor entsteht dadurch, dass das genaue Schiffsgewicht nicht bekannt ist sondern geschätzt wird. In der Praxis wird dafür eine Pauschale angenommen, die sich nicht ändert.

Neben den angesprochenen Problemen, kommt es vor das Gefahrgutcontainer falsch oder gar nicht als solche deklariert werden., was im Notfall natürlich lebensgefährlich sein kann.

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