Ich habe mir am Wochenende „Bowling for Columbine“ angeschaut. Der Dokumentarfilm von Michael Moore beschäftigt sich damit, dass in Amerika so viele Leute durch Schusswaffen sterben. Man kann natürlich sicher an der Art, wie er es macht, Kritik bringen, aber die Tatsache ist doch unbestritten. Nur mal aus dem Film: In Deutschland sterben 381 Menschen pro Jahr durch Schusswaffen, in den USA sind es 11.137. Es gibt noch andere Beispiele, so sind wir nicht mal so gut in der Statistik. In Japan, mit mehr Einwohner als in Deutschland sind es z.B. nur 39. Aber die Differenz in den USA ist doch gravierend. Bezogen auf die Bevölkerung ist das Risiko erschossen zu werden in den USA mehr als zehnmal so hoch wie in Deutschland.
Man könnte nun viele Gründe anführen. So vielleicht das die USA eine neue Nation sind, bestehen aus Auswandern. Es ist unbestritten, dass die Kultur einen Einfluss hat. Zum anderen verändert es eine Gesellschaft, wenn sie nur aus den Unzufriedenen der anderen Gesellschaften besteht. Doch die USA sind auch nicht die einzigen. Kanada und Australien bildeten sich auch als Nationen aus europäischen Auswanderern und hier gibt es viel weniger Tote durch Schusswaffen. Auch die Verfügbarkeit von Schusswaffen kann nicht der Grund sein, denn in Kanada gibt es mehr Schusswaffen pro Einwohner als in den USA und sie sind dort genauso frei erhältlich.
Gerade Kanada, dass ja eine gemeinsame Grenze zu den USA hat, zeigt den Unterschied. An der Westküste sind die Städte ja auf Sichtweite. Toronto ist nicht weit weg von Detroit. Doch die Unterschiede in der Gesellschaft könnten nicht größer sein. Michael Moore war auch erstaunt, dass man dort nicht die Türen abschließt und führt dies darauf zurück, dass die Politik dort sich weniger um das Führen von Kriegen konzentriert, als vielmehr sich um die soziale Absicherung aller kümmert. Sicher ein Grund. Doch auch dort gibt es Kriminelle und die schießen nicht sofort.
Was dann immer wieder angeführt wird, ist die kriegerische Geschichte der USA. Doch wenn wir die größeren Konflikte nehmen, so sind es auch nicht mehr als wir hier in Deutschland hatten. Im Gegenteil: Seit dem Bürgerkrieg 1861- 1865 geht der Krieg an der Bevölkerung weitgehend vorbei – zumindest was die unmittelbaren Folgen angeht. Es gibt Tote bei der Armee, aber es gibt keine bombardierten Städte, keine Gefechte auf den Straßen, keine Lebensmittelkarten und keine Metallsammlung für Stahl.
Nun eines ist mir aufgefallen, das kam im Film von Moore vor, aber ich kenne es auch von einem E-Mail Kontakt. Das ist das Zitat: „Ich brauche eine Waffe um mich zu verteidigen und meinen Besitz schützen. Wenn dich jemand überfällt, wer meinst Du hilft die? Die Polizei, die Regierung?“. Äh ja, genau dafür sind die da. Mal abgesehen davon, dass das Risiko von jemanden der bewaffnet ist und bereit zu schießen überfallen zu werden kleiner ist, wenn nicht der Großteil der Bevölkerung bewaffnet ist, ist dafür die Polizei da. Woher kommt diese Idee, man müsste das Recht selbst in die Hand nehmen? Ich meine die USA haben ja ein Model, das darauf baut dass der Staat möglichst wenig dem einzelnen vorschreibt, nicht mal so was wie Renten- oder Krankenversicherung, aber bei Polizei und Justiz sollte das wohl aufhören und wenn ich dran denke wie viel ins Militär geht, wo man ja auch nicht nur darauf baut, dass dann die Bürger einfach so ihr Land verteidigen, dann ist das auch verständlich.
Es gibt diesen zweiten Verfassungszusatz von 1791, auf den sich das gesamte Recht gründet. „A well regulated Militia being necessary to the security of a free State, the right of the people to keep and bear Arms shall not be infringed.”. Also für mich geht es da um eine Miliz, weil die USA wohl noch keine reguläre Armee hatten zur Sicherung der Freiheit gegen Angriffe, das ist die Begründung für die Erlaubnis Waffen zu tragen, damit man die Leute dann einfach einberufen und keine Armee braucht. Nun haben aber die USA inzwischen eine Armee, die schon von der Ferne aus verschiedenste Staaten überfallen kann. Sie brauchen bestimmt keine Miliz mehr. Noch diffuser ist das Wort „Arms“. Das waren 1791 Steinschloßgewehre, Bajonette und Vorderlader-Kanonen. Kann man daraus das Recht ein Maschinengewehr zu besitzen ableiten und wo ist da die Grenze? Bei einem Panzer, einem Kampfflugzeug, einer Atombombe? Das sind auch alles „Waffen“.
Was auffällig ist, ist zumindest dass es in den USA zahlreiche Milizen noch gibt. Moore zeigte die Michigan Miliz, dann gibt es noch die Nationalgarde und zahlreiche andere Organisationen. Irgendwie scheinen die Amis eine tiefe Furcht zu empfinden, sie könnten auf dem eigenen Land überfallen werden. Das ist nicht rational erklärbar, denn sie haben ja nur zwei direkte Nachbarn. Beide haben eine viel kleinere Armee und keine Atomwaffen. Da gibt es keine Bedrohung. Eine Invasion über den atlantischen oder pazifischen Ozean kann praktisch ausgeschlossen werden und die Angst gegenüber Atomwaffen, die eventuell Schurkenstaaten besitzen könnten, sorgt dafür dass dreistellige Milliardenbeträge in raketenschutzschilde fließen. Und gegen diese einzige Bedrohung, die es geben könnte, helfen keine Milizen. Diese sind aber der Ausdruck für eine Militarisierung und einen Einfluss einer Waffenlobby die es in anderen Ländern nicht gibt.
Angst scheint etwas sehr ausgeprägtes bei den Amis zu sein, verbunden mit einem tiefen Misstrauen in die Regierung (noch nachvollziehbar) aber auch der Fähigkeit der Polizei den Bürger zu schützen (nicht mehr so nachvollziehbar). Ich weiß nicht ob es stimmt, aber es soll wirklich vorkommen, dass in den USA Leute erschossen werden, nur weil sie ein fremdes Grundstück betreten haben und die Mörder dann auch noch straffrei davonkommen. Die Frage ist natürlich, wenn es wirklich so gefährlich dort ist, dass man ohne Vorwarnung schießt und das offensichtlich ein Dauerzustand ist, nicht ein Teil der Millionen die ins Militär fließen, für mehr Polizisten ausgegeben werden, das würde doch viel wirksamer zu sein.
Moore führt auch diese Schießwut auf die Angst des weißen Manns zurück und hat das in einem Cartoon aufgearbeitet: