Es zieht sich

Ich habe den Aufsatz über die Falcon 9 aktualisiert. Da das Thema aktuell ist, denke ich kann ich den Teil auch hier als Blog veröffentlichen.

Schrittweise rutsche der Starttermin des COTS 2/3 vom Februar weiter nach hinten. Selbst als es am 29.4.2012 einen statischen Test der Falcon 9 gab (der wieder kurz vor der Zündung abgebrochen wurde), war die Dragon noch nicht startbereit. Die NASA gab an, dass immer noch die Software von SpaceX validiert werden müsste. Sehr peinlich ist dies vor allem, weil der Chefentwickler von SpaceX schon Monate vorher aussagte, die Software wäre fehlerfrei.

Das Presskit zu COTS 2/3 weist nun noch höhere Brenndauern der Stufen aus: 180 s für die erste 362 s für die zweite Stufe. Nach der Pressekonferenz, soll die Dragon nun voll mit Treibstoff sein, um die zusätzlichen Manöver abzuwickeln (ähnliches kennt man auch von den ersten beiden Flügen von HTV und ATV) trotzdem kommt die Nutzlast die zur ISS transportiert wird (520 kg) recht niedrig vor, schlussendlich wirbt SpaceX noch immer mit 6 t Nutzlast. Dabei wurde der ORBCOMM Sekundärsatellit, der eigentlich beim selben Flug mitgeführt werden sollte schon von der Nutzlast gestrichen. Sie sollen nun bei den CRS Flügen mitgeführt werden.

Die lange Brenndauer, die trotzdem niedrigere Umlaufbahn (310 x 340 km geplant, unterhalb der Bahnhöhe der ISS von momentan (392 x 402 km) und das es nur alle drei Tage ein Startfenster gibt, weisen darauf hin, dass die jetzige Dragon an der Nutzlastgrenze der Falcon 9 ist. Wäre sie es nicht, so könnte man mehr Güter mitführen oder man hätte mehr Freiheiten bei dem Startfenster: versäumt man es, so muss man bei den folgenden Tagen die Bahn leicht verschieben, da die ISS dann den Startort nicht genau überquert, sondern sich etwas westlich oder östlich befindet – je mehr Tage zwischen zwei Startfenstern liegen, desto geringere Reserven gibt es um die Bahn zu verschieben. Das ATV hatte ein Startfenster jeden Tag, die Dragon eines alle 3-5 Tage, je nach Startdatum.

Wer indes hoffte beim zweiten COTS-Flug weitere Daten über Dragon und Falcon 9 zu bekommen wurde wie gewohnt enttäuscht. Weder Stufenmassen der Falcon 9 noch das Gewicht der Dragon tauchen auf. Stattdessen findet man widersprüchliche Angaben. Je nachdem wo man liest finden sich im Presskit als Maximalnutzlast der Dragon 3.310 oder 6.000 kg.

Elon Musk schläft nach eigenen Angaben wegen des COTS 2/§ Fluges schlecht und glaubt nur zu 40 bis 50% an die Erfüllung aller Missionsziele. Das sind erstaunliche Aussagen, wenn man sonst die von ihm stammenden Aussagen über zukünftige Projekte und den Erfolg von SpaceX nimmt. Nach zwei Testflügen der Dragon (Strukturmodell, erste Version ohne Solarzellen) soll nun der dritte, der nur wenig Fracht mitführt nur zu 40 bis 50% erfolgreich sein? Die Frage ist, warum man dann auf die Zusammenlegung der Flüge bestanden hat, anstatt vielleicht erst COTS 2 abzuschließen, wenn ein kombinierter Flug so riskant ist. Man wagt ja gar nicht einen Vergleich zum ATV oder HTV zu ziehen, wo der erste Flug zwar auch Erprobungscharakter hatte aber auch fest eingeplant war für die Versorgung der Station. In beiden Fällen wurden 4 bzw. 5 t Fracht zur ISS gebracht.

Dessen ungeachtet plant SpaceX schon den ersten Versorgungsflug für den 18.8.2012. Immerhin ein Startdatum, dass nun von der NASA stammt. Die Angaben des Launchmanifests von SpaceX weisen ja gravierende Differenzen zur Wirklichkeit auf. Differenzen scheint es auch zwischen den SpaceX Angaben und den NASA Angaben zu geben. So ergab ein Audits des NASA Inspectors General über die Beschaffung von Trägern und die damit verbundenen Kosten, dass die NASA mit 111 Millionen Dollar für einen Falcon 9 Start im Jahre 2012 rechnet und deren Nutzlast mit 6.500 kg in einen 600 km hohen polaren Orbit einsortiert. Im Users Guide von SpaceX sind es für dieselbe Bahn aber 7.782 kg und die Preisangabe auf der Website beträgt 54 Millionen Dollar, also weniger als die Hälfte. Das Dokument kommt zu dem Schluss, dass die Falcon 9 für eine Mission (SWAP) zu teuer sei, und nicht vor Ende 2013/Anfang 2014 qualifiziert. Mit demselben Argument wurde schon 2010 ein Einspruch von SpaceX an die GAO, man hätte den Start von LADEE nicht an eine Minotaur vergeben dürfen, weil diese militärischen Ursprungs sei abgelehnt. Auch hier befand, die GAO, dass sich nur qualifizierte Vehikel um Aufträge bemühen können.

Diese Bericht zeigt auch das Problem von SpaceX bei der NASA: die kosten für die NASA werden mit 111 Millionen angesetzt. Es sind die internen Kosten und die beinhalten eben auch die Aufwendungen für die NASA. Unklar ist was diese sind. Erhöhter Aufwand bei der Kommunikation/Kontrolle? Die Verzögerung bei COTS 2/3 kostet ja auch die NASA Geld, denn ihre Leute müssen alles abnehmen. Eventuell sind es Zusatzkosten weil die Anforderungen der NASA höher sind als die kommerzieller Kunden. Auch die Atlas V die im selben Dokument untersucht wird ist teuer als die offiziellen Startpreise von Lockheed-Martin, aber die Differenz ist weitaus geringer. Weiterhin erfährt man, dass die NASA nur einen Auftrag vergeben kann, wenn der Zertifizierungstermin etwa 30 Monate vor dem geplanten Start liegt. Das ist die übliche Vorlaufzeit für die Fertigung eines Trägers. Das bedeutet, dass SpaceX wenn die Falcon 9 im Januar 2014 zertifiziert ist (Angabe im Dokument „Late 2013, early 2014) frühestens Mitte 2016 den ersten Start einer Wissenschaftsnutzlast für die NASA durchführen kann.

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5 thoughts on “Es zieht sich

  1. Diese „fehlerfreie“ Software paßt irgendwie zu der Firma. Fehler sind ja bekanntlich da, um daraus zu lernen. Wer keine Fehler macht, kann aber nichts daraus lernen. Selbst Haustiere sind (in Grenzen) lernfähig, SpaceX offenbar nicht. Durch die Blumen gesagt heißt das, man ist eine Meute von unfähigen Pfuschern, und denkt nicht mal im Traum daran, sich zu bessern. Wie sagt doch das Sprichwort: Leere Fässer tönen am lautesten.

    Daß sie überhaupt irgendwas zum Fliegen gebracht haben, zeigt aber, daß es dort auch einige fähige Leute geben muß. Nur daß die eben nichts zu sagen haben, zumindest nicht in der Öffentlichkeit.

    Die doch recht ungenauen und wiedersprüchlichen Angaben könnten eine einfache Ursache haben: Man verläßt sich zu sehr auf Computersimmulationen. Wenn die auch so „fehlerfrei“ sind, dürften die Ergebnisse nicht mehr als grobe Schätzungen sein. Mit anderen Worten: Es werden keine genaueren Daten angegeben, weil man sie selbst nicht kennt.

  2. Der Start der Falcon 9 ist heute erst mal gescheitert. Nach den zum Thema erschienen Beiträgen war ich darüber allerdings nicht erstaunt.

  3. Nein, im Gegensatz zu Elendsoft freue ich mich nicht über die nächste Startverschiebung. Ich denke jeder, der an Raumfahrt interessiert ist freut sich über einen geglückten Start, von wem auch immer, wenn er denn der Wissenschaft dient. Hier scheint aber etwas ganz anderes abzugehen. Es sind Leute am Werk, die entweder die technischen und organisatorischen Probleme einer solchen Mission vollig verkennen oder ihre Geldgeber bewußt täuschen.

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