Kommerzielle Raumfahrt
Nach dem Abschluss des COTS Programm ist ja zumindest Elon Musk sehr optimistisch, dass dieses Konzept funktioniert (die Äußerungen der NASA in der gleichen Pressekonferenz sind da etwas reservierter). Zeit mal zu sehen wo Kommerzialisierung funktioniert. Wer in meinem Alter ist und schon damals sich für Raumfahrt interessiert, der erinnert sich noch was für Versprechen es mit dem Space Shuttle gibt. Man muss nur mal Jesco von Puttkamers Bücher aus dieser Zeit durchlesen, dann hat man einen Eindruck von dem Optimismus den es damals gab.
Zeit also mal zu sehen wo man im Weltraum heute Geld verdienen kann und wo dies in Zukunft möglich sein könnte. Wo der Rubel heute rollt ist klar:; Seit 1963 gibt es kommerzielle Kommunikationssatelliten. Kleine Nebenbemerkung: Die Branche jammert seit Jahrzehnten zwar immer über steigende Startkosten, doch sie sind zum einen inflationskorrigiert laufend gesunken, zum andern verdient sie enorm viel Geld.
Doch nur mal zu Erinnerung zwei Links. Einmal hierhin: Demnach kostet der Start eines Kommunikationssatelliten nur 25 bis 45% des ganzen Budgets (45% ist schon recht hoch, typischerweise ist der Satellit doppelt so teuer wie der Start und dann kommt noch die Versicherung oben drauf). Also wenn man die Startkosten halbieren könnte, (ehrgeiziges Ziel) dann würde man insgesamt nur 12,5 bis 22,5% der Gesamtsumme einsparen. Dann sind sie noch hochprofitabel: Nach diesem Link soll einer der O3B Satelliten 40 Millionen Dollar pro Jahr an Einkommen generieren. Die Investitionskosten für das gesamte Netzwerk aus 12 Satelliten (10 operationell) betragen zwischen 1,5 und 3 Milliarden Dollar. Also 400 Millionen jährlicher Nettogewinn bei 3000 Millionen maximalen Investitionskosten – keine schlechte Rendite.
Ehrlich gesagt ich hätte nicht gedacht, dass es so lange gut geht, ich dachte als man in den neunziger Jahren Anfing Glasfaserkabel mit erheblich höherer Kapazität als die vorherigen Kupferkabel zwischen den Kontinenten zu verlegen, das wäre das Ende der Kommunikationssatelliten.
Aber kehren wir zurück zum Thema. Kommunikationssatelliten sind nicht nur die ältesten, sie sind auch die einzigen die heute in keiner Weise von einer Regierung abhängig sind. Das ist bei den folgenden Gebieten noch nicht der Fall.
Das zweitälteste Einsatzgebiet ist Erdbeobachtung. Das begann in den achtziger Jahren mit SPOTImage, heute operieren einige Firmen in diesem Bereich. Die Satelliten von SPOTImage wurden noch vom französischen Staat gebaut und gestartet, nur die Bilder wurden kommerziell vertrieben, heute baut und startet Digiglobe alles selbst und mit Rapideye gibt es auch ein deutsches Gegenstück. Aber: bei den meisten dieser Firmen ist der Staat noch Hauptauftragnehmer. Besonders bei den hochauflösenden Aufnahmen von Digiglobe sieht man das. Die bekommt zuerst das US-Militär, und beim neuesten Späher sind die kommerziell verfügbaren herunter skaliert. Die höchste Auflösung bekommt nur das NRO. Zudem führt das dann dazu, dass man vor und nach dem Afghanistankrieg keiner Aufnahmen von Afghanistan auf dem freien Markt bekam.
Doch ist das ein Nachteil? Eigentlich nicht. Es gibt eine Reihe von Bereichen wo Staaten die Hauptkunden sein werden. Doch das heißt nicht, das die Anbieter privat sein können, denn es gibt viele Staaten und es gibt viele mögliche Firmen, die Satelliten bauen können. Zusammen nennt man das Wettbewerb und als Folge könnten die Preise sinken.
Es wäre Zeit dies auf ein zweites Gebiet auszudehnen: Umweltbeobachtung. Es ähnelt stark der Erdbeobachtung, nur braucht man nicht so hohe Auflösung, dafür auch Daten aus anderen Spektralkanälen und anderen Instrumenten wie SAR, Temperaturmessungen, Bestimmung von Spurengasen mit Spektrometern etc.. Man benötigt die Daten für die Wettervorhersage und Klimamodelle / Überwachung der Umwelt. Damit wird es etwas komplizierter. Wissenschaftler wollen vor allem eine kontinuierliche Datenbasis, also Daten die sich über Jahnzehnte erstrecken. So war die Bestürzung groß, das Envisat vor zwei Monaten ausfiel, denn der Nachfolgesatellit wird erst 2013 gestartet. So gibt es eine Einjahreslücke in den Daten. Doch ist das nicht lösbar, indem die Anforderungen publiziert werden, und jeder der Instrumente dafür zur Verfügung stellt, kann Aufträge zu bekommen.
Das wäre doch mal eine Idee. Derzeit entwickelt jede Nation Wetterbeobachtungssatelliten, Umweltbeobachtungssatelliten und betreibt diese. Zwar werden die Daten ausgetauscht, aber ich denke wenn es echte Konkurrenz gäbe würde es für alle billiger werden.
Der nächste Punkt ist GPS. „Galileo“ war auf Platz 18 der größten Fortschrittsflops und selbst Ulrich Walter hält es für überflüssig. Aber warum? Weil es das GPS System gibt. Nun ja das GPS System ist militärischer Natur und so lange ist es noch nicht her, dass die künstliche Signalverschlechterung abgeschaltet wurde und im Konfliktfall könnte das wieder passieren – gut bei uns wahrscheinlich nicht solange wir keinen Krieg mit den USA haben. Aber der Grundgedanke von Galileo ist ja nicht schlecht gewesen: Satellitennavigation findet man in so vielen Geräten, die so ubiquitär genutzt werden, dass ein solches System sich rechnen könnte – nun ja, wenn nicht jemand anders das für lau anbietet. Aber Tatsache ist: selbst das sehr teure Galileo wird 3,5 Milliarden Euro kosten. Mindestens 12 Jahre beträgt die Betriebszeit. (20 Jahre geplant) Nehmen wir rund 350 Millionen Kunden in den Industrieländern (sicher mehr, man muss nur mal an die Einwohnerzahl von China denken). Dann sind das 10 Euro pro Person – verteilt über 12 Jahre und alle Geräte die er benutzt. Ja wenn eben nicht die enorme militärische Bedeutung gegeben wäre. Es wäre ja ehrlich schade, wenn GPS-gesteuerte Bomben nicht mehr funktionieren würden. Vielleicht wäre Satellitennavigation dann weniger etwas für eine Firma, als vielmehr für die UN – es brauchen schließlich alle, aber bei der Paranoia des Militärs würde wahrscheinlich nicht mal das die Bedenken ausräumen. Und so baut eben jeder sein System – Amerika, Russland, China, Europa und wenn nicht aufpassen sicher bald auch noch Indien und weitere Länder.
Was bleibt noch? Forschungsmissionen und bemannte Raumfahrt. Bei Forschungsmissionen ist es heute noch so, dass die Raumfahrtagenturen sehr viel mitbestimmen wir das Gefährt aussehen sollte. Wie wäre es mit einem neuen Ansatz: Man gibt Betriebsdauer, mitzuführende Instrumente (Masse, Volumen, Datenrate etc.) vor und liefert diese ab, gebaut, und betrieben wird die Mission privat – und es gibt internationale Konkurrenz bei der Ausschreibung. Das ist natürlich völlig utopisch. Fakt ist das heute wenn Industrien schon Gebiete subventionieren, die kommerziell funktionieren. Die ESA vergibt gibt in regelmäßigen Abständen Aufträge für Kommunikationssatelliten die nur neue Technologien einführen sollen (Olympus, Artemis, Alphasat) und weil die Industrie sich schon dran gewöhnt hat soll man nun auch noch Satelliten mit reinem Ionenantrieb subventionieren.
Das zweite ist die bemannte Raumfahrt. Da gibt es zwei Segmente. Den Orbitaltourismus und Industrieforschung. Nehmen wir ersteres: Touristen gab es bislang genau sieben. Und dies obwohl sie noch zu moderaten Preisen von 10 bis 25 Millionen Dollar flogen (heute kostet ein „Ticket“ 63 Millionen). Wenn ich mal die Zahl der potentiellen Multimillionäre nehme, sind das recht wenige. Sicher sind 20 Millionen Dollar viel Geld, aber für wirklich Reiche kein Problem. Die haben auch umgebaute Jachten und Flugzeuge die dreistellige Millionenbeträge kosten oder finanzieren ganze Sportvereine. Selbst wenn nun der Zugang billiger wird – ich denke bevor er nicht entscheidend billiger wird (sagen wir mal 1-2 Millionen pro Flug) prophezeie ich da keine Wende. Dabei muss ein Anbieter ja anders als bisher eine eigene Raumstation betreiben, was auch noch Kosten verursacht.
Als die ISS noch geplant wurde, plante die NASA einen Großteil der Kapazitäten zu vermieten, es gab sogar Preislisten. Europa dachte sogar Profit zu machen. Dann die Überraschung. Die Nachfrage war … lassen sie mich mal nachschauen …. sie war gleich Null. Okay fast gleich null. Ab und an wird extra hervorgehoben dass es ein „commercial“ Experiment gibt. Doch dafür muss fast nichts bezahlt werden, Hauptsache man hat überhaupt was vorzuweisen. Die ISS muss ja zu was nutze sein, sonst könnte jemand die 4-5 Milliarden Dollar Aufwendungen nur für den Betrieb hinterfragen. Ob Bigelows Vorstellungen mit ihrer Raumstation, die ja auch auf Industrieforschung und nicht Tourismus fußen aufgeht? Ich bin skeptisch.
Übrigens. Noch herzlichen Dank an ALDI. Ich habe ja im Blog zwei Tests von ALDI (ein Citybike und einen Hochdruckreiniger). Sie haben den Mai zum mit Abstand meistbesuchtesten bisher mit über 24.000 Besuchern gemacht. Der Vorherige Rekord war um fast 8.000 Besucher niedriger.
Etwas off-topic, aber was zu den Kommunikationssatelliten vs. Glasfaserkabel:
Das wundert mich ehrlich gesagt auch etwas… denn abgesehen von den vermutlich niedrigeren Kosten haben Glasfaserkabel den unschaetzbaren Vorteil (gerade bei den heutigen Echtzeit-Protokollen im Internet), dass sie praktisch keine Verzoegerung haben, waehrend geostationaere Satelliten mindestens 300.000/72.000 Sekunden verzoegern.
Das ist fuer viele Protokolle eine unmoegliche, und auch fuer menschliche Kommunikation (Telefon) schon extrem stoerende Verzoegerung.
Aber darum ging es in diesem Blog ja nicht, sorry 🙂
Aeh Sorry, ich mein natuerlich 72.000/300.000 🙂
@Bigelow: Zielgruppe sind auch Länger ohne Zugang zur ISS, aber mit Forschungsinteresse. (Genug Interessenten soll es ja „angeblich“ geben)
Der Knackpunkt bleibt allerdings inwieweit genug bemannter Zugang in naher Zukunft vorhanden ist.
Den Tourismus sehe ich ähnlich skeptisch, der Anno 2000 in den Medien gehypte „Boom“ in 10-20 Jahren dank neuer billiger Fluggeräte war ja ein totales Luftschloß.