Nachdem ich schon normale Eiscreme, Bio-Eiscreme unter die Lupe genommen habe, habe ich mir heute eine „amerikanische Eiscreme vorgenommen“. Die Verpackung zeigt auch deutlich die US-Falle, hergestellt wird das Produkt aber in Deutschland, was auch zu erwarten ist. Eiscreme die man in den USA herstellt und gekühlt zu uns transportiert wäre wegen der hohen Energiekosten wohl kaum bezahlbar. Zudem steht auch drauf „nach amerikanischer Art“, also kann man daraus ableiten, dass es nach einem Rezept gefertigt wurde, aber vielleicht mit kleinen Abweichungen. Da das Produkt sich „Premium“ nennt, muss man höhere Qualitätsansprüche ansetzen und dazu wirbt es auf der Seite noch „mit viel Sahne“.
Zutatenverzeichnis
Eiskreme Vanille mit Karamellsoße (10%) und karamellisierten Pecannüssen (7%). Dies ist die offizielle Verkehrsbezeichnung, die nach unseren Vorschriften auch die Menge an Zutaten enthalten muss, die in dem Produktnamen ausgelobt werden,
Sahne (34%): Hauptzutat ist nicht wie üblich Milch, sondern Sahne. Es ist eine Menge Sahne erhalten, auch hier muss der Prozentsatz durch die Auslobung angegeben werden.
entrahmte Milch: Leider setzt sich hier eine Unsitte fort, die häufiger zu beobachten ist: Weils billiger ist, wird Milch durch entrahme Milch und Sahne oder entrahmte Milch und Butter ersetzt. Für den Geschmack macht es keinen Unterschied, aber für den Verbraucher das Verzeichnis schwerer zu verstehen und für den Hersteller ist es etwas billiger, wobei dies bei 34% Sahen aber sicher nicht der Hauptgrund sein könnte.
Zucker: Das primäre Süßungsmittel
Karamellsoße (10%) (Zucker, Kondensmilch, Glucosesirup, Butter, Kakaobutter, Vollmilchpulver, Feuchthaltemittel (Sorbitsirup), Emulgator (Sojalecithine), natürliches Aroma, Vanilleextrakt, Karamell, Speisesalz): Okay, nun wird’s umfangreich. Das ist die Aufschlüsselung eines Lebensmittels als Extra Zutat. Normallerweise braucht man für Karamellsoße nur Zucker und Butter oder ein anderes Fett, wenn sie direkt bei der Herstellung zugesetzt wird. Die zahlreichen Stoffe hier lassen die Vermutung zu, dass der Hersteller eine fertige Karamellsoße, wie man sie auch über Eis gießen kann, eingesetzt hat, denn diese braucht Emulgatoren und Gluosesirup um eine Rekristallisation des Zuckers zu verhindern, Feuchthaltemittel für das Verhindern des Eindickens. In der Form unnötig, aber normal, wenn man wie heute üblich nicht alles selbst macht sondern auf Vorprodukte zurückgreift. Dann findet man dort auch andere Mittel die man nicht braucht wie hier Kakaobutter und Vollmilchpulver, mit denen man Viskosität fein einstellen kann.
Wasser: sonst wird es wohl zu dick, gehört mit zum Komplex entrahmte Milch -Wasser- Magermilchpulver.
karamellisierte Pecannüsse (7%): (Zucker, Pecannüsse, Butter gesalzen, Glucosesirup): So sieht eher Karamell aus. Der Glucosesirup verhindert, dass das Karamell zu schnell wieder auskristallisiert.
Magermilchpulver: Zusammen mit dem Wasser ergibt dies entrahme Milch und man kann die Viskosität einstellen.
Hühnereigelb: Enthält Lecithin als natürlichen Emulgator um Fett und die anderen Substanzen zu verbinden. Ergibt zudem durch das Lutein als natürlichem Farbstoff eine etwas gelblichere Färbung.
Vanilleextrakt: Als billiger Ersatz für Vanilleschoten
Nährwertkennzeichnung
Damit man vergleichen kann, habe ich die Nährwertkennzeichnung um die einer anderen Eiscreme erweitert.
Alle Angaben pro 100 ml (1 Portion) | American Ice Cream | Karamelleiscreme |
---|---|---|
Energie | 1060 kJ (255 kcal) | 492 kJ (117 kcal) |
Eiweiß | 3,3 g | 1,3 g |
Kohlenhydrate | 24,6 | 18,2 g |
davon Zucker | 23,5 | 17,1 g |
Fett | 15,7 | 4,3 g |
davon gesättigte Fettsäuren | 9,5 | 2,9 g |
Ballaststoffe | 0,2 | 0,2 g |
Natrium | 0,1 | 0,03 g |
Beurteilung
Die Eiscreme weicht in vielem von normaler Eiscreme ab. Fangen wir mal mit dem sensorischen an. Sie schmeckt gut, das Karamell und die Nüsse sind geschmacklich sehr gut herausschmeckbar. Die Vanille dagegen nicht. Die Konsistenz ist locker, aber nicht schaumig (die Packung mit 500 ml wiegt 430 g, ich habe auch schon Eiscreme gesehen bei denen 500 ml nur 250 g wogen, üblich sind bei uns 330 g).
Die Eiscreme schmeckt abgerundet und gut, und trotz des hohen Sahnegehaltes nicht einmal aufdringlich nach Sahne. Dieser Geschmack wird oft bei billiger Eiscreme mit wenig Sahne und viel Butterreinfett erzeugt. Was auffällt ist das die Eiscreme beim auftauen fast flüssig ist, so in etwa wie eine Sahne- und Milchmischung und veranlasste mich zum ersten Mal auf das Zutatenverzeichnis zu schauen: und in der Tat, anders als „normale“ deutsche Eiscreme ist kein einziges Dickungsmittel enthalten. Üblich sind mindestens zwei, bis zu vier werden verwendet, wenn man viel Luftaufschlag stabilisieren muss und selbst handwerkliche Eiscreme vom Italiener nebenan enthält zumindest ein Dickungsmittel, weil sonst die aus der Tüte laufende Soße die Kleider ruinieren würde. Was auch fehlt ist die künstliche Einfärbung mit β-Carotin, mehrere Emulgatoren oder das Ersetzen von Sahne durch entrahmte Milch mit Butterreinfett.
Das Produkt ist, wenn ich die Zusammensetzung nehme eines der „ehrlichsten“ die ich je gesehen habe (zugekaufte Karamellsoße mal ausgenommen). Ein bisschen wurde getrickst so die Kombination entrahme Milch / Wasser / Magermilchpulver anstatt Milch. Aber dafür kann es auch technologische Gründe geben, wie die genaue Einstellung der Viskosität bzw. Anpassung daran, dass diese Eiscreme anders als selbst gemachte sehr lange haltbar ist (das MHD liegt 21 Monate in der Zukunft). Das verwundert, verbindet zumindest der Autor mit „amerikanisch“ nicht gerade natürliche Lebensmittel oder das Arbeiten nach traditionellen Rezepturen.
Typisch „American“ ist, dass es sehr hochkalorisch ist. Aber das kann man sich denken, wenn „American“ drauf steht. Ich passe mich dem an und esse weniger – die 500 ml Packung war für 6 Portionen gut, das ist ausnahmsweise sogar weniger als die GDA -Kennzeichnung vorschlägt.
Das Eis zeigt, dass man auch heute noch gutes, qualitativ hochwertiges Eis, nahe am handwerklichen kaufen kann. Nur ist es eben nicht so preiswert wie die 2 l Vanilleeiscrembox – die 500 ml Dose kostete 1,99 Euro. Die restliche Eiscreme beim selben Discounter ist preiswerter und die Box eben doppelt so groß, wobei – wenn man sich die Nährwertkennzeichnung ansieht man pro 100 g sogar die gleiche Energie kauft.