Nicht bemannte, nicht unbemannte Raumfahrt, sondern die Raumfahrt der Vernunft
In den letzten beiden Tagen kamen zwei bemerkenswerte Dokumentationen zum Thema bemannte Raumfahrt: „Wissen aktuell: Mission Weltraum“ auf 3sat und „Kein Mensch mehr im All“. Die erste drehte sich um die Zukunft der bemannten Raumfahrt nach dem Ausmustern des Shuttles und die zweite um den Sinn der bemannten Raumfahrt selbst. Die letztere ist recht gut gemacht und es kommen Astronauten wie Kritiker zu Wort. Dabei gefielt mir als bestes, wie ein Astronaut stolz erzählte, er habe bei einem Proteinzüchtungsexperiment 99,8% Reinheit erreicht, als ihn ein Wissenschaftler daraufhin wies „Auf der Erde erreichen wir derzeit 99,99% Reinheit“….
Zeit also das Thema doch mal wieder aufzugreifen. Bei den Befürwortern der Bemannten Raumfahrt werde ich ja gerne als „Gegner der bemannten Raumfahrt“ bezeichnet. wer den Blog aufmerksam liest, dem dürfte klar sein, dass es mir nicht um bemannte oder unbemannte Raumfahrt geht, sondern darum wenn Raumfahrt schon teuer ist, die Mittel sinnvoll einzusetzen. So habe ich schon etliche Vorschläge für Alternativen zu Ariane 6 / Sojus STK oder für die Kostenbegrenzung bei Satelliten / Raumsonden (Stichpunkt: Serienbauweise, anstatt jedes Gefährt neu zu entwickeln) machte und ich bin auch gegen manches unbemannte Projekt wie das JWST oder die ESC-B – zumindest bei dem Preisschild das da draufklebt. Schlussendlich gibt es ja nur einen Topf für die Forschung und wenn ich an die Universitäten denke und mit welchen Budgets dort geforscht wird, dann ist schon unbemannte Raumfahrt um ein vielfaches teurer als was wir pro Forscher so auf der Erde ausgeben.
Was relativ unstrittig ist, ist das für die Forschung man keine bemannte Raumfahrt betrieben muss. Sicher wird man immer das eine oder andere Experiment finden, dass an Bord der ISS durchgeführt wird. Doch muss man dann den Erkenntnisgewinn gegen die Kosten aufwiegen, oder um ein Beispiel eines Astronauten zu nehmen: Wenn ein Forschungsergebnis der ISS-Forschung von Flammen es ist Brennkammern effizienter zu konstruieren, dann könnte man für die rund 3-4 Milliarden Euro die die Station nur ESA und NASA jedes Jahr nur an Unterhaltskosten kostet jede Menge alternative Energien auf der Erde erforschen, die sicher uns mehr nützen würden.
Bleibt noch der „sportliche Nutzen“, wie Nobelpreisträger Steven Weinberg es beschreibt: Es ist dasselbe wie wenn man einen Berg besteigt, eine sicher beeindruckende Leistung aber weder eine die uns inspiriert, noch der Forschung nützt. Ja und da hat er recht. Astronauten beim Schweben zuzuschauen oder die Bilder von Weltraumspaziergängen anzuschauen hat schon so was wie wenn man die Wiederholung eines Tors ansieht, da ist man schon beeindruckt von der Leistung, aber inspiriert, zum Träumen angeregt werde ich eher von Aufnahmen der Raumsonden und Satelliten. Wie es wohl auf dem Titan aussehen wird, wie mag es sein durch die Saturnringe zu schweben – das alles sind Dinge auf die ich bei den Bildern komme. Das hebt bei mir aber nicht die Begeisterung für bemannte Raumfahrt – das Menschen nun dorthin müssen, sondern das ich mehr dieser Bilder sehen möchte und dazu einen Roboter hinschicken will.
Warum wirklich bemannte Raumfahrt betrieben wird ist doch eigentlich jedem klar: Es ist Großmachtgehabe. Die USA und Russland weil sie sich als Weltraummächte positionieren müssen. Das es nicht um bemannte Raumfahrt selbst geht, sondern nur darum die eigenen Astronauten im All zu haben, dass sieht man ja auch daran, dass ein Antriebspunkt für CCDev der ist, dass man nun auf die Sojus angewiesen ist und das am nationalen Ehrgefühl zehrt. Genauso gut hätte man ja auch die Versorgung mit ATV und HTV gewährleisten können anstatt zwei neue Systeme zu entwickeln. Aber dann wäre man ja auch noch von ESA und JAXA abhängig. Dasselbe findet man in grün bei den Raketenstarts. Ja da jammert man dass ELV und OSC so teuer geworden sind, aber dass man US-Satelliten auf europäischen oder russischen Trägern startet ,kommt ja nicht in die Tüte.
Das nun China, obwohl es bisher kaum ein wissenschaftliches Weltraumprogramm hat gleich an ein bemanntes Weltraumprogramm geht ist genauso nachvollziehbar. Damit kann man die eigenen Landsleute beeindrucken.
Unverständlich ist dann, warum es dann noch Befürworter der bemannten Raumfahrt wie Messerschmidt, der auch in der ersten Doku kam, dann plädieren, das Europa da auch einsteigen sollte, einem ATV mit einer Rückkehrkapsel auszustatten – die Technologie braucht man, wenn man bemannt Raumfahrt betreiben will. Das leitet mich zu einem weiteren Punkt über. Bemannte Raumfahrt ist dafür bekannt neue Kosten zu verursachen. Nehmen wir das aus dem ATV entwickelte Crew Vehikle. Es kostet dann natürlich zusätzlich zum ATV. Da nach wie vor Russen und Amis ihre Astronauten selbst befördern wollen, braucht man um es überhaupt auszunutzen (für den nach den Vereinbarungen alle 2 Jahre für 6 Monate zustehenden ESA Astronauten braucht man ja kein eigenes Vehikel) kann braucht man dann eine eigene Raumstation und die verursacht dann weitere Kosten.
Genauso wird man spätestens wenn CCDev ansteht feststellen, dass man die ISS für die nun 10 Astronauten zu klein ist und wahrscheinlich auch einiges ausgewechselt werden muss. Kurzum – eine Investition macht eine neue notwendig.
Da – und das scheint eine bemannte Spezialität der bemannten Raumfahrt zu sein, Wissen verloren geht, wenn man sie nicht betreibt ist der Einstieg dann also praktisch gleichbedeutend, dass man dauerhaft Milliarden dafür aufwenden muss. So kann ich nur die Aussagen von Messerschmidt und dem Leiter des Johnson Space Centers interpretieren. Beide sagen man muss die Leute weiter beschäftigen um das Wissen zu erhalten. Denn wie Messerschmidt ja weiß, hat Europa schon eine Kapsel entwickelt – den ARD und wenn man nun nach 14 Jahren das nicht mehr weis, und sich das ganze neu aneignen muss, dann ist das traurig. Und der Leiter des Johnson Space Centers sprach von dem Wissensverlust, wenn begabte Techniker nichts mehr zu tun haben weil kein anderes Programm läuft und dann in andere Industrien abwandern.
Bei der unbemannten Raumfahrt ist es anders. 1986 startete Halley und 2004 Rosetta. Trotz den 18 Jahren dazwischen hat die ESA es nicht verlernt Raumsonden zu Kometen zu bauen.
Nun wird man sicher nicht Russland, China und die USA von ihrem Großmachtstreben abbringen. Doch müssen wir Europäer alles nachmachen? Sollte es nicht unsere Aufgabe sein, die besten Raumsonden und Satelliten zu bauen, mit sauber konstruierten Raketen die Position von Ariane zu halten? Das ist so vergleichbar wie mit dem Ruf Deutschlands als Exportweltmeister. Wir brauen zwar nicht die größten Autos aber wir exportieren mehr als die USA. Deutschland ist bekannt durch ausgeklügelte Maschinen und gute Produkte. Dasselbe könnte die ESA auf dem Gebiet der Raumfahrt sein. Bei den Raketen ist es ja schon so, dass die USA bei den Trägerraketen kommerziell keine role mehr spielen, genauso wie sie in anderen Gebieten den Anschluss verloren haben.
Ich glaube sogar dass unbemannte Missionen viel mehr Menschen inspirieren sich für Technik zu interessieren und vielleicht einen Berufsweg in dieser Richtung einzuschlagen. Welche Chance habe ich Astronaut zu werden? Es gibt vielleicht ein Dutzend Esa Astronauten aus rund 450 Millionen Einwohnern. Die Chancen sind gering, und wenn sie nicht 100% körperlich fit sind, dann scheitert es ja schon am Anfang. Dagegen dürften über 100.000 Personen in der europäischen Raumfahrtindustrie arbeiten, viele Tausende an Experimenten für die Raumsonden und Satelliten. Jeder hat hier eine reelle Chance wirklich seinen Traum an einem Raumfahrtprojekt mitzuarbeiten umsetzen. Um also mehr Leute für technische Studienfächer zu interessieren (und es werden ja auch viele nicht in der L&R Industrie landen sondern in nahegelegenen Feldern wie Maschinenbau, Computertechnik etc.). So gesehen wäre die Förderung der unbemannten Raumfahrt also viel sinnvoller als die der bemannten, zumal diese ja nicht permanent in der Existenz hinterfragt wird.
Ich bin mir sicher, das Curiosity, eine relativ teure Raumsonde, die weniger kostet als ein Jahr ISS Betrieb viel mehr Personen für Raumfahrt interessiert als der Betrieb der ISS und ihre Medienpräsenz.
Man könnte den Spieß ja umdrehen: bemannte Raumfahrt ist ein Relikt des kalten Krieges, wer sie heute noch betreibt beweist eher dass er nicht den Anschluss an die Zeit gehalten hat. Es ist Angeberei, dem keine Substanz dahinter steht. Das sind die Klassenclowns, die immer auffallen müssen, aber die letzten in der Klasse sind, während die echten Spitzen ruhig und stil sind, damit sie nichts verpassen.
Es gibt einfach Situationen, in denen die unbemannte Raumfahrt an ihre Grenzen stoesst.
Ich denke mal, bei Curiosity ist so eine Grenze z.B. erreicht.
Dieser Roboter kann so viel und ist so kompliziert zu steuern, dass er praktisch alles alleine machen muss aufgrund der Licht-Verzoegerung, und man immer nur vorgefertigte Programme hochschicken kann, deren Ergebnisse dann „strohdoof“ wieder heruntergeladen werden.
Das kann bei steigender Komplexitaet irgendwann einfach nicht mehr funktionieren. Man wird den naechsten Roboter direkt steuern muessen, und selbst, wenn es dann nur Astronauten sind, die im Marsorbit sind…
Letzten Endes wird es auch darum gehen, irgendwann neuen Lebensraum zu erschliessen. Ja, ich weiss, „auf der Erde ist genug Platz“… trotzdem sind die Pilgrims vor ein paar hundert Jahren nach Amerika aufgebrochen (und da gab es in GB auch genug Platz), mit derselben Ungewissheit und Isolation vom Rest der Zivilisation, wie sie bei einer bemannten Reise zum Mars z.B. eintreten wuerde.
Und auch, wenn viele das damals vermutlich als „sinnfrei“ gesehen haben — daraus geworden ist die maechtigste Nation der Welt.
Nun ich erkenne keine Grenze. Im Gegenteil: Vergleicht man was Sojourner konnte, dann der beiden MER und nun Curiosity, so ist der Zuwachs an Fähigkeiten enorm und das dies am Ende ist, ist nicht abzusehen.
Ob man selbst wenn dem so sein sollte dann 100x mehr ausgeben sollte? Bemannte Raumfahrt scheint niemals etwas mit Ökonomie zu tun zu haben, während man bei unbemannter Raumfahrt immer diese hinterfragt.
Auf der Erde gibt es nicht genug Platz – sonst würden nicht so viele hungern. Wir sind jetzt schon viel zu viele, aber der Mars wäre keine Lösung, da er bei der derzeitigen Zuwachsrate in 35 Jahren genauso dicht besiedelt wäre – und was dann?
Das Problem Überbevölkerung und Ressourcenverbrauch kann man viel einfacher mit Verhütungmitteln lösen ….
Ich glaube, manche Dinge kann man mit dem Verstand einfach nicht beurteilen.
Wenn es nach dem Verstand ginge, waeren wir laengst ausgestorben, denn Kinder kriegen, grossziehen und auch das ganze Leben an sich sind ja schon aeusserst anstrengend, und wer wuerde sich all das freiwillig antun, wenn wir nicht von niederen Instinkten quasi dazu gezwungen wuerden?
Und genau diese niederen Instinkte sind es wohl auch, die nicht nur sagen „Sex ist gut“, sondern auch „Boah geil, wuerd ich mal gerne auf dem Mars sitzen“…
Ist im Prinzip der Auftrag, den wir haben (wenn ich nicht wuesste, dass Dich das aufregt, wuerde ich sagen: „Von Gott“) 😉
Auf der Erde ist genug Platz für alle Menschen. Nimm z.B. die Ameisen. Die sind mengenmäßig (Gesamtmasse) deutlich mehr als die Menschen. Trotzem kennen die keine Überbevölkerung. Der Mensch ist nur zu blöd die Ressourcen effektiv zu nutzen und zu verteilen!
Ich denke auch, Menschen in den Weltraum zu schicken ist heute ehr eine Frage des Prestiges als des Nutzens. Seit Juri Gagarin hat die Automatisierungstechnik erhebliche Fortschritte gemacht. Die Zusatzkosten für redundante Systeme und Lebenserhaltung steigen mit der Komplexität der Mission ins unermessliche. Mit Curiosity hat man erprobt schwere Lasten abzusetzen. Damit ist ein wichtiger Schritt getan um als nächstes so große Geräte abzusetzen, dass auch Proben zurück zur Erde gebracht werden können. Wir sind heute in der Lage auf dem Mars eine komplette Infrastruktur mit Satellitenbeobachtung, Relaisstationen, Wetterbeobachtung usw. zu errichten. Das zu einem Bruchteil der Kosten einer bemannten Landung. Nach jetzigem Stand der Technik wäre eine bemannte Mission auch ehr ein Selbstmordkommando.
Was derzeit passiert ist Wissenschaft und die zeigt sich durch klare Fragestellungen und Ziele. Die Mondlandung war Politik und nur „auch Wissenschaft“.
Wenn man das Ziel formuliert später mal andere Planeten zu kolonialisieren, so ist das legitim jedoch mit einem dicken ABER. Zunächst sollte man auf der Erde versuchen eine autonome Biosphäre zu schaffen, die dann auf einen anderen Planeten verbracht werden könnte. Eine autonome Biosphäre hat man bis heute nicht schaffen können, da die Zusammenhänge noch nicht ausreichend erforscht sind.
Dann ist noch ein gesellschaftliches Problem zu berücksichtigen. Ich gehe davon aus, dass durch wirtschaftliches Wachstum und technischen Fortschritt die Kosten für eine bemannte Mission in der Zukunft sinken.
Aber eine solche Entwicklung setzt voraus, dass wir auch in Zukunft eine industrielle Gesellschaft haben werden. Tatsächlich blicken wir erst auf eine 150 jährige industrielle Entwicklung zurück. Ich kann nicht prognostizieren, was in 150 Jahren sein wird, halte es aber für möglich, dass wir dann wieder ähnlich leben wie in der vorindustriellen Zeit. 150 Jahre sind im Verhältnis nicht viel, wenn man bedenkt, dass vor 40 Jahren der letzte Mensch einen anderen Himmelkörper betreten hat.
Jetzt muss ich doch auch mal meinen Senf dazu geben:
Grundsäztlich habe ich den Eindruck, dass wir heut zu Tage alle mehr oder weniger „ökonomische Scheuklappen“ auf haben. Und dabei sind wir heute so weit indoktrieniert, dass wir in der Regel nur noch durch die betriebswirtschaftliche Brille gucken und in betriebswirtschaftlichen Kategorien denken. Und das ist das Problem. Dabei habe ich gar nichts gegen ökonomische Betrachtungen, da sie auch sinvoll sind, wenn es darum geht vorhandene, aber knappe Resourcen so effektiv wie möglich einzusetzen.
Sicher ist es bei der bemannten Raumfahrt momentan noch so, dass sie entweder zum politischen Prestige und Machogehabe dient. Aber die Zeiten werden sich ändern. Im auslaufenden Mittelalter empfaden sicherlich auch viele die Hochseeschiffahrt als etwas überflüssiges. Trotzdem wurde sie praktiziert, und was dabei heraus kam wissen wir ja: Man entdeckte andere Länder und Kulturen und vieles mehr, das man nicht erwartet hat. So ähnlich wird es sich auch mit der Raumfahrt verhalten. Wir werden in absehbarer Zeit zwar wahrscheinlich keine anderen Kulturen entdecken, weil die für uns einfach noch zu weit entfernt sind, selbst in nächster Nachbarschaft unseres Sonnensystems. Aber wer kann denn schon vorher sagen, ob sich dass nicht irgendwann ändert. Und kommt mir jetzt nicht mit Einstein (E=mc²) – wie ich hier schon mal geschrieben habe, halte ich es für möglich, das eines Tages jemand kommen wird und eine Theorie aufstellt, die die Einsteinschen Theorien zwar als Spezialfälle Enthalten, die aber ansonsten noch weit darüber hinaus gehen. Eben so, wie es Einstein mit der Newtonschen Theorie gemacht hat.
Aber davon mal abgesehen gehe ich mit Steven Weinberg nicht konform: Eine beeindruckende Leistung kann sehr wohl inspirierend sein. Meistens in dem Sinne, dass man das, was andere da geschafft haben, selber ebenfalls schaffen will. Da kommt dann auch der „sportliche Ehrgeiz“ zum tragen, etwas besonderes erreichen zu wollen. Ob man das nun für politische Propagande misbraucht oder nicht, ist ’ne andere Frage. Und den Nutzen für die Forschung oder gar gesellschaftliche Entwicklung können wir heute doch auch noch nicht wirklich in seiner vollen Tragweite absehen. Das ist so ähnlich wie der Mathematikprofessor der zum Ende des ausgehenden 19. Jahrhunderts Zahlenthreorie um ihrer selbst willen betrieb, und glaubte, das sie kaum jemals einen praktischen Nutzen haben würde. Oder der preussische General, der zu Anfang des 20. Jahrhunderts meinte, das Flugzeuge niemals einen praktischen Nutzen für den Krieg haben würden. Heute wissen wir, das sie sich irrten.
Das die bemannte Raumfahrt weitere Kosten nach sich zieht, wie im Fall vom ATV gezeigt, halte ich nicht für dramatisch. Im Gegenteil. Wenn Amis, Russen und jetzt auch Chienesen ihre eigenen Crewtransporter entwickeln, dann ist (zumindest aus Machtpolitischen Gründen) überhaupt nicht einzusehen, warum Europa immer bei den anderen um Mitflugmöglichkeiten nachfragen sollte. Zumal einige ja auch meinen, das allein vom finanziellen Standpunkt aus betrachtet, nicht Europa, sondern Deutschland allein in der Lage wäre, eine eigene Raumstation zu entwickeln und zu betreiben, wenn man das Geld eben in die Raumfahrt stecken würde, und nicht in marode Banken, die man besser Pleite gehen gelassen hätte.
Aber da die ISS um 2020 herum vielleicht wirklich nicht mehr zu gebrauchen ist, weil die Basismodule Sarja, Swesda und speziell Destiny nur schwer austauschbar sind, ist es vielleicht Sinnvoller, eine neue Station zu bauen. Evtl. kann man auch einige Module der ISS von dieser ab- und an die neue Station ankoppeln. – Und sei es, das der einzige Sinn darin besteht, die Prozedur einmal praktisch durchzuziehen, um festzustellen, welche Probleme im Detail noch auftreten können, die man vorher nicht beachtet hat, bzw. zu evaluieren, ob die Simulationen auch mit der Realität übereinstimmen. – Also testen!
Und klar, wir sollten in Europa auch bestrebt sein, die besten Raumsonden und Satellitten zu bauen, und die Marktposition der Ariane zu halten. Aber langfristig, d.h. in den nächsten 2 bis 3 Dekaden werden wir damit nicht auskommen. Allerdings ist die Exportweltmeisterschaft von Deutschland ein zweifelhafter Ruhm, wenn man es volkswirtschaftlich betrachtet. Und darauf kann ich zumindest sehr gut verzichten.
Jetzt noch kurz zu den grossen Visionen: Prinzipiell weis man zwar schon, warum beispielsweise der Mars Polar Lander abgestürzt ist. Aber irgedwann wird man wissen wollen, wie sich der Absturz auf einzelne Komponenten ausgewirkt hat. Das kann man zwar auch simulieren, wird aber in diesem Fall immer eine Spekulation bleiben. Zwar auf höchstem Niveau, aber dennoch eine Spekulation. Oder man wird untersuchen wollen, warum die Landeeinheit der Pathfinder Mission ausgefallen ist oder wie sich das Marswetter auf die frühen Viking-Sonden ausgewirkt hat. Natürlich kann man dazu weitere Sonden hin schicken, aber damit wird man nicht allem auf dem Grund gehen können. Also wird man eines Tages hin fliegen, um die Sonden (oder was von ihnen übrig ist) vor Ort untersuchen zu können.
Es würde mich auch nicht wundern, wenn Curiosity seiner Landestufe noch einen Besuch abstattet, sobald er anfängt zu fahren.
So, ich habe mich mal zurückgehalten, aber gebe nun doch noch meinen Senf dazu.
Was mich immer erstaunt ist, wenn ich einen sehr konkreten Artikel schreibe, der auf die Situation heute eingeht, bei den Antworten dann immer möglich bemannte Missionen in der Zukunft kommen wir Marsmissionen oder Marskolonisierung (Warum dann nicht Flüge zu den Saturnringen, zur Venus, auf Io oder Pluto? Wenn wir nicht über Geld und Machbarkeit reden müssen, können wir sogar zum nächsten Stern reisen).
Mindestens einer fängt dann an irgendwelche historische Vergleiche zu ziehen, sei es zur Besteigung das Mt Everest oder der Entdeckung Amerikas.
Das geht aber an der Sache vorbei, denn wir betreiben jetzt Raumfahrt und wir wissen was sie kostet und was sie nützt oder eben nicht. Maf sein, dass man später mal wirklich die Transportkosten radikal senken kann und bemannte Raumfahrt dann so preiswert wird wie unbemannte heute (ich befürchte nur, dass dann auch die unbemannt immer noch erheblich billiger sein wird) und wir uns all diese Visionen auch leisten können.
Da wären wir bei Visionen und Träumereien. Eine Vision denke ich hat ein konkretes Ziel, etwas wofür es sich wirklich lohnt einzusetzen, auch wenn es schwer erreichbar ist. Eine Träumerei ist eine schöne Vorstellung. In meinen Träuzmen kann ich übers Valles Marineris fliegen. Als eine Vision würde ich es nicht bezeichnen, denn es fehlt der echte Nutzen dieses Ziels. Oder um es auf den Normalbürger zu transformieren: Wer würde nicht mal gerne schwerelos sein? Selbst ins all fliegen? Ist das eine Vision oder eine Träumerei? Man kann es für 200.000 $ bei Virging Galactis kaufen. Viel Geld für die meisten von uns, doch erreichbar, wenn sie auf Haus, Auto und andere Annehmlichkeiten verzichten. Wenn sie das alles opfern um 5 Minuten schwerelos zu sein, dann ist es eine Vision, ansonsten eine Träumerei.
Den letzten Absatz von Hans habe ich nicht verstanden. Er hat auch nichts mit der Raumfahrt zu tun. Auch bei der bemannten Raumfahrt wissen wir nicht alles und haben nicht alles simuliert (siehe Verlust der Columbia). Wenns funktioniert hat ists gut und wenn nicht wollen wir wissen warum. Da wir immer weiter entwickeln (die neuen bemannten Raumkapseln sind ja auch keine Kopien von Gemini oder Apollo) würde und so viel Detailwissen auch nicht so viel bringen.
@Bernd: Wenn Du meinen letzten Absatz nicht verstanden hast, dann nehme ich das jetzt einfach mal als Beleg dafür, das wir halt doch unterschiedlich ticken. Damit meinte ich einfach, dass das die mittelfristigen Visionen bzw. Begründungen sein könnten, um Astronauten zum Mars zu schicken. Die von mir genannten Detailuntersuchungen sollen der Langzeitstabilität dienen, also um heraus zu finden, was zu ändern wäre, damit Materialien oder Geräte noch länger halten, als bisher.
Ansonsten tippe ich mal darauf, das eher weniger Leser des Blogs so tief in der Materie drin sind, wie Du. Die sehen folglich alles etwas rosiger, da sie nicht so sehr in die Details einsteigen können oder wollen. Und meine persönliche Meinung ist im übrigen auch, dass die Raumfahrt, wie eigentlich die gesammte Wissenschaft heut zu Tage in der Gesellschaft nicht den Stellenwert hat, den sie eigentlich haben sollte. Das soziologisch zu ergründen und in die „richtige“ Richtung zu lenken wäre eigentlich eine Aufgabe für die sogenannten „Eliten“ unserer Gesellschaft. Aber die haben zur Zeit mehr damit zu tun, sich vom Rest des Volkes abzuheben und ihre Machtansprüche weiter auszubauen. Dann wäre natürlich die Frage zu klären, was denn die „richtige Richtung“ sein soll, in der wir die Entwicklung der Raumfahrt lenken. Eine Diskussion, die im übrigen alle paar Jahre erneut zu führen wäre.
Aber im derzeitigen gesellschaftlichen Klima kann die Wissenschaft meiner Ansicht nach nur schlecht gedeihen, weil sie einfach „zu schmal aufgestellt“ ist. Das ist m.E. nach mit ein Grund dafür, dass die meissten immer in die Zukunft ausweichen.
Wahrscheinlich hast Du recht, wenn Du behauptest, dass unbemannte bzw. halb ferngesteuerte Missionen auch in Zukunft für weniger Geld zu haben sein werden, als solche, die mit Personal an Bord los fliegen. Aber die Frage ist doch eigentlich die, was wir (als Gesellschaft) wirklich wollen. Und da gehöre ich nun mal zu der Gruppe der Visionäre, (andere würden auch sagen der Phantasten) die irgendwann einmal auch Leute zu den Saturnringen schicken wird oder auf Titan landen lässt. Bei Io wäre ich mit einer orbitalen Sonde schon zufrieden und für die Venus halte ich Atmosphärenballons auch erst mal für sinnvoller. Und ja, sobald es Sinnvoll lösbar ist, hätte ich auch nichts gegen eine Sonde, die den Pluto umkreist, bzw. das Plutosystem da dort ja immer wieder neue Körper entdeckt werden. Die Raumsonde New Horizons wird ja einige Neuigkeiten liefern, aber wie so oft, wahrscheinlich eher noch weitere Fragen aufwerfen, als beantworten. Speziell, wenn ihre Primärmission erledigt ist, und sie in die tiefen des Kuipergürtels eintaucht.
Zum Schluss noch meine grundsätzliche Einstellung zu Visionen: Wenn ich von Visionen schreibe, spielt das Geld grundsätzlich erst mal keine Rolle, sondern es geht mir dabei nur um das technisch mögliche oder dass, was wissenschaftlich für sinnvoll gehalten wird. Erst in einem weiteren Schritt kommt dann das Geld ins Spiel, wenn man über eine konkrete Realisierung nachdenkt. Das heisst aber nicht, dass man das Geld dann zum Fenster heraus schmeisst, sondern genau überlegt, was mit dem vorhandenen Geld machbar ist (bzw. die Kosten für eine zu realisierende Mission soweit wie möglich voraus kalkuliert) und dann auch so exakt wie möglich plant. Dabei ist dann auch darauf zu achten, das man sich an diesen Plan hält, und nicht zwischendurch immer mal wieder ändert, weil das ja meisst der Grund dafür ist, das die Kosten explodieren.
Du solltest über das Thema wirklich mal einen Blog verfassen. Die Länge hast Du ja schon…. Das belebt auch den Blog weil man eine komplette andere Sicht zum Tragen kommt.
Kann ich machen. Zuvor aber noch ein Link zu einem Artikel bei Raumfahrer.net, der letzte Woche erschien, und dem ich auch nicht überall zustimme:
http://www.raumfahrer.net/news/?08082012093641.shtml
Den jetzt hier auseinander zu nehmen ist wenig sinnvoll, das sollte man im Forum von Raumfahrer.net tun, aber da bin ich nicht angemeldet…
Eigentlich dachte ich ja anhand des Titels, jetzt käme eine integrierende Sicht von bemannt und unbemannt, aber leider doch nicht. Aber jetzt weiß ich, das bemannte Raumfahrt seine Berechtigung hat !
Im Blog wird bemannte RF sowieso kritisiert und unbemannte ist auch nicht gut, wenn es um unvernünftige Preismarken wie beim JWST geht, nagut.
Das müßte ja dann auch für Curiosity gelten, immerhin ein 2,5 Mrd $ Unternehmen. Seien wir mal ehrlich, das Projekt ist faszinierend, nicht weil es gerade Wissenschaft betreibt, sondern weil ein riesen Ding auf spektakuläre Weise gelandet ist und dann noch durch die Gegend fährt und schöne Bilder macht.
Ich bin beruhigt, wenn es im Artikel heißt, dass Bilder von Titan oder Saturnringen Begeisterung hervorrufen. Möglicherweise geht es da aber nicht um Wissenschaft (die evtl. weniger an Bilder und mehr an Daten/Erkenntnissen interessiert wäre), sondern um ein mehr oder weniger persönliches Erleben, hier in Form von Bildern. Das kann ich gut nachvollziehen und mir geht es genauso. Allerdings fehlt es mir an Vorstellungkraft, mich mit dem Satelliten zu identifizieren. Mit dem Astronaut kann ich das und das was Bilder an Begeisterung hervorrufen, vermittelt der Astronaut darüberhinaus mit seiner Präsenz in einer emotionalen Qualität, mit der ich mich identifizieren kann.
Seien wir ehrlich, Wissenschaft ist meistens stink langweilig. Wenn ich mir die Forschungsprojekte der EU durchlesen, sind die alles andere als begeisternd, produzieren keine schönen Bilder und auch sonst keine Emotionen, mag es auch noch so wissenschaftlich sein.
Ich halte es auch nicht für gerechtfertigt, die medizinische/biologische Forschung der bemannten Raumfahrt auszuschließen. Und es ist sowieso ein Trugschluß, dass die Gelder für bemannte Raumfahrt in die unbemannte fließen würden, Obama zeigt es und streicht nach dem Shuttle/Constellation-Programm jetzt auch das Planetary Science Budget um 20%.
Hallo zusammen,
Ich bin ebenfalls ein Visionär Phantast oder Träumer doch trotzdem gegen Subventionen. Wenn der Mensch irgendwann in der Lage seien wird das Sonnensystem und unsere Galaxie zu besiedeln dann muss ein ökonomischer Grund dafür vorliegen, und sei es nur der Pioniergeist einzelner.
Wenn der Mensch autark im Universum überleben kann dann wird er biologisch gesehen diese Niesche über kurz oder lang besetzen.
Die Fragen die gestellt werden müssen sind folgende: Kann der Mensch diese Niesche besetzen? Wenn Ja wie können Subventionen diesen Prozess beschleunigen? und ist das Kosten/Nutzen Verhältniss angemessen?
Die erste Frage muss mit Ja beantwortet werden sonst ist das ganze nutzlos. Die beiden letzten Fragen fallen meiner Meinung negativ für die Subventionen aus.
Hallo Hanswurst. Nach dem heutigen Stand würden die Astronauten nicht mal einen Trip zum Mars überstehen. Nach 180 Tagen werden sie aus der Sojus getragen und auf dem Mars würden sie nach 240-300 Tagen eine wesentlich härtere Landung überstehen müssen, bei denen ihnen wohl die Knochen brechen würden. So gesehen würde ich schon fast Frage 1 mit „Nein“ beantworten, zumal ein Marstrip ja nicht die Besetzung einer ökologischen Nische wäre.
Da sich keiner zu Visionen äußern will (Gastblogangebot) werdet ihr wohl mit meinem Senf übermorgen vorlieb nehmen müssen….
Ein Gastblog ist in Arbeit, wird aber etwas länger ausfallen und deshalb noch ein paar Tage auf sich warten lassen.
Hallo zusammen,
Vielleicht ist mein Kernpunkt nicht ganz rübergekommen. Für die Gegenwart sehe Ich auch keinen Nutzen der Bemannten Raumfahrt doch gibt es eventuell ökonomische Nutzen in der Zukunft wie z.B. einen 3 wöchigen Urlaub auf dem Mond in 300 Jahren für Superreiche. In 500 Jahren wird der Urlaub vielleicht dann auch für Reiche zugänglich sein. Und gewisse Leute werden dort Ihre Pension verbringen. Und somit ist der erste Sprung gemacht.
Alles im allen denke Ich das dies so oder so ähnlich kommen wird und wenn es
erst in 1000 oder 5000 Jahren soweit ist. Doch Subventionen werden diesen Prozess meiner Meinung nach nur unwesentlich beschleunigen.