Bernd Leitenbergers Blog

Training für die bemannte Marslandung

Früher hieß es wir brauchen die ISS um uns auf die Marslandung vorzubereiten. Nachdem sich herumgesprochen hat, dass dem nicht so ist, will ich mal einen Plan skizzieren wie man für eine bemannte Marslandung trainieren können. Ich will mal folgende Eckpunkte anreisen, die wir vielleicht vor der ersten bemannten Marsexpedition klären sollten:

Auf der anderen Seite soll das Risiko minimiert werden, also wenn ein wichtiges System ausfällt, die Vorräte nicht reichen oder die Besatzung strahlenkrank wird, sollten wir schnell wieder zur Erde zurückkehren.

Nun mit der ISS kommen wir da nicht sehr weit. Zum einen geht das schon mit der Position los: sie ist ja noch innerhalb des Erdmagnetfelds, dass uns vor den meisten kosmischen Strahlen schützt. Daneben ist es recht schwer in Schwerelosigkeit Arbeiten auf dem Mars zu trainieren.

Aber wir haben den Mond vor der Haustür und in der Tat gibt es einige Parallelen:

Was den Mond vo, Mars unterscheidet ist die Dauer des Tag/Nachtzyklus und die Temperaturen. Es wird am Tag heißer und in der Nacht kälter und es ist 14 Erdtage lang 14 Erdtage lang Nacht. Doch das kann man ausgleichen. Die Temperaturextreme sind nicht so wesentlich bei der Arbeit draußen, da für gibt es sowieso die Raumanzüge. Ob diese -70°C oder +100°C abhalten müssen – beides ist gleich viel von unserer Wohlfühltemperatur von +20°C entfernt. Zur Temperaturregelung in den Labors kann man die Labors mit Regolith bedecken und so die Unterschiede ausgleichen. Dazu gibt es natürlich noch künstliches Licht und Heizung (RTG). Die Besatzung wechselt zwischen Expeditionsschichten (am Mondtag) und Analysenschichten (in der Mondnacht) ab. Auf dem Mond können wir so ziemlich die ganze Ausrüstung für den Mars erproben, auch die Verfahrensweisen.

Was wir nicht erproben können ist die Landung, außer den letzten Teil weil die Atmosphäre fehlt.

Dann gibt es noch die interplanetare Reise zum Mars. Die dauert je nach Konstellation zwischen 200 und 270 Tagen. Auch das kann man simulieren. Man muss nur nicht die Besatzung auf der direkten Route zum Mond schicken. Langsam beschleunigt, mit Ionentriebwerken spart man zum einen Treibstoff ein, und zum andern kann man die Reise so simulieren. Daneben erhöht es die Nutzlast. Die Besatzung würde wie bei einer Marsmission in einer kleinen Raumstation langsam zum Mond gebracht werden, dort in einen Orbit einschwenken und in einen Mondlander umsteigen, um bei der Forschungsstation zu landen. Diese kann man vorher auf dem gleichen Wege zum Mond befördern, also mit Ionentriebwerken bis in die Mondumlaufbahn und dann chemisch abgebremst auf die Mondoberfläche.

Was macht man bei Problemen? Nun dann sollte man schnell zurück kommen. Der einfachste Weg ist es eine kleine Kapsel wie sie gerade für CCDev entwickelt wird mitzuführen, verbunden mit einer Stufe mit lagerfähigem Treibstoff. Eine Geschwindigkeitsänderung von 1.500 m/s reicht aus um aus jeder kreisförmigen Erdumlaufbahn eine elliptische mit einem Perigäum von 100 km Höhe zu machen. Das Maximum von 1492 m/s tritt in rund 32500 km Höhe auf. Danach sinkt der Geschwindigkeitsbedarf ab. Beim Mond sind es nur noch 1000 m/s. Ein Servicemodul mit einem ausreichenden Treibstoffvorrat könnte die Besatzung in spätestens 3 Tagen wieder zur Erde zurückbringen.

Selbst die Kommunikationsverzögerung kann man nachbilden, ohne tricksen zu müssen. Wir müssen nur die Landung auf der Mondrückseite durchführen und die gesamte Kommunikation über einen Satelliten abwickeln. Dann gibt es keine direkte Funkverbindung mehr und die gewünschte Verzögerung ist sogar justierbar, wenn der Satellit seine Umlaufbahn anpasst (mondnah bei großer Verzögerung, mondfern bei kleiner). Ein Satellit in einer 200 km Umlaufbahn hat z.B. eine Umlaufsdauer von 127 Minuten. Durch die nahe Umlaufbahn ist er auch nur kurz über dem Landeort. Je höher die Umlaufbahn, desto mehr davon ist im Sichtbarkeitsbereich der erdgebunden Stationen und desto länger gibt es Funkkontakt. Natürlich kann man auch dies einfach mit dem Store and Forward Prinzip simulieren.

Wie könnte es aussehen? Nun ich nehme mal als Basis eine Rakete mit 100 t Startmasse. Bei einer Reisedauer von 230 Tagen, einem Δv von 6,5 km/s (worst case), Solarzellen mit 809 W/m² für den Betrieb der Ionentriebwerke und deren spezifischem Impuls von 4500 s kommt man auf folgende Rechnung:

Bei reinen Frachttransporten kommen rund 39 t in der Mondumlaufbahn an, wenn man sich mehr Zeit lässt wird die Nutzlast höher. Bei 300 Tagen sind es z.B. schon 46,5 t.

Die Landung auf dem Mond kostet Treibstoff. Bei einem Δv von 2,3 km/s (Apollo-Vorgabe) würden von 100 kg noch 40 kg Nutzlast (ohne die ausgebrannte Abstiegsstufe) auf dem Mond abgesetzt werden. Aber bei der Landung auf dem Mars dürften von 100 t im Erdorbit im günstigsten Fall auch nur 25-28 t übrig bleiben. Beim Einbremsen in den Marsorbit und beim Start zurück sieht es sogar noch schlechter aus, genauso beim rückstart vom Mars sodass in der Summe man für den Aufbau einer Mondstation in etwa genauso viele Flüge braucht.

So könnte es aussehen:

Das sind 800 t im Erdorbit, aufgeteilt in 8 Flüge einer SLS. Das ist in etwa auch das was für Marsmissionen veranschlagt wird. Gelingt es, den Verbrauch deutlich zu reduzieren (für drei Astronauten braucht man rund 43 t Vorräte für eine 985 Tage Marsmission, wenn man die ISS Zahlen zugrunde liegt), dann sieht es deutlich günstiger aus.

Die zweite und alle folgenden Expeditionen kommen mit 5 Flügen aus, dabei wird es wenn man die Vorräte in Modulen wie dem MPLM verpackt mit der Zeit sogar deutlich mehr Wohnraum geben, da diese nach Verbrauch der Vorräte leer sind.

So gesehen macht die Rückkehr zum Mond wirklich Sinn, zumal wir ja noch keine echte mondbasis haben auf der Mondrückseite ist auch noch niemand gelandet. Nur muss man das dann wie eine Marsmission aufziehen. Eben nicht wie Bush mal Apollo-Equipment nachbauen und Missionen von einigen tagen oder Wochen planen.

Wenn man es so aufzieht kann man das meiste simulieren, man kann notfalls in 3 Tagen zurückkommen. Was noch erprobt werden muss sind sehr große Hitzeschutzschilde für den Mars um große Module landen zu können. (Grund für das Skycrane Verfahren bei Curiosity war ja auch, weil man sonst den Rover nicht hätte absetzen können, es gibt in der Kapsel, obwohl sie doppelt so groß wie die letzte ist, einfach zu wenig Platz, denn sie hat eine ungünstige Doppelkegelform. Doch dass kann man auch unbemannt mit Ausrüstung oder Gewichten testen.

Was machen die Astronauten? Nun auf dem Weg zum Mond recht wenig. Immerhin dürfen sie 240 Tage lang die Däumchen drehen, aber das würden sie bei eine, Trip zum Mars aus. Am Mond angekommen würden sie zuerst einmal einen Bulldozer in Betrieb nehmen und damit Regolith über ihre Quartiere und die Vorräte kippen, damit diese nicht so extremen Temperaturen ausgesetzt sind. Regolith, feiner Staub aus tausenden von Mikrometeoriten hat wie feine Vulkanasche nur eine geringe Wärmeleitfähigkeit. eine dicke Schickt schützt so vor Temperaturschwankungen und senkt das Risiko das von den kosmischen Strahlungen ausgeht. Danach nehmen sie die Behausungen und Geräte in Betrieb. Während des Mondtages wären längere Exkursionen möglich, z.B. mit einem Mondmobil mit Schlafkojen in Wohnwagenform. Ein solches würde man wohl auch auf dem Mars einsetzen, denn sonst wäre der Aktionsradius auf wenige Kilometer begrenzt. Nach 14 Tagen kommen sie zur Wohnung zurück. Nun können sie ausruhen und in Ruhe Bodenproben untersuchen, katalogisieren oder Werkzeug warten – es ist 14 Tage lang Nacht.

Nach rund 500 tagen geht’s dann zurück zur Erde. Der Lander wird mit Bodenproben beladen, er koppelt an die Transferstation mit der Kapsel im Mondorbit an und wiederum dauert es 240 Tage bis man wieder in einer niedrigen Umlaufbahn angekommen ist. Dort koppelt die Kapsel ab, zündet ihre Triebwerke und die Besatzung landet wie bei einer ISS Mission. Das Raumschiff im Erdorbit könnte man erneut verwenden, sodass man für die zweite Mission nur 436 t anstatt 800 t benötigt.

In der Summe wäre es die wohl risikoloseste Trainingsmethode und vieles kann dort schon getestet werden und muss nur für eine Marsexpedition nochmal gebaut werden, so die gesamte Ausrüstung auf dem Mond und das Transfermodul. Der wesentliche Zusatzaufwand besteht nur darin einen Mondlander wie das LM zu entwickeln um die Astronauten zu transferieren und auf Basis dessen Abstiegsstufen für die unbemannten Teile die man auch weich absetzen muss. Würde man wie zu Apollo Zeiten vorgehen und sich langsam an die Aufgabe herantasten (Apollo 7: CM/SM im Erdorbit testen, Apollo 8, CM/SM im Mondorbit testen, Apollo 09 : LM im Erdorbit testen Apollo 10: LM im Mondorbit testen Apollo 11: Landung) so wird man fast zwangsläufig auf den Mond als trainingsplatz kommen. Doch heute denke ich ist man nicht so geduldig.

Was könnte man mit der ISS machen? Nun eine Sache kann man klären. Überstehen die Leute den Trip gesundheitlich. Also zuerst mal einige Astronauten zuerst 240 Tage auf der ISS behalten, dann für 500 Tage zur Erde und dann nochmals 240 Tage auf die ISS und man hat eine Vorstellung wie sie am Ende gesundheitlich dastehen. Noch optimaler wäre natürlich ein Aufenthalt über die vollen 900-1000 Tage an Bord der ISS. Wenn sie dann nicht mehr alleine aus der Kapsel rauskommen oder bei der Landung sich Knochen gebrochen haben, dann weiß man wenigstens, dass es nix ist mit der Marsexpedition.

Warum das keiner macht? Weil man schon von früheren Rekorden von Kosmonauten weiß, wie es ausgeht: nach derzeitigem Stand der Wissenschaft werden die Astronauten nach 240 Tagen selbst bei intensivem Training auf der Erde alleine nichts machen können, dazu haben sie zu viel Muskelmasse verloren. Ob es auf dem Mars noch geht (bei 40% unserer Schwerkraft) – ich bin skeptisch, denn der Raumanzug und das Überlebenspack kommen ja an Extragewicht noch dazu.

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