Die Seelenlage der Verschwörungstheoretiker

Das Hohlkugelmodell brachte mich darauf doch mal die Seelenlage von Verbreitern dieser „alternativen Erklärungsmodelle“ beleuchten. Fangen wir zuerst mal mit dem grundlegenden Unterschied zur etablierten Wissenschaft an. Diese ist ja nicht in Stein gemeißelt sondern entwickelt sich weiter. Ein wesentlicher Unterschied ist, dass bei der etablierten Wissenschaft eine neue Theorie von Leuten aufgestellt wird, die Phänomene mit den alten Theorien nicht erklären können. Damit die geht muss man sich mit der alten Theorie natürlich genau beschäftigen. Eine neue Erkenntnis kommt nicht so einfach aus dem Nichts. Sowohl Einstein wie auch die Entdecker der Quantentheorie (da waren ja einige beteiligt wie Planck, Bohr und Heisenberg) hatten Probleme mit ihrer neuen Theorie. Einstein führte die kosmologische Konstante ein, weil er anders das damalige statische Universumsmodell nicht in den Gleichungen sah (ironischerweise, ist diese von ihm als „größte Eselei seines Lebens“ bezeichnete Konstante heute tatsächlich von Bedeutung. Planck führte das Wirkungsquantum ein, weil ohne es seine Theorie Probleme hatte bestimmte Dinge zu erklären, hielt das aber für einen Fehler oder einen Notbehelf, bis man die wahre Ursache findet. Diese Zweifel haben Verschwörungstheoretiker nicht.

Demgegenüber müssen sich die Erzeuger alternativer Theorien sich nicht mit dem etablierten Erklärungsmodell auszukennen. Das ist sogar sehr hinderlich. Es reicht einfach etwas zu sehen, was man nicht versteht, um zu erkennen, dass die etablierte Erklärung falsch ist. Sehr wichtig ist es auch keine Ahnung von Technik und Physik zu haben. Schon das Schulwissen ist sehr hinderlich, weil es einem den ungetrübten Blick verstellt. Sonst könnte man ja nicht so viel sehen, dass man nicht versteht. Wir sehen hier sofort die Parallelen zur Renaissance, als die Kirche sich weigerte die neuen Kenntnisse anzuerkennen Geistliche, die von Galileo aufgefordert wurden, die Jupitermonde im Fernrohr sich selbstanzusehen, weigerten sich dies zu tun. Man könnte ja in seinem Gedankenfundament gestört werden.

Der Verschwörungstheoretiker meidet es, sich zu informieren. Die wichtigste Informationsquelle ist das Fernsehen, dann kommen Bilder. Sehr wichtig ist es auf keinen Fall mit dem Urheber der Verschwörung in Kontakt zu kommen. Das bedeutet (im Falle des Moon-Hoaxs) man darf auf keinen Fall auf den NASA Webseiten, nach den Presskit, Technical Reports, Originaldokumente und -Bilder suchen, sondern das Material muss aus bekannt zuverlässigen Quellen wie „Galileo“ „N24“ oder „ntv“ stammen. Nur so sind die richtigen Schlüsse zu ziehen, z.B. dass die Luna Landung unmöglich ist, weil Armstrong mit dem LLV, einem Simulator der Mondlandefähre abstürzte. Würde man sich bei der NASA informieren so würde man feststellen, dass der Defekt darauf beruhte, dass die Stabilisierung des Düsentriebwerks, dass dazu diente, die Beschleunigung von 1 g auf ein Sechstel G zu reduzieren, ausfiel. Da dieses bei der Mondfähre fehlt, könnte man ja auf die Idee kommen, das man das nicht übertragen kann. Auch das Luna anders landet, weil keine Schwebephase vorgesehen ist, es kann die Sonde ja keinen Landeplatz wie Apollo aussuchen, sondern landet durch einen Höhenmesser gesteuert an einem vorgegebenen Punkt, ist äußerst kontraproduktiv, wenn man aufgrund eines Fernsehfilms beweisen will das auch das Lunaprogramm Teil einer Verschwörung ist. Folgerichtig hat Herr Keppler als ich ihm dies sagte ignoriert. Dafür fragte er mich nach Daten zu Apollo 17 – auch das ist typisch, denn wie schon gesagt, man darf nicht die Primärquellen benutzen, sonst könnte man wissensmäßig verseucht sein.

Wichtig ist auch die Argumentationsweise. Die vorherrschende Erklärung eines alternativen Modells ist nicht die, das etwas berechnet oder schlüssig beweisen wird. Es ist die des Vergleichs. So findet man auf Epplers Seite den Hinweis, das ein Magnet durch Erhitzen entmagnetisiert wird. Also kann die Erde, die ja im Vollerdemodell einen heißen Eisenkern hat, nicht die beobachteten Magnetfelder aufweisen. Man vergleicht also ein Phänomen mit einem anderen, ohne sich um die Übertragbarkeit zu kümmern. (Wie kann man in diesem Erklärungsmodell z.B. die Magnetfelder von Elektromagneten oder dem Jupiter mit metallischem Wasserstoff erklären). Oder man vergleicht den Antrieb der Mondfähre mit einem Laubbläser (obwohl dieser im Vakuum sicher wirkungslos wäre) und die Hitze auf dem Mond im Vakuum (nur Wärmeübertragung durch Strahlung) mit der im Backofen (Wärmübertragung durch Konvention und Strahlung),

Der augenscheinliche Zusammenhang mit Religion sieht man daran, dass es nicht um eine alternative Erklärung geht, sondern diese nur ein Phänomen einer Verschwörung ist. Das macht diese auch wie die Religion so unanfechtbar. Ist es bei der Religion die Bibel, die einfach wahr sein muss, so sind es bei Verschwörungstheorien ganz einfach alle anderen entweder dumm, oder wenn dies nicht sind, dann sind sie Handlanger deren die sich an der Verschwörung beteiligen. Da habe ich schon einiges erlebt, de Fakto meinen Verschwörungstheoretiker offenbar, sie könnten jeden beleidigen der nicht ihrer Meinung ist. Daher wundert mich es nicht, dass Professoren solche Zuschriften komplett ignorieren, was natürlich als Beweis der Verschwörung angesehen wird.

Irgendwie erinnern sie mich an die Zeugen Jehovas. Mit einem Pärchen hatte ich mal eine Diskussion an der Haustür, wo man meinte, als ich sagte, dass die Erde nach der Bestimmung der Radioaktivität etwa 4,5 Milliarden Jahre und nicht nur einige Tausend Jahre alt ist, dass diese sich verändert haben könnte. Auch beim Vollerdemodell gibt es die Juristensicht auf die Physik. Ich sage das so, weil menschliche Gesetze sich ändern und das wird eben auf auf die Natur übertragen. Also hier ist die Lichtgeschwindigkeit konstant, aber wenn wir 1000 km von der Erdoberfläche entfernt sind ist sie es nicht. Hier sind Lichtstahlen gerade, im Innenraum der Erde sind sie gekrümmt und hier starten Raumsonden mit 14,6 km/s und in der Innenerde bewegen sie sich nicht, sonst würden sie ja nach weniger als einer Stunde in Australien aufschlagen.

Was mich viel mehr erstaunt ist, dass es so viele gibt die denen noch glauben. Es gibt ja immer wieder Dumme die drauf reinfallen und viele verdienen mit ihren Büchern ja auch ganz gut. Die Frage die sich mir stellt, selbst wenn ich keine Ahnung von Physik habe ist doch wer hat recht: Einige Verschwörungstheoretiker die so illustre Berufe wie Druckersetzer oder Anglizist haben oder die Große Masse an Experten inklusive unabhängiger Quellen wie Wikipedia, Brockmann oder die zig Fachautoren zu dem Thema Apollo. Wenn mir ein Mediziner sagt, ich hätte eine Blinddarmentzündung und müsste operiert werden und es sagt mir ein Druckersetzer dass ich nur Bachblüten nehmen solle, dann würde ich eher dem vertrauen der vom Fach ist, auch wenn sicherlich die Bachblüten weitaus unkomplizierter sind.

8 thoughts on “Die Seelenlage der Verschwörungstheoretiker

  1. Moin Bernd,

    ich denke es gibt das drei Formen:

    – Die Profis, die mit den Verschwörungstheorien Geld verdienen. z.b. Däniken
    – Die Profis, deren Ziel es ist ad hominem eine andere Theorie zu diskreditieren. z.b. Wisnewski
    – Die Mitläufer, deren Ziel es ist sich ein einfaches Weltbild zusammenzustricken.

    ciao,Michael

  2. Geltungssucht kann auch ein Antrieb sein. „Leute, ich weiß etwas was ihr nicht wißt!“
    Ich finde z.B die Grundidee des Erich von Däniken auch bestechend, dass vielleicht Ausserirdische auf hohem technischen Niveau existierten oder existierten. Sein Fehler ist, dass er beseelt von diesem Wunsch nach jedem Strohhalm greift, der das belegen könnte. Und dann alles in seinem Sinne umdeutet, unbeachtet echter wissenschaftlicher Erkenntnisse.
    Verschwöhrungstheorien sind vor allem ein psychologisches Problem.

  3. Ich nehme an, es sollte „Brockhaus“ und nicht „Brockmann“ heissen.

    Ansonsten 100% treffende Analyse.

    Den einzig wirklichen Nutzen, den die Beschäftigung mit diesen Leuten bringt, sehe ich für mich persönlich darin, mich mit den Themen intensiver zu beschäftigen und meine naturwissenschaftlichen Kenntnisse aufzufrischen.

    Diskussionen mit diesen Leuten sind sinnlos.

  4. Interessanterweise waren die Fälle, in denen ich bei „Diskussionen“ mit Verschwörungstheoretikern Erfolg hatte, solche bei denen ich mich auf keine rationale Diskussion eingelassen hatte, sondern im Gegenteil sie mit ihren eigenen Waffen geschlagen hatte: Also mit einer Gegenverschwörungstheorie.

    Ich war mal so frei, bei einer Diskussion mit einem Mondlandungsleugner die Gegenverschwörungstheorie anzusprechen, die du in deinem Blog hier vor einiger Zeit mal skizziert hattest: Daß die „Mondlandungslüge“ in Wirklichkeit eine Aktion des KGB sei, um die USA nachträglich zu diskreditieren und das Weltraumrennen doch noch zu gewinnen, und daß dies vom russischen Geheimdienst bis heute weiter gepflegt wird. Daß die prominenten Mondlandungsleugner allesamt Agenten der Russen seien, die nur ihre Propaganda platzieren wollen. Und daß jeder, der die Mondlandung anzweifelt, nur ein naiver Helfershelfer des russischen Geheimdienstes ist.

    Ich hatte durchschlagenden Erfolg. Der Kollege (es war bei einer Weihnachtsfeier, als das Gespräch auf die Mondlandungen kam), der sich als Mondlandungsleugner gezeigt hatte und sich in Rage geredet hatte, stand fassungslos da als ob ihm jemand mit der Faust ins Gesicht geschlagen hätte. Seitdem hat er das Thema nie mehr angesprochen.

    Also bloss nicht versuchen, mit solchen Leuten rational zu diskutieren. Das sind sie gewohnt, und man wird als Antwort nur Rabulistik unter der Gürtellinie bekommen, wie so üblich bei Diskussionen mit Fanatikern. Aber gegen ihre eigenen Waffen sind sie hilflos, denn um sich dagegen effektiv zu wehren müssten sie ihre eigene Vorstellungswelt und Argumentationslogik aufgeben.

  5. Man könnte auf die KGB-Moonhoaxer-Theorie auch noch eine weitere Verschwörungstheorie draufsetzen: Bekanntlich haben ja KGB und Stasi eng zusammengearbeitet. Es ist also warscheinlich, daß viele Moonhoaxer auch als Stasi-Spitzel tätig waren. Aus diesem Grund bereitet die Regierung heimlich ein Gesetz vor, nach dem alle Moonhoaxer auf Stasi-Vergangenheit überprüft werden sollen. Und jedes Dementi von Seiten der Regierung ist nur ein weiterer Beweis, daß dieses Gesetz eben geheim ist.

  6. Stimmt, jetzt wo Du es sagst, die DDR hat die Monlandnung richtig totgeschwiegen und auch nie was übertragen….

    Soweit ich weis, waren aber alle westdeutschen Moonhoaxer Spitzel für die DDR. Sie sollten auch die damals gerade entstehende Weltraumforschung ausspionieren und an die DDR melden.

  7. Die massenhafte Zirkulation unsinniger Verschwörungstheorien ist eine zwangsläufige Folge der Meinungsfreiheit und des Internets. Darauf haben sich die Wissenschaften aber leider noch nicht genügend eingestellt. Früher hatten die etablierten Wissenschaften durch den Druck von Schulbüchern die sichere Meinungshoheit, heute kann jeder die Wikipedia editieren.

    In vielen Fällen ist auch wirklich extrem schwer festzustellen, welche Seite recht hat, weil wichtige Daten fehlen. Wenn dann noch Zeitmangel mit ins Spiel kommt, wird es kriminell. Beispiel „Schweinegrippe“: Dass diese etwa genauso gefährlich war, wie die „normale“ saisonale Grippe, dürfte inzwischen als bestätigt gelten. Andererseits hatten die Forscher, die mit dieser ursprünglich zu tun hatten, wohl tatsächlich zahlreiche Patienten in Behandlung, die es besonders schlimm erwischt hatte. Diese Forscher machten dann den Fehler, sich nicht über das Ausmaß der Verbreitung zu informieren, also zu prüfen, ob auf die zehn Patienten, die sie hospitalisiert hatten, ein, zehn, hundert, tausend oder zehntausend Patienten draußen kamen, bei denen die Schweinegrippe wie eine normale Grippe verlief, und die folglich nicht im Krankenhaus waren. Am Ende standen Tunnelblick der Forscher und übertriebene Pandemie-Warnungen. Die WHO machte also dieselben Fehler, die man sonst den Verschwörungstheoretikern vorwirft!

    Auf der anderen Seite stehen die Impfgegner. Hier ist ebenfalls viel Tunnelblick, unvollständige und verzerrte Erfassung der Fakten usw. zu finden.

    Leider hilft der wechselseitige Tunnelblick nicht, um offen über die tatsächlichen Probleme zu reden, und z.B. den Impfkalender regelmäßig zu überprüfen.

    Jag

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