Kopfschmerzen und Schmerzmittel – Teil 1

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So, heute wieder ein Thema das etwas umfangreicher ist. Wie üblich in diesem falle in mehreren Teilen nämlich zwei. Heute geht es um die Wirkstoffe, morgen um Kombinationspräparate, Risiken und Alternativen.

„Es gibt 37 Arten von Kopfschmerzen, die sie alle selbst therapieren können“. So heißt es in der Werbung. Auf den heutigen Blogeintrag gekommen bin ich eher dadurch, dass ich gestern Abend Kopfschmerzen hatte, die Nacht nicht schlafen konnte und als mein normales Mittel (Minzöl) nicht half eben doch eine Tablette mit Acetylsalicylsäure genommen habe. Ich gehöre zu denen, die eher weniger Tabletten schlucken und auch nicht den Arzt besuchen, wenn’s nicht unbedingt notwendig ist.

Aber das brachte mich auf das heutige Thema – wie wirken Kopfschmerztabletten oder allgemein Analgetika. (Schmerzmittel)

Das Älteste und auch heute noch am meisten eingesetzte Präparat ist die Acetylsalicylsäure. Sie ist in Aspirin enthalten, aber auch vielen Nachahmerpräparaten, dann meistens unter ASS abgekürzt. ASS entsteht durch Acetylierung der Salicylsäure, die natürlicherweise in der Weidenrinde vorkommt. Diese ist stark magenreizend und wird langsam abgebaut. Sie ist als Analgetikum nur schwach wirksam. Acetylsalicylsäure ist magenschonender und wirkt besser.

Die Wirkung beruht auf die Acetylierung der Cyclooxygenase, einer Enzymgruppe, die unter anderem auch die Prostagladine, eine Reihe von Gewebshormonen synthetisiert. Prostaglandine (PG) haben sehr vielfältige Wirkungen die Acetylsalicylsäure auch andere Anwendungsgebiete beschert haben wie der Einsatz bei Fieber (PG erhöhen die Körperkerntemperatur) und sie senken den Blutdruck und hemmen schon in geringen Mengen die Blutgerinnung. Eine der Wirkung von PG ist, dass sie die Schmerzschwelle senken, indem sie motorischen Endplatten der Nervenzellen empfindlicher machen, gegen bei Schmerzen ausgeschütteten Substanzen wie Serotonin, Bradykinin oder Histamin. Darauf beruht die Wirkung dieser Schmerzmedikamente. ASS blockiert als Einziges der Mittel die Cyclooxygenase durch chemische Veränderung. Daher wirkt es bei Thrombose sehr gut, denn Thrombozyten können das Enzym das bei diesen Zellen irreversibel verändert ist nicht wieder zurückbilden. Solange sie leben (8-11 Tage) ist die Wirkung also gegeben. Daher benötigt man dafür nur geringe Dosen, die zehnmal kleiner sind als die bei Kopfschmerz eingesetzten Mengen.

Andere Medikamente mit ähnlicher chemischer Grundstruktur wie die Salicylsäure sind Phenacetin oder Paracetamol. (Bild links) ASS hat eine 50%-Resorptionsrate von 1-2 Stunden, wird innerhalb der Leber zur danach wirksamen Salicylsäure abgebaut, die dann eine längere Wirkungsdauer von etwa 4 Stunden aufweist. Die Hauptnebenwirkung beruht auch auf der Eigenschaft, denn eine Hormonwirkung der Prostaglandine ist auch die Hemmung der Salzsäurebildung im Magen und durch die Gerinnungshemmung kann es zu Magenblutungen kommen.

Sehr ähnlich wirkt auch Ibuprofen, (nächste Abbildung) es hemmt wie ASS die Prostaglandinsynthese, allerdings unspezifischer. Die Nebenwirkungen sind allerdings auch unspezifischer, so gibt es weniger Beschwerden durch zu viel Magensäurebildung und Magenblutungen als bei der ASS. Als schwache Säure wird ASS im Magen durch die Magensäure protoniert, sie verliert die Säurewirkung und wird unpolar und kann so von den Magenschleimwänden aufgenommen werden und wirkt hier schon lokal. Sehr hohe Dosen können zu Magenblutungen führen.  Ibuprofen wird noch durch die Magensäure protoniert und hat noch diese Nebenwirkung wie die ASS, allerdings in schwächerem Maße. Paracetamol verursacht dagegen keine Magenprobleme.

Paracetamol wirkt wesentlich weniger entzündungshemmend als ASS und ist daher eher ein reines Schmerzmedikament, während ASS ja mittlerweile als echter Tausendsassa gilt.

Phenacetin und Paracetamol als Anilinpräparate blockieren nicht die Cyclooxigenase komplett, sondern hemmen sie kompetitiv, verdrängen also die Substanzen, die eigentlich umgesetzt werden sollten, aus dem aktiven Zentrum. Sie wirken auch wesentlich stärker auf das Zentralnervensystem als auf die Peripherie, sind also wirksamer als Kopfschmerztabletten als bei Muskel- und Gelenkschmerzen.  Phenactein gilt als das weniger gut verträgliche der beiden Medikamente. Paracetamol wird im Körper aus Phenacetin gebildet. Phenactin selbst kann eine Methämoglobinämie verursachen, die durch Oxidation des Eisens im Blutfarbstoff entsteht. Für Säuglinge, deren Enzymsystem dies nur schwer reparieren kann, ist es gefährlich. Aber auch so scheint es ab einer Gesamtmenge von 1 kg Phenactein (aufgenommen in 5-15 Jahren) zu Nierenschädigungen zu kommen. Es wird heute kaum noch eingesetzt und ist auch aus vielen Kombinationspräparaten verschwunden.

Paracetamol hat in normaler Dosierung weitaus weniger Nebenwirkungen als Phenactein. Allerdings gibt es einige Personen, die dagegen allergisch reagieren. Am häufigsten wird das Ansteigen der Transaminasen, einer Gruppe von Enzymen aus der Leber im Serum beobachtet. Leberschädigungen sind auch die häufigsten toxikologischen Wirkungen bei Missbrauch von Paracetamol. Anders als ASS wirken Phenactein und Paracetamol nicht entzündungshemmend. Insgesamt ist Paracetamol in etwa in Wirkung und Häufigkeit der Nebenwirkungen mit der Acetylsilicylsäure vergleichbar. Die Entscheidung ist daher mehr von individuellen Faktoren geprägt. Wer z.B. Magenprobleme hat sollte zu Paracetamol greifen und wer schon andere Medikamente entgiften muss eher zur ASS, da sie etwas leberschonender ist. Paracetamol scheint etwas besser bei Migräne zu wirken als ASS. ASS mehr bei Spannungskopfschmerzen (man hat das Gefühl ein Band umschlingt den Kopf und drückt). Spannungskopfschmerzen sind die häufigsten Kopfschmerzen. Paracetamol scheint etwas besser bei Migräne oder anderen als pulsierend, stechend beschriebenen Kopfschmerzen zu helfen. Es ist auch das Mittel der Wahl, wenn die Gerinnungshemmung nicht herabgesetzt werden darf, z.B. bei Zahnschmerzen, wenn ein Besuch beim Zahnarzt ansteht oder danach.

Die dritte Gruppe von Analgetika sind Pyrazolonderivate, das bekannteste ist Aminophenazon, (z.B. in Pyramidon). Dieses ist aber inzwischen wegen potenzieller krebserregender Wirkung verboten und wurde durch Propylphenazon ersetzt. Wie die anderen Mittel hemmen sie die Cyclooxygenase. Sie wirken aber auch sehr stark blutdrucksenkend und krampflösend. Für die Lösung spasmischer Krämpfe werden Pyrazolonderivate heute in verschreibungspflichtigen Medikamenten eingesetzt, da es zwar extrem selten, dann jedoch sehr schwerwiegende Nebenwirkungen gibt. Beobachtet wurden allergische Reaktionen der Haut, seltener toxische allergische Reaktionen und verschiedene Formen der Anämie. Verglichen mit den normalen Dosierungen ist die tödliche Dosis von 10 g nicht sehr hoch, zudem kann der Wirkstoff im Magen die Nitrosaminbildung fördern. Da es dagegen kaum Berichte über eine überlegene schmerzstillende Wirkung gibt, sind diese Wirkstoffe heute auf dem Rückzug.

Weiter geht es hier mit Teil 2.

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