Bernd Leitenbergers Blog

Ist wildes Fleisch (Hirsch, Reh, Hase) gesünder als Zuchtfleisch (Rind, Schwein)?

Nicht unbedingt. Fangen wir zuerst einmal mit der Schadstoffbelastung an. Während man bei Zuchttieren die Zusammensetzung des Futters kontrollieren kann, nehmen Wildtiere über ihre Nahrung alle Umweltkontaminanten auf. Wildpilze enthalten relativ viel Cadmium, und daher auch das Fleisch von Wildschweinen, die diese fressen. Wildschweinfleisch ist auch in Bayern aus demselben Grund noch über 26 Jahre nach Tschernobyl sehr stark mit Cäsium belastet, dass es nicht in den Handel kommen darf. Cäsium-137 hat eine Halbwertszeit von 30 Jahren, das bedeutet bis heute hat die Radioaktivität noch nicht auf die Hälfte abgenommen, das ist erst 2016 der Fall. Dasselbe gilt für das Strontium-90, mit einer Halbwertszeit von über 28 Jahren, doch wird dieses nicht so stark von Pflanzen angereichert.

Die Situation ist aber regional unterschiedlich und die Belastung ist im Durchschnitt nicht höher als bei Fischen, auf die dasselbe zutrifft. So weisen Fische in Durchschnitt die gleichen Gehalte an Dioxinen wie Wildschweine auf. Im Allgemeinen ist die Belastung inzwischen durch Reduktion der Umweltbelastung niedrig; mit leicht abnehmender Tendenz. Die Hauptbelastung bei Wildfleisch ist heute das Blei, das durch die Tötung (Bleischrot) ins Tier kommt.

Kommen wir zu der Zusammensetzung des Wildfleisches. Es enthält mehr Muskelgewebe und weniger Fett und weniger Bindegewebe. Das ergibt sich recht zwanglos daraus, dass sich die Tiere mehr bewegen und weniger gehaltvolles Futter verzehren.

Hier der Vergleich einiger Wildarten mit den Zuchtformen:

Hase Kaninchen
Energie 461 kJ 642 kJ
Protein 21,6 g 20,8 g
Fett 3,0 g 7,6 g
Eisen 2,4 mg 3,5 mg
Vitamin B1 0,09 g 0,11 mg
Vitamin B2 0,06 mg 0,065 mg
Niacin 8 mg 8,6 mg
Pantothensäure 0,8 mg
Vitamin B6 0,3 mg 0,3 mg
Vitamin B12 1 µg 10 µg
Cholesterin 65 mg 70 mg
Purine 105 mg 95 mg

Die Unterscheide zwischen Wildhase und Zuchtkaninchen sind recht klein. Der Fettgehalt ist zwar absolut doppelt so hoch, doch da der Unterschied sich auf 3,0 g Fett beim Hasen bezieht, ist dies nicht relevant. Dafür enthält das Kaninchenfleisch mehr Eisen und Vitamin B12. Hasenfleisch enthält mehr Cholesterin. Das verwundert den Laien, der doch Cholesterin mit Fett verbindet. Doch da Cholesterin Bestandteil aller Zellmembranen ist, findet man es auch in magerem Fleisch, ja dort sogar oft in größerer Menge, denn wenn eine Fettzelle voller Fett ist, hat sie im Verhältnis zum Volumen eine kleinere Oberfläche als die Muskelzellen und das Cholesterin steckt in den Zellmembranen, das die Oberfläche bildet. Was Wildfleisch in größerer Menge enthält als das Fleisch von Zuchttieren sind Purine. Purine sind Abbauprodukte der RNA, DNA aber auch Molekülen die Energie übertragen. Aufgrund des höheren Muskelfleischanteils mit höherer Aktivität ist Wildfleisch reich an Purinen. Das ist wichtig für Personen, die an Gicht leiden, da diese Purine meiden müssen.

Wildschwein (Durchschnitt) Schweinefleisch (Bug, Schulter)
Energie 461 kJ 681 kJ
Protein 19,5 g 20,4 g
Fett 3,4 g 8,8 g
Mineralstoffe 2,4 mg 1,0 mg

Auch beim Wildschwein sind die Unterschiede zum Schweinefleisch klein, wenn man es mit nicht zu fettem Schweinefleisch vergleicht. Dasselbe gilt beim Hirschfleisch und Rindfleisch, bei dem nun erneut der hohe Cholesteringehalt auffällig ist.

Hirsch Rind (Spareripps)
Energie 476 kJ 650 kJ
Protein 20,6 g 20,8 g
Fett 3,3 g 7,8 g
Vitamin B2 0,25 mg 0,15 mg
Cholesterin 110 mg 60 mg
Purine 110 mg 120 mg

Kalbfleisch ist sogar energieärmer, da die Tiere jünger geschlachtet werden als Rehe und noch nicht so viel fett bilden konnten, das zeigt sich auch beim Cholesterin- und Puringehalt.

Rehrücken Kalb (Kotelett)
Energie 518 kJ 454 kJ
Protein 22,4 g 20,9 g
Fett 3,6 g 2,6 g
Vitamin B2 0,25 mg 0,26 mg
Cholesterin 110 mg 70 mg
Purine 105 mg 150 mg

Berücksichtigt man, dass man zum Anbraten ja auch noch Fett benötigt, so ist Wildfleisch nicht signifikant energieärmer und gesünder als Das Fleisch von Haustieren, zumindest wenn man ähnliche Stücke nimmt. Es ist also mehr eine Geschmacksfrage, die ja auch dazu führt, dass sich andere exotische Fleischsorten wie Straußenfleisch, Alligatorfleisch oder Känguru in Restaurants auftauchen. Jede Tierart hat einen charakteristischen Eigengeschmack und das ist wohl der wichtigste Unterschied.

Die mobile Version verlassen