Meine Meinung zum deutschen Mondlander
Seit Jahren spuckt dieses Projekt immer wieder durch die Presse. Einmal durfte es der DLR-Vorsitzende auch dem Kabinett vorstellen, doch war es zu teuer. Damals war von 600 Millionen Euro die Rede, nun sind es noch 500 Millionen, doch das ist immer noch mehr als die ganze DLR pro Jahr für Weltraumaktivitäten ausgibt (der Jahresetat beträgt 600 Millionen, da gehen aber dann Fixkosten für Einrichtungen und die Luftfahrt/Energieforschung ab).
Betrachtet man es im Vergleich zu Exomars, so ist das Projekt nicht absolut so teuer, zumal ja in der Beschreibung noch ein Orbitaufenthalt mit enthalten ist. Doch muss bei einem solchen Projekt das Kosten/Nutzenverhältnis abgewogen werden und Exomars ist schon extrem teuer geworden bei immer weniger Nutzen (inzwischen ist sogar nur noch einem Betrieb über wenige Tage die Rede). Und da ist die Sache ganz einfach: Ohne nukleare Energieversorgung oder zumindest Heizelemente (was aber auch radioaktives Material erfordert) kann ein Lander in den meisten Regionen des Mondes maximal 14 Tage lang operieren, bevor die Mondnacht kommt. Das dürfte bei Temperaturen von bis zu -120 Grad Celsius keine Batterie überleben. Andere Systeme vielleicht auch nicht. Die Surveyors waren robust genug gebaut, dass man sie nach der Mondnacht nochmals aktivieren konnte, aber keine der Sonden lieferten dann noch so viel Daten wie am ersten Mondtag, das ist auch für einen Mondlander zu befürchten.
Der Mondlander soll sechs Monate arbeiten und am Südpol niedergehen. Ich vermute, genauso wie es am Nordpol Krater gibt die nie Licht bekommen, gibt es am Südpol Höhere Gebiete die längere Zeit Licht erhalten, in diesem Falle sechs Monate (was bei der geringfügig (um 6,68 Grad) geneigten Achse ziemlich genau der Zeit entspricht die der Südpol der Sonne zugewandt ist. Auf den Abbildungen sieht man einen großen Lander und einen winzigen Rover, ich vermute mal im Format eines Sojourner oder noch kleiner – also nicht zu vergleichen mit den MER, obwohl die pro Stück billiger waren. Bedenkt man, dass die Landung selbst relativ unkompliziert ist – es ist im Prinzip nur die Umkehrung eines Raketenstarts, alle Einflüsse sind berechenbar, es gibt keine Winde, keine Luftschichten, denke ich sollte mehr drin sein.
Deutschland müsste nach derzeitigem Stand 71% bezahlen und sucht nach noch mehr Partnern um den Anteil zu drücken.60% für Deutschland und man würde es angehen. Es könnte abr auch anders kommen, da derzeit Spanien für 11% steht und die schwimmen nicht gerade in Geld.
Was verspricht es? Für den Preis nicht so viel. Vor allem Renommee, es wäre nach den USA und der UdSSR die dritte unbemannte Landung auf dem Mond. Wahrscheinlich aber wird China schneller sein. Angekündigt haben sie es ja schon seit Jahren und Chang E’2 kurvt gerade am L-1 Punkt herum und hat hinsichtlich Betriebszeit Chang E’1 weit geschlagen. Chang E’3 soll dann schon landen. Das wird sicher nächstes oder übernächstes Jahr der Fall sein.
Wenn ich mir die Fachkompetenzen anschaue dann konstatiere ich folgendes: Deutschland hat für TerraSAR-X und Tandem-X und die SARLupe Satelliten die leistungsfähigsten Radargeräte entwickelt und mit der HRSC eine 3D-Farbkamera. Italien gilt zumindest in Europa als führend bei der Konstruktion von abbildenden Spektrometern und Frankreich hat eine lange Erfahrung bei der Konstruktion von hochauflösenden Fourier-Spektrometern. Mit diesen vier Kerninstrumenten kann man aus dem Orbit:
- Die Oberfläche, ihr Relief und die Beschaffenheit des Untergrundes (Wasser?) kartieren (Radar)
- Die Oberfläche in Farbe und 3D aufnehmen, kombiniert mit den Radaraufnahmen wären noch weitere Anwendungen denkbar (HRSC)
- die mineralogische Zusammensetzung dr Oberfläche bestimmen (abbildendes Spektrometer)
- von einzelnen Punkten die genaue Zusammensetzung ermitteln (klassisches Spektrometer)
Ergänzen könnte man dies durch weitere Instrumente, die in Europa schon entwickelt wurden, wie Magnetometer (Deutschland, Österreich), Detektion energiereicher Teilchen um Mond (Aspera, Schweden) oder Röntgenstrahlenemissionen von der Oberfläche (D+CIXS, Deutschland). Anstatt der HRSC wäre auch eine Variation die Framing Camera von Dawn denkbar. Würde man die beiden Objektive z.B. an den Rändern des Körpers montieren so käme man leicht auf 1-2 m Abstand zwischen den Objektiven und bei einem niedrigen Orbit durchaus gegebenen Stereoeffekt.
Anstatt 800 kg zur Oberfläche könnte man auch 1.600 bis 1.700 kg in eine Umlaufbahn befördern. Das reicht dann schon für einen gut instrumentierten Orbiter. Der LRO wiegt nur etwas über 1.000 kg. Die meisten Mondumlaufbahnen sind instabil, es gibt jedoch auch welche die über lange Zeiten nur wenige Korrekturen erfordern. Auf so einer befindet sich der schon erwähnte LRO ist seit 4 Jahren aktiv. Wenn man Ionentriebwerke oder einen entsprechend hohen Treibstoffvorrat einsetzt kann man den Orbiter noch weitaus länger betreiben.
Ich halte dieses Konzept für sinnvoller, vom wissenschaftlichen Standpunkt aus und vom Kosten/Nutzenverhältnis. Basis für den Mondsatelliten könnte ein Bus für andere Satellitenprojekte sein. Die Instrumente bedeutet dass man an den Fähigkeiten die man hat weiter arbeitet und sich weiter verbessert und es ist eine Ergänzung zu bisherigen Missionen.
Technisch könnte man auch andere Dinge angehen, z.B. um die Datenübertragung zu erhöhen den erstmaligen Einsatz des Ka-Bandes in Europa oder auf diese Entfernung auch noch praktikabel einen Laserlink z.B. zu einem geostationären Satelliten. Die letzte Technik halte ich für durchaus wichtiger und herausfordernder als das Absetzen eines Rovers auf dem Mond (wenn man es ganz nimmt kann man bei 3 Sekunden Verzögerung das sogar noch von der Erde aus steuern. Eine Passage aus dem obigen Dokument mit einer Schwebephase von 90 s deutet sogar drauf hin ich kenne noch kein System das automatisch Unebenheiten identifiziert, das wäre einfacher mit einem Fernsehsignal zur Erde und Steuerung von dort aus möglich. Solange die Sonde schwebt kann sie ja auch nicht abstürzen.
Immerhin einen Namen hätte ich schon für die Sonde: Johann Hieronymus Schroeter. Schroeter machte einen sehr genauen Mondatlas und benannte zahlreiche Formationen auf dem Mond, Er bestimmte auch als erster die Parallaxe zu nächsten Fixsternen, damit wusste man wie weit sie von uns entfernt sind und er war Schöpfer der leistungsfähigsten Teleskope seiner Zeit.
Die Besonderheit an dem Vorhaben sei die automatische Landung, die autonom den Landeplatz aus mehreren selbst gewählten Alternativen aussucht. Sie dient als Prototyp für ein automatisches Landeverfahren, dass mit großer Zielgenauigkeit später Landegräte an Mondstationen heranführen soll ohne diese zu gefährden oder zu weit weg zu landen. Angeblich soll der Landeplatz automatisch auch so ausgewählt werden, dass er nicht abgeschattet ist und somit die Versorgung mit Solarzellen gewärleistet sei.
Für die Landung an Mondstationen wäre aber eine Steuerung mit Leitstrahl deutlich einfacher. Das funktioniert schon seit Jahrzehnten bei Raketen zur Bekämpfung von Radarstationen. Der Unterschied besteht nur darin, daß diese nicht weich landen.
Ich denke mir, dass eine deutsche Mondmission dringend angesagt ist. Nicht nur die Raumfahrtgroßmächte, sondern auch aufstrebende Nationen wie Indien und China haben bereits eigene Mondsonden auf den Weg gebracht und werden in nicht ferner Zeit zu den Planeten aufbrechen. Auch Japan als die zweite große Technologie- und Exportnation neben Deutschland hat längst eigene Mond- Planeten- und Asteroidensonden gestartet, wenn auch mit durchsetztem Erfolg. Es ist also höchste Zeit für Deutschland die Führung einer interplanetaren Fluges zu übernehmen, anstatt die Rolle des ewigen Zulieferers zu spielen.
Ich denke mir ferner, dass ein Mondorbiter, auch wenn technische Gründe dafür sprechen mögen, nur dann eine gute Wahl sein kann, wenn damit wirkliches Neuland bei der Erforschung des Mondes betreten wird. Einfach nur Kameras und Spektrometer zum Mond zu schaffen (weil diese bereits für andere Raumsonden entwickelt wurden) und das zu wiederholen, was USA, Japan, Indien und China bereits Jahre vorher umgesetzt hatten, nützt weder der Wissenschaft noch dem Prestige.
So gesehen, kann man sich wohl zu Recht fragen, ob der Mond denn überhaupt ein geeignetes Ziel eines deutschen Raumflug ist, ob es nicht besser wäre, noch ein wenig Geld draufzulegen und gleich etwas „Richtiges“ zu machen. So könnte man z. B. einen Mission zum Marsmond Phobos „richtig“ machen. Wenn es nur um eine Erkundung der Marsmonde aus unmittelbarer Nähe ginge, dürfte der Aufwand verglichen zu einer Mondlandung nicht unbedingt größer sein.
Leistungsfähigere Geräte für Missionen, die es schon seit Jahren gibt, nutzen der Wissenschaft sehr wohl etwas. Nur für das Prestige bringt es kaum etwas, weil die meisten Menschen (und die Journalisten, die sie informieren sollen) keine Ahnung davon haben, was das Neue an diesen Geräten ist.
Was wäre denn an einer Mission zum Phobos neuer als bei einer Mondmission? Schließlich gab es das auch schon vor Jahren.
Muß es denn unbedingt eine eigene Sonde sein? Viel sinnvoller wäre es zum Beispiel, einen zweiten Versuch von Phobos Grunt mit deutscher Elektronik auszustatten. Denn offensichtlich hat die dort verbaute „Aldi-Elektronik“ das Scheitern der Mission verursacht. Bei einem Gemeinsschaftsunternehmen würden die Kosten für beide Seiten erträglich sein. Schon vorhandene Technik in eine existierende Konstruktion einzubauen, ist deutlich preiswerter als eine völlige Neukonstruktion. Allerdings auch weniger werbewirksam, als das Fahrrad nochmal neu zu erfinden.
Eine Mission bestehend aus Mondorbiter und Lander (Rover) könnte meiner Meinung nach durchaus etwas Neues erproben: Die „Versorgung“ der Solarpaneele des Landers/Rovers mit Sonnenlicht in der Mondnacht. Der Orbiter muss dafür in einen Orbit einschwenken, der möglichst oft den Standort des Landers/Rovers überstreicht, bzw. möglichst lange über diesem verharrt, ohne selbst in den Mondschatten zu geraten (ist ein lunarsynchroner Orbit überhaupt möglich?). Dieser Orbiter spannt eine stark reflektierende Folienfläche auf, die das Sonnenlicht in der Nacht auf den Lander/Rover lenkt.
Es wäre spannend herauszufinden, wie lange sich damit die Lebensdauer des Landers erhöht. Es sollte natürlich ein möglichst hoher Orbit sein, was jedoch auch die Größe der reflektierenden Folienfläche entsprechend erhöht. Auch kann man Versuche mit verschiedenen Krümmungen der Folie anstellen, was je nachdem das Sonnenlicht stärker oder schwächer bündelt.
Auf diese Weise könnten Erkenntnisse gewonnen werden, inwieweit eine Energieversorgung bemannter Mondstationen auf dieser Basis möglich ist. Die Energiegewinnung nur durch Solarzellen ist auf dem Mond ja wegen der langen Nacht auf die „Berge des ewigen Lichts“ am Nord- und Südpol beschränkt, ansonsten müsste man auf RTGs oder Kernreaktoren zurückgreifen. Und besonders letztere sind nach Fukushima nicht gerade sonderlich beliebt…
Hi
Die einzige Mondlandung, die wissenschftlich echtes Neuland betreten würde, wäre ein Probenrückholmission von der erdabgewandten Mondseite. Immerhin ist der Mond ziemlich assymmetrisch aufgebaut, wäre also sehr intressant, das Material mit dem Apollo- und Lunamaterial zu vergleichen.
LG
Mike