Ein Teleskop für Astronomen in den Orbit – Schnapsidee oder Geschäftsidee
Vor ein paar Jahren wurde ich mal von jemanden angeschrieben, ob ich nicht was über sein Projekt eines „Dobson“ Teleskops im Orbit bringen sollte. Da das ganze nicht sehr weit gediehen war, außer einer Projekt-Homepage, habe ich es nicht weiter verfolgt. Nun taucht die Idee wieder auf, diesmal bei der 31.ster Bochumer Herbsttagung der Amateurastronomen. Man scheint einige prominente Befürworter gefunden zu habe, darunter Gerhard Thiele.
Der Plan: ein 80 cm Teleskop wird in den Orbit gebracht und die Beobachtungszeit für mehrere Hundert Euro pro Stunde vermietet. 80 bis 130 Millionen Euro soll es kosten und 300 kg wiegen.
Nun was ist davon zu halten? Für ein Amateurprojekt ist das recht teuer. Natürlich sind „echte“ Forschungssatelliten noch teurer, aber für den relativ kleinen Satelliten ist die Summe doch recht hoch. Zum Vergleich 130 Millionen Euro kostet auch ein 2 t schwerer Terrasar-X oder Tandem-X Satellit oder Cryosat. SWARM als kleine ESA Mission 86 Millionen Euro. Beide mit exklusivem Start auf russischen Trägerraketen, also nicht als Sekundärnutzlast.
Dafür ist das Teleskop recht klein, wahrscheinlich um das Startgewicht zu begrenzen, nur als Sekundärnutzlast wird es nicht gehen. Ein klassisches Cassegrain-Teleskop wie Hubble ist etwa 3-4 mal länger als der Durchmesser und dann kommen noch die Instrumente dazu. Das Hubble HST war bei dreimal größerem Spiegeldurchmesser 13,1 m lang, so wäre man bei analogem Aufbau 4 m Länge bei 80 cm Durchmesser. Okay, das kann man durch Schiefspiegler minimieren, aber sicher bleiben noch 2 m übrig und dann sind wir bei einer Höhe die für Sekundärnutzlasten zu groß ist. Das bedeutet man braucht einen dezidierten Start.
Wenn ich diese Erkenntnis schon gewonnen habe, dann wäre es sinnvoll gleich ein großes Teleskop einzubauen. Die selbst kosten relativ wenig (ein neues deutsches Teleskope mit 2 m Durchmesser z.B. nur 8 Millionen Euro). Der Satellitenbus wird in jedem Fall gebraucht und eine sehr genaue Lageregelung auch. Sie muss sowieso um einiges besser als bei normalen Satelliten sein, ob dann nochmal die doppelte Genauigkeit für einen doppelt so großen Spiegel benötigt wird ist dann wurst.
Geht man auf etwa 2 t Startgewicht (Dnepr kompatibel), dann kann man ein 1,60 m Teleskop transportieren. Das wäre dann immerhin das drittgrößte im Weltraum (nach Herschel auf Platz 1, Hubble auf Platz 2). Der Gewinn wäre für die Kundschaft sicher gegeben.
Aber vielleicht taucht auch eine andere Idee auf, die mir damals mein Gegenüber skizzierte – man kann das Teleskop natürlich auch schwenken und zur „Erdbeobachtung“ nutzen. Ein Dreisatz ergibt das ein 80 cm Teleskop aus 500 km Höhe noch 35 cm große Details auflösen könnte.
Nur: die Auslegung von astronomischen Teleskopen und Erdbeobachtungssatelliten ist eine völlig andere. Erstere müssen über längere Zeit auf einen Punkt ausgerichtet sein, Stunden können bei sehr lichtschwachen Objekten zusammenkommen. Der Rekord beim Hubble Ultra Deep Sky Field sind 1 Million Sekunden oder rund elfeinhalb Tage. Die Sensoren erstrecken sich über das gesamte nutzbare Feld um möglichst viel Information auf einmal zu gewinnen. Rekord sind derzeit Kameras mit 16 GPixeln.
Ein Erdbeobachtungssatellit muss entweder dem Boden sehr schnell nachgefühlt werden oder er muss Bilder mit extrem kurzer Belichtungszeit gewinnen. Eingesetzt wird üblicherweise die letztere Technik und dies ist möglich mit Zeilen-CCD, die sehr schnell ausgelesen werden können (das Bild entsteht wie bei einem Flachtbrettscanner nur besorgt die Bewegung die Orbitalbewegung um die Erde während die Scanzeile sich nicht bewegt.
Kurzum, wenn man ein astronomisches Teleskop baut, dann ist es für die Erdbeobachtung ungeeignet. Das geht auch bei der Optik weiter. Erdbeobachtungssatelliten haben Weitwinkeloptiken, um einen möglichst breiten Scanstreifen abbilden zu können. Astronomische Teleskope wollen dagegen eher ein kleines Feld, das aber ohne den Effekt der Vignettierung und Randaufhellung abbilden. Letztere bemerkt man bei viel Helligkeit wie Erdaufnahmen nicht.
Aber vielleicht denken die Entwickler mal dran, ihr Teleskop zuerst nur für Erdbeobachtungen zu entwickeln und die Bilder einfach zu veröffentlichen. Ich prognostiziere folgendes: sehr schnell wird jemand auf den Plan kommen und alle Bilder aufkaufen und dann nur noch bestimmte zur Weiterveröffentlichung freigeben. So geht es bei Digiglobe. Alle Bilder landen zuerst bei der NRO, die praktisch den Betrieb finanziert. Sobald einige Bilder von Afghanistan oder Guantánamo mit 35 cm Auflösung erhältlich sind, habt ihr einen treuen Kunden, zumal die Auflösung noch besser wäre als das was Digiglobe liefert.
Und mit der kohle könnt ihr dann den Amateursatelliten bauen – mit 1,6 m Auflösung, oder wenn es in der Größe einer Falcon oder Sojus sein darf, können es auch 2,4 m sein – Herschel zeigt ja dass man heute Spiegel viel leichter bauen kann.