Bernd Leitenbergers Blog

Spielekritik: Grotesque Tactics

Wie ihr alle wisst bin ich nicht der Spielertyp. Nicht dass ich nicht gerne spiele, aber nur selten kann ein Spiel meine Aufmerksamkeit richtig dauerhaft binden. Das zweite ist, dass die meisten Spiele die es heute gibt alle in Kategorien fallen, die ich nicht gerne speile. Das sind Jump & Run und Ego Shooter sowie alles was mit Echtzeit zu tun hat (ich habe eine Zeitlang auch gerne Kampfsimulationen mit Jagdflugzeugen gespielt wie „Aces over Europe“ oder „Strike Commander“, aber für die meisten bin ich nicht reaktionsschnell genug. Ich mag es rundenbasiert und da was aus dem Bereich Strategie oder Rollenspiele und das ist eine aussterbende Gattung. Früher habe ich viel Panzer General gespielt, dann Steel Panther und was immer noch auf meiner Platte immer wieder reaktiviert wird ist Jagged Alliance samt den vielen Mods die es gibt, einfach weil man es immer wieder spielen kann und es ist niemals gleich. Auch hier hat man beim Nachfolger nach dreizehn! Jahren das ganze in Echtezit umgemodelt – womit für mich klar war das ich es nicht kaufe und nach den Amazon Urteilen ist auch bei anderen so.

Da fand ich in der letzten ct 26/2012 „Grotesque Tactics – Premium Edition „, wieder ein rundenbasiertes Rollenspiel. Also gleich ausprobiert. Zuerst war der Frust groß, denn es lies sich nicht starten. Nachdem ich den letzten Patch 1.204 installiert habe, konnte ich das Config Tool starten. Da dieser schon mehr als zwei Jahre alt ist, stellt sich die Frage warum die ct‘ nicht diese Version ausliefert. Wenn man die Auflösung und alle Details reduziert kann man auch bei meiner OnBoard Grafik (ATI 3200) das Spiel spielen, wenn auch nur in reduzierter Auflösung (1280 x 800), trotzdem ruckelt es zum Ende Im Echtzeitmodus hin sehr, wenn die Party dann aus mehr Personen besteht und sie sich bewegt, doch im Rundenmodus stört das nicht da sich da nur eine Figur bewegt. Hier stört dann mehr die Verzögerung bei der Aktion und die Kamera (s.u.). Gewünscht hätte ich mir hier mehr Auswahlmöglichkeiten – noch weniger Details dafür eine höhere Auflösung. Bei meiner nativen Auflösung von 1920 x 1200 ist nicht mal im Spielmenü (also ohne Animation) das Menü zu bedienen, da dann der Mauscursor verzögert „springt“.

Wie der Name schon andeutet, ist das Spiel ein bisschen eine Satire/Parodie auf Rollenspiele. Das beginnt schon am Anfang Emo Drake hat die Prüfung an der Militärakademie nicht bestanden und will sich in einen brutalen Pilz stürzen. Da erscheint seine „halbgöttliche Wenigkeit“ Holly Avatar um ihn zu rekrutieren um Glory zu retten. Die ganzen Dialoge sind sehr witzig, aber als gefuchster Rollenspielfan habe ich sie bald nur noch weggeklickt, denn im wesentlichen geht es um eines Monster töten und Truhen zu öffnen. Details aus den Dialogen braucht man selten.

Was auffällt, ist das das Spiel recht einfach ist was Fähigkeiten und Ausrüstung angeht. Jeder hat nur drei Ausrüstungsgegenstände – eine Waffe, eine Rüstung und Schmuck. Man findet wenig neues und wenn dann ist es besser als das was man hatte. Genauso hat jeder Charakter maximal drei Fähigkeiten. Die beiden oberen werden erst mit folgenden Levels freigeschaltet. Wer Spiele wie Might & Magic kennt wo es unzählige Zaubersprüche und Waffen sowie zig Items als Ausrüstung abzuwägen gibt und man auch die Eigenschaften der Party fein justieren kann wird hier vieles vermissen. Ich finde prinzipiell die Beschränkung nicht für schlecht. Gerade wer das Feinjustieren nicht möchte (es kann ja auch in Arbeit ausarten), der hat eine recht einfache, lineare Story.

Was mich stört ist die Bedienung. Die Kamera, mit der man von schräg oben die Party beobachtet schießt regelmäßig übers Ziel raus. Anders als im Handbuch angegeben kann man sie nicht zurückholen wenn man den Mauszeiger zum Bildschirmrand bewegen, sondern nur mit den Tasten auf dem Zehnerblock. Wenn ich sie rotiere verliert sie die Perspektive wieder bei der nächsten Figur und wenn ein Gegner erscheint schaltet das Spiel in den rundenbasierten Modus um. Nur nützt das nichts wenn ich nun nicht die Position der Figuren nicht beeinflussen kann. Einige rennen vor Drake als Zentralfigur (er wird im Echtzeitmodus vom Spieler gesteuert) vor und andere hinterher. Beim Runden-Modus sind sie dann in einer Position in der sie mir nichts nützen oder schlimmer: die  empfindliche Heilerin steht in der ersten Reihe. Zwei der Bogenschützen haben Spezialfähigkeiten: Sie können undurchdringliche Hindernisse oder Flammengräben erzeugen, die den Gegnern beim Durchqueren Schaden zufügen. Das ist aber völlig nutzlos, wenn eigene Figuren in der ersten Runde so stehen, dass man dieses Feature nicht einsetzen kann, weil der Gegner zu nahe ist oder die Schützen zu weit hinten. Dumm ist auch dass ich die Reihenfolge der Bewegung nicht beeinflussen kann.

Dann geht es an das Lösen der Quests. Manche bestehen nur darin einige Personen zu sprechen, andere wie üblich Monster zu bezwingen und Gegenstände zu bergen. Auch bei den Monstern ist das Spiel humorvoll. Neben den üblichen Goblins und Ogern gibt es auch „Säbelzahnhasen“ und „brutale Pilze“.

Das größte Manko ist eigentlich die Kürze. Da mit dem Spiel auch die Spieldauer gespeichert wird, kann ich diese genau benennen – es sind knapp unter 15 Stunden, mit mehrmaligen Versuchen und Neuladen vielleicht die doppelte Dauer. Ich hatte es zumindest in weniger als einer Woche durch und wer dran bleibt schafft es in einem Wochenende. Das finde ich für ein Freewarespiel okay, aber das Spiel wird auch verkauft. Jetzt für 10 Euro, doch es ist ja auch zwei Jahre alt und als es damals erschien war es sicher teurer und für 15 Stunden Spielspaß würde ich keine 30 Euro ausgeben. Problematisch ist auch (und das ist ein Unterschied zu meinem Lieblingsspiel Jagged Alliance) dass die Quests beim Wiederholen gleich sind. Also nicht von der Lösung her, sondern man weiß genau wo jedes Monster ist. Es gibt keinerlei Variation. Natürlich ist auch die Questreihenfolge ganz fix, selbst wenn man am Anfang gleich drei Quests erhalten hat. Auch hier sind erfahrene Rollenspieler anderes gewöhnen und weitgehend freies Bewegen gewohnt. Man wird in eine Map gebeamt, muss dort einige Quests lösen (meist ergibt sich aus einem Quest ein weiteres) und nach dem Ausräumen der Truhen spricht man Holy Avatar an und kehrt zu „Station Wish“, dem zentralen Punkt zurück. Dort wird kuriert und Ausrüstung gekauft. Alles Rollenspieler-Idioten sicher, aber nicht sehr herausfordernd.

Es ist mit Sicherheit ein Spiel für Rollenspiel Einsteiger. Das „Magic“ kommt etwas kurz (nur zum Schluss kommt eine Magierin in die Party). In dem Amazon-Wertungsschema würde ich 3 von 5 Sternen geben.

Die mobile Version verlassen