Wie gesund ist Sport?
Nun unbestritten ist, das Sport gesund ist, doch wie gesund, das zeigt sich nach verschiedenen Untersuchungen erst in den letzten Jahrzehnten.
Das was die meisten überschätzen ist der Energieverbrauch. Er ist deutlich geringer als viele annehmen. Ein Anfängerfehler ist sich nach einer halben Stunde Jogging sich einen größeren Snack zu gönnen, schließlich hat man nun ja viele Kalorien verbrannt. Wer gerade erst mit dem Sport anfängt, der neigt dazu den Energieverbrauch stark zu überschätzen, schließlich strengt der Sport stark an – er tut dies aber vor allem weil man untrainiert ist. Man sollte sich klar machen, dass es zahlreiche Berufe gibt, bei denen man den ganzen Tag die gleiche Belastung hat und die Personen, die diesen nachgehen können auch nicht unmäßig viel essen. Wer meint nach einer Stunde Spazierengehen viel verbrannt zu haben, sollte mal einen Blick auf seinen Briefträger werfen, der den ganzen Vormittag Briefe austrägt. Und wer meint von 10 Minuten Stepper treten, habe er viel abgenommen, sollte tunlichst nicht auf einer Baustelle beobachten wie oft dort die Arbeiter die Treppen hoch und runter gehen müssen.
In der Form in der Sport als Freizeitbeschäftigung betrieben wird, die ja auch nicht mit der hohen Belastung im Leistungssport zu vergleichen ist, kann man sich kaum einen Snack nach dem Sport leisten. Wer ein kleines Stück Torte hinterher isst, müsste um die se Energie zu verbrauchen, als Mann rund eine Stunde lang im zügigen Tempo joggen, als Frau sogar noch 20 Minuten länger.
Die DGE rechnet bei intensiv betriebenem Freizeitsport mit einem zusätzlichem Energieverbrauch von 2000 kj/Stunde. Das ist nicht mal der Energiegehalt einer Currywurst. Bei Personen die keinen Sport betreiben, macht der Grundumsatz, also die Energie die auch beim Schlafen anfällt drei Viertel der Gesamtenergie aus. Die gesamte Bewegung über den Tag nur das restliche Viertel. Nach dieser energetischen Betrachtung nun zu den Effekten von Sport.
Die positiven Wirkungen von Sport sind zum Teil schon lange bekannt, zum Teil aber auch neu. Seit langem weiß man, das Ausdauersport das Herz-Kreislaufsystem kräftigt. Die Grundlage dessen ist, dass das Herz über längere Zeit viel Blut durch den Körper pumpen muss um die Zellen mit genügend Sauerstoff zu versorgen. Es wird daher mit der Zeit leistungsfähiger, der Ruhepuls sinkt und da Herz- und Kreislauferkrankungen Todesursache Nummer 1 bei uns sind, ist dies positiv. Auch sinkt die Neigung zu Arteriosklerose. Daran ist ein anderer Effekt schuld. Bei Sport verbraucht man Energie, das bedeutet dass Fett zum einen dem Blutkreislauf entnommen wird, damit gibt es weniger LDL, das „böse“ Cholesterin. Fettspaltende Enzyme werden ausgeschüttet, die den LDL-Spiegel senken. Zum anderen reicht das im Blut zirkulierende Fett nicht aus, Fett aus den Speicherzellen muss zur kurzfristigen Energieverbrennung und Umwandlung zur Leber transportiert werden. Dies bewerkstelligt das HDL, das „gute“ Cholesterin, dessen Konzentration so ansteigt. Dieser Effekt ist nicht nur kurzfristig, denn auch nach dem Ende des Sports, wenn die Glykogenvorräte als Kurzzeitenergiespeicher erniedrigt sind, wird weiter Fett mit dem HDL zur Leber transportiert um sie erneut aufzufüllen. Dies ist je nach Betätigung noch 6-24 Stunden nach Trainingsende nachweisbar. Man darf nur eines nicht tun: viel essen oder gar Alkohol trinken. Alkohol stoppt die Gluconeogenese sofort, Essen sollte 1-2 Stunden nach Trainingsende vermieden werden, denn damit füllt man auch die Vorräte aus. Als Nebeneffekt verbraucht man weiter Energie, denn es wird Fett unter Energieverbrauch in Glykogen, ein Speicherkohlehydrat für kurzzeitig benötigte Energie umgewandelt.
Bei beginnender Diabetes oder Insulinresistenz wirkt Sport Wunder. Der Körper nimmt mehr Glucose aus dem Blut auf und dies geschieht bei Muskeln ohne Insulin. Sie können über eigene Transportproteine Glucose aufnehmen. Damit sinkt der Insulinbedarf und es sinkt der Glucosespiegel. Auch die Aufnahme von Flucose in die Muskeln ist noch Stunden nach nachweisbar. Untersuchungen bei übergewichtigen zeigen, dass die Insulinresistenz sogar zurückgebildet werden kann. Damit geht natürlich auch einher, das Fett abgebaut wird, das ja mit für die Insulinresistenz verantwortlich gemacht wird. Auch das Verhältnis von Fett und Muskelmasse verändert sich. Da Insulin benötigt wird um Glucose in Fettzellen einzuschleusen sinkt so der Insulinbedarf.
Sport baut natürlich auch Muskeln auf, allerdings primär dort wo sie gebraucht werden. Damit steigert man den Grundumsatz ein bisschen, da Muskeln auch Energie verbrauchen wenn sie nicht aktiv sind. Fett wird im gleichen Maße abgebaut, allerdings kann man auch mit Sport nicht das Fett um die Organe reduzieren. Fetteinlagerungen vor allem in der Leber werden aber durch den gesteigerten Stoffwechsel reduziert. Damit kann man eine Fettleber wieder regenerieren.
Untersuchungen zeigen, das bei körperlicher Aktivität auch das Immunsystem aktiver und aggressiver ist, dies sollte die Immunabwehr stärken. Stress scheint nicht so stark aufzutreten. Dies liegt nicht an einem veränderten Hormonspiegel, dieser ist im Ruhezustand gleich hoch und er steigt auch bei Stress an. Doch die Stresshormone werden auch bei Anstrengung ausgeschüttet. Sie dienen ja dazu dass der Körper kurzfristig leistungsfähiger wird und waren in einer Zeit, als es gefährliche Raumtiere aber auch wehrhafte Beutetiere gab lebensnotwendig. Als Folge gewöhnt sich der Körper an diesen un regelmäßig auftretenden Stresspegel und ist bei anders eintretendem Alltagsstress nicht mehr so empfindlich. Dieser Effekt wird heute bei der Krebsbehandlung genutzt, da die Chemotherapie für den Körper stark belastend ist. Sport kräftigt ihn nicht nur, sondern scheint dieser Art von Stress entgegenzuwirken.
Als Nebendefekt wird bei bestimmten Sportarten, vor allem beim Laufen, nach längerer Zeit Glückshormone ausgeschüttet, die auch für eine Verbesserung des Allgemeinbefindens verantwortlich gemacht werden.
Auch beweisen ist, das die geistige Leistungsfähigkeit ansteigt. Auch dies wird mit dem Stress in Zusammenhang gebracht. Der Effekt beruht zum einen auf einer besseren Durchblutung des Gehirns, vor allem scheint aber durch die erhöhte Aktivität der Zentren für die Bewegungssteuerung die Hemmung der für kognitive Fähigkeiten verantwortlichen areale wie dem Vorderlappen durch Hormone und Stress abgebaut werden und dadurch dieser entlastet werden.
Die Wirkungen sind vor allem belegt für Ausdauersportarten, weniger für Kraftsportarten. Diese empfinden wir als deutlich belastender. Ausdauersportarten sind Sportarten bei denen man eine Bewegung dauernd wiederholt, wie Gehen, Laufen, Fahrradfahren, Treppensteigen, Schwimmen. Bei einer Kraftsportart gibt es dagegen kurzzeitige Anstrengungen und sonst wenig Bewegung wie z. B. Beim Gewichte heben. Die meisten Spielsportarten wie Tennis, Fußballspielen oder Handballspielen sind auch mehr Kraftsportarten, da einem niedrigen Grundrhythmus (langsamen Bewegung) sehr schnelle Sprints zwischengeschaltet sind, die sehr anstrengend sind.
Belastend für den Körper ist bei Kraftsportarten vor allem, dass er nur wenige Möglichkeiten hat die schnell entstehende „Abwärme“ loszuwerden. Die Muskeln haben nur einen geringen Wirkungsgrad. Der Großteil der Energie wird in Wärme umgesetzt. Wenn man nun einen 100 m Lauf mit schnellem Tempo startet, so ist der Energieumsatz rund zehnmal höher als beim Gehen, so viel Wärme in so kurzer Zeit kann man aber nicht durch Schwitzen abgeben. Uns wird heiß. Das ist auch der Grund warum Sport im Sommer viel anstrengender als im Winter ist, oder Schwimmen in warmem Wasser anstrengender als im kalten. Das korreliert aber nicht mit dem tatsächlichen Energieverbrauch. In der Summe kann der Mensch daher stundenlang Ausdauersportarten betreiben aber nur kurz Kraftsportarten. Dafür scheinen wir auch gebaut zu Sein. Untersuchungen bei Extremsportler wie Marathonläufer zeigen, dass diese allesamt einen viel besseren Gesundheitszustand als die Normalbevölkerung aufweisen. Es scheint trotz regelmäßigem Laufens über Stunden jeden Tag keinerlei negative Effekte zu geben. Bei Kraftsportarten ist dem nicht so. Praktisch alle mit Sport assoziierten Verletzungen oder Abnutzungserscheinungen wie den berühmt-berüchtigten „Tennisarm“ oder den Bänderriss bei Fußballern gibt es bei Kraftsportarten. Viele Mediziner vertreten daher heute die Ansicht, wir wären dafür gebaut uns dauernd zu bewegen und viele Krankheiten kämen daher erst durch zu wenig Bewegung zustande.
Man muss allerdings nicht jeden Tag nun mehrere Stunden laufen. Empfohlen werden aber mindestens drei bis fünf Stunden Sport in der Woche, also jeden Tag 30-40 Minuten oder eben alle zwei Tage einen längeren Block.
Um ehrlich zu sein: ich bin Sportmuffel. Mit dem Problem bin ich sicher nicht alleine. Natürlich habe ich auch die positiven Effekte von Ausdauersport für mich erkannt und möchte nicht mehr drauf verzichten. Meine Lösüng ist „Wandern“. Auch Einkäufe erledige ich i.d.R. zu Fuß. Für 2km Strecke den Wagen zu benutzen erscheint mir widersinnig. Ich kaufe dann auch nicht mehr, als in meinen Rucksack passt, was zusätzlich zu einer gewissen Ausgabendisziplin beiträgt.
Bei dem Ganzen habe ich festgestellt, dass ich pro Stunde nur ca. 4 km zurücklege. Ich schätze, dass ich so pro Woche so gerade mal auf 20 bis 30 km komme. Das ist sicher nicht viel, trägt aber sehr zu meinem Wohlbefinden bei.
So was ähnliches habe ich bei meiner früheren Arbeitsstätte gemacht. Anstatt in der Stadt umzusteigen bin ich das letzte Stück zu Fuss gegangen. Das waren jeden Tag 40 Minuten Bewegung und ich bin auch nur 5 Minuten später angekommen. Einkaufen würde ich aber so nicht gehen. Dafür muss ich zu viel transportieren. In unserem Ferienhaus, wo der nächste Ort 2,5 km entfernt ist habe ich dafür ein Fahrrad.
Aber die Antwort hat mich zu einer neuen Frage inspiriert. Nun brauche ich nur noch 5 um die 150 voll zu machen….
Wie ist es, wenn man in kaltes Wasser schwimmen geht, und sich der Körper dadurch um einige Grad abkühlt ? Das Aufwärmen danach verschlingt sicher mehr Energie als Sport (wenn man auf eine warme Dusche verzichtet)
@ Thierry:
Wenn der Körper Wärme erzeugen muss (zusätzliche) führt das sicher zu einem messbaren Energieverbrauch. Wie das aber in der Praxis einzuschätzen ist weiß ich nicht. Es gibt eine Studie oder einen Artikel, in dem behauptet wird, daß der Verzicht auf ein Unterhemd 1 kg Gewichtsreduktiin im Jahr ausmache….
Hab mal über den Daumen gerechnet:
1g Wasser um 1° erwärmen braucht eine Cal ->1kg 1 kCal. Da der Körper grösstenteils aus Wasser besteht, braucht man bei 80 kg, 80 kCal um die Temperatur um 1° zu erhöhen. Bei starker Unterkühlung von 5° landet man schnell bei 400 kCal.
Andererseits muß man mit Unterhemd mehr Masse bewegen, und verbraucht dafür zusätzliche Energie. Was dann ebenfalls eine Gewichtsreduktion bewirkt.
Hättet ihr mein vorletztes Buch gekauft, so wüsstet ihr, dass der Grundenergiebedarf in den Tropen um 10% niedriger ist als in polaren Breiten. Da dies aber schon ziemliche Temperaturunterschiede sind würde ich den Einfluss eines Unterhemdes auf nahezu 0 schätzen.