In Memorian: der Nadeldrucker
Es gibt Hardware, der ich keine Träne nachweine. Zu dieser Kategorie gehört auch der Nadeldrucker. Man könnte meinen, vom Prinzip her, wäre er ein sehr altes Drucksystem, doch wie ich in der Wikipedia feststellte wurde er erst 1968 von Oki erfunden. Das Prinzip ist recht einfach. In einem Druckkopf befinden sich übereinander eine Reihe von Nadeln, die einzeln gegen ein Farbband „gehämmert“ werden. Währenddessen wird der Druckkopf über die Zeile bewegt.
Der grundlegende Vorteil dieses Verfahrens gegenüber dem schon erhältlichen Typenraddruckern oder Variationen dieses Prinzips, wie die Zweckentfremdung von elektronischen Schreibmaschinen und Telex-Fernschreibern war, dass der Drucker grafikfähig war und im Prinzip auch verschiedene Schriften darstellen konnte. Er setzte sich sehr schnell bei Heimcomputern und Personalcomputern durch. Auch wenn beim Altair es noch keinen Matrixdrucker gab, so setzten sie sich in den Achtzigern durch. Meine persönliche Erfahrung wurde durch die englische Wikipedia bestätigt: Der Durchbruch kam mit dem MX-80 von Epson. Als ich meinen ersten Computer kaufte, war Epson „die“ Firma für Nadeldrucker. Auch die Nachfolgemodelle wie „FX-80“ verkauften sich glänzend.
Demgegenüber waren Typenraddrucker oder zweckentfremdete elektronische Schreibmaschinen ziemlich teuer. Sie produzierten zwar ein schönes Schriftbild, kosteten jedoch fast das Doppelte eines Nadeldruckers.
Auch Rechenzentren nutzten Nadeldrucker, dort meist als Zeilendrucker. Das bedeutet: es gab keinen Druckkopf, sondern eine Druckzeile wo eine Zeile des Rasterns immer komplett gedruckt wurde und nur das Papier unter der Zeile durchgezogen wurde. Verbunden mit dem Nadeldrucker ist auch das Endlospapier mit Löchern an der Seite für die Walze mit der es bewegt wurde. Erst spätere Exemplare hatten einen Einzelblatteinzug. Es gab dann auch noch noch Endlospapier mit feinerer Perforierung und – besonders beliebt in Rechenzentren – Endlospapier mit abwechselnden grünen und weißen Zeilen, damit man nicht in der Programmzeile eines Listings verrutschte. Ich weiss nicht in wie vielen Spielfilmen endlose Stapel von Endlospapier geschäftige Computerauswertung suggertierte.
Nadeldrucker bauten die Schrift aus einzelnen Punkten auf, wie auch Bubble-Jet oder Thermodrucker. Das Schriftbild war anfangs sehr grob. Beim MX-80 waren es 8 x 7 Punkte bei nur 60 bzw. 72 dpi, das bedeutete, man konnte die einzelnen Punkte ohne Problem erkennen (das menschliche Auge hat aus 30 cm Entfernung in etwa eine Auflösung die 285 dpi entspricht). Das war auch das größte Manko, man konnte die Ausdrucke als vom Computer erzeugt erkennen. Das zweite Manko oder je wie man es nimmt, ein Vorteil war das Farbband. Wie das einer Schreibmaschine hatte es eine begrenzte Lebensdauer. War es am Ende angekommen so wurde beim nächsten Druck in die andere Richtung gedruckt und über die Stellen gedruckt von denen schon die Farbe abgetragen wurden, die Drucke wurden zunehmend blasser – außer man half wie der Autor mit Stempelfarbe nach, dann konnte man ein Farbband ziemlich lange benutzen.
Im Laufe der Zeit gab es immer mehr Nadeln. Zuerst waren es 7, das gab schon Probleme mit den Unterlängen, weshalb dann Buchstaben wie das „g“ oder „p“ nach oben verrutscht aussahen, dann 8 und 9. Mitte der Achtziger zog die „Near Letter Quality“ ein – Die Druckgeschwindigkeit wurde halbiert und dann neben jede Spalte eine zweite gedruckt, am Zeilenende angekommen wurde der Druckkopf um eine halbe Rasterzeile verschoben und nochmal gedruckt – So wurden die Lücken zwischen den Zeichen ausgefüllt. Als Preis sank die Druckgeschwindigkeit stark ab. Bei dem Star NL-10 den ich hatte von 120 auf 25 Zeichen pro Sekunde, weil die Zeile zweimal gedruckt wurde und die Druckgeschwindigkeit auf die Hälfte abnahm.
Nochmals etwas später führte NEC die 24 Nadeldrucker ein und ihr „P6“ wurde zum Verkaufsschlager. Mit 24 kleineren Nadeln war ohne diese Vorgehensweise „Near Letter! Quality möglich, Mit reduzierter Geschwindigkeit auch „Letter Quality“, erreicht wurden 240 dpi. Später sogar 360 dpi.
Praktisch jeder Computerhersteller brauchte auch eigene Nadeldrucker auf den Markt, meistens waren es nur OEM-Nachbauten bekannter Drucker mit einer kleinen Änderung: Das Charakter-ROM in dem die Matrix jedes Zeichen gespeichert was, war auf den Zeichensatz des Rechners angepasst, denn der standardisierte ASCII Zeichensatz endete bei Nr. 126. Die oberen 128 Zeichen wurden herstellerspezifisch definiert, meistens mit grafischen Symbolen oder Blockgrafikzeichen. In diesem ROM war auch das Aussehen der Schriften definiert, wobei diese sehr einfach für verschiedene Stile angepasst wurden – bei fetter Schrift wurde einfach jede Spalte zweimal gedruckt oder zweimal übereinander und bei kursiv einfach schräg gestellt gedruckt, aber es gab selten eigenen Speicher für verschiedene Schriftschnitte.
Theoretisch fähig und auch später von Programmen genutzt hätten Nadeldrucker jede beliebige Schrift drucken können. Das Manko war nur, dass dies langsamer war als das Drucken der Zeichen aus dem ROM und die Grafikmodi nicht die Versatze bei NLQ und LQ-Quality wiederspiegelten. In der Regel gab es einen festen Abstand zwischen den Zeilen und verschiedene Modi für die Spalten. Bei meinem NL-10 welche für 60,72,90,120 und 240. Da aber die 9 Nadeln eine Höhe von 1/8 Zoll hatten, war eigentlich wenn es nicht verzerrt sein sollte, nur die Auflösung mit 72 dpi sinnvoll.
Das Ende der Nadeldrucker als Massenprodukt kam recht schnell. In meiner Erinnerung war es der HP Deskjet 500C, der den Umschwung brachte. Tintenstrahldrucker gab es schon vorher, aber der HP Deskjet war der erste Tintenstrahldrucker der zum einen erschwinglich war (unter 1000 Mark), zum anderen in der Leistung mit den Nadeldruckern vergleichbar und mit einem großen Plus: Er war farbfähig. Das gab es auch bei Nadeldruckern mit einem Band mit vier Farben bzw. Schwarz übereinander, doch weil Farbe an den Nadeln haftete, verschmutzte Schwarz die anderen Farben. Damit konnte man nur Flächen sauber drucken die einfarbig waren wie Logos. Beim HP Deskjet 500C war die Tinte noch so einfach aufgebaut, dass man sie auch selbst aus Glycerin und normaler Nachfülltinte für Füllfederhalter herstellen konnte, was diesen Drucker auch noch im Unterhalt sehr billig machte. (Schon damals wollte HP Kasse mit Einwegdruckköpfen machen)
Ein Blick bei Amazon und in die Wikipedia zeigt mir, das es die Nadeldrucker heute noch gibt. Eine Anwendung die ich selber kenne, ist in Arztpraxen. Wie jede Behörde können wohl Krankenkassen nicht von ihren Formularen lassen und die kann man mit Nadeldruckern direkt bedrucken, samt Durchschlägen, eben durch das „Impactverfahren“. Eine zweite, noch wichtigere Anwendung scheint das Protokolldrucken zu sein. Warum es dazu ein Nadeldrucker sein muss ist für mich aber nicht so offensichtlich. Wenn man den Ausdruck sofort haben will geht das sicher auch mit Bubblejets, zumal bei einem Absturz oder ähnliches unter Umständen auch die 64 bis 128 kbyte Buffer leer sind.
Was mir bei Amazon auffiel, als ich nach noch heute verfügbaren Nadeldruckern suchte war, dass zum einen die beiden Traditionsmarken Oki und Epson die nach wie vor herstellen, aber anscheinend in den letzten zwanzig Jahren nichts getan hat. Sie sind noch genauso teuer wie damals, genauso schnell haben einen genauso kleinen Buffer und vor allem immer noch 24 Nadeln. Also es gab mal 48 Nadeldrucker und bei den Tintenstrahldruckern hat sich die Anzahl der Düsen von einigen Dutzend auf über 1000 erhöht, die Auflösung von 300 dpi auf 2400 und noch höher. Noch dazu sind sie enorm billig geworden. Das scheint das Schicksal jedes Produkts zu sein, wenn es vom Massen- in den Nischenmarkt verschwindet. Ein Z80 Prozessor ist in den letzten 30 Jahren auch kaum noch billiger geworden. Immerhin kann man ihn noch kaufen, was man nicht über viele Prozessoren aus derselben Zeit sagen kann.
Zurück zum Anfang. Warum ich einem Nadeldrucker keine Träne nachweine? es war das nervige Betriebsgeräusch. Durch den Aufschlag der Nadeln, mehrere Hundert Mal bis über Tausned Mal pro sekunde waren Nadeldrucker recht laut – 10 db lauter als die als „laut“ verschriehenen Laserdrucker. Noch nervender war das Geräusch das vor allem in hohen Frequenzen auffällig war. Es erinnerte irgendwie an Kreissäge oder Zahnarztbohrer. Wenn ich mal Serienbriefe rausdruckte, dann fütterte ich den automatischen Einzug und schaute dass ich nicht die nächsten Stunden ins Zimmer musste.
Es gibt noch einen Bereich, wo immer noch Nadeldrucker im Einsatz sind: Bei Banken, ebenfalls, um Formulare zu bedrucken.
Und ganz nebenbei steht mein Star LC-10C immer noch hier herum. Weis aber nicht, ob er noch funktioniert, da er seit Jahren nicht angeschlossen ist. Mal eben am PC anschliessen geht nicht, weil er das Hardwareinterface des seriellen Busses vom C64/128 hat, aber keine Centronics-Schnittstelle. Und falls er mal den Geist aufgeben sollte, dann werde ich sicherlich gemäss c’t-Hardware-Hacks noch eine Verwendung für die Einzelteile finden…
Einfach an den PC Anschließen geht oft auch nicht mehr, weil keine Centronics Druckerschnittstellen mehr vorhanden sind. aber du hast glaube ich noch einen älteren mit.
Der Selbsttest sollte aber doch ohne PC funktionieren, falls du mal testen willst ob er geht.
Der Grund warum sich die Nadeldrucker so lange gehalten haben, war wohl die deutsche Bürokratie. Rechnungen mußten mit Durchschlag gedruckt werden, und das konnten Tintenstrahl- und Laserdrucker eben nicht.
Der FX-80 war unverwüstlich, man mußte schon fast mit einem Panzer drüberfahren um den kaputt zu kriegen. Inzwischen habe ich den 5. Tintenstrahldrucker. Der alte Nadeldrucker läuft dagegen immer noch.
Das sollten sich die Hersteller der Tintenstrahldruckern mal als Beispiel nehmen. Schließlich sind die Drucker selbst ein Verlustgeschäft, den Gewinn machen sie mit der Tinte.
Sie haben sich doch ein Beispiel genommen – und bringen alle paar Monate ein neues Modell auf den Markt, für das alte gibt es keine Ersatzteile oder Patronen und die sind patentrechtlich geschützt oder zählen die Seiten. So maximiert man den Gewinn. Der Nadeldrucker stammt eben noch aus einer Zeit als man noch nicht mit geplanter Obsoleszenz baute….
So machen sie zwar Umsatz, aber keinen Gewinn. Umgedreht wäre es sinnvoller, und auch umweltfreundlicher.
Da die Tintenpatronen im Lieferzustand nur teilgefüllt sind und die Nachkauftinte sehr teuer denke ich machen die ziemlich viel Gewinn.
Die großen Drucker in Rechenzentren waren aber oft auch Typenkettendrucker.
Die von IBM hatten eine schnell umlaufende Typenkette mit Buchstaben, Ziffern und Zeichen drauf, und der Drucker hatte 133 kleine Hämmer, die auf die Kette (oder das Papier) gehauen haben, wenn das passende Zeichen vorbeilief.
Je nach größe, und nachdem, wie die angeschlossen waren, war in 3s eine Zeile, oder sogar eine ganze Seite bedruckt.
Einen Nadeldrucker, sogar einen hochwertigen habe ich auch noch im Keller, wie auch eine Schreibmaschine aus den 30er Jahren. Es gibt Sammler und Museen…
Den Tintenstrahldrucker habe ich aus Kostengründen abgeschafft. Es hat teilweise 1 Stunde gedauert ihn mit Nachbau- oder selbstbefüllten Patronen zum Laufen zu bringen. Die Hersteller arbeiten da mit allen Tricks. Eine Patrone habe ich mal zerlegt. Über einen Schwimmer wurde ein Kontakt am Sicherheitschip zum Kurzschluss gebracht um ihn zu zerstören, wenn der Tintenstand den Minimalstand erreicht hat. Die neubefüllte Patrone wurde somit nicht erkannt. Nachdem ich dann noch einen Original-tintensatz für 38.- € zum Reinigen der Düsen durchgejaucht hab ging das Ding in den Müll. Jetzt verwende ich nur noch einen preiswerten Laserdrucker. Nach 2 Jahren meinte die Elektronik, die 3/4 volle Tonerkartusche sei leer. Hilfe gabs im Internet. Sichtfenster an der Patrone zukleben und läuft! Nie kann etwas eintrocknen.100€ für 2000 Blatt Papier und wenn er nach 5 Jahren noch läuft neue Kartusche für 18€ aus dem Internetversand oder einen neuen Drucker.
Ich konnte mich nie zu einem Tintenstrahler durchringen. Der NL-10 wurde 1993 von einem Epson Laserdrucker abgelöst, als dann der Papiertransport nach 10 Jahren streikte folgte ein Brother HL 5040, denn ich immer noch habe. Allerdings ist das Druckaufkommen inzwischen deutlich zurückgegangen. Vieles wird gemailt oder als PDf verschickt und muss nicht mehr gedruckt werden. mit einem Titentsrahler würden wohl bei mir dauernd die Tinte eintrocknen sodass er sich nicht rentiert.
Ich habe auch noch einen Strickdrucker!
Früher (hab da ein Video aus den 60ern) konnte man mit so einem Drucker sogar
einen Großrechner zum Musikmachen anregen. Es wurde Stars and Stripes gegeben
in 9 Nadel, Dur kompo… äh programmiert für IBM/360, Araschmang in Lochkarte!
Sägende Grüße
Eine fehlende Centronics-Schnittstelle läßt sich mit einem Printserver beheben. Zum Beispiel der hier:
http://www.alternate.de/Edimax/PS-1206P-Printserver/html/product/90998?
Ist immer noch billiger als ein neuer Drucker.
Nadeldrucker sind heute ebenfalls noch in der Arzt-Praxis gang und gäbe. Wie hier schon erwähnt, natürlich auf Basis der Formulare/Krankschreibungen etc. Ich denke, Nadeldrucker sind zwar tatsächlich ein (ver)alte(te)s Drucksystem, jedoch werden sie nicht komplett den Markt verlassen. Sie zählen einfach immer noch zu den robustesten Druckern und haben einen großen Vorteil aufgrund ihres Durchschlages!
Ich muss sagen, dass ich Nadeldruckern durchaus eine Träne nachweine, da sie wie hier bereits erwähnt wurde, in einigen Bereichen deutliche Vorteile haben. Da sie sehr robust und wenig störanfällig sind, sind sie einerseits sehr langlebig, was ich aus ökologischen Gründen in unserer Wegwerfgesellschaft sehr begrüße. Andererseits ergeben sich dadurch auch Einsatzmöglichkeiten in der Industrie in verschmutzten Umgebungen, in denen alle anderen Drucksysteme den Dienst verweigern. Da Nadeldrucker oft Endlospapier bedrucken, gibt es sehr selten einen Papierstau, was die Prozesssicherheit erhöht und damit geringere Druckgeschwindigkeiten ausgleicht, wobei es auch sehr schnelle Nadeldrucker mit Geschwindigkeiten von 1500 cps gibt. Ein weiterer nicht zu verachtende Vorteil liegt in den unschlagbaren Druckkosten. Zwar sind die Drucker in der Anschaffung meist nicht günstig, aber beispielsweise gibt der Hersteller PSi Matrix die Druckkosten je nach Modell mit 0,25 Cent – 0,6 pro Seite an. Aus diesem Grund verwenden viele Unternehmen, darunter fast alle Autohersteller noch Nadeldrucker, um größerer Volumen zu drucken, die nur lesbar sein müssen oder auch um Barcodes zu drucken. Ich selbst würde es genauso machen. Das Problem der Lautstärke stellt sich nicht, wenn die Umgebung noch lauter ist. Alternativ lassen sich die Geräusche mit Schalldämmhauben deutlich reduzieren. Heutige Nadeldrucker verfügen inzwischen auch über USB-Anschlüsse oder sind seit einigen Jahren sogar WLAN fähig. Daher haben Nadeldrucker durchaus auch heute ihre Daseinsberechtigung.