Kohlensäure und Karbonate
Hans hat ja gefragt, warum man Kohlensäure Erfrischungsgetränken zusetzt. In der Literatur findet man nur, warum man Kohlensäure in Sekt oder Bier einsetzt. Bei Sekt bewirkt es eine anregende und spritzige Wirkung. Die Geschmacksstoffe und der Alkohol gehen zum Teil in die Gasphase über und werden so intensiver aufgenommen. das könnte auch so bei Erfrischungstränken sein. Bei reinem Wasser, das eigentlich nach fast nichts schmeckt, kann man das wohl kaum als Argument nehmen. Bei Bier ist die Haltbarkeit vom Kohlensäuregehalt abhängig. Biersorten die viel Kohlensäure einschließen sind länger haltbar.
Aber die Kohlensäure ist interessant genug um sie und ihre Salze mal genauer anzusehen.
Die Kohlensäure entsteht wie einige andere Säuren durch einleiten ihres Anhydrids (das ist das Säuremolekül, wenn man das Wasser entzieht) in Wasser. So stellt man auch Salpetersäure, schwefelige Säure und Schwefelsäure her. Ein Unterschied ist, dass bei der Kohlensäure nicht wie bei anderen so hergestellten Säuren das Gleichgewicht rechts liegt, es also wieder zum Zerfall kommt:
H2O + CO2 ↔ H2CO3
Bei der Herstellung von Schwefelsäure über dieselbe Reaktion gibt es keine Rückreaktion, die wieder Schwefeltrioxid freisetzt:
H2O + SO3 → H2SO4
Der Grund dafür ist das die Kohlensäure eine sehr schwache Säure ist, Eine Säure gibt im Wasser Protonen ab:
H2CO3 → H+ +HCO3–
HCO3– → H+ + CO32-
Wäre die Kohlensäure die Schwefelsäure, die auch zwei Protonen abgeben kann, dann würden fast 100% aller Moleküle das erste Proton abgeben und 1,3% auch das zweite. Doch die Kohlensäure ist eine sehr schwache Säure, Hier liegt weniger als 1 Promille als HCO3– vor und nur 10-9% als CO32-. Daher sind Getränke mit zu gesetzter Kohlensäure auch nicht besonders sauer. Der Druck beträgt etwa 5-7 Bar. Durch den Überdruck verliert das Getränk auch Kohlensäure, wenn man es öffnet.
Der Ausdruck Kohlensäure ist zwar gängig, aber chemisch total falsch. Denn die Säure ist in reiner Form nicht beständig. Zugesetzt wird Kohlendioxid und es entwicht auch wieder Kohlendioxid, das zum größten Teil als Gas gelöst, so wie Wasser auch Sauerstoff oder Stickstoff löst. Außerhalb des Wassers zerfällt die Kohlensäure in Kohlendioxid und Wasser.
Die wenige gelöste Säure kann aber mit gelösten Ionen reagieren oder mit Basen. Sie bildet Salze und zwar zwei Sorten: Hydrogencarbonate mit dem Anion HCO3 und Carbonate mit dem Anion CO3. Beide Formen gehen ineinander über: Beim erhitzen gehen Hydrogencarbonate in Carbonate über:
2 MHCO3 → H2O + M2CO3 + CO2
M ist ein beliebiges einwertiges Metall oder ein Ammoniumion. Umgekehrt kann man durch Einleiten von Kohlendioxid in Carbonatlösung Hydrogenkarbonate erhalten:
In der Natur findet man fast nur Carbonate, da die meisten Hydrogenkarbonate (mit Ausnahme des Natriumhydrogencarbonats) leicht wasserlöslich und die Carbonate schwer löslich sind. So fallen in einer eindampfenden Wasserlösung immer Karbonate aus, die aus dem Gleichgewicht entzogen werden. Nur in saurem Milieu wo die Säure die Carbonate protoniert sind Hydrogencarbonate stabil:
H+ + CO32- → HCO3––
Dieses Gleichgewicht spielt eine rolle sowohl im Haushalt wie auch in der Natur. Im Haushalt, weil wenn man karbonathaltiges Wasser erhitzt die Karbonate ausfallen, das passiert auch mit den Hydrogencarbonaten, da diese sich mit diesen im Gleichgewicht befinden, hier am Beispiel des Calciumcarbonates:
CaCO3 + H2O → CaHCO3 + OH–
so bilden sich Überzüge aus Calciumcarbonat an Heißwasserleitungen oder Heizwendeln. Mit Seife oder Fettsäuren aus dem Hautfett reagiert das Calcium zu den noch unangenehmeren Calciumsalzen von Fettsäuren sie als schmieriger Belag sich an Waschbecken und Badewannen ablagern.
Da die Uratmosphäre viel Kohlendioxid enthält und auch Organismen durch die Atmung Kohlendioxid bilden wurden im Laufe de Erdgeschickte enorme Mengen von Carbonaten ausgefällt. Dazu trugen auch Organismen bei, die aus gelöstem Calcium und Kohlendioxyd Kalkskelette bauten wie Korallen aber vor allem auch bestimmte Algen. Die Schwäbische Alb und die Kreidefelsen von Dover sind so entstanden, doch die im Archaikum entstandenen gebänderten Eisenerze entstanden nur durch Karbonatausfällung aus dem Wasser.
Alle Hydrogenkarbonate und Carbonate sind als Salze schwacher Säuren, wenn sie in Waser gelöst werden selbst basisch, da sie die H+ Ionen aufnehmen und so Hydrogencarbonate (Carbonate) oder Kohlensäure (Hydrogencarbonate) zurückbilden. Diese Eigenschaft nutzt unser Körper aus, um den pH Wert des Blutes auf 7,4 einzustellen. Hier ist es ein Puffer aus Hydrogencarbonaten und Kohlendioxyd das bei den Stoffwechselvorgängen anfällt.
Bekannter ist im Alltag sicherlich eine andere Eigenschaft. Alle Karbonate geben sowohl in Lösung wie auch als Salz Kohlendioxyd ab, wenn sie mit Säure in Kontakt kommen. Da die Kohlensäure eine schwache Säure ist, wird sie von starken Säuren aus ihren Salzen vertrieben. Dazu braucht man keine Mineralsäuren auch organische Säuren wie Zitronensäure, Apfelsäure oder Weinsäure reichen dazu vollkommen aus. Gibt man also Salzsäure auf Marmor, so sprudelt es und es entsteht Kaliumchlorid. Es entsteht zwar Kohlensäure, doch da diese instabil ist zerfällt sie in Kohlendioxid und Wasser. Karbonate sind daher Bestandteil von Backpulver oder Hirschhornsalz. Dazu kommt meist noch eine ogranische Säue oder ein sauer reagierendes Salz, da Säure die Reaktion auch ohne Hitze ermöglicht.
Auf demselben Mechanismus beruht auch das Aufschäumen wenn man kohlensäurereiches Wasser in einen sauren Saft oder Wein gießt. Umgekehrt kann Wasser einen massiven Kalkstein auflösen, wenn es nur lange Zeit hat und Kohlendioxyd (z.b. von den aeroben Abbauvorgängen im Erdboden) enthält, dann bildet sich lösliches Hydrogencarbonat, das im Wasser gelöst wird:
CaCO3 + H2O + CO2→ 2 CaHCO3
Kommt das Wasser zur ruhe oder kann sogar verdampfen, so findet die Umkehrreaktion statt und es wird erneut Kalkstein abgeschieden:
2 CaHCO3 → CaCO3 + H2O + CO2
Da beide Reaktionen in räumlicher Nähe ablaufen können kann man so relativ leicht die Entstehung von Karsten und Höhlen (Kalkauflösung) oder Tropfsteinhöhlen (Kalkausscheidung) auf der schwäbischen Alb erklären.
Praktisch genutzt wird das in Backpulver wo Carbonate durch Wärme oder Säuren die Kohlensäure freisetzen. analog wirken Brausepulver.
Bei hohen Temperaturen geben alle Karbonatgesteine Kohlendioxid ab. Praktisch wird das beim Kalkbrennen ausgenützt, erhitzt man Calciumcarbonatm wie man es in Marmor oder Kalk findet, auf 800 Grad, so erhält man Calciumoxid „gebrannter Kalk“. Manche Wissenschaftler meinen, dass die dickte Kohlendioxidatmosphäre der Venus auf einem Treibhauseffekt beruht, der die Oberfläche bis auf 800 Grad Celsius erhitzte, also nochmals 320 Grad Celsius heißer als heute. Dann würden die Oberflächengesteine der Venus auch zu Kohlendioxyd und gebranntem Kalk zerfallen (Calciumcarbonat ist das häufigste Karbonat, danach kommt Magnesiumcarbonat (Magnesit) und Dolomit (eine Mischung aus Calcium und Magnesium mit der Formel MgCA(CO3)2)
Ah ja. Erst mal danke schön.
Dann wäre also Zweierlei festzustellen: a) das die von manchen Leuten gepflegte (un)sitte, Mineralwasser im Glas solange umzurühren, bis es fast nicht mehr sprudelt, bzw. Limoflaschen wiederholt zu schütteln und den Druck abzulassen, dafür sorgt, dass sich die Kohlensäure in ihre Bestandteile, also Kohlendioxid und Wasser zerlegt und das Gas aus dem Gemisch entfernt. b) warum an Zapfanlagen immer noch ’ne zusätzliche Flasche „Kohlensäure“ (also eigentlich wohl Kohlendioxid) angeschlossen wird. Speziell, wenn es um Limonaden geht, die ja als Sirup im Fass geliefert werden. Die werden dann also erst beim zapfen mit Wasser und Kohlendioxid vermischt.
Das mit den Geschmacksstoffen könnte ein weiterer Punkt sein, denn zumindest bei Orangenlimonade (gelber Sprudel) und Cola geht es mir so, das sie mir nicht mehr schmecken, wenn kaum noch Kohlensäure drin ist, bzw. die meisste Kohlensäure in Gas und Wasser zerlegt ist. Bei anderen Getränken ist es ganau anders herum: Da nervt mich die Kohlensäure, weil ich den Geschmack der Früchte (oder Fruchtaromen) vorziehe. Das ist insbesondere bei allem der Fall, was sich Schorle nennt. – Ich mag nun mal lieber Apfelsaft pur als Apfelsaft mit Wasser verdünnt und schon gar keinen sprudelnden Apfelsaft.
Und schliesslich noch ein Tip für alle „Flaschenschüttler“: Wenn man den Druck möglichst langsam ablässt, d.h. die Flasche nach dem schütteln möglichst langsam aufdreht, dann sprudelt es nicht so stark und es geht nichts mehr daneben. Zu Anfang ist es auch Sinnvoll, die Flasche erst mal etwas zu leeren, damit innen drin genügend Platz für die Blasenbildung bzw. dem „aufschäumen“ ist. Und ja, ich hab auch die Angewohnheit, die Kohlensäure heraus zu schütteln/rühren, wo sie mich stört.
Bei Bier und Sekt entsteht bei der Gärung CO2. Auch bei manchen Limonaden, welche durch Fermentation hergestellt werden (Bionade o.ä.). Das Kohlensäure die Getränke haltbarer macht könnte auch ein Grund sein, dass es in vielen Getränken, vor allem Wasser, zugesetzt wird. Wenn die Kohlensäure/CO2 raus ist, schmeckt es schnell schal. Viele Mineralwasser enthalten natürliche Kohlensäure/CO2, es wird da also nicht zugesetzt. Ich vermute aber, der Hauptgrund der Zusetzung von CO2 ist der „frische“ Geschmack. Wasser mit Sprudel schmeckt beispielsweise immer frischer (auch warm) als ohne. Kann es vielleicht sein, dass das sogar ein wenig evolutorisch bedingt sein kann? Wenn man irgendwo Wasser sucht, ist es ja besser frisches, bewegtes Wasser zu nehmen welches noch viele Gase enthält, als abgestandenes, Altes. Ich könnte mir durchaus vorstellen, dass man quasi dadurch einen „Sinn“ für gutes Wasser hat.
Die Haltbarkeit dürfte auf der Säurewirkung beruhen. Sie spilet bei Mineralwasser aber keine Rolle. Das sollte bakterienfrei sein und wenn können sich die Keime nicht vermehren, zumindest nicht in Glasflaschen, Zwischen der natürlichen und zugesetzten Kohlensäure gibt es den Unterschied dass zum einen die zugesetzte oft höher dosiert ist, also mit Überdruck über das Löslichkeitsmaximum zugesetzt wird und zum anderen natürliches Mineralwasser of Karbonate und Hydrogenkarbonate enthält das gemäß obigem Gleichgewicht wieder Kohlensäure abgibt.
Moin,
Ich vermute der Grund für den Erfrischungseffekt von Soda kommt aus der Zeit als es noch nicht überall ein Kühlschrank gab.
Was mir als Programmierer, der nur ein bisschen Chemie und Physik nebenbei mitbekommen hat, fehlt ist die Frage: Wie stark ist der Effekt der Verdunstungskälte?
z.b. um wie viel Grad wird z.b. eine Coke kälter wenn sie geöffnet wird? Mein Tip ohne nachzurechnen: 5-7 Grad, weil eine Coke aus dem 4 Grad fach friert beim öffnen.
ciao,Michael
Wer hat diesen Chemiebeitrag eigentlich unter „Computer“ abgelegt?