Da Niels netterweise mir drei Tage Luft verschafft hat, konnte ich die Zwischenkorrektur der Ernährungsfragen abschließen, an der ich auch schon seit zwei Wochen bin. Derzeit bekomme ich gar nichts so richtig fertig. Drei Artikel sind in der Bearbeitung, keiner fertig und irgendwie fehlt immer die Zeit oder die Lust. Gelegenheit nach drei Raumfahrtbeiträgen was kurzweiliges zwischenzuschieben.
Es geht um Gräber und wie wir mit den Toten umgehen. Da bin ich durch zwei Dinge aufmerksam geworden. Zum einen fällt mir immer bei US-Spielfilmen oder Dokumentationen auf, dass in den USA es üblich ist, dass die Gräber nicht geschmückt sind, sondern meist nur mit Gras bewachsen. Also bei uns ist das in einem „normalen“ Friedhof immer ein Hinweis, dass es keine Angehörige mehr gibt oder sich niemand um das Grab kümmern will oder kann. In der Generation meiner Mutter spielt auch noch eine Rolle, wie das Grab aussieht, also ob es vernachlässigt aussieht oder nur mit Dauerpflanzen bepflanzt ist oder es regelmäßig gejätet und die Blumen durch neue ersetzt wurden.
Es ist interessant wie innerhalb desselben Kulturkreises (und dazu zähle ich die USA) die Riten um das Grab so unterschiedlich sind. Auf der anderen Seite ist bei uns das „Grab auf Dauer“ der Standard, was ich denke in vielen Ländern sehr komisch klingt. Ich denke es liegt schlicht und einfach daran, dass man nicht so viel Platz hat für einen Friedhof in dem jeder auf ewig liegen kann, weil diese ja meist nicht in der Stadt wachsen können. Es gibt auch neue Formen, so hat man in unserer Stadt jetzt eine Erweiterung eines Friedhofs beschlossen der am Wald liegt. Dort wird es nur Urnengräber geben und eine Bestattung unter Bäumen (die dafür neu gepflanzt werden) ist auch vorgesehen. Das ist eine der neuen Formen. Was aber bei uns anscheinend unvermeidlich ist, ist das alles reglementiert und teuer ist. Selbst unter einem solchen Baum kostet ein Urnengrab mehrere Tausend Euro. Wofür, da ja nur Urnenbestattung geplant ist? Der Boden ist das ja nicht wert, Pflege fällt keine an. Auf der anderen Seite hat der Staat bei Sozialbestattungen nicht mal das Geld für ein Holzkreuz übrig. Irgendwo in einer grünen Wiese verscharrt zu sein, ohne das man sieht wo und wer da liegt – weit ist das vom anonymen Massengrab in dem Kriegsopfer verscharrt wurden, nicht entfernt. Es gibt ja Leute die wollen keine Erinnerung. Die können sich heute schon in einem Friedwald und auf See bestatten lassen. Aber nur weil jemand arm war ihn anonym zu bestatten finde ich würdelos. Es muss ja kein Grabstein sein, aber ich kann mir nicht denken dass ein einfaches Holzkreuz so teuer ist.
Auf der anderen Seite muss man ja im Friedhof bestattet werden, was zumindest bei Urnen für mich keinen Sinn macht. Eine Urne sollten die Angehörigen bestatten wollen wo sie wollen, oder wenn es sein muss über den Kamin setzen. Es gibt schließlich keine Gefahr durch Keime, Gerüche etc. die bei Leichen natürlich das Begraben im Friedhof nötig machen (und auch zur Sicherheit, man stelle sich mal vor, man könnte jemanden im Garten bestatten, das Haus wird verkauft und man findet die Leiche – „legal“ begraben oder Mordopfer?)
Das zweite war ein Beitrag über das alte Ägypten. Es ging am Beispiel um einen Priester dessen Mumie in Leiden ausgestellt wird. Da hat dann sich die Direktorin des ägyptischen Museums ausgelassen, dass sie es bedauert, dass dessen Familie nun in verschiedenen Museen „ausgestellt“ ist und betonte, dass sie das sicher nicht wollten. Auf der anderen Seite schwärmte sie wenn sie in den Saal geht in dem die Königsmumien liegen von deren Würde – also die Könige wollten später mal ausgestellt werden? Auch Ramses der III mit der Mumie von Pentawer, seinem Sohn und Mitglied der Verschwörung die ihn umbrachte? Es geht wieder um Politik: alles was zur ägyptischen Kultur gehört soll nach Ägypten kommen. Diese Auseinandersetzung gibt es ja auch um die Büste Nophretetes und die zahlreichen Kunstgegenstände im britischen Museum. Ich kann’s zum Teil nachvollziehen. Da kam eine Dokumentation über Belzonie, der Anfang des 19.ten Jahrhunderts Ägypten „erforschte“ . Das Erforschen war vor allem ausgraben und die Fundstücke nach London zu schaffen. Das grenzt schon an Raub und ein Großteil dessen was im British Museum ausgestellt ist kam so dorthin.
Also meine Meinung: Wenn man es wirklich ernst meint mit dem Respekt vor den Toten, aber auch dem Glauben den die Ägypter hatten, dann sollten die Mumien wieder sicher verschlossen werden und nicht ausgestellt werden. Wenn man es richtig ernst macht, dann frischt man die Erhaltung auf, erneuert Harz und Binden und sorgt für ein gutes Klima, damit sie nicht verschimmeln. Die Ägypter glaubten ja, dass man im Leben nach dem Tod nur existieren kann, wenn der Körper noch existiert. Die schlimmste Strafe war daher auch das Verbrennen, denn damit tötete man die Person zweimal, in diesem und im nächsten Leben. Für uns wirkt das etwas komisch, weil man, auch bei bester Konservierung nichts ewig aufrechterhalten kann, somit ist auch das ägyptische Jenseits zeitlich begrenzt. Aber es geht vor allem um Respekt vor dem Glauben den man hat (zudem: wer weiß, vielleicht haben die Ägypter ja recht? Schließlich ist noch keiner zurückgekommen und hat gesagt wie es im Leben nach dem Tod ist).
So morgen gibt es wieder ein Raumfahrtthema, in Anlehnung an Niels kleine Serie wieder eine Antwort auf eine Frage die keiner gestellt hat: Was ist die nutzlaststärkste Rakete die man mit heutiger Technologie bauen kann?