Bernd Leitenbergers Blog

Das Rätsel um Stratolaunch

Nachdem SpaceX als Kooperationspartner ja schon abgesprungen war und stattdessen Orbital die Trägerrakete baut (die scheint bei dem Konzept ja völlig nebensächlich zu sein, wenn man sie so ohne weiteres austauschen kann) gab es nun wenig überraschend den Auftrag an ATK die erste und zweite Stufe zu bauen.

Wenig überraschend, weil Orbital nichts im Portfolio hat was zu den wenigen veröffentlichten Daten passt. So soll die Trägerrakete 211 t wiegen. Orbitals Antares wiegt 281,7 t und hat trotzdem eine kleinere Nutzlast als die veröffentlichten 6,8 t (maximal 6 t). Natürlich bringt der Start aus der Luft etwas, auch kann man am Äquator starten, während die Taurus bei 31 Grad Nord startet. Doch selbst damit wird es knapp.

Nun steht fest dass die ersten beiden Stufen feste Treibstoffe einsetzen, eventuell setzt die dritte dann flüssige Treibstoffe ein, doch auch dazu wurde nichts verlautbart (vielleicht gibt es auch keine dritte sondern nur ein Orbit-Adjustmentmodul).

Die Frage ist: Was hat ATK im Programm das sich eignen würde, ohne eine Neuentwicklung? Nun die erste Stufe würde wahrscheinlich um die 150 t wiegen, die zweite um die 40-50 t und die dritte (wenn es eine gibt) um die 10-15 t). Für die zweite würde ein Castor 120 (erste Stufe de Taurus) mit 53 t Startmasse passen. Das nächstgrößere verfügbare „Produkt“ bei ATK ist dann ein 1-Sgemnet RSRM mit über 183 t Startmasse. Zusammen wiegt die Rakete dann schon über die 211 t. Wenn diese dehnbar sind wäre das eine brauchbare Lösung allerdings mit einer unangenehmen Beschleunigungsspitze zum Brennschluss. Eine dritte Stufe wäre schon aus diesem Grunde sinnvoll. Es steht zu vermuten dass diese nicht von ATK kommt, sonst hätte die Firma sicher auch gleich den Auftrag für sie bekommen. Denkbar wäre die Delta-Oberstufe die auch mit 6 t Startmasse in einem angenehmen Gewichtsbereich ist.

Es steht allerdings zu vermuten, dass ATK wie beim Castor 30 für die Taurus was neues entwickelt. Ich würde es anders aufziehen: vier Stufen, die ersten drei jeweils Castor 120. Die dritte ein Orion 50XL und die vierte ein Orion 50T oder die Delta K Stufe. Allerdings kommt man damit auch auch nicht auf die 6,8 t Nutzlast. Es wird interessant sein zu sehen ob die Stratolaunch diese Nutzlast erreicht, tendenziell haben Feststofftriebwerke bei den großen Stufen, von denen hier die Rede ist, ein eher ungünstigeres Voll/Leermasseverhältnis als Antriebe mit flüssigen Treibstoffen und der spezifische Impuls ist auch kleiner. Ein bisschen wird das von geringeren Aufstiegsverlusten kompensiert, aber ob es reicht? Die 211 t Startmasse sind schon recht knapp kalkuliert für die Nutzlast. Für eine Feststoffrakete ist dagegen die Länge von 36 m etwas groß.

Selbst wenn es die Rakete gibt und sie die 6,8 t Nutzlast erreicht – welche Nutzlasten will man befördern? Die Regierung hat die Delta II aufgegeben die in diesem Segment lag weil es zu wenig Nutzlasten gab. Die Taurus und Falcon 9 würden sich eignen, wenn sie erst mal qualifiziert sind, und das dürfte noch vor dem Erstflug von Stratolaunch sein. Viel billiger wird es auch nicht werden, denn warum sollte OSC für Stratolaunch eine billigere Trägerrakete als die eigene Antares fertigen? Aus Drittländern kann man auch kaum auf Aufträge hoffen, weil Europa, Russland, China und Indien Träger in diesem Segment haben und für kommerzielle GTO Transporte ist sie zu klein. Alles in allem ist das Konzept sehr unausgegoren, kein Wunder das so wenig neues davon zu hören ist.

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