Eine eigene Trägerrakete für CubeSats?

Den Nachrichten entnehme ich, dass die US-Raumfahrtagentur nach einem eigenen Träger nur für den Transport für Cubesats sucht. Also zuerst mal denke ich das nicht nötig. Es gibt genügend Starts bei denen man diese so mitführen könnte. Wenn die Bahnneigung keine Rolle spielt so wird es alleine zur ISS pro Jahr drei bis vier Starts geben. Sie ist in 407 km Höhe, nur wenig unterhalb der 425 km Referenzhöhe die vom dezidierten Träger gefordert werden, eine standardisierte Plattform, eventuell mit einem kleinen Antrieb um die Bahnhöhe anzuheben oder abzusenken (wenn man sie nicht so lange im Orbit haben will) für die Antares und Falcon 9 würden das Problem lösen. Beim Start in SSO Orbits gäbe es dann Mitfluggelegenheiten von Vandenberg aus, das sind auch einige Starts pro Jahr.

Ein eigener Träger ist schon deswegen unsinnig, weil für die projektierte Nutzlast von 15 kg die Startkosten sehr hoch sind. Teuer sind bei den Stufen die Düsen, das Gehäuse ist leicht herzustellen und ob es es groß oder klein ist ist auch nicht so wichtig. Darüber hinaus braucht man eine Steuerung und eine Möglichkeit zur Lageregelung. Diese ist nicht weniger Aufwendig als wie bei einem kleinen Träger wie der Pegasus.

Aber spielen wir es mal durch. Gesucht wird von der NASA ein Träger für 15 kg Nutzlast auf 425 km Höhe, fähig auch diese in SSO-Bahnen zu befördern. Bei einer Feststoffrakete kann man mit Verlusten von 1400 m/s rechnen, SSO-Bahnen haben dann einen um 400 m/s höheren Energiebedarf. Das entspricht also einer Gesamtgeschwindigkeit von 9600 m/s. Dann braucht man noch eine Steuerung mit etwas Treibstoff, wenn die Bahn feinjustiert sein soll. Sinnvollerweise wird man die Lageregelung nicht in jede Stufe einbauen, sondern nur Zentral in die vorletzte stufe. Um die Nutzlast nicht zu sehr abzusenken, sollte dies nicht die letzte Stufe sein. Weiterhin sollte das Design so preiswert wie möglich sein. Daher mein Ansatz:

  • Stufe 1: Feststoffantrieb mit fester Düse. Schubvektorregelung durch einen seitlich angebrachten Zusatztank mit NTO. Das NTO wird in den Düsenhals injiziert und beeinflusst den Schubvektor (wie bei der Titan 3C/D)
  • Stufe 2: Feststoffantrieb mit fester Düse. Schubvektorregelung durch einen seitlich angebrachten Zusatztank mit NTO. Das NTO wird in den Düsenhals injiziert und beeinflusst den Schubvektor (wie bei der Titan3C/D). Daneben enthält diese Stufe das Steuerungssystem und die Tanks für die Rollachsensteuerung und einen Drehtisch
  • Stufe 3: Stufe mit fester Düse ohne aktive Schubvektorsteuerung

Das Profil ist das gleiche wie bei der Scout. Die ersten beiden Stufen lenken die Rakete in die Horizontale aus und bringen die dritte Stufe an einen definierten Punkt im Orbit. Dort wird die letzte Stufe aufgespinnt abgetrennt und gezündet. Nach dem Ausbrennen reduzieren zwei Jo-Jo Gewichte die Drehzahl und die Satelliten werden durch Federn abgesetzt.

Basierend auf der Scout kann man etwa 1% Nutzlast annehmen, das wären bei 15 kg Nutzlast also eine Startmasse von nur 1500 kg. Schaut man sich im US-Arsenal um, so könnte man folgende Stufen einsetzen:

  • erste Stufe: Star 31 oder Star 37Y
  • zweite Stufe: Star 20A
  • dritte Stufe: Star 13D oder 17

Eine kleine Rechnung (ohne Steuersystem und Schubvektorsteuerung ergab eine Nutzlast von 17 bis 29 kg in einen SSO (Gesamt-V: 9600 m/s). Es ist also möglich. Die Startmasse liegt bei unter 2 t. Allerdings ist das noch die Version ohne Lenksystem und ohne Steuersystem, Telemetrie, Batterien etc.

Die Schubvektorsteuerung addierte bei der Scout jeweils 25% Masse bei der Leermasse. Problematischer ist die Steuerung. Bei der Pegasus macht diese alleine 75 kg aus. Würde man so viel Gewicht addieren so würde man keine Nutzlast mehr aufweisen. Wenn man auf eine aktive Steuerung verzichtet und nur einen Empfänger für Kommandos und Verstärker für die Betätigung der Ventile addiert, so käme man vielleicht mit 20 kg aus, was trotzdem die Leermasse der zweiten Stufe verdoppelt.

Diese Modifikationen würden die leistungsfähigste Version von 29 auf 22 kg Nutzlast senken, was immer noch Brutto wäre. Die Cubesats werden ja nicht direkt auf  die stue montiert, man braucht ein Gehäuse und einen Federmechanismus. So ist es wahrscheinlich dass sie gerade eine Punktlandung auf den geforderten 15 kg schafft – bei 1872 kg Startmasse.

Es lohnt sich weder von der Startmasse, noch von den Kosten. Schon 1982 kostete eine PAM-D Oberstufe also nur die Oberstufe ohne Steuerung rund 3,8 Millionen Dollar. Deise wiegt 2,1 t, die Annahme dass die Rakete in etwa die gleichen Kosten aufweist wäre logisch, inflationskorrigiert kommt man so auf 8 Millionen Dollar – für 15 kg Nutzlast.

Sicher kann man noch was machen. Die Rakete wäre leicht genug um sie mit einem Düsenjäger zu starten, doch sind diese Flüge auch sehr teuer und mit der Rakete wird er wohl keine Mach 2 mehr erreichen. Sinnvoller wäre sicher ein Start mit einem kleinen Passagierflugzeug. Die NASA hat z.B. Gulfstreams die sich dafür eignen. Wenn man 600 m/s Geschwindigkeit für einen Start bei Mach 0,8 in 13 km Höhe abzieht erhöht sich die Nutzlast auf 31 kg Brutto. Beim Start mit Mach 1,8 auf 37 kg und für eine äquatoriale Umlaufbahn (alle Daten bisher für SSO-Bahnen) sind es dann 45 kg mit allen Optionen.

Doch wie in der Einleitung gesagt: es ist unnötig. Cubesats sind ja keine Satelliten die die NASA fertigt. Sie sind das Ergebnis der Förderung der Raumfahrt. Entweder direkt durch die Universitätsinstitute gefertigt oder als Ergebnis von geförderten Wettbewerben entstanden. Cubesats waren bisher Sekundärnutzlasten die keine besonderen Anforderungen an die Umlaufbahnen stellen dürften. Sie sind auch keine NASA-Eigenheit, sondern international genormt in Größe und Gewicht. Ich verstehe nicht, warum man dann nicht einen internationalen Weg beschreitet. Die Nutzlastadapter sind ebenfalls international genormt und meist kleine Konuse, die zwischen dem Durchmesser der letzten Stufe und dem der Nutzlast vermitteln. Sinnvoll wäre es daher wenn alle Raumfahrtagenturen sich bereit erklären Cubesats mitzuführen, für einen standardisierten Preis. Sie werden dann am Nutzlastadapter befestigt und durch Federn nach erreichen des Orbits abgetrennt. Es gibt genügend Starts weltweit um weitaus mehr Cubesats zu starten als man heute in den Orbit bringt. Aufgrund des einfachen Aufbaus aus Standardbauteilen gibt es auch keine Probleme mit Geheimnisverrat, wenn sie z.B. mit einem chinesischen Träger starten.

Die wahrscheinlich billigste Möglichkeit für einen neuen Träger wäre es ausgemusterte ICBM (Minuteman) oder SLBM. Diese haben aber mit etwa 300 bis 500 kg Nutzlast zu viel Nutzlast für diesen Zweck. Die USA setzen ja schon die Minotaur ein, allerdings darf sie als militärische Rakete keine NASA-Nutzlasten starten, doch dann müsste eben die USAF die Cubesats betreuen, was an den Cubesats ja nichts ändert. Allerdings ist eine Minotaur als dezidierter Träger teuer, zwischen 13 und 17 Millionen kostet ein Exemplar und 300 Cubesats um die Nutzlast auszufüllen wird man sicher nicht starten.

Dann gibt es noch den neuesten träger die Super-Strypi.  Sie besteht aus Restbeständen, ein übriggebliebener GEM-40 Booster, der zweiten Stufe der IUS und einem Star 30 Antrieb. Doch selbst sie ist mit einer Nutzlast von 250 kg noch überdimensioniert. Daneben ist nicht damit zu rechnen, dass man sehr viele Restbestände hat. Kurzum: ich halte einen neuen Träger für eine Schnapsidee und eine Verschwendung von Mitteln.

2 thoughts on “Eine eigene Trägerrakete für CubeSats?

  1. Man muß die Frage wohl etwas anders stellen: Nicht ob so eine Mini-Trägerrakete gebraucht wird, sondern wer sie braucht. Für normale Nutzer reichen die vorhandenen Mitflug-Gelegenheiten völlig aus. Anders sieht es aus, wenn man Wert darauf legt, den Start und die Nutzlast geheim zu halten. Dafür wäre eine eigene Mini-Rakete schon recht praktisch. Je kleiner Rakete und Satellit sind, um so schwerer sind sie zu orten. Besonders wenn dann auch noch Stealth-Technologie zum Einsatz kommt. Also dreimal dürft ihr raten, wer hinter diesem Projekt steckt.

  2. @Elendsoft: Da ist schon was dran, aber überleg mal was man mit den üblichen Cubesats so anstellen kann. Deren Nutzen – wie Du ihn andeutest – ist da sehr gering.

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