Wörter im Sturzflug
Als es gestern mal wieder ein paar Sonnenstunden gab, habe ich eine davon genutzt und mich rausgelegt. Als Lektüre ein Buch über deutsche Redensart, das ich auf dem Flohmarkt erstanden habe. Es ist zwar 1994 aufgelegt muss aber älter sein, denn zahlreiche Redensarten und Eigennamen kenne ich nicht. Amazon listet auch eine Auflage von 1960.
Das Buch ist nicht zum Nachschlagen geeignet, weil der Autor Sprichwörter zusammenfasst gibt es also eins über Pferde, dann kommen gleich alle anderen die mit Pferden zu tun haben. Aber es sind auch einige Einschübe drin. Einer beschäftigte sich mit Worten die sich in der Bedeutung zum Schlechten wandelten und da dachte ich mir, das ist doch ein tolles Thema für einen kurzweiligen Zwischenblog.
Nehmen wir das Wort „gemein„. Das hatte früher die Bedeutung von „allgemein“ und „gemeinsam“. „die gemeinen Leute“ waren z.B. ehrenwerte Schiedsrichter, die zu schlichten hatten. Nach Ende des Mittelalters kam das Genossenschaftswesen zum Erliegen und nun waren nicht mehr alle gleichberechtigt. Es begannen sich Stände auszubilden und Bildungsbürger oder Gelehrte wollten nicht mit den „gemeinen“ Leuten“ in einen Topf geworfen werden. Das Wort wurde bald in der Bedeutung von „gaunerhaft“, „niederträchtig“, „ehrlos“ verwendet. Den Tiefpunkt hatte es im 18 Jahrhundert erreicht. Sowohl Schiller wie auch Goethe verwenden es in dieser Bedeutung.
Mit der Sozialistenbewegung bekam das Wort im 19/20 Jahrhundert eine kleine Verbesserung in einer zweiten Bedeutung, die es als Bestandteil von Worten wie „Gemeinschaft“, „Gemeinsinn“, „Gemeinwesen“ erhielt.
Ähnlich erging es den Worten „schlecht“ und „einfältig„. Die lauteten früher nur „schlicht und einfach“. Auch hier war im 15.ten Jahrhundert das „Schlichte“ nicht mehr fein genug und das „einfache“ zu wenig. Das Wort rutschte ab und „schlicht“ wurde zu schlecht, dem Gegenteil von gut und aus „einfach“ wurde „einfältig“. Nur ein einigen Wortkombinationen sieht man noch ein bisschen die frühere Bedeutung aufblitzen, so in „schlecht und recht“ („schlicht und richtig“), „schlechterdings“, „schlechthin“.
Auch unser „Albern“ hat einen Absturz hinter sich. Im Althochdeutschen stand „ala wari“ für offenherzig, aufrichtig, wahrhaftig aber auch vertrauensselig. Vielleicht hat diese letzte Bedeutung den Abstieg eingeleitet.
Im Althochdeutschen stand „stinken“ auch nur für den Geruch, egal welchen. Die mittelalterlichen Badstuben hatten als Schild „Badestuben zum stank“ über der Tür – es handelte sich um parfümierte Bäder.
Auch das „Gift“ war mal eine „Gabe“ (und ist es im englischen immer noch in der Bedeutung von „Geschenk“. Nur im Wörtchen Mitgift sieht man noch die ursprüngliche Bedeutung.
Der Spießgeselle war bis ins 17 Jahrhundert, der Waffenbruder, auf den man sich verlassen konnte, bis er durch den Wegfall seiner Waffe zum Gauner herabsank. Auch Luder und Dirne waren mal was besseres. Luder kommt vom lateinischen „ludere“ für „spielen, foppen“. Es waren Damen die jemanden spielerisch verführten. Die Dirne war eine „Dienerin“. Nur im Plattdeutschen „Deern“ und im süddeutschen „Dirndl / Dirndlkleid“ hat sich noch die Bedeutung erhalten, doch nördlich des Mains und südlich der Küste sieht man darin wohl eher eine Prostituierte.
In Lessings Minna von Barnheim findet man noch folgenden Satz „Unserer Landesfürst und seine hohe Gemahlin sind gar niederträchtige Herrschaften“. Ja damals hatte niederträchtig auch noch die Bedeutung von herablassend und leutselig, im wörtlichen Sinne von „niedrig tragend“. Es waren also volksnahe Herrscher. Zu Beginn des 18-ten Jahrhunderts kehrte sich die Bedeutung in den heutigen Sinn von „unehrenhaft“ und „charakterlos“ um.
Nur selten schaffen Wörter einen gesellschaftlichen Aufstieg wie die Strohwitwe, die früher für ein im Stroh entehrtes Mädchen stand oder der Marschall, der früher ein Mährenkschalk wahr. (Schalk = Knecht, also ist „Schalke 04“ offensichtlich eine Mannschaft von 4 Knechten….)
So nun dürft ihr raten: Was hat es mit den Begriffen „Autokinektion“ und „Ipsomobl“ zu tun. Das Rätsel ist diesmal echt leicht….
Also wirklich Bernd, der Kalauer war jetzt aber überflüssig, dass muss ich als Ruhrgebietsbewohner jetzt doch mal los werden, auch wenn ich nicht in Gelsenkirchen wohne!
Da gibt es nämlich einen Stadtteil der „Schalke“ heisst, und das wäre nach dieser Lesart dann ein ganzer Stadtteil von Knechten und Mägden. Nun kenn ich die Stadtgeschichte zwar nicht, aber das halte ich doch für etwas unwahrscheinlich. – Eine Arbeitersiedlung von Bergleuten würde da eher hinkommen.
Richtig ist, das der besagte Fussballverein im Stadtteil Schalke zu Hause ist und das „04“ bezieht sich aufs Gründungsjahr 1904. Nebenbei erkennt man im Emblem des Vereins auch noch ein G, das für Gelsenkirchen steht. Das nur mal als Anmerkung dazu, obwohl ich mit Fussball eigentlich nix am Hut habe.
Ja bei Fußball hört der Spaß auf, sonst würe man wohl nach 40 Jahren nicht noch immer den Versprecher der ersten Sport Studio Moderatorin „Schalke 05“ wiederholen.
Ich sehs anders und mach mich um diese Millionenschieberei nur lustig. Seit der siebten Klasse kürze ich z.b. unseren heimischen VfB mit „Verein für Behinderte“ ab.
Ne nee! – Das hat nix mit dem Fussball selbst zu tun, sondern ist eher so eine Art Lokalpatriotismus bezüglich des Ortes. Das hält mich allerdings auch nicht davon ab, den Verein ab und an mal „Schalke 07“ zu nennen.
Und was ist da der Witz dabei?
Es gibt keinen.
In der DDR gab es mal ein Sprichwörterlexikon. Ein Sprichwort daraus paßt zur Wahl: Je höher der Affe steigt, je mehr zeigt er den Hintern.