Das NSA Protokoll
Der Arm der NSA ist lang, wie lang, das konnte man am Freitag sehen, als bei Wikileaks ein Transscript (Zusammenfassung eines mündlichen Vortrags) bei der NSA auftauchte und schon wenige Stunden später war das Dokument verschwunden. Offensichtlich kann die NSA nicht nur abhören sondern auch Inhalte kompromittieren.
Dank Browsercache kann ich euch trotzdem informieren. Das ich drauf kam war eigentlich mehr ein Zufall, denn ich suchte wieder mal nach neuen Infos über SpaceX und da war bei den hinteren Treffern auch dieser Link. Es geht um einen Vortrag von Emiliy Shanklin, Senior Director, Marketing & Communications bei SpaceX. Der Vortrag mit dem Titel „Public Relations – the SpaceX Way“ ging um die Öffentlichkeitsarbeit von SpaceX und wie die NSA davon profitieren könnte.
Shanklin bedankt sich zuerst für die Einladung und erwähnt die „gute Zusammenarbeit“ mit der NSA die SpaceX „mehr als 1 Milliarde Dollar“ an Entwicklungskosten eingespart habe.
Nach einigen Einführungen, warum Public Relations für alle (auch die NSA) wichtig sei kommt sie zum Kernpunkt: Dem SpaceX Way of Public Relations und warum er auch für die NSA wichtig sei. Sowohl SpaceX wie auch die NSA seien weltweit bekannt, woraus sich eine Öffentlichkeitsarbeit ableite. Würde man diese unterlassen, so würden sich Gerüchte verbreiten, die nicht kontrollierbar seien. Diese könnten für eine Firma geschäftsschädigend sein, für eine staatliche Agentur noch desaströser und sie verwies auf Verschwörungstheorien und nannte als Beispiel die 911 Theorie des US-Angriffs auf die Twin-Towers. SpaceX wie auch NSA verbindet dabei dass Sicherheitsbedürfnis nicht viel über die Arbeit nach außen zu tragen, andererseits muss man genau dies bei einer Öffentlichkeitsarbeit tun.
Nun zum SpaceX Way: Das wichtigste ist es die Informationsabgabe zu kontrollieren. Es sollte nur so viel veröffentlicht werden, wie nötig. Als Beispiel nannte Shanklin die Life-Übertragungen von SpaceX Starts, die es in dieser Form bei keinem anderen LSP (Launch Service Provider) gibt. Das wirkt zum einen unheimlich progressiv, zum anderen ist es eine tolle Möglichkeit den Informationsfluss zu kontrollieren. Das fängt schon damit an, dass der ganze Start nicht in Realzeit übertragen wird, sondern 30 Sekunden zeitverzögert. Das erlaubt es bei einem unvorhergesehenen Ereignis auf eine andere der vielen Kameras umzuschalten die das Ereignis nicht zeigen oder bei einer Explosion den Stream abzubrechen (so geschehen beim dritten Falcon 1 Start).
Das zweite ist es so wenig wie möglich an Informationen zu verbreiten, was natürlich problematisch ist, wenn man Öffentlichkeitsarbeit betreibt. Es gibt jedoch einige Möglichkeiten diesen Spagat zu meistern. Das eine ist es Informationen zu veröffentlichen die nicht relevant sind. Auch hier verweist Shanklin auf den Webcast: Es zeigen diese Bilder nur die Rakete beim Aufstieg, sie enthalten aber keinerlei für Experten brauchbare Informationen wie Geschwindigkeit, Höhe oder Abweichung von der Aufstiegsbahn, wie sie z.B. Arianespace in ihren Life-Webcast einblendet. Mehr als das eine Rakete da gerade fliegt kann man nicht aus den Bildern ableiten.
Dokumente gibt es von SpaceX so wenige wie möglich, und wenn dann enthalten sie immer die gleichen Informationen nur etwas anders gemixt. Wenn man konkrete Werte nennen muss, dann in einer Maßeinheit die sie verschleiert, wie Brennzeiten in Minuten oder man lässt wesentliche Informationen weg, z.B. bei Nutzlastangaben die genauen Bahnparameter des Orbits. SpaceX ist stolz dass nach mehreren Jahren nicht einmal Basisinformationen über ihre Programme nach außen gedrungen sind, trotzdem hält sie jeder für das innovativste Unternehmen in der Branche.
Der dritte wichtige Punkt ist Ablenkung. Um von Problemen, Verzögerungen oder unangenehmen Fragen abzulenken, ist es wichtig Alternativen zu präsentieren. SpaceX macht dies auf zweierlei Weise: Zum einen durch den CEO Elon Musk der dauernd medienpräsent ist, aber nie über aktuelle Projekte, nie über die Technik, sondern nur über erreichte Erfolge (neimals über Fehlschläge reden!) oder noch besser über die Zukunft, wobei die fernere Zukunft gemeint ist, also nichts was in einigen Jahren erreichbar ist. Bei SpaceX sind es die Wiederverwendungspläne und die Marskolonisationspläne.
Damit einem dies auch abnimmt, ist es wichtig, einige Alibiobjekte zu haben die wenig Geld kosten aber so aussehen als würde man diese Zeile ernsthaft zu verfolgen. Bei SpaceX ist dies das Grasshopper Programm (eine ausgediente Raketenstufe wird mit Treibstoff gefüllt und in die Luft geschickt und landet wieder – das hat natürlich gar nichts mit den wirklichen Herausforderungen der Wiederverwendung zu tun).
Wichtig ist es auch die modernen Medien zu nutzen. Sie haben für die gezielte Desinformation enorme Vorteile:
- Sie erreichen jeden
- Es gibt keine journalistische Überprüfung, ob der Sachverhalt korrekt ist
- Sie wirken Hipp
Niemand stört sich an nur kurzen Statements bei Twitter und Facebook, weil eh niemand mehr gewohnt ist längere Texte zu lesen.
Sollte diese Politik durch das Heraussickern von Informationen durchkreuzt werden, so muss man alles tun das Leck zu stopfen. Emily Shanklin nannte den Prozess gegen Hoe Fragola oder das Löschen des Webcastvideos beim CRS-1 Flug. Dies zeige auch wie wichtig es ist, auf die Einhaltung der Regeln zu achten, denn damals habe ein neuer Mitarbeiter das mit den 30 s Zeitverschiebung nicht gewusst und so sei der Triebwerksausfall bekannt geworden.
Für dei Kommunikation ist es auch wichtig eine eigene Sprache zu haben, die für Außenstehende nicht durchaubar ist und verharmlosend ist. Als Beispiel nannte Shanklin die Wortwahl bei Problemen:
- „Bad Day“ : Rakete explodiert auf der Startrampe, Dragon geht beim Wiedereintritt verloren: Alles was jeder mitbekommen kann und gravierend ist.
- „Anomaly“: Gravierende Vorkommnisse, die nicht zum Totalverlust führen wie Triebwerksausfälle, falsche Orbits etc.
- „Issue“: Ausfälle die eventuell kompensiert werden können durch redundante Systeme.
Der absolut wichtigste Grundsatz sei aber, dass man die Informationen die jeder zur Verfügung hat begrenzt. Bei SpaceX gibt es nur wenige Akademiker. Sie alle müssen Verträge unterschrieben die sie auch nach dem Ausscheiden zur Verschwiegenheit verpflichtet. Trotzdem weis jeder nur über das Bescheid was er gerade bearbeitet. Drei viertel aller Beschäftigten sind ohne Ausbildung und werden nur an dem ausgebildet, was sie gerade machen müssen. Einen Edward Snowden, hätte es bei SpaceX nicht geben, resümiert sie. Selbst sie wüsste für öffentliche Statements genau so viel, wie sie weitergeben darf.
In der Fragenstunde zeigte sich dann, dass der Vortrag auf fruchtbaren Boden gefallen ist, denn die Anwesenden konnten sich gleich auf die Grundzüge einer neuen NSA-Terminologie einigen:
- Twitter: Verräter die NASA Interna verraten
- Facebook: Datei der am meisten gesuchten Terroristen und US-Feindlichen Personen
- Googlen: Das Ausspionieren aller nicht US-Bürger
- Wordpress: Das Erpressen missliebiger Personen
- VIP-Status: Totalüberwachung (z.b. von Staatsoberhäuptern)
Man wird gespannt sein ob diese neue Terminologie in den nächsten Wochen auch auf der NSA Homepage zu finden ist.