Beim Suchen nach Daten über die Dichte der Titanatmosphäre für einen Titan-Ballon bin ich über folgendes Dokument gestolpert Atmospheric Environments for Entry, Descent and Landing (EDL). Demnach hat die Venusatmosphäre eine Dichte von 64,8 kg/m³ am Boden. Das ist fast so dicht wie flüssiger Wasserstoff (69,5 kg/m³). Das brachte mich auf die Idee, ob nicht ein normales Raumschiff dort „schimmern“ aka schweben könnte. Die Sache ist relativ einfach: Man braucht eine dichte Hülle. Deren Wandstärke wird vom Außendruck bestimmt, der bekannt ist. Wenn die Dichte bekannt ist, so ist logisch, das ab einer bestimmten Größe die Dichte einer Sonde mit dem Innendruck 0 oder 1 bar irgendwann geringer ist als die Dichte der Venusatmosphäre. Dann müsste sie schweben – auch ohne Ballon. also schaute ich mal nach was es an Daten gibt. Die Pioneer Venus Kapseln hatten 3 und 6 mm starke Titanhüllen. Dabei hatte die größere Kapsel die stärkere Hülle. Da die Hülle stärker wird mit dem steigenden Durchmesser habe ich dann noch bei Tanks für druckgeförderten Treibstoff nachgeschaut die größer sind als die kleinen Kapseln und da wiegt ein (nichtkugelförmiger) Tank mit 1450 l Volumen 61 kg bei 29 Bar Druck. Bei 100 Bar Druck wären das 7,5 mm Titan. Nimmt man 8 mm Titan an, das eine Dichte von 4,5 kg hat, so ergibt sich eine Flächenmasse von 36 kg/m²
Bei einer Kugel gilt dann für das Gewicht;
M = 4*π*r²*36 kgm²
Die Masse der verdrängten Venusatmosphäre berechnet sich dagegen nach:
MA = 4/3 * π * r² * 64,8 kg/m³
Setzt man beide Gleichungen gleich und löst nach r auf so folgt:
r = 1,58 m
Eine Kugel mit einem Durchmesser von 3,16 m würde also schweben.
3,16 m entsprechen rund 1128 kg für die Hülle – das wäre vom Volumen und dem Gewicht noch startbar.
Wozu das hat es einen Nutzen? Nun Bilder von der Venusoberfläche sind gut und schön, Aber ich finde die Oberfläche von oben interessanter. Das gilt für alle Bilder die wir bisher von Raumsonden haben, sowohl vom Mars wie auch vom Titan. Gerade Huygens zeigte das am besten und beim Mars sieht man auf den Orbiterbildern viel interessante Strukturen, während die Oberfläche eben eine Steinwüste ist. So wäre es interessanterm eine Sonde zu bauen die gar nicht erst landet, sondern wenn sie eine gewisse Dichte erreicht schwebt und während der Zeit in der sie aktiv istm eine gewisse Stecke zurücklegt. Es gibt keine großen Winde, aber einige Kilometer können es in einer oder zwei Stunden schon sein. damit sieht man schon einen Teil der Oberfläche. Damit sind auch geologische Untersuchungen möglich. Nicht in Situ, aber durch Interpretation der Aufnahmen oder Multispektralaufnahmen.
Über die Masse kann man die Schwebehöhe einstellen, denn die Dichte nimmt nach oben ab. In 10 km wären es noch 37,7 kg/m³ und die Temperatur ist dafür „nur“ noch 385°C.
Ein zweiter Punkt: Schon bei 3,16 m Durchmesser hat man enorm viel Volumen. So viel braucht man gar nicht für Experimente. Sinnvollerweise wird man daher in die äußere Kugel eine zweite innere Kugel mit verspiegelter Oberfläche platzieren und Sensoren mit Lichtleitern an Öffnungen in der äußeren Hülle verbinden, bzw. Für Atmosphärenuntersuchungen kann man eine dünne Gasleitung legen. Wenn man dann den Zwischenraum evakuiert, so hat man ein Vakuum zwischen beiden Hüllen – eine Thermoskanne, nur in Groß. Damit sollten Raumsonden erheblich länger arbeiten können: einige Stunden, vielleicht sogar einen Tag. Die Fixierung könnte durch Streben erfolgen aus einem Material das nur wenig Wärme leitet (es muss aber zumindest an der Außenseite 480°C aushalten können). Eventuell baut man es aus und baut die Sonde wie eine Zwiebel aus mehreren dünnen, verspiegelten Schichten die jeweils ein Vakuum einschließen.
Extrembeispiel: Die größte Sonde die wir heute starten können wird begrenzt durch die Nutzlastverkleidung heutiger Raketen. Eine Ariane 5 kann Nutzlasten von 4,6 m Durchmesser starten. Wenn die Hülle dann 4,4 m Durchmesser hat (es käme noch ein Hitzeschutzschild dazu und ein Bus zum Transport und die Sonde im Innern der Hülle 500 kg wiegt so ist man bei 2189 kg für die Hülle und 500 kg für das Innere. Bei einer Nutzlast zur Venus der Ariane 5 von (geschätzten) 6 t bleibt noch 2,4 t für Hitzeschutzschild, Fallschirme und Bus – vom Gewicht her machbar ist es.
Nach Abwurf von Fallschirmen und Hitzeschutzschild wiegt die Sonde noch 2689 kg bei einem Volumen von 44,6 m³, das ist eine mittlere Dichte von 60,3 kg/m³, was bei linearer Dichteabnahme zwischen 0 und 10 km Höhe einer Schwebehöhe von 1,66 km entspricht. Das ist so nahe über dem Boden das man gute Schrägbildaufnahmen machen kann die plastisch die Landschaft zeigen. Die Venerasonden haben geringe Windgeschwindigkeiten am Boden festgestellt, die nur etwa 1,5 bis 3,6 km/h betragen. Trotzdem könnte man in zwei Stunden 5 km zurücklegen. Dieses Gebiet würde man senkrecht von oben abbilden können. In 1,66 km Höhe beträgt die theoretische Weitsicht rund 377 km. Soweit wird die Atmosphäre wohl nicht durchsichtig sein, doch selbst wenn es nur 20 km sind, so kann die Sonde in zwei Stunden ein Areal von 45 x 40 km abbilden – ein kleines Stück der Oberfläche, aber immerhin ein Stück, denn sie ist bisher noch unbekannt, wenn man von Radaraufnahmen die sich doch von echten Aufnahmen untersciieden absieht.
Denkbar wäre auch ein Schweben in größerer Höhe. Dazu müsste die Hülle leichter werden. Wenn man die Masse halbieren kann, so wären 10 km Höhe möglich – nicht nur größerer Rundumblick, sondern die Windgeschwindigkeiten nehmen auch in größerer Höhe zu. Nach dem eingangs erwähnten Dokument nimmt er in der unteren Atmosphäre linear zu und sollte in 10 km Höhe über 10 m/s liegen – in zwei Stunden legt dann die Sonde schon 72 km zurück. Zusammen mit der größeren Höhe überblickt man dann schon ein größeres Gebiet. Die Masse wäre reduzierbar durch den Übergang auf leichtere Werkstoffe. Eventuell geht ein Kohlefaserverstärkter keramischer Werkstoff, oder wenn man weiß, das man gar nicht bis zu den tiefsten Zonen gelangt, sondern in größerer Höhe bleibt, wo es weniger heiß ist Aluminium. CFK-Werkstoffe scheiden leider aus, denn selbst hochtemperaturbeständige halten nur 180°C aus. Die werden aber erst in so großer höhe erreicht, dass man wahrscheinlich keine Bodensicht mehr hat.
Für eine sehr große Höhe müsste eine vorherige Sonde erst feststellen, ob die Atmosphäre noch durchsichtig ist. Zwar erreicht die Temperatur irgendwann die Grenze, bei der auch Schwefelsäure aus der die Aerosole bestehen, verdampft, aber ob eine kilometerdicke 90 Bar Atmosphäre noch durchsichtig ist, weiß man nicht. Daneben gibt es ja auch noch die Möglichkeit von Staub, der sich bei dieser dichte nicht so rasch absetzen dürfte.