Welche Alternativen gibt es zum NK-33?

Orbital hat nun ja die Antares Rakete im Einsatz und seit einem Jahr haben die die Besorgnis, das die Triebwerke nicht ausreichen. 36 NK-33 (die nun bei Aerojet AJ-26 heißen) haben sie, bei zwei Triebwerken pro Flug reicht das für 18 Flüge. (Manche Quellen sprechen auch von 43 Triebwerken) Zwei entfallen auf Demonstrationsflug und COTS, acht auf CRS, also wären noch acht Einsätze übrig – eigentlich genügend, zumal es keinen anderen Startauftrag für den Träger bisher gibt. Der kann ja noch kommen, denn ich vermute wie SpaceX wird es auch hier einige Aufträge mit nicht so wichtigen Nutzlasten geben um den Träger zu qualifizieren. (Dazu gehört bei NASA/DoD nicht nur die Zuverlässigkeit, die man ja auch mit anderen Flügen beweisen kann, sondern auch die Konformität mit zahlreichen Anforderungen der Regierung die aufwendiger als die normalen Startvorbereitungen sind).

Aber ich vermute Orbital denkt weiter. Der Kontakt jetzt sieht ja zwei Flüge pro Jahr vor, das bedeutet in vier Jahren ist das CRS Programm ausgelaufen. Das ist dann 2018. Die ISS wird aber mindestens bis 2020 betrieben werden, das weiße Haus gab vor wenigen Wochen das Okay für eine Verlängerung bis 2024. Da innerhalb von Europa derzeit diskutiert wird ob man nach 2020 noch beteiligt ist, kann es sein dass man dann sogar noch mehr Fracht braucht, denn die ATV fallen ja weg.

Für weitere Flüge braucht man natürlich weitere Raketen und da kann es bei zwei Start pro Jahr schon knapp werden. 2022 wäre dann Schluss wenn man tatsächlich alle Triebwerke nutzen kann. Und das muss ja nicht gesagt sein. So sucht Orbital nach einer Lösung für die Starts die in einigen Jahren anstehen.

Lange Zeit war vom Ankauf weiterer NK-33 in Russland die Rede, es soll noch weitere geben. Davon hört man nun nichts mehr. Entweder sind die meisten Triebwerke in einem schlechten Zustand (die jetzt eingesetzten wurden schon 2001 gekauft und sind seitdem in den USA) oder Russland braucht sie selbst – ein NK-33 treibt auch die Sojus 1 an. Nun sucht Orbital nach Alternativen.

Was gibt es an Alternativen? Nun ein Ersatz muss mindestens denselben Schub haben (1543 kN Meereshöhe, 1720 kN Vakuum), sonst müsste man Treibstoff weglassen. Damit die Nutzlast nicht absinkt muss der spezifische Impuls gleich groß oder besser sein (2914 m/s Meereshöhe, 3249 m/s Vakuum). Als Nebenbedingung muss wenn man nichts an der Stufe ändern will es zwei schwenkbare Düsen geben, da es kein Rollachsenkontrollsystem gibt. Mit nur einer Düse kann man zwar neigen und kippen, aber nicht die Achse drehen. Als weitere Bedingung muss es natürlich denselben Treibstoff nutzen (LOX/Kerosin), idealerweise im selben Mischungsverhältnis (2.586 zu 1), doch das Vergrößern oder verkleinern von Tanks ist relativ unkompliziert verglichen mit dem Einbau eines neuen Triebwerks.

Da gibt es nicht viele Alternativen. Das Triebwerk muss schubstark sein und hocheffizient. Das NK-33 arbeitet mit dem Hauptstromverfahren. Gasgeneratortriebwerke erreichen nicht diese guten Werte. So hat das Merlin 1D, das SpaceX als „leistungsfähigstes US-Triebwerk mit Kerosin/LOX“ bezeichnet nur einen Vakuumimpuls von 3040 m/s auf. Es bleiben also nur russische Triebwerke.

Die offensichtlichste Wahl wäre das RD-181 gewesen. Es erfüllt alle Bedingungen. Es ist schubstärker, noch effizienter und die beiden Düsen sind unabhängig schwenkbar. Als Nebeneffekt wird es seit 10 Jahren in der Atlas eingesetzt mit bisher keinem Aussetzer. Es ist also erprobt. Leider hat Lockheed-Martin einen exklusiven Vertrag mit Energomasch, das heißt die Firma darf das Triebwerk nicht an Orbital verkaufen. Dagegen prozessiert Orbital gerade.

Die nächste Alternative ist das RD-191. Es ist ein „halbes“ RD-181, man braucht also wie bei den NK-33 zwei Triebwerke. Doch auch es ist schubstärker und effizienter. Das RD-191 wird ind er angara eingesetzt. DSoch die ist noch nicht geflogen. Immerhin empfiehlt Energomasch den Ersatz für die Sojus 1, das spricht dafür , dass man es auch in der antares nutzen könnte. Aber zwei Triebwerke sind teuer als eines und ein erprobtes ist besser als ein neues.

Orbital erwägt dann den Bau eines RD-181, mehr als die Bezeichnung ist nicht bekannt. Es soll eine Einkammerversion des RD-180 sein. Ob es daher weitgehend baugleich zum RD-191 ist oder den gleichen Schub eines RD-180 mit nur einer Brennkammer erreicht (was sinnvoller wäre, denn sonst könnte man ja gleich das RD-191 nehmen).

Die nächste Wahl wäre das RD-151. Das ist das Erststufentriebwerk der südkoreanischen Naro und auch ein RD-191 Derivat aber mit etwas schlechteren Leistungsparametern und wahrscheinlich deswegen auch einige Jahre vorher im Einsatz. Ein Start der Naro scheiterte an einer Fehlfunktion der ersten Stufe, woran es lag darüber streiten sich noch immer Energomasch und die südkoreanische Weltraumorganisation.

Was gibt es noch an Alternativen? Schaut man sich um, so gäbe es noch das RD-264. Das treibt die erste Stufe der Dnepr (RS-36M) an. Es ist allerdings um ein Drittel Schubstärker, dafür ist der spezifische Impuls etwas kleiner, doch durch den höheren Schub kann man mehr Treibstoff mitführen was das ganze kompensiert. Ein Vorteil wäre, dass man nun eine deutlich größere Oberstufe mitführen könnte, derzeit ist diese relativ klein verglichen mit der Masse der Oberstufe. Das würde die Nutzlast deutlich anheben. Allerdings gab es in den letzten Jahren Meldungen das nicht mehr viele der eingelagerten ICBM noch als Träger verwendet werden können, obwohl es genügend ausgemusterte RS-36M gibt (150 sollten zur Verfügung stehen und so viele wurden davon nicht gestartet) so ist ihre Lebensdauer auf 25 Jahre beschränkt. Das bedeutet dass ab 2010 die ersten Raketen diese Frist erreichen. Das wäre also auch keine Lösung auf Dauer. Zudem verwenden die Triebwerke wie die RD-253 die lagerfähige Kombination UDMH/NTO

Ansonsten gibt es im derzeitigen Arsenal Russlands wenige Alternativen. Die Erststufentriebwerke von Rockot und Sojus sind zu schubschwach, man bräuchte zu viele davon. Das Triebwerk der Zenit ist mehr als doppelt so schubstark wie beide NK-33 zusammen. Die RD-253 (aktuelle Version: RD-278) der Proton haben den nötigen Schub, aber die Effizienz ist geringer, vor allem aber nutzen Sie den falschen Treibstoff : UDMH als Treibstoff mit NTO als Oxydator. So gestaltet sich die Übersicht ohne Neuentwicklungen recht übersichtlich:

Triebwerk Schub (Meereshöhe) Schub (Vakuum) spezifischer Impuls (Meereshöhe) spezifischer Impuls (Vakuum) LOX/Kerosin
NK-33 1543 kN 1720 kN 2914 m/s 3249 m/s 2,586
RD-180 3859 kN 4150 kN 3050 m/s 3315 m/s 2,72
RD-191 1922 kN 2080 kN 3030 m/s 3304 m/s 2,6
RD-151 1510 kN 1670 kN 2976 m/s? 3295 m/s? 2,6
RD-264 4160 kN 4520 kN 2870 m/s 3119 m/s 2,67 (NTO/UDMH)
RD-253 (275) 1616 kN 1783 kN 2890 m/s 3160 m/s 2,67 (NTO/UDMH)

Wenn ich die Wahl hätte, wäre das RD-180 die erste Wahl, primär weil es schon eingeführt ist. Dann käme das RD-191, zwei dieser Triebwerke ergeben einen um 758 kN höheren Startschub, was bei einer Beschleunigung mit 1,25 g einer um 61 t höheren Startmasse entspricht. Zusammen mit dem höheren spezifischen Impuls kann man so die Nutzlast deutlich durch eine größere zweite Stufe steigern.

Wird das nicht benötigt so reicht auch die RD-151 Version, die bei geringerem Brennkammerdruck mehr Sicherheitsreserven hat. Da das Triebwerk schon an Südkorea exportiert hat dürfte es da keine Probleme geben, wobei Russland glaub ich so ziemlich alles exportiert, selbst kryogene Triebwerke an Indien, während man kein Geld hat es in einer eigenen Rakete einzusetzen.

5 thoughts on “Welche Alternativen gibt es zum NK-33?

  1. hm… wenn ich das richtig verstehe, sind das aber alles russische Triebwerke, die da zur Auswahl stehen, oder?
    Wenn dem so ist, aber die Amerikaner doch im allgemeinen Wert darauf legen, alles selber zu bauen, wieso bauen sie die Triebwerke dann nicht selber? – So eine Lizenz zum nachbauen müsste doch preislich irgendwo zwischen dem einer Neuentwicklung und dem Kauf eines fertigen Triebwerks liegen schätze ich mal. – Oder wo liegt sonst der Haken?

  2. Zumindest beim RD-180 war eine Lizenzfertigung Bestandteil des Vertrages. LM könnte es jederzeit nachbauen, machen sie aber nicht weil es teurer wäre. Als man die N-1 einstellte betrieb Gluschko eine „Verschrottungspolitik“ das heißt man hat alles zerstört, selbst wenn es fertig waren. Baikonur findet man Garagendächer und Spielplätze mit N-1 Teilen. Die NK-33 entgingen dem nur weil sie ineer Halle gelagert wurden und das geheim gehalten wurde. So kann es sein dass auch die unterlagen nicht mehr da sind. Russland hat die Neuproduktion für die Sojus 1 erwogen, doch davon hört man auch nichts mehr, stattdessen wird man wohl auf das RD-191 zurückgreifen.

    Ich habe mich auf russischen beschränkt, weil zum einen der Artikel schreibt das Orbital nur nach russischen Triebwerken sucht und zum anderen es nur zwei LOX/Kerosintriebwerke gibt die in den letzten Jahren noch gefertigt wurden. Das ist das RS-27 mit 1000 kN Vakuumschub und das Merlin 1D mit 667 kN. Bei SpaceX soll Orbital auch nachgefragt ahnen, wurden jedoch abgewiesen.

  3. Nach den aktuellen bzw. sich anbahnenden Problemen mit Russland sollte sich ULA ernsthaft überlegen, ob man das RD-180 nicht doch in den USA nachbauen lässt. Man könnte OSC mit einbeziehen und die Entwicklungs- und Fertigungskosten gemeinsam bestreiten. Dadurch würde das RD-180 zwar etwas teurer, aber im Gegenzug das RL-10 billiger. Zudem wäre man unabhängig von Russland.

    Alternativ könnte OSC auch versuchen, die Fertigung des RS-27 wieder aufzunehmen. Setzt man 5 RS-27 in der ersten Stufe ein, hat man die Möglichkeit, eine leistungsstärkere zweite Stufe zu verwenden und die Nutzlast deutlich zu erhöhen.

    Allerdings bezieht OSC nicht nur die Triebwerke aus Russland, sondern auch die komplette erste Stufe aus der Ukraine. Nach dem Wegfall der Zenitfertigung für Sealaunch dürften auch die Kosten der ersten Stufe massiv ansteigen. Alles keine guten Aussichten für die Antares.

  4. Zumindest beim RD-180 war eine Forderung der USAF dass so viele Triebwerke vorrätig sind, dass man einen Lieferausfall auffangen kann und genügend Zeit hat die Fertigung aufzunehmen. In früheren Dokumenten war die Rede von einem 5-Jahres Vorrat. Ob dem heute ncoh so ist, weiss ich allerdings nicht.

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