Die Revisitzeit
Zeit mal wieder einen Grundlagenartikel zu schreiben. Heute geht es um einen Fachbegriff, die Revisittime, was ist das und warum ist sie so wichtig. Fangen wir mit den Grundlagen an, einer Satellitenbahn. Jede Satellitenbahn ist eine Bahn im Raum (eigentlich ist es eine geradlinige Bewegung, die jedoch durch die Gravitation zu einer Ellipse verbogen wird. Sie ist stabil im Raum, das heißt bezogen auf die Sterne bewegt sich der Satellit nur in einem Kreis um die Erde, der Kreis rotiert aber nicht im Raum. Nun umreist er aber die Erde und die Erde bewegt sich. Zum einen bewegt sie sich um die Sonne, einmal in einem Jahr, zum anderen dreht sie sich selbst, dies unter der Bahn des Satelliten hinweg. Der Effekt ist nun folgender: Beim ersten Umlauf solle der Satellit wenn er von Süden kommt den Äquator beim 0 Längengrad überqueren. Die Überquerung des Äquators beim ersten Umlauf auf dem 0 Längengrad soll für alle Beispiel gelten. Wenn er nach (sagen wir mal 2 Stunden) wieder vom Süden her zum Äquator kommt, hat sich die Erde aber weiter gedreht, was wir auch an unseren Zeitzonen sehen. Wenn die Sonne bei uns um 12 Uhr im Zenit steht ist sie in Moskau schon wieder herabgestiegen und es ist nachmittags und in Spanien hat sie den Zenit noch nicht erreicht, es ist noch nicht Mittag. Da sich die Erde in 24 Stunden um die eigene Achse dreht hat sie sich in 2 Stunden um ein Zwölftel des Erdumfangs weiter gedreht, das sind 30 Längengrade. Die Erde dreht sich von Westen nach Osten, das heißt nach 2 Stunden überquert er den 22,5 Längengrad westlicher Länge.
Bei dieser Bahn, die genau ein Zwölftel eines Tages umfasst, wird nach genau 12 Umläufen ein Tag vergangen sein, genau 24 Stunden und er überquert erneut den Äquator beim 0 Längengrad. Man kann dies nun verallgemeinern. Ein bestimmtes Gebiet auf der Erde wird der Satellit nach einem Tag erneut passieren. Er hat eine Revisittime von einem Tag. Das ist die minimal möglichste, außer es genügen einem Infrarotaufnahmen, denn er überquert ja den Äquator bei jedem Umlauf zweimal, beim ersten bei von Süden kommend bei 0 Grad und dann von Norden kommend eine Stunde (ein halber Umlauf) später bei 195 Grad – würde sich die Erde nicht drehen, so wäre es der 180 Breitengrad, doch es ist schon eine Stunde vergangen und so ist es der 195-ste. Dieser Punkt liegt um 13 Zeitzonen vom ersten entfernt, es ist dort also Nacht. Das nur Infrarotaufnahmen genügen und man so auch nachts beobachten kann ist z.B. bei Wettersatelliten gegeben. Mit zwei Stück kann man so alle Sechs Stunden die erde komplett abbilden.
Diese kurze Revisitzeit hat aber auch Nachteile. Nehmen wir einen Erderkundungssatelliten der in 894 km Höhe seine Kreise zieht. In dieser Höhe beträgt die Umlaufszeit genau 6171,4 s, das ist ein Vierzehntel des Tages. Zwar würde nach einem Tag er erneut dasselbe Gebiet passieren, doch jeder Orbit ist am Äquator 2860 km vom nächsten entfernt. Im schlimmsten Fall ist ein Gebiet das man fotografieren möchte die Hälfte dieser Distanz vom Fußpunkt entfernt (wäre es mehr als die Hälfte, so wäre es einfacher beim vorherigen oder nachfolgenden Orbit aus geringerer Distanz zu fotografieren. In dieser Höhe geht das zwar, man sieht das Gebiet auch, aber es ist durch die Kugelgestalt der Erde verzerrt und man sieht es nicht senkrecht von oben, sondern schräg von der Seite.
Der Effekt ist um so kleiner je höher man ist, allerdings sinkt dann auch die Auflösung. Wenn die Verzerrung nicht stört, kann man damit leben. Wettersatelliten umkreisten lange Zeit die Erde in 1100 bis 1300 km Höhe um ein möglichst großes Gebiet abzubilden. Was macht man aber wenn man dies nicht möchte? Nun man kann eine Umlaufbahn einschlagen, deren Umlaufzeit keinen gemeinsamen Teiler mit der der Rotation hat. Der einfachste Fall wäre eine Umlaufbahn mit 14,5 Umläufen pro Tag (726 km Höhe). Nach 14,5 Umläufen ist ein Tag vergangen. Der Satellit hat aber noch einen halben Umlauf vor sich, bis er wieder vom Süden zum Äquator kommt. Derzeit ist er auch am Äquator, doch beim 174 Längengrad auf der Nachtseite. Wenn der halbe Umlauf vorüber ist, hat sich die Erde um 12,4 Grad weiter gedreht, das sind 1378 km am Äquator. Der Effekt: Dasselbe Gebiet wird nun jeden zweiten Tag genau überflogen, aber während bei einem geraden Teiler von Erdrotation und Umlaufszeit auf einer Karte die Bahnen sehr große Abstände haben, sind es bei diesem Satelliten doppelt so viele und anstatt 2860 km trennen maximal 1378 km die Punkte wo der Äquator überflogen wird. Je weiter man sich vom Äquator entfernt, desto kleiner wird der Abstand, weil Kreise parallel zum Äquator einen immer kleineren Umfang haben. Die Revisittime ist in diesem Falle 2 Tage, dafür muss man wenn man ein Gebiet nicht direkt passiert, maximal 689 km vom Fußpunkt aus schräg schauen. Man erkauft sich also eine bessere räumliche Abdeckung durch eine schlechtere zeitliche.
Die ersten Erderkundungssatelliten Landsat 1-3 umkreisten die Erde in 915 km Höhe. Die Umlaufszeit beträgt in dieser Höhe 1 Stunde 43 min 18 s, das sind 6198 s oder 13,94 Umläufe. Der kleine Unterschied zu 14 bewirkt , dass der Satellit den Äquator nach 86722 s in der Nähe des ersten Umlaufs erneut passiert (beim 15 Umlauf), doch in den 322 s die dies länger als der Tag ist, hat sich die Erde um 150 km weiter gedreht. Der Satellit machte Aufnahmen von 185 km Breite, so überlappte sich das Band mit dem des ersten Umlaufs um rund 35 km und schloss nach Westen an. Nach 18 Tagen hat der Satellit genau 251 Umlaufe durchlaufen und die Erde 18, er passiert nun erneut das Gebiet das er beim ersten Umlauf passiert hat – dieser Satellit hat eine Revisitzeit von 18 Tagen, er kann aber die ganze Erde in achtzehn Tagen verzerrungsfrei abbilden. Eine Besonderheit hat aber die Bahn: Da sie nach einem Tag nur um 150 km verschoben ist, kann man einen Tag später das Gebiet leicht schräg aufnehmen, jeden Tag nimmt dann die Distanz um 150 km zu. Nimmt man noch die Möglichkeit schräg in die andere Richtung zu schauen, so kann ein Landsat der ersten Generation an drei aufeinanderfolgenden tagen ein Gebiet weitgehend verzerrungsfrei fotografieren, danach wird die distanz immer größer um ein Maximum nach 9 Tagen zu erreichen und dann wieder abzunehmen.
Heute sind die Satelliten näher an der Erde ran, auch weil man Auflösungen von wenigen Metern haben will (bei Landsat waren es noch 40/80 m). Will man nun eine geringe Revisitzeit haben, dann braucht man mehr Satelliten, weshalb heute gerne auf kleinere flotten wie die 5 SARLupe oder 5 Rapideye Satelliten zurückgegriffen werden. Oder Länder nutzen ihre Systeme im Verbund. Für die laufende Überwachung der Erde auf Veränderungen der Vegetation, der Bebauung oder mineralogische Suche braucht man keine kurze Revisittime, aber bei Katastrophen um schnell die Überflutungsschäden, die Auswirkungen von Stürmen feststellen zu können, oder zur Suche von Trümmern im indischen Ozean oder um den Aufmarsch von Truppen an der russisch/ukrainischen Grenze festzustellen, ist eine kurze Revisitzeit doch ganz nützlich.