So, heute kommt nun der zweite Teil über skurrile Erfindungen und Entwicklungen des deutschen Militärs im dritten Reich. Ich habe mich wie im ersten Teil auf die Dinge beschränkt die nicht nur auf Papier oder Holzmodell gebaut wurden, sondern von denen zumindest ein Prototyp gebaut wurde. Zusammen mit Teil 1 gibt es das auch als Artikel auf der Webseite. Dann noch eine kleine Ankündigung: vom 22. bis 30.4 bin ich mal weg, vielleicht füllen die Gastautoren den Blog. Ich werde allerdings erstmals einen Computer mitführen mit dem ich zumindest mal reinschauen kann (Raspbery Pi).
Größere Kaliber haben eine geringe Mobilität und wegen der schweren Granaten eine geringe Feuerrate. Zudem verschleißen die Rohe um so schneller, je höher das Kaliber ist. Daher war der allgemeine Trend nach dem ersten Weltkrieg keine größeren Geschütze zu bauen, dafür Reichweite, Treffgenauigkeit und Feuerrate zu steigern. Bei Schiffen gab es die Einschränkungen nicht. Hier stand mit dem Schiffsmotor eine Antriebsquelle zur Verfügung um Granaten bis zu 1 t Gewicht zu bewegen und so wuchsen zwischen den Kriegen die Kaliber weiter an. An Land gab es nur eine Ausnahme und das waren Eisenbahngeschütze. Sie waren trotz großen Kalibers noch bedingt transportabel, da sich das Gewicht auf die gesamte Zuglänge verteilte, doch passten sie nicht in die Strategie des mobilen Kriegs, des Blitzkriegs. Sie mussten erst zum Ort gefahren werden, dort musste das Gleisbett vorbereitet werden und meistens Drehscheiben angelegt werden und auch das Beladen der Geschütze dauerte lange. Es gab während des zweiten Weltkriegs kaum Stellungskriege und nur selten wurden Befestigungen „belagert“ für die sich großkalibrige Geschütze lohnten, denn nur um Schützengäben zu befeuern braucht man keine Kaliber über 200 mm Durchmesser. Große Geschütze waren zudem teuer um Unterhalt. Machte die kurze Lebensdauer von Rohren bei großen Kalibern von etwa 100 Schuss bei Schiffen nicht so viel, aus, zerstörte doch ein Volltreffer ein Handels- oder Kriegsschiff mit hohem Wert, so feuerte man nun auf befestigte Stellungen.
Die V3
Ein Mehrkammergeschützt hat nun neben dem Hauptrohr weitere Kammern, mit weiteren Treibladungen, die nach der Hauptreibladung in kurzem Abstand gezündet werden. Sie erhöhen die Treibgasmenge. Diese Vorgehensweise erhöht nicht nur die Geschwindigkeit, sondern verringert auch den Verschleiß: schließlich wird im Rohr Sprengstoff gezündet. Hat man davon viel (um eine höhere Geschwindigkeit zu erreichen), so dehnt er mit der Zeit das Rohr, die Treffgenauigkeit nimmt ab. Beim Zünden nach der Haupttreibladung ist das Manko geringer, denn die Granate hat schon ein Stück des Wegs zurückgelegt, die erste Treibladung hat sich ausgedehnt und bringt nur noch wenig Schub auf, richtet aber auch weniger Schaden an. In der Summe ist es so, dass zehn kleine Ladungen effektiver sind als eine große.
Die V3 sollte eine Endgeschwindigkeit von 1500 m/s. erreichen. Ohne den Luftwiederstand wäre eine Granate dann 162 km weit geflogen, mit Luftwiderstand basierend auf Erfahrungswerten wahrscheinlich etwa 120 km weit. Das Kaliber war mit 15 cm relativ klein und entsprach dem größeren Standardgeschütz der Artillerie, dem schweren Feldgeschütz 18. Dafür war das Rohr mit 58 m extrem lang. Es kamen spezielle „Röchlin-Speere“ mit ausfaltbaren Stabsilierungsfinnen von 140 kg Gewicht (geplant) zum Einsatz. Das war für eine 150 mm Granate relativ schwer. Eventuell ist dies auch die Ursache, dass die Zielgeschwindigkeit nicht erreicht wurde. Die Granaten wurden auf maximal 1100 m/s beschleunigt, was die Reichweite auf die Hälfte, rund 60 km verkürzte. Dazu trug aber auch die Reduktion der Rohrlänge von 130 auf 58 m bei. Die Granaten wogen auch nur noch 97 kg, davon 25 kg Sprengstoff der beim Aufprall detonierte. Es waren die Kanonen extrem unbeweglich und gaben nur drei Schuss pro Tag ab. Zwei Stück wurden während der Ardennenoffensive eingesetzt, waren aber aufgrund der großen Streuung von 4 km militärisch wirkungslos. Das ist das Grundproblem jeder Fernwaffe, die keine aktive Steuerung zur Kompensation der Abweichung hat, auch die A-4 hatte eine sehr hohe Streuung. Eine Abweichung von 3% in der Geschwindigkeit führt bei 60 km Reichweite schon zur Steuerung über 4 km. Auch für diese Kanonen wurde enorm viel investiert, ohne das sie einen militärischen Nutzen hatten. Eine dritte Anlage wurde vor der Fertigstellung durch britische Bombenangriffe zerstört.
Deutschland produzierte auch die schwersten Kampfpanzer des zweiten Weltkriegs. Der Tiger I wog 57 t, der Elefant 65 t, genauso wie der oben erwähnte Sturmtiger, die zweite Version des Tigers, der Tiger II schon 69,7 t und der Jagdtiger mit seiner 12,8 cm Kanone schon 71,7 t. (ein Leopard 2 wiegt mit 62 t weniger). der Jagdtiger ist der schwerste jemals in Serie gebaute Kampfpanzer. Doch ist er nur ein Zwerg verglichen mit dem Panzerkampfwagen VIII. Was meinen sie wie dieser heißt? In der Wehrmacht gab es den Panzerspähwagen Luchs, den mittleren Kampfpanzer Panther und den schweren Tiger, dazu bei den Sturmgeschützen den Brummbär, das Nashorn und den Elefant. Wie würde man wohl einen noch größeren Panzer nennen? Löwe? Ozelot? Wolf? Nein, der größte jemals gebaute Panzer hieß …
Maus
Kein Witz: der jemals größte zumindest in einem Exemplar gebaute Panzer hieß „Maus“. Nur war die „Maus“ 188 t schwer, alleine der Turm wog mit 55 t soviel wie ein Tiger der ersten Generation. Er war über 10 m lang, 3,68 m breit und 3,89 m hoch, also in etwa so groß wie ein Einfamilienhaus. Siehe Bild, ein wahres Monster… Als Hauptbewaffnung wählte man die größte serienmäßig hergestellte Kanone für die Bekämpfung von Punktzielen, das war die 12,8 cm Flak die auch der Jagdtiger hatte (dort konnte sie die alliierten Panzer noch aus 2,5 bis 4 km Entfernung ausschalten). Als Sekundärwaffe gab es eine koaxial (nur begrenzt schwenkbare) 7,5 cm Kanone mittlerer Länge, das Standardgeschütz der Panzer IV. Für die Serienexemplare war eine Neuentwicklung, eine 15 cm Kanone vorgesehen.
Es gibt gute Gründe, warum Panzer nicht schwerer wurden, als die größten Exemplare des zweiten Weltkriegs. Mit fast 190 t Gewicht hätte die Maus die meisten Brücken nicht passieren können. Auch das Verladen auf die Eisenbahn dürfte problematisch gewesen sein und wer sich die Schäden bei Straßen ansieht die nur von 60 t schweren Leopard angerichtet werden kann sich vorstellen wie problematisch erst die Maus in dieser Hinsicht ist. Es wurden nur zwei Exemplare bis Kriegsende fertiggestellt. 11 weitere gab e in verschiedenen Stadien des Baus. Andere Kampfpanzer der 75 und 100 t Klasse kahmen über das Projektstadium nicht hinaus.
Der/die Maus ist wohl das beste Beispiel des Gigantismus den die Wehrmacht bei manchen Projekten verfolgte. Es ist bezeichnend, das man von drei Entwürfen die für den Panzer E100 (E= Entwicklung 100: 100 t Gewicht) den schwersten wählte, es gab auch konkurrierende Entwürfe von Krupp („Löwe“ mit 76 bzw. 90 t Gewicht (bewaffnet mit einer 10,5 bw. 15 cm Kanone)
Zusammenfassung
Ich habe in diesem Artikel nur ein par Projekte beleuchtet, es gäbe sicherlich noch mehr zu berichten, denn das ist nur die Spitze des Eisbergs. es gab zahlreiche Projekte die nicht das Prototypstadium erreichten oder die es nur auf dem Papier gab, so z.B. Landkreuzer mit Geschützen die man normalerweise nur auf Schiffen findet von bis zu 1500 t Gewicht. Auf der anderen Seite, war wie im Eingang schon angedeutet die Entwicklung auch sehr produktiv, es wurden Vorläufer zahlreicher Waffen erfunden, so die Gleitbombe, das Cruise Missile, natürlich die taktisch einsetzbare Großrakete, die Düsenjäger etc. Es war aber auch kennzeichnend für die deutsche Industrie zu dieser Zeit sehr viele Prototypen und Varianten zu entwickeln. Deutschland wandelte auch schon existierende Flugzeuge und Fahrzeuge in einem Maße ab, wie dies die anderen Nationen nicht taten, die mehr auf homogene Großserien setzten. So entstanden aus den Fahrgestellen und Wannen der deutschen Panzer zahlreiche Sturmgeschütze, Jagdpanzer, und mobile Artellerielafetten. Zahlreiche Flugzeuge wurden für die unterschiedlichsten Rollen modifiziert. So war die Ju 88 mittlerer Bomber, Torpedo Bomber, Aufklärer und schließlich sogar Nachtjäger.
Die teilweise überlegene Technik, wie z.B. bei den Jagdflugzeugen Me-262, den Panzern Panther und Tiger konnte aber nicht das Missverhältnis der Kräfte ausgleichen, zumal die vielen Entwicklungen ja auch Ressourcen kosteten. Dazu kam gerade in den letzten beiden Jahren der Mangel an ausgebildeten Piloten oder Soldaten, ohne die auch die beste Waffe ihre Wirkung verliert. Schlussendlich gewannen die Alliierten durch die materielle Überlegenheit, höhere Stückzahlen anstatt besserer Technik.
Im Endeffekt sorgten diese skurrilen Entwicklungen dafür, das der Krieg verkürzt wurde, denn sie banden Ressourcen die man sonst für Rüstungsgüter gebraucht hätte. Das größte Projekt war die A-4, von den Nazis „V-2“ genannt. Ihre Entwicklung und Produktion sollen 2 Milliarden Reichsmark gekostet haben. Wenn ich die Schilderungen meiner Mutter über Preise und Arbeitslöhne zu dieser Zeit nehme entspricht dies heute der zehnfachen Summe in Euro. Nur als Vergleich: Die Panzer IV,V und VI kosteten zwischen 103.000 und 250.000 Reichsmark pro Stück, Flugzeuge gab es ab 100.000 Reichsmark, U-Boote ab 3 Millionen Reichsmark und ein Schlachtschiff wie die Bismarck und Tirpitz kosteten rund 196 Millionen Reichsmark. Das bedeutet man hätte alleine für diese Summe rund 20.000 Panzer IV (gesamte produzierte Stückzahl: 8525), 2000 ME 109 (Produktionszahl: 30.500) oder zehn Schlachtschiffe (nur zwei gebaut) bzw. 700 U-Boote (gebaut ungefähr 1.200). Daran sieht man, dass man mit diesen Mitteln durchaus erheblich mehr Rüstungsgüter hätte herstellen können.
Schlussendlich führten die Entwicklungen so nicht zu einer Verlängerung des Krieges, sondern seiner Verkürzung, Zum Glück für uns, denn die ersten beiden Atombomben wurden entwickelt um über Deutschland abgeworfen zu werden.