Ein Prozess gegen ALDI
Heute kam mein Bruder und meinte eine Frau hätte einen Prozess gegen ALDI wegen ranziger Butter gewonnen. Sie hätte Geschenke und Ersatz abgelehnt und geklagt. Das hat mich dann doch etwas erstaunt. Als Lebensmittelchemiker muss man ja auch das Lebensmittelrecht kennen und das ist Strafrecht, sprich der Staat prozessiert, nicht ein Verbraucher, das wäre Zivilrecht. Mir war auch nicht klar was die Frau haben will. Sie kann Ersatz für die Ware verlangen, wenn sie gesundheitlich geschädigt ist auch Schadensersatz, doch das dürfte bei ranziger Butter fast ausgeschlossen sein. Die ist zum einen geschmacklich auffällig und selbst wenn man sie isst, dann ist sie immer noch ungiftig. Im Prinzip ist sie nur vorverdaut und in Fettsäuren und Glycerin aufgespalten. Vor allem müsste sie dann gegen den Hersteller produzieren und nicht gegen den Händler. Den trifft nur eine Schuld wenn er die Butter über das Mindesthaltbarkeitsdatum verkauft, aber nicht wegen der Ranzigkeit, sondern weil die Lagerungsdauer dann herabgesetzt ist: er muss diese Ware entweder entfernen oder besonders kennzeichnen.
Heute Abend habe ich dann im Netz gesucht und auch diesen Artikel von Spiegel online gefunden und siehe da, es ist ganz anders als es mein Bruder geschildert hat (man soll eben nichts auf Hörensagen geben). Es geht nicht um die ranzige Butter. ALDI hat sie aus dem Sortiment genommen als die Verbraucherin den Hinweis gab, dann hat man noch Laboranalysen veranlasst. die Verbraucherin wollte diese Analysen einsehen und diese gab ALDI nicht frei, dagegen wurde geklagt und zwar nicht von der Verbraucherin sondern von Foodwatch, den Möchtegern-Verbraucherschutzen, einem Verein mit einem Team aus Theaterwissenschaftlern, Politologen und Medienwissenschaftler und Volkswirten. Also echten Lebensmittelprofis.
ALDI hat auch den Prozess nicht verloren, sondern die Analysen freiwillig rausgegeben. Den Prozess gibt es trotzdem den es geht Foodwatch (angeblich) um die Klärung der Frage ob Hersteller an Endverbraucher Analysenergebnisse und andere Informationen die sie haben herausgeben müssen. Geregelt ist nur was die Untersuchungsbehörden veröffentlichen müssen oder dürfen.
Das ist für mich eher ein Sturm im Wasserglas. ALDI ist seiner Sorgfaltspflicht nachgekommen, sie haben die Butter aus dem Sortiment genommen, nachdem sie die Meldung der Verbraucherin verifiziert haben. Sie haben die Kundin unterrichtet und ihr versichert dass auch nach den Analysen ihre Gesundheit nicht gefährdet sei. Die Analysenergebnisse nützen zum einen dem „normalen verbraucher2 nichts, weil die wenigsten eine Ausbildung haben um sie beurteilen zu können. Selbst wenn in Verbrauchersendungen Analysen in Auftrag gegeben werden, dann zitieren die nicht die Analysen sondern das daraus gebildete Gutachten. Darüber hinaus wäre dies ja ausdehnbar auf alle Informationen also auch Firmengeheimnisse wie Rezepturen.
Der Sinn warum Foodwatch prozessiert (ich glaube nicht das die Kundin das getan hätte, wenn sie es aus eigener Tasche bezahlen müsste) ist das so natürlich auch Verbraucherinformationen an diese Informationen kommen können und zwar nicht nur bei Beanstandungen. Das Verbraucherinformationsgesetz, nach dem Untersuchungsbehörden an Verbraucher schon die vorliegenden Informationen weitergeben müssen, wird vor allem von Verbraucherschutzverbänden genutzt, nicht von einfachen Kunden. Diese stellen nicht eine sondern viele anfragen um sich einen gezielten Marktüberblick und das vorhandene Behördenwissen zu verschaffen und binden dadurch schon personelle Ressourcen. Nützen tut es den Vereinen für Kampagnen, sonst aber niemand. Eher kann es schaden. Das hat ja neben der Aufklärung noch eine zweite Seite und die betrifft die unternehmen. Die können geschädigt werden. Das muss nicht eine Falschmeldung sein, wie bei Birkel, die schließlich zu einem solchen Umsatzeinbruch führten, dass das Unternehmen von Danone aufgekauft wurde bevor es in die Insolvenz ging. Alleine das es ein Vorkommnis gab reicht meistens ja schon für einen Skandal der von Verbänden hochgeputscht wird, egal ob man rechtzeitig die Ware aus den Regalen geräumt hat bevor jemand betroffen ist oder nicht. Behörden sollen warnen und das tun sie auch. Sie sollen auch bekannt geben wenn sich Vorkommnisse bei einem Unternehmen häufen. Aber angesichts der Dummheit der Leute, die bei jeder Kleinigkeit meinen sie wären gerade noch dem Tod von der Schippe gesprungen jedes Vorkommnis zu veröffentlichen und jede Analyse weiterzugeben bedeutet meiner Ansicht nach eine Abschaffung aller Geschäfts- und Behördengeheimnisse. Als ich in einer Untersuchungsanstalt arbeitete musste ich ein polizeiliches Führungszeugnis vorlegen, wurde über die Bedeutung der Geheimnisse der Arbeit unterrichtet und musste eine entsprechende Belehrung unterschreiben. Das zeigt wie die Behörden mit ihren Untersuchungsergebnissen umgehen. Das kann man sich dann ja auch alles sparen und am besten dann alles gleich im Internet veröffentlichen…