Bernd Leitenbergers Blog

Die Sache mit der ISS

Gestern kam auf 3SAT ein Beitrag über den Nutzen der ISS und ihre Kosten. Ich war gespannt auf den Beitrag weil ich schon im Vorfeld mit dem Produzenten telefoniert hatte. Er hätte es gerne gehabt, wenn ich auch vor die Kamera trete, aber das habe ich wie bisher bei allen Anfragen abgelehnt. So hatte er nur einen „Gegner“ der ISS und viele Befürworter die von ihren Experimenten sprachen. Doch auch so wurde klar, dass man zwar an Bord der ISS formen kann, man dort aber in der Regel nicht den wissenschaftlichen Durchbruch in einem Gebiet erwartet. Zudem berichten auch sie von der Bürokratie, den langen Vorlaufzeiten und das man nicht so viuel machen könnte wie man wöllte. Das erste liegt an der Tatsache das es bemannt ist, was alles erheblich komplexer macht und noch mehr Wege bedeutet, schließlich sind 24 Nationen und mehrere Kontrollzentren an der ISS beteiligt. Das letzte liegt daran, dass die Besatzung weitgehend mit sich selbst und der ISS beschäftigt ist. In einem Audit des GAO kommt dieses zum Schluss, dass die Besatzung 35 Stunden pro Woche an Experimenten arbeitet – alle 6 Besatzungsmitglieder zusammen. So kann nach diesem Bericht auch ein siebter Astronaut die Crewzeit um 91% erhöhen (anders ausgedrückt: bei 5 Personen wird dann gar nicht mehr geforscht).

De Fakto gibt es genügend Forschungsmöglichkeiten auf der ISS, es gibt so viele Racks, dass nicht mal alle belegt sind. Die Zahl der Experiment seit dem Beginn hat die Tausendergrenze überschritten. Das klingt nach viel ist es aber nicht. Wichtig in der Wissenschaft ist, was an Ergebnissen raus kommt. Etwas unfair wird das immer in Publikationen gezählt und da sind es rund 6500 über die Betriebszeit von nun 15 Jahren gezählt.  Vergleicht man dieses mit unbemannten Sonden so sieht es anders aus. Eine Raumsonde ist auch für einige Tausend Publikationen gut, das HST generierte bisher über 12000 Publikationen. Bedeutend ist auch, das fast keine dieser Publikationen in den großen Journalen erscheint. Sei es international bekannte sie Science oder Nature oder deutschsprachige bzw. andere landessprachige. Ähnlich wie bei Zeitungen gibt es auch in der Wissenschaft Ränge. Ein Artikel in Nature ist vergleichbar einem im Spiegel – und im täglichen Leben zählt ein Journalist mehr der im Spiegel schreibt als einer der im Lüneberger Käseblättle.

Man muss natürlich gleiches mit gleichem vergleichen. Also die ISS mit anderen Raumfahrt Projekten. Raumfahrt ist teurer als die meisten Forschungsvorhaben am Boden, das liegt in der Natur der Sache. Alles muss 100% funktionieren, kann nicht repariert werden, dazu muss es leicht sein und mit einer teuren Rakete gestartet werden.

Inzwischen ist ja Bewegung darin gekommen. In Europa will Frankreich sich nicht mehr an der ISS ab 2020 beteiligen. Das Geld bräuchte man für die Ariane 6. Italien hat noch nichts gesagt, dürfte aber ähnlich denken. Damit wäre Deutschland praktisch alleine und müsste den Großteil des ESA Budgets aufbringen. Ob man so viel Geld aufbringen will? Alleine der deutsche ISS Beitrag ist ja schon so groß wie die gesamte Ariane 6 Entwicklung kosten sollte.

Russland kündigte auch ein Ende ab der letzten beschlossenen Verlängerung 2020 an. Das wird nun als Drohgebärde Russlands im Ukraine Streit gedeutet und das kann es auch sein. Auf der anderen Seite spricht vieles dafür, dass es auch ernst gemeint sein könnte. Russland ist derzeit notwendig für den Besatzungstransport. Das ist auch einträglich. Ein Sitzplatz hat seinen Preis in acht Jahren rund verdreifacht. Wenn die neuen Systeme die im CCDev Programm entwickelt werden eingesetzt werden können sie jeweils 7 Personen transportieren, ersetzen also zwei Sojus Kapseln. Bisher musste die NASA die Touristentransporte tolerieren, bzw. nach der Fertigstellung waren sie nicht mehr möglich weil man alle Sitzplätze brauchte. Das dürfte sich ändern, wenn man einen eigenen Transporter hat. Auf der anderen Seite hat Russland seit langem Pläne für ein bemanntes Programm. Wenn es kommt, dann wird man sicher nicht noch die ISS mitfinanzieren können, ähnlich wie man nicht Mir und ISS gleichzeitig betreiben konnte.

Für die ISS, in der der PR Einsatz wichtig ist, wäre dies für die US-Regierung die Gelegenheit sich auf diesen Konzentrieren. Dazu gehört die dort auch betriebene Einbindung in die Schulen, „Experimente“ der Schüler könnten durchgeführt werden. mehr Schaltungen mit Fragestunden könnten durchgeführt werden, einfache physikalische Effekte kann man aufzeigen.

Dazu gehört der „Public outreach“, vor allem mit Aufnahmen und Videos wofür man relativ einfach (was man auch schon macht) Kameras an der Station installieren kann und deren Daten life streamen kann. Dazu gehört dann auch, dass man wieder Touristen zur ISS bringt -. aber Touristen die der NASA nützen wie Politiker, Top-Journalisten, Filmstars. Hauptsache gute Publicity. Ähnliches hat man ja schon in den Achtzigern mit dem Space Shuttle probiert. Doch der war zu unsicher. Wenn man dann ein eigenes, sicheres Vehikel hat in dem sieben Personen transportiert werden, dann kann man sich den einen oder anderen Gast leisten, denn sieben sind sicher nicht für die Steuerung notwendig, sondern vielleicht einer oder zwei. (inzwischen plant ja auch die NASA weitgehend automatische Kopplungen und Abläufe anstatt alles von Hand zu machen).

Der Nutzen der ISS könnte so viel größer sein als als Experimentalstation. Sie kann so viele Menschen für Technik, speziell Raumfahrt interessieren und faszinieren. Damit kann man die 100 Milliarden Dollar sicher nicht rechtfertigen, aber es ist sicher sinnvoller als das derzeitige Label „Forschung an Bord der ISS“.

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