Startfenster zu den äußeren Planeten

Bei meinem Beitrag über die SLS schlug Gerry einen Uranus/Neptun Orbiter als SLS Nutzlast vor und fragte mich ob das möglich ist. Das hat nun weniger etwas mit der Nutzlast der SLS zu tun als vielmehr mit den Startfenstern. Bei zwei Himmelskörpern kann man das Intervall einer Opposition oder Konjunktion also zweier ausgezeichneter Planetenstellungen aber auch jeder anderer Stellung sehr einfach berechnen es gilt:

1/Zeitdifferenz = 1/Umlaufszeit11/Umlaufszeit2

Bildet man den Kehrwert, so hat man den Abstand zwischen zwei Startfenstern. Kennt man eines so kann man jedes folgende errechnen. Das ist mit zwei Zahlen, die man auch im Kopf ausrechnen kann leicht zu beweisen: Nehmen wir an die Umlaufszeit1 seien 3 Jahre, die Umlaufszeit2 4 Jahre, dann kann man durch Überlegen herausbekommen, dass nach 12 Jahren der eine Planet genau 4 Umläufe absolviert hat und der andere 3. Genau dasselbe kommt auch bei der Rechnung heraus.

Beim Erde und Mars (365 bzw. 687 Tage) erhält man 776 Tage und in 776 Tagen umläuft die Erde die Sonne genau 2,126 mal und der Mars 1,126 mal – sie stehen wieder im selben Winkel zueinander. Rund um diesen Zeitpunkt kann man starten, normalerweise startet man vor der Opposition, und kommt danach an. Dieses Jahr ist die Opposition am 8.4. Die beiden Marssonden starteten am 17. und 30.11 also mehr als 5 Monate vorher und Erreichen den Mars Mitte/Ende September, also 5 Monate später. Das ist typisch für die Flugbahnen.

Doch wie sieht es mit drei Planeten aus also im obigen Beispiel Erde – Uranus – Mars. Das geht mit obiger Formel nicht. Bei drei Planeten ist es sehr unwahrscheinlich dass man einen gemeinsamen kleinen Teiler findet, sodass sich Startfenster nur in sehr großen Abständen finden. Doch das ist auch nicht nötig. Bedingt durch die Gravitationskraft kann der zweite Planet die Bahn umlenken und so die Sonde zu einem dritten Planeten schicken, der sich nicht an der idealen Position befindet. In wie weit das hängt von der Ankunftsgeschwindigkeit und Zielgeschwindigkeit ab, da auch diese geändert wird.

Bei den äußeren Planeten um die es geht wird man über Jupiter als Sprungbrett erreichen oder direkt, aber das dauert dann ziemlich lange wenn man nicht schon beim Start stark beschleunigt. Wir haben dann die Situation dass man einen Planeten mit einer vergleichsweise kurzen Umlaufszeit hat (Erde) und zwei oder mehrere Planeten mit einer höheren Umlaufszeit (sie liegt schon bei Jupiter bei fast 12 Jahren) hat. Es gibt praktisch alle 13-14 Monate ein Startfenster zu Jupiter, so kann man die Erde herauslassen und nur die Umlaufszeiten zwischen Jupiter und dem Zielplaneten betrachten und man kommt zu folgenden Ergebnissen:

  • Flug erde – Jupiter – Saturn: alle 20 Jahre

  • Flug Erde – Jupiter – Uranus alle 14 Jahre

  • Flug erde – Jupiter – Neptun alle 13 Jahre

Analog könnte man auch den Saturn als Sprungbrett nutzen:

  • Flug Erde – Saturn – Uranus alle 45 Jahre

  • Flug erde – Jupiter – Neptun alle 35 Jahre

Doch die Flüge über Saturn sind wegen der langen Perioden eher unattraktiv. Innerhalb dieses Zeitraums gibt es etwa 3 bis maximal 4 Jahre in denen man jährlich starten kann. Jupiter lenkt die Sonde um und beschleunigt sie je weiter er sie umlenkt. Daher gibt es am Anfang ein Startfenster mit der kürzesten Reisedauer bei der Jupiter nahe passiert wird. Danach darf er die Sonde immer weniger stark umlenken und die Passagedistanz wird größer, die Reisedauer weil die Sonde dann nicht so strak beschleunigt wird, ebenfalls. Man kann das an den Startdaten von projektierten Plutosonden sehr gut zeigen:

Startdatum Reisezeit Startgeschwindigkeit Jupiternächster Punkt
2003 8 Jahre 15.757 km/s 142.800 km
2004/12 8 Jahre 16.024 km/s 585.000 km
2006/1 9 Jahre 16.90 km/s 2.300.000 km
2007 13 Jahre 17.00 km/s Kein Flug über Jupiter mehr möglich

Zum Glück gibt es diesen Tatbestand, sonst wäre New Horizons nicht möglich gewesen in der kurzen Zeit die es gab nachdem die NASA Pluto Kuiper Express einstellte die 2003/4 starten sollte. Trotzdem: Hätte man 2003 starten können, man wäre nach 8 anstatt 9 Jahren bei Pluto gewesen. Nach 2007 müsste Jupiter weil er nun soweit in der Bahn vorgerückt ist die Sonde retrograd umlenken, also gegen ihre Bewegungsrichtung. Das bedeutet aber eine Abbremsung, damit kann sie Pluto nur noch erreichen wenn sie vor der Ankunft ihn schon erreichen konnte und sogar noch noch Überschussgeschwindigkeit hat, was offensichtlich sinnlos ist. Analoge Überlegungen kann man für jeden Start ins äußere Sonnensystem anstellen.

Kommen wir zurück zu der Frage: Bein einem Flug Jupiter – Uranus – Neptun kann man wegen dieses Tatbestandes, dass man mehrere Jahre hat, in der Jupiter seine Position wechseln kann Jupiter ignorieren. Es bleibt das gemeinsame Startfenster von Uranus und Neptun – und das beträgt 176 Jahre. Das letzte war 1977, wenn also die SLS im Jahr 2155 einsatzbereit ist, kommt sie gerade zur rechten Zeit. Das ist ein Grund für die Voyager Sonden. Ihre Mission war nur von 1977 bis 1979 möglich, dann erst mal nicht bis 2155 wieder.

Zum Schluss, abgeleitet von den bekannten Startfenstern, die nächsten Startfenster zu den äußeren Planeten:

  • Jupiter-Saturn: 2017
  • Jupiter-Uranus: 2022
  • Jupiter-Neptun: 2018

One thought on “Startfenster zu den äußeren Planeten

  1. Danke Bernd für das aufgreifen meiner Frage und dem resultiernden interssanten Blogeintrag! Schade dass das gemeinsame Startfenster zu Uranus-Neptun schon vorbei ist, dachte (hoffte) wegen der langen Umlaufperioden der beiden Planeten ist das Voyager-Startfenster noch offen bzw. man kann eventuell ein paar Wochen/Monate in einem Erdorbit eine der beiden Sonden warten lassen um das Startfenster abzupassen.

    Also gibts keine günstige Mission wo zwei leichte Sonden auf einem SLS-Start zu den beiden äusseren Planeten fliegen so wie ich mir das dachte.

    Trotzdem wären Orbitersonden ins äussere Sonnensystem immer noch eine nette Idee für das SLS. Aber dann halt als Einzelstart.

    Eventuell könnte man ja eine Cassini „nachbauen“ und dann 2022 zum Uranus schicken. Ob das die SLS Block I, also die leichte Version mit der Delta IV Oberstufe mit dem RL-10-Triebwerk, noch schaffen könnte? Oder bräuchte man dafür schon die Block II, also die mit der grossen J-2X Obesrufe und stärkeren Boostern?

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