Die Sache mit Europa
Gestern ging durch die Schlagzeilen, das Cameron Junkers nicht als EU-Präsident haben will und auch Merkel soll sich mit den Regierungschefs von Schweden, England und Holland getroffen die Junkers nicht haben wollen.
Habe ich da irgend etwas verpasst? Hat man nicht so arg betont die Europawahl wäre diesmal so wichtig, weil diesmal der Präsident direkt gewählt wird? Nun wird wieder von den Regierungschefs entschieden wer es sein soll, wobei Merkel schon direkt nach der Wahl irgendwie nicht so richtig hinter ihrem eigenen Kandidaten stand. Wahrscheinlich hätte sie wohl lieber einen Hampelmann wie McAllister an der Spitze gehabt, denn sie nach belieben manipulieren kann. Der Mann macht ja sogar jeden Witz der Heute-Show mit.
Das bestätigt doch alle Vorurteile gegenüber „Europa“ (in der Bedeutung: der Institutionen der EU). Man wählt und entschieden wird trotzdem alles von den Regierungen. Genügend Beispiele gab es ja so erst vor kurzem die Blockierung von strengeren Abgasnormen durch die deutsche Regierung oder der Enthaltung der deutschen Regierung bei der Zulassung des Genmais 1507, dabei weis man im Kabinett das 92% der Bevölkerung gentechnisch veränderte Produkte ablehnen.
Dabei bestimmen europäische Gesetze schon seit langem unser Leben und der Anteil an den Gesetzen wird immer größer. Im letzten Jahr war es schon mehr als ein Drittel der neu beschlossenen Gesetze. Um genau zu sein: die EU beschließt Verordnungen, die innerhalb einer Frist in nationales Recht umgesetzt werden müssen. erfolgt dies nicht so gilt die Verordnung so wie im Wortlaut veröffentlicht. Schon als ich Lebensmittelchemie studierte war das der überwiegende Teil der Gesetze, manche Teilgebiete, wie das Weinrecht, sind sogar richtig zugekleistert davon. Vor allem aber betrifft es die Regelungen für Verpackungen wie Lebensmittelkennzeichnung, Zusatzstoffe oder Nährwertkennzeichnung. Das verwundert nicht, denn die EU war zuerst und ist bis heute noch primär eine Wirtschaftsgemeinschaft und was die EU beschließt sind im wesentlichen Verordnungen die wirtschaftliche Hemmnisse abbauen sollen. Bei den Lebensmitteln bedeutet dies: EU-weit müssen diesselben Vorschriften für Kennzeichnung aber auch die Verwendung von Zusatzstoffen gelten.
In der Praxis bedeutet dies, dass bei den Zusatzstoffen alle zugelassen sind die in irgendeinem EU-Staat verwendet werden und toxikologisch unbedenklich sind. Ich würde schon deswegen einen Austritt Englands aus der EU befürworten den einige Zusatzstoffe sind nur für englische Produkte zugelassen, zumindest isst au0erhalb dieser Insel die keiner. Zudem drohen sie seit 30 Jahren mit dem Austritt, zumindest erinnere ich mich an die letzten dreissig Jahre, wahrscheinlich haben ssie dieses Druckmittel noch länger benutzt. Die EU braucht die Engländer nicht. Sie können sich ja bei den USA anschließen. Bei jedem Krieg der USA sind sie ja sowieso mit von der Partie.
Viel wäre für den Verbraucher gewonnen wenn man bei gemeinsamen Regelungen immer die strengste nimmt. Das bedeutet, man würde nur Zusatzstoffe zulassen die in allen Mitgliedsstaaten verwendet werden, oder man führt mal ein gemeinschaftliches Datenschutzgesetz ein, das sich am strengsten nationalen Gesetz orientiert – dann würde aufhören das die meisten Internetkonzerne wie Google, Apple oder Amazon ihren europäischen Firmensitz in Irland haben – Irland hat das EU-weit lascheste Datenschutzgesetz.
Man tut der EU aber oft auch unrecht. Das habe ich bei „Hart aber Fair“ gesehen, vor allem bei den Einspielern (für das Geschwätz der Politiker kann Blasberg ja nichts). Da kam als „EU-Regelung“ das die EU angeblich die Herstellung einer Pizza Napolitana normiert und man hat sich darüber lustig gemacht, dass die „Vorschrift“ vorschreibt, die Tomatensoße spiralförmig von der Mitte aus zu verteilen, was wohl keiner so macht. Ich bin mir zu 99% sicher dass es keine Normierung ist sondern der Text für eine Zulassung einer geschützten Bezeichnung. Die EU will auch Regionen fördern und so können Lebensmittel, aber auch andere Produkte, ein Siegel beantragen das es in drei Stufen gibt, wobei bei der Pizza Napoletana wohl nur die niedrigste Schutzstufe greift. Um das Siegel zu bekommen und auf der Verpackung als Werbung zu benutzen, muss man dann nachweisen, das es das Rezept seit mindestens 25 Jahren in unveränderter Form gibt und eben genau das Rezept vorlegen. Jeder der dann nach diesem Rezept die Pizza macht kann das Siegel auf seine Packung machen. Mehr ist es nicht. Das bedeutet nicht das ein Pizzabäcker keine Pizza Napoletana machen kann. Die Pizza ist nicht normiert. Fas ganze gilt nur für verpackte Lebensmittel und soll letztendlich auch dem Verbraucher nützen, denn er ist so vor Nachahmungsprodukten, Verfälschungen wie minderwertigen Zutaten oder dem sparen an hochwertigen Zutaten schützen.
Andere „unsinnige“ Dinge machen Sinn, wenn man die Intension versteht. So das Glühlampenverbot oder die 1600 Watt Staubsaugerleistungsgrenze. Es geht ums Energiesparen, nicht um eine Leistungsbegrenzung. Das Glühlampenverbot leis mich schon kalt, denn ich hatte Jahre zuvor schon die meisten Lampen durch Energiesparlampen ausgetauscht. Glühlampen brauchte ich nur fürs reppenhaus. Dafür gibt es jetzt als Alternative LED Lampen die in den letzten enorm viel leistungsfähiger und billiger wurden – sicher auch ein Effekt des Verbotes. Und beim Staubsauger geht es nicht um die Saugleistung sondern den Stromverbrauch. Das bedeutet dass man die Sauger verbessern muss. Das gleiche macht man ja auch mit den laufend sinken Schadstoffgrenzwerten füpr Neuwagen.
Anderes wird der EU einfach unterstellt so die ominöse Normierung von Gurken. Die EU beschließt das zwar, aber die Vorlage kommt von den Discountern. Die wollen mehr Gurken in jeder Schachtel haben. Genauso haben sie schon die Normierung der Banane durchgesetzt. Auf der anderen Seite verstehe ich nicht wie man auf die Idee kommen kann die Trinkwasserversorgung zu privatisieren. Zum einen sieht man in Großbritannien wohin das führt. Zum anderen gibt es auch sonst genügend andere Beispiele wenn Infrastruktur privatisiert wird, wie es läuft: investiert wird nur dort wo man Gewinn macht. Das bedeutet Streckenabbau bei der Bahn, stagnierender Ausbau bei DSL etc. Gerade DSL zeigt wie nun privatisierte Staatskonzerne verfahren. Es heißt ja immer nur kleine ländliche Gebiete haben kein DSL, aber ziemlich viele haben nur DSL-Light. Das ist inzwischen für Unternehmen schon ein Wettbewerbsnachteil, weshalb Gemeinden zur Eigeninitiative greifen oder für die Telekom die Gräben ausheben. Und dieser „ländlicher Raum“ ist ein dehnbarer Begriff. Unser Stadtteil ist 5 km von Esslingen (70.000 Einwohner) und 12 km von Stuttgart (600.000 Einwohner) entfernt, also gewiss nicht ländlich. Am Ortsrand bekommt mein Bruder nur noch DSL 2000, dort ist auch nicht TV-Kabel als Alternative verlegt. Ein Ort weiter, in Scharnhausen war es bis letztes Jahr so, dass nur 768 kbit möglich waren. Dann hat die Gemeinde einen Vertrag mit einem Unternehmen abgeschlossen, dass nun ADSL verlegt wobei sich die Stadt an den Kosten beteiligt. Ist das die Infrastruktur, die wir dann haben wollen? Wie wird es dann bei Wasser und Elektrizität werden? Welche Bahnstrecken bleiben dann noch übrig?
Ich würde mir wünschen, wenn das Parlament mehr zu entscheiden hat, von den vier Institutionen die Gesetze beschließen ist es das einzige gewählte Organ. Woanders sitzen die Regierungen, Staatschefs oder von ihnen gewählte Kommissare, so wie unser Energiekommissar Öttinger. Das sind meistens Politiker im Ruhestand, die von der Thematik keine Ahnung haben, oder wie man schon zu meiner Jugend sagte „Hast Du einen Opa, schick ihn nach Europa“. Das Parlament hat am wenigsten zu sagen oder wie die Bundeszentrale für politische Bildung schreibt: „Der Europäische Rat muss bei seinem Vorschlag auch das Ergebnis der Europawahlen berücksichtigen.“. immerhin haben wir einen vernünftigen europäischen Gerichtshof, der schon mal die Vorratsdatenspeicherung kippt. Solange der noch den Regierungen die Leviten liest (das macht ja unser Verfassungsgericht auch, leider nicht oft genug), ist noch nicht Hopfen und Malz verloren.