Skurrile Panzer
Bernd hat in seinen beiden Aufsätzen“Der Krieg ist der Vater aller Dinge“ schon einige seltsame, meist nutzlose und vor allem riesige Waffen aus der Zeit des zweiten Weltkrieges vorgestellt, die allesamt aus dem Deutschen Reich stammten. Diesen „Wunderwaffen“ ist gemeinsam, dass sie enorme Ressourcen fraßen und den Alliierten halfen, den Krieg schneller zu beenden (so paradox es auch klingt, diese Geschütze und Panzer haben wohl tausenden das Leben gerettet).
Bei der Entwicklung seltsamer Waffen stand das NS-Reich jedoch keinesfalls alleine da. Insbesondere im Bereich der gepanzerten Kampffahrzeuge waren seit dem Ende des ersten Weltkrieges andere Länder führend (Deutschland musste ja abrüsten). In dieser Auseinandersetzung wurden erstmals Panzer eingesetzt, die halfen, den Stellungskrieg zeitweise zu überwinden. Die taktische Aufgabe zu der Zeit war denkbar simpel: Ein Panzer sollte die Todeszone zwischen den Schützengräben überwinden und den Gegner auf kurze Entfernung in seinen Stellungen angreifen, um eine Bresche zu schaffen, die die nachstürmende Infanterie erweitern kann. Die Panzer waren noch nicht sehr weit entwickelt, und hatten vor allem die Funktion eines turmlosen Durchbruchsfahrzeuges. Ein typisches Beispiel für die Zeit ist der britische Mark IV:
Gegen und nach Ende des Krieges spaltete sich die Entwicklung: Neben den turmlosen Durchbruchspanzern kamen leicht, schnellere und mit einem Turm ausgestattete Fahrzeuge auf. Ein Beispiel hierfür ist der bekannte Renault FT 17:
Aber auch bei den schweren Panzern blieb die Entwicklung nicht stehen, sie wurden immer größer und ebenfalls mit drehbaren Waffenplattformen ausgestattet, wobei ziemlich seltsame Kreationen herauskamen. Genau um die soll es heute gehen.
Anmerkung:
An dieser Stelle möchte ich Werbung machen für eine Seite, auf die ich noch öfter verlinken werden: http://moderndrawings.jexiste.be/WW2Drawings/ Sie ist im Bereich der Waffentechnik (insbesondere zweiter Weltkrieg) mindestens so umfangreich wie Bernds im Bereich Raumfahrt, und sie bietet sehr gute Dreiseiten-Farbgrafiken, selbst zu weitgehend unbekannten Projekten, die nur auf dem Papier existierten. Bei alldem ist sie übersichtlich gestaltet und bietet zu jedem Modell neben den Zeichnungen eine Beschreibung der Geschichte und technische Daten, darunter auch selten angegebene wie Waffenrichtwinkel oder Rohrüberstand.
Char 2C (Frankreich):
1916, die Briten führten gerade erste Panzerangriffe durch, beauftragte das französische Militär die Schiffswerft FCM mit der Enwicklung eines schweren Durchbruchspanzers. Nach den ersten Einsatzfahrzeugen mit anderen Fahrzeugen wurden die Entwürfe mehrfach geändert. Begleitet wurde das Projekt von politischem und militärischem Störfeuer, da der Panzer als zu große erschien. Gegen Kriegsende gab es eine Großbestellung, doch letztendlich wurden erst 1921 ganze 10 Panzer ausgeliefert. Als der zweite Weltkrieg begann, waren sie alle einsatzbereit und wurden zu Propagandazwecken nach französischen Provinzen benannt. Sie dienten als „unzerstörbare Superpanzer“ zur Stärkung der Kampfmoral. Als die Deutschen in ihrem Blitzkrieg vormarschierten, sollte die Einheit per Zug verlegt werden, doch die Strecke war blockiert. Da Propagandapanzer aus verständlichen gründen niemals dem Feind in die Hände fallen dürfen, wurden sie gesprengt. Dabei ging man nicht sehr konsequent vor, denn die erbeuteten Wracks sind auf Bildern noch recht intakt und wurden zu Ausstellungszwecken nach Deutschland transportiert. Für seine Zeit war er eine sehr fortschrittliche Konstruktion.
Der Panzer vefügte über die seinerzeit üblichen Umlaufketten. Eine Neuerung war der drehbare Mehrmannturm mit separater Kommandantenkuppel und der seinerzeit goßen 75mm Kanonen. Die Panzerung war anfangs bis zu 45mm stark, wurde bei einem Exemplar 1939 auf 90mm vorne und 65mm seitlich erhöht. Damit war dieses Einzelstück gegenüber allen zeitgenössischen Panzerabwehrkanonen immun. Für die Nahbereichsverteidigung besaß der Panzer 4 Mgs, eines vorne, zwei seitlich und eines in einem separaten Heckturm. Die beiden Motoren mit einer Leistung von je 184 kW waren im mittigen Maschinenraum jederzeit für die Mechaniker zugänglich und verliehen dem Panzer eine Höchstgeschwindigkeit von 12km/h. Um den komplizierten Panzer mit seinen vielen Waffen zu bedienen, waren 12 Mann im durchaus geräumigen Innenraum nötig. Die Masse betrug grundsätzlich rund 68t, das Exemplar mit der Zusatzpanzerung brachte 75 Tonnen auf die Wage und war somit (vor dem Jagdtiger!) das schwerste jemals eingesetzte Kampffahrzeug. Einen schönen EIndruck vom Innenleben bietet diese zeitgenössische Propagandaillustration, außerdem noch der Link zu Moderndrawings.
Quellen:
TOG II(Großbritannien):
Schon der Name des Panzers ist bezeichnend: TOG steht für „The Old Gang“, die alte Bande. Nach dem Beginn des zweiten Weltkrieges waren einige Militärs der Ansicht, dass er so ähnlich wie der erste Weltkrieg verlaufen würde, d.h. nach einer kurzen Angriffsphase kommt es zum Stellungskrieg. Ende 1939 begannen sie mit der Planung eines auf dieses Szenario zugeschnittenen schweren Panzers und bauten einen Prototypen, den TOG I (in der Grafik der obere Panzer). Der erste Entwurf wurde bald überarbeitet, sodass das erste und einzige Exemplar des TOG 2 1941 fertiggestellt werden konnte. Bis 1944 wurden vier verschiedene Türme eingebaut, meist auf denen kleinerer Panzer basierend. Trotz der schwierigen Situation in den Jahren ´41/42 traute sich offenbar niemand, das Projekt zu stoppen. 1944, als das Schlachtfeld von den dem Koloss weit überlegenen Panther, Tiger, T34-85 und Js-2 dominiert wurde, brach man das Projekt endlich ab. Der Prototyp ist heute in einem Museum ausgestellt.
Der TOG II weist einige außergewöhnliche Merkmale auf. Neben seiner Größe sticht vor allem das Fahrwerk und der Antrieb hervor: Die ketten sind sehr klassisch mit kleinen Rädchen gefedert, vor allem aber machen sie nach passieren des vorderen Umlenkrades einen Knick nach unten, sodass sie über den Gr0ßteil ihrer Länge unter dem Niveau des Fahrzeugbodens verlaufen. Das schafft zusätzlichen Platz für die Besatzung und den dieselelektrischen Antrieb mit einer Leistung von 441kW. Die Besatzung ist für ein Fahrzeug dieser Größe mit sechs Mann eher klein (FCM 2C: 12). Bewaffnet ist der Panzer mit einer 76mm Kanone sowie verschiedener Nebenbewaffnung, abhängig vom Turm. Die Panzerung ist für das Jahr 1941 stark, am Turm beträgt sie maximal 115mm, an der Wannenfront 76mm. Ihre Effektivität ist dennoch begränzt, da sie senkrecht zum Einfallswinkel der Granaten steht. Durch die enorme Masse von etwa 81t waren Mobilität und Reichweite sehr begrenzt, die Höchstgeschwindigkeit betrug ganze 14km/h.
Quellen:
Beide Panzer haben die Grundkonzeption als klassischer Durchbruchspanzer gemeinsam. Für einen Bewegungskrieg ohne feste Stellungen sind sie nicht ausgelegt. Zur Zeit des FCM 2C war dieses Szenario aktuell, die Entscheidung für die Konzeption des TOG II ist dagegen unverständlich. Sie ist nur mit den Förderern des Projektes zu erklären-allesamt Militärs aus der Zeit des ersten Weltkrieges, die oftmals bei der Entwicklung der ersten Panzer beteiligt waren. Die Fahrzeuge haben einige gemeinsame Nachteile: Sie sind zu langsam und zu teuer, benötigen zu viel Personal und haben ein veraltetes Fahrwerk. Die senkrechte Panzerung, ihre Größe und ihre Langsamkeit macht sie anfällig für große Panzerabehrkanonen und Luftangriffe. Schon der sowjetische T-34 deklassierte sie in fast allen Belangen.
Die hohe Masse lässt sich mit der voluminösen Konstruktion erklären: Der FCM 2C hat neben den vielen MG ständen einen zugänglichen Motor. Für den TOG gilt der Form nach zu urteilen das gleiche, ich bin mir aber nicht sicher. Dieses an sich positive Merkmal erhöht den benötigten Platz ungemein, was zu einer vergrößerten Oberfläche führt. Sie adequat zu panzern, erfordert viel Stahl und erhöht somit die Masse. Ein zugänglicher Motor stellt zwar einen Vorteil dar, ist aber nur bei unzuverlässigen Antrieben wie im ersten Weltkrieg vonnöten. Modernere Panzermotoren können das Gefecht problemlos ohne Wartung überstehen.
Morgen geht es weiter mit anderen Sorten ungewöhnlicher Panzer, bevor ich meine Idee für einen optimalen Panzer aus der Zeit des zweiten Weltkrieges vostellen möchte.
„Bernd hat in seinen beiden Aufsätzen”Der Krieg ist der Vater aller Dinge” schon einige seltsame, meist nutzlose und vor allem riesige Waffen“ es gibt auch nutzlose, nicht riesige Waffenm, von denen manche sogar von James bond stammen können, so der Krummlauf für das Sturmgewehr 44 um um die Ecke schießen zu können:
http://de.wikipedia.org/wiki/Krummlauf
Wie ich schon in meinem Beitrag schrieb: diese „skurrilen Panzer“ sind nicht so skurril, sie haben ihren Ursprung in dem Denken des ersten Weltkriegs mit langsamen Bewegungen und waren zur Unterstützung der Infantrie gedacht – dafür mussten sie nicht schnell sein, aber wegen der Langsamkeit gut gepanzert, sonst sind sie ein zu leichtes Ziel. Erstaunlicherweise hat man in Deutschland ja mit dem Tiger und Elefant auch solche langsem Monster geschaffen
Ich finde an den Panzern vor allem seltsam, dass sie einen zugänglichen Motor haben, der bei dem Char 2C sogar nach oben hinausragt. Bei dem TOG ist das Laufwerk außergewöhnlich. Zudem sind sie nicht einmal überlegen gepanzert. Der TOG wurde noch weiterkonzipiert, als die Panzerung schon problemlos von deutschen Kanonen durchschlagen werden konnte. Der Char 2c war ebenfalls in seiner Grundkonzeption nicht sehr massiv gepanzert (zu der Zeit gab es noch keine richtig großen Paks) und durch Langsamkeit gegenüber Artillerie verwundbar.
Gegenüber den beiden vorgestellten Panzern war der Tiger zudem noch ansatzweise mobil.
Ich bin heute auf ein Video gestoßen, das einen kurzen Einblick in das Innenleben und Filmaufnahmen des TOG 2 gibt.
Link: https://www.youtube.com/watch?v=vYAXyIFlCXo