Ich fand Bynaus Artikel gestern zu SpaceX Startrate ganz interessant und dachte mir ich schreibe meine Gedanken in einen eigenen Artikel. Zuerst mal zur Prognose: ich habe auf 6 Starts getippt und liege wie Bynaus so derzeit gut im Rennen. Nach den letzten Ankündigungen (dazu in den nächsten Tagen in einem gesammelten „SpaceX-Neuigkeiten-Update“ mehr) ist der nächste CRS-Flug (der übernächste) für Mitte September angekündigt, wenn es keine Verzögerungen gibt käme die Firma dann auf noch zwei weitere Flüge in diesem Jahr Das wären dann sieben. Doch bisher gab es immer Verzögerungen, aber am Jahresende sind wir schlauer.
Ich hätte Bynuas etwas mehr Reaktionen gewünscht, doch ich denke das liegt am Wochenendeffekt da ist immer so wenig los, aber ihr konnte das ja noch nachholen und gleich den gestrigen Blog durchlesen.
zuerst mal zur Bynaus Modellierung. Leider hat er nichts zu der Gleichung der Kurve geschrieben. Da ich mal im Studium mit Statistik zu tun habe, zählt für mich nicht die Kurve (mit einem Polynom kann ich z.B. eine Kurve durch jedes Datenmaterial ziehen ohne Fehler), sondern die Gleichungen und wie sie zum Datenmaterial also die statistischen Basiswerte wie Regressionskoeffizient oder Gestimmtheitsmaß passen. Ich habe mit meinem Programm Lineare Regression (das anders als der Name es suggeriert auch andere mathematische Modelle bietet) das Datenmaterial untersucht und kam als beste Annäherung auf die Gleichung:
Y = a + b*ln(x)
mit a = = 237,399541
und b = = 573,699665
[cm] |
[m/s] |
Y = a + b*ln(x) |
Abweichung % |
|
---|---|---|---|---|
1: |
1 |
187 |
237 |
+27,0% |
2: |
2 |
718 |
635 |
-11,6% |
3: |
3 |
857 |
868 |
+1,2% |
4: |
4 |
1001 |
1033 |
+3,2% |
5: |
5 |
1213 |
1161 |
-4,3% |
6: |
6 |
1278 |
1265 |
-1,0% |
7: |
7 |
1312 |
1354 |
+3,2% |
8: |
8 |
1414 |
1430 |
+1,2% |
9: |
9 |
1501 |
1498 |
-0,2% |
Wie man sieht korrespondieren meine Daten für die Kurve sogar noch besser als die Bynaus. Der Korrelationskoeffizient R ist 0,994375. Kein überragender Wert für Messreihen, aber man würde davon abgeleitete Ergebnisse wohl in der Analytik noch akzeptieren.
Die Grafik gibt die Kurve mit den Messwerten und dem Vertrauensband an, das ist vereinfacht gesagt das Intervall um die Kurve in der mit 95% statistischer Wahrscheinlichkeit die „wahren“ Werte liegen.
Nach dieser Kurve würde der 12 Start nach 1663 Tagen erfolgen (am 23.12.2014, der sechste dieses Jahr), am 31.12.2015 würde der 23-ste Start erfolgen, das bedeutet 11 Starts nächstes Jahr, am 24.12.2016 würde der 43-ste Start erfolgen (20 Starts 2016) …
Doch ist das Modell auf Raketen anwendbar? Zuerst erscheint es paradox, im Normalfall modelliert man mit Regressionen gesetzmäßige Zusammenhänge die es in der Natur gibt. Das Programm habe ich entwickelt um Messungen auszuwerten. Bei vielen Substanzen wurde die Konzentration so ermittelt, dass man die Substanz in bekannten Konzentrationen mit derselben Apparatur vermaß („Eichkurve“) und dann die unbekannte Konzentration bestimmte und anhand der bekannten Meßwerte die ungekannte Konzentration errechnete. Da es Fehler gab, sowohl beim physikalischen Verfahren wie auch bei den Konzentrationen bzw. Subtanzen sich verändern konnten (war extrem beim Vitamin B6, das ich mal in einer Studienarbeit untersuchte), lagen schon die Eichwerte nicht auf einer Geraden und mittels dieser physikalischen Verfahren konnte man so den Meßfehler bestimmen. Nach internen Vorgaben sollte er kleiner als 5% sein.
Nun ist der Raketenbau aber eine menschliche Aktivität und keine physikalische Messgröße. Was dagegen spricht hat Bynaus schon in den Bemerkungen zu SpaceX gebracht. Mir fielen beim Nachdenken aber auch Pros ein. Wir kennen in der Ökonomie die Lernkurve: Ein Gut wird immer billiger zu produzieren je mehr man davon herstellt. Das kann man auch auf die Zeit die man pro Stück braucht übertragen. Höhere Stückzahlen bedeuten mehr Erfahrung, man wird schneller. Es lohnen sich Maschinen für die Automatisierung und man wird nochmals schneller. Der Zuwachs ist anfangs sehr schnell, doch hat man dann automatisiert so kommt man langsam auf eine Sättigung bei der man die Stückzahl nicht mehr steigern sollte.
wo könnte man das bei Raketen beobachten? Doch wohl zuerst bei einem Muster das sehr häufig für viele Zwecke eingeätzt wird und nicht einem das man nur für wenige Starts braucht wie z.b. die Saturn. Anbieten würde sich das Shuttle das ja alle US-Raketen ablösen sollte. Nach den Planungen wäre auch die Startrate steil angestiegen um sich dann bei 48 Stück einzupendeln und die Kurve folgte dem auch bis zum Januar 1986. Das beste Beispiel das mir spontan einfiel war aber die R-7. Wie die Grafik zeigt, folgt die Startrate der R-7 auch einem zuerst schnellen Anstieg und dann flacht sie langsam ab. Der Anfang ist weniger steil, weil man erst die Oberstufen (Block E, I und L) entwickeln musste, bis man die Versionen Vostok, Sojus, Molnija hatte.
Auch hier die statistischen Werte:
[cm] |
[m/s] |
Y = a + b*ln(x) |
Abweichung % |
|
---|---|---|---|---|
1: |
1957 |
2 |
3,796 |
+89,8% |
2: |
1958 |
5 |
6,654 |
+33,1% |
3: |
1959 |
4 |
9,511 |
+137,8% |
4: |
1960 |
9 |
12,366 |
+37,4% |
5: |
1961 |
7 |
15,220 |
+117,4% |
6: |
1962 |
14 |
18,072 |
+29,1% |
7: |
1963 |
16 |
20,923 |
+30,8% |
8: |
1964 |
26 |
23,772 |
-8,6% |
9: |
1965 |
35 |
26,620 |
-23,9% |
10: |
1966 |
38 |
29,467 |
-22,5% |
11: |
1967 |
39 |
32,312 |
-17,1% |
12: |
1968 |
42 |
35,155 |
-16,3% |
13: |
1969 |
44 |
37,997 |
-13,6% |
14: |
1970 |
44 |
40,838 |
-7,2% |
15: |
1971 |
44 |
43,677 |
-0,7% |
16: |
1972 |
48 |
46,515 |
-3,1% |
17: |
1973 |
54 |
49,351 |
-8,6% |
18: |
1974 |
52 |
52,186 |
+0,4% |
19: |
1975 |
59 |
55,019 |
-6,7% |
20: |
1976 |
55 |
57,851 |
+5,2% |
21: |
1977 |
56 |
60,682 |
+8,4% |
22: |
1978 |
59 |
63,511 |
+7,6% |
23: |
1979 |
62 |
66,339 |
+7,0% |
24: |
1980 |
63 |
69,165 |
+9,8% |
Regressionskurve: Y = a + b*ln(x) |
|
mit a = |
-42398,981585 |
und b = |
5594,648144 |
Anzahl der Meßwerte = |
25 |
davon ausgeschlossen = |
0 |
Korrelationsoeffizient R= |
0,969743 |
Bestimmtheitsmaß R² = |
0,940401 |
Hier ist die Korrelation R erheblich schlechter und liegt bei 0,97 (unter 0,99 dürften wir keine Eichkurve verwenden und erwünscht waren 0,995 bis 0,999, das sieht man auch an dem stark ausgeweitetem Vertrauensbereich, nur der obere ist noch erkennbar). Daran sieht man, das es eben doch nur ein Modell ist. In der Praxis muss man eben die Begleitumstände kennen. So gehorcht die Ariane 1-5 Statistik z.b. nicht der Kurve, es wurden hier verschiedene Träger zusammengefasst mit Problemen durch frühe Fehlstarts aber auch operativen Einschränkungen wie ELA-1 das nur 4-5 Starts pro Jahr erlaubte. Schaut man nur auf die die Ariane 4, die nun als nicht neu entwickeltes Modell ideale Voraussetzungen hat und mit ELA-2 auch mehr Starts ermöglichte, so sieht man dann doch einen schnellen Anstieg der Startrate bis sie sich bei 10-12 Starts pro Jahr stabilisierte.