Bernd Leitenbergers Blog

Nachlese zu den NK-33 und SpassX

Wie ihr sicher bemerkt habt, blogge ich weniger. Dafür gibt’s einige Gründe. Zum einen der Mangel an Themen, zum zweiten habe ich auch viel sonst zu tun. Ich arbeite gerade an einer zweiten Auflage über die Computergeschichten. Diese enthält auch ein neues Kapitel über Seymour Cray. Als Nebeneffekt habe ich meine Artikel über Seymour Crays Supercomputer erweitert und als ich dann am Ende über Intel mehr recherchierte, auch noch über die x86 Serie, wo ich gerade den Artikel über den Pentium 4 fertiggestellt habe. Daneben habe ich auch wieder Arbeit. Ein Kundenauftrag wird mich bis Ende November beschäftigen.

Aber kommen wir zur Nachlese? Was gab es an wichtigen Ereignissen in der letzten Zeit? Offensichtlich der Fehlstart der Antares am Dienstag. Bisher weiß man noch nicht viel. Nach dem Startvideo ist erst im Heck ein Feuer ausgebrochen, gefolgt von Schubverlust und einer Explosion. die größere Explosion gab es erst als die Rakete auf dem Boden aufschlug. Die Startplattform scheint sehr schwer beschädigt zu sin, was wahrscheinlich schwerwiegender ist, als der Verlust der Rakete und der Cygnus. Der Verlust wurde mit 200 Millionen Dollar angegeben. Das ist weniger als der Wert nach Teilung der CRS-Summe durch 8 Flüge (237,5 Millionen Dollar) und daraus kann man den Gewinn pro Flug ableiten.

Nun gibt es keine bestätigten Daten über die Ursache. Natürlich wird spekuliert, das die AJ-26 Triebwerke die Ursache sind. Das muss nicht sein. Es kann auch eine andere Ursache geben wie eine gebrochene Treibstoffleitung. Aus dem Video kann man das nicht ableiten. Aber es ist Grund genug, die NK-33 bzw. AJ-26 neu zu untersuchen. Sie sind die zweite Generation der Triebwerke für die Mondrakete N-1. Anders als die erste Generation wurden sie niemals im Flug getestet. Doch waren sich die Schöpfer der Triebwerke sicher, dass sie anders als die erste Generation sicher waren. Sie wurden intensiver getestet, als jedes andere Triebwerk auf der Welt (mit Ausnahme der F-1) und die Tests verliefen weitgehend unproblematisch. Das können nun geschönte Daten sein, ich denke das aber nicht, denn die Konstrukteure haben an der ersten Generation kein gutes Wort gelassen. Mischin bezeichnete sie als „faule Triebwerke“. Warum sollten sie dann bei den NK-33 lügen?

Unbestritten ist, dass es in den letzten Jahren Probleme mit den Triebwerken gab. Die Triebwerke absolvierten beim Stennis Testcenter der NASA eine Neuqualifikation, sodass man auch Probleme kennt, anders als bei SpaceX wo man auf Videos von Zuschauen aus der Ferne angewiesen ist wenn man eine ihrer Grasshopper abstürzt. Es gab einen Brandt 2011 bei der Qualifikation und im Frühjahr einen neuen bei einem 54 s Testlauf (jedes Triebwerk wird vor dem Einbau in die Antares 54 s lang getestet – das ist heute nicht mehr selbstverständlich). Zwei Ausfälle bei nur 36 Triebwerken in den USA eine recht hohe Zahl,

Beweist dass, dass die NK-33 aka AJ-26 unzuverlässig sind? Nicht unbedingt. Die Triebwerke wurden bis 1964 gefertigt. Danach wurden sie vor der Verschrottung gerettet, die eintrat als Gluschko die Leitung über das N-1 Projekt bekam. Gluschko der sich nie mit Koroljow verstand stellte alle Arbeiten an der N-1 ein, stattdessen wollte er eine eigene Mondrakete namens „Vulcan“ bauen. Das Politbüro war des Projektes aber überdrüssig und so wurde nur alles verschrottet. Nichts sollte mehr daran erinnern, das man jemals die N-1 baute. Die Triebwerke wurden gerettet indem man sie heimlich in einer Lagerhalle versteckte. Nur kann man davon ausgehen, dass man in einem Versteck sicher nicht die idealen Lagerbedingungen hatte. Es musste ja geheim bleiben. Triebwerke bestehen hauptsächlich aus Metall. Als Aerojet die Triebwerke Ende der Neunziger kaufte (Kistler wollte sie in ihrer K-1 Rakete einbauen) haben sie Teile die nicht aus Metall waren, wie Dichtungen und die Elektronik ausgetauscht. Auch damals gab es Tests bei denen es keine Probleme gab. Unter welchen Bedingungen die Triebwerke aber in Russland lagerten weis man nicht. In einer Lagerhalle ohne Klimatisierung dürften in Baikonur die Temperaturen zwischen -30°C und +50°C im Sommer geschwankt haben. Ich kann mir gut vorstellen das 25-30 Jahre unter solchen Bedingungen auch bei Metall Veränderungen verursacht die sich dann bei einem betrieb unter dem extremen Druck und Temperaturen auswirken.

Immerhin setzt auch Russland auf die Triebwerke. Sie werden in der Sojus 1 eingesetzt die letztes Jahr ihren Jungfernflug hatte, aber auch dort ist ihre Zeit begrenzt. Ein RD-190 Derivate soll sie ersetzen. Auch Orbital sucht schon seit über einem Jahr nach einem Ersatz, weil die noch verfügbaren Triebwerke nicht mehr für den CRS-2 Kontrakt ausreichen werden. Der sieht etwa die doppelte jährlich Frachtmenge wie CRS-1 vor, mit entsprechend mehr Flügen. Gerüchten zufolge sucht auch hier Orbital vor allem nach russischen Triebwerken. Das BE-4, das nun das RD-180 ablösen soll, wäre eine amerikanische Alternative, allerdings etwas zu schubstark. Das würde eine weitere Vergrößerung der zweiten Stufe und damit mehr Nutzlast zulassen.

Von SpaceX gibt es dagegen nur eine Neuigkeit. Sie bauen nun eine schwimmende Plattform 90 x 50 m groß. Das entspricht zumindest mal der Größe eines Landeplatzes einer Punktlandung. Bei genügend Masse sehe ich da auch wenige Probleme. Die Rakete selbst ist weitgehend leer und selbst eine volle Rakete kann von Sealaunch von der Plattform aus starten, wobei sie ja nicht sofort abhebt sondern einige Sekunden lang ihren vollen Schub überträgt bis die nach Tests freigegebene werden, Eher problematisch könnte schlechtes Wetter werden, das es im Atlantik in Küstennähe eher als im Pazifik gibt. Größere Wellen dürften da problematisch sein.

Wie immer gibt man die Chance nur niedrig an, nach dem Artikel nur 50% dass es glückt. Wenn es klappt, soll die Chance dann bei 90% liegen dass man eine Stufe wiederverwenden kann. Das Gleiche wurde letztes Jahr für dieses Jahr angekündigt. Nun kündigt man es eben für nächstes Jahr an. Alte SpaceX Taktik: Jedes Jahr wird das gleiche anspruchsvolle Ziel angekündigt selbst wenn man nicht das erreicht was man vor einem Jahr ankündigt hat.

Der nächste Flug wird erst am 9.12.2014 stattfinden. Das wirft Rätsel auf. Hat die Firma doch viele Starts durchzuführen, hinkt ihrem Startmanifest hinterher, dass im Januar 14 Flüge dieses Jahr ausweist. Wäre ich völlig unkritisch, wie ein Kommentator hier würde ich nun „herzliches Beileid auszudrücken im behof der Dramatischen (Miss)Erfolge“. Die Firma gibt Rätsel auf. Es scheint möglich schnell hintereinander Raketen zu starten, aber nicht konstant, nach einem oder zwei dieser Starts kommend dann wieder Pausen von Monaten. Irgendwo gibt es da noch Probleme. Beim letzten Start hat man die erste Stufe sogar noch vor dem Start ausgetauscht und somit (ohne Landebeine) auf einen Bergungsversuch verzichtet.

Auf jeden Fall wird’s am 9.12. spannend. Denn erst die Landung und die Wiederverwendung wird zeigen ob ihr Konzept funktioniert. Eine Stufe langsam zur Wasseroberfläche herunterzubringen wie bisher demonstriert beweist nur das sie den Atmosphäreneintritt überlebt. Eine Landung auf den Triebwerken ist der leichtere Teil (Schweben mit einfacher Feedbacksteuerung konnte man schon bei Surveyor). Die Rakete muss aber punktgenau landen und sie darf nicht umkippen und vor allem die Wiederverwendung muss sich finanziell lohnen. Ein weiterer Schritt fehlt noch: Bisher landete die Stufe auf einer ballistischen Bahn wo sie auch ohne Bergung niedergehen würde. Die Bahn muss aber nun umgedreht werden, was viel Treibstoff kosten wird. Technisch ist auch das kein größeres Problem.  Aber finanziell, denn das reduziert anders als die derzeitige Methode die Nutzlast deutlich. Dann erst wird sich zeigen ob es sich finanziell lohnt.

Edit:

Wie Musk erst jetzt einräumt, nachdem man vorher von 100% Erfolg gesprochen hat ist die Rakete letztes mal umgekippt und explodiert: „The company has previously performed a controlled landing into water, rather than on a platform. That attempt was partly successful — the rocket landed safely, but soon after it „tipped over and exploded,“ Musk said yesterday at a symposium at MIT„. (Quelle). Die Desinformation geht also weiter.

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