Bernd Leitenbergers Blog

Terror

Der Begriff Terror ist ja seit einem Jahrzehnt dauernd in den Nachrichten, vor allem als islamistischer Terror. Wenn ich den Begriff höre, dann denke ich allerdings (immer noch) an den Terror durch die RAF, Ende der siebziger Jahre. Dafür gibt es auch Gründe. Der eine ist, das sich Ereignisse aus der Jugend irgendwie besser ins Gedächtnis einprägen, als spätere. Das zweite ist die Nähe. Zwar sind durch den islamistischen Terror viel mehr Menschen ums Leben gekommen also durch die RAF, aber das geschah in New York, Madrid, London, weit weg von hier. Die Folgen des Terrors der RAF habe ich damals dagegen hautnah mitbekommen: Polizisten mit Maschinenpistolen (zumindest an bestimmten Orten) gehörten eine Zeitlang zum Straßenbild und Stammheim und der Entführungsort von Schleyer liegen in örtlicher Nähe zu meinem Wohnort und nicht Hunderte oder Tausende Kilometer entfernt.

Geht man historisch zurück, so ist der Begriff vielseitig verwendet worden. Im dritten Reich bezeichnete Göbbels die Bombardierung deutscher Städte durch die Alliierten als „Terrorbomber“ und nach der (allerdings erst Jahrzehnte später verabschiedeten UN-Resolution 1566 hat er recht. Dort heißt es:

„terroristische Handlungen solche, die mit Tötungs- oder schwerer Körperverletzungsabsicht oder zur Geiselnahme und mit dem Zweck begangen werden, einen Zustand des Schreckens hervorzurufen, eine Bevölkerung einzuschüchtern oder etwa eine Regierung zu nötigen und dabei von den relevanten Terrorismusabkommen erfasst werden“.

Nun ja die Tötungsabsicht der „Terrorbomber“ ist unverkennbar, auch das man die Bevölkerung einschüchtern wollte oder einen Zustand des Schreckens hervorrufen wollte. Noch älter ist die erste mir bekannte Verwendung zu Ende der französischen Revolution, als diese in die „Terrorherschaft“ abglitt und jemand wegen kleinster Vergehen aufs Schafott kommen konnte.

Nimmt man nur die Ereignisse in den letzten Jahrzehnten, also nach dem zweiten Weltkrieg, so hat in meinen Augen Terror viel mit Psychologie zu tun. Nehmen wir die Folgen des RAF-Terrors. 34 Menschen bezahlten diesen Terror mit ihrem Leber (Opfer), das über einen Zeitraum von rund 20 Jahren. Das Risiko für die Allgemeinheit, aber selbst für Personen in Ämtern oder Führungspositionen die ja Ziel waren, ist also überschaubar klein. Vergleicht man dies mit den Opferzahlen durch andere vermeidbare Risiken wie Alkohol, Tabak, Drogen oder (gerne unterschätzt) mangelnden Sicherheitsmaßnahmen im Haushalt.

Eine andere Dimension hat der islamistische Terror (in der westlichen Welt). Da gab es seit 2001 vielleicht 4000 Opfer, hundertmal mehr als bei der RAF, aber selbst wenn man nur die USA nimmt und nur das Jahr 2001 mit den Anschlägen auf die Twin-Towers, dann ist das durch Terror induzierte Zusatzrisiko klein. Bei 300 Millionen Einwohner sterben alleine statistisch rund 4 Millionen pro Jahr, die 2773 Toten durch die Anschläge erhöhen das Risiko im Jahr 2001 um nur 0,1%.

Physiologisch ist das leicht erklärbar. Wir neigen dazu sowohl die Chancen wie Risiken sehr seltener Ereignisse sehr hoch einzuschätzen, wie auch die Eintrittswahrscheinlichkeit von Ereignissen die viel häufiger sind zu unterschätzen. Dazu zwei Beispiel: Millionen spielen Lotto, mit der Hoffnung auf einen Sechser, dessen Chancen bei ca. 1: 14 Millionen liegen. Genauso hat man Angst vom Blitz getroffen zu werden oder von einem Haifisch angefallen zu werden, macht sich aber keine Gedanken darüber, dass man beim Gardinenaufhängen von der Leiter fallen kann (erheblich wahrscheinlicher) und beachtet da daher oft nicht die nötigen Vorsichtsmaßnahmen.

Besonders schlimm ist das man in den meisten Staaten Terrorakte dazu nutzt die Freiheit der Bürger zu Beschneiden. In den Siebzigern war dies die Rasterfahndung (für die damalige Zeit sogar recht fortschrittlich: man holt die Daten von Meldeämtern, Stromversorgern etc. und verknüpft sie: Terroristen haben kein Konto, weil sie für die Eröffnung den Personalausweis vorzeigen müssen, also machen sie alles in Bar, zahlen auch Strom und Wasser so, Sie sind natürlich auch nicht gemeldet. Kombiniert man die Daten verschiedener Stelle,n so bleiben alle übrig, die nicht gemeldet sind und alles bar zahlen und darunter sollten die Terroristen zu finden sein). klar Datenschutz ist was anderes. Noch schlimmer wurde die Überwachung nach 911. Sowohl in den USA, wo sich bis heute niemand drüber aufregt das die NSA nicht nur Ausländer abhört (Nicht US-Bürger haben dort ja keine Menschenrechte, die Einteilung der Bevölkerung in „gute Amerikaner“ und „Andere Menschen“ hat dort Tradition, so hatten auch mal Schwarze und Indianer dort nicht die gleichen Rechte wie die anderen US-Bürger) sondern auch US-Bürger.

Bei uns hat man mit der Vorratsdatenspeicherung und einer Inflation von Abhörgenehmigungen reagiert. Das erstere ist inzwischen gekippt worden. Das letztere ist weitgehend unwirksam. Das zeigten auch die Ereignisse in Paris: Die Attentäter waren polizeibekannt, verhindern konnte diese Kenntnis aber nichts.

Was der Staat damit bezweckt, ist meiner Ansicht nach weniger der Schutz vor Terrorismus als vielmehr Aktionismus: man muss zeigen, dass man was tut, auch wenn es nichts nützt, dafür aber viele einem unnötigen verdacht aussetzt. (Vom Nebeneffekt dass man die Daten auch für andere Zwecke nutzen kann, ganz zu schweigen). Es ist meiner Ansicht nach der falsche Weg und nicht überall reagiert man so. In Norwegen hat man nach dem Amoklauf auch nicht die Gesetze verschärft. Ich glaube auch die Bevölkerung würde es verstehen wenn Merkel mal sagt „Unsere Polizei ist gut aufgestellt und kompetent. Sie kann aber nicht jeden vor jedem Ereignis schützen. Bevor wir in einen Überwachungsstaat abgleiten, halte ich es für besser, dass sicher jeder vergegenwärtigt, dass es keinen 100% Schutz vor Terrorismus gibt. Es bleibt ein Restrisiko genauso wie bei anderen Dingen im Leben wie einem Asteroideneinschlag oder einem Hochwasser“. Voraussetzung wäre natürlich dass die Polizei wirklich so gut aufgestellt ist. Das soll sie nämlich nach Ansicht der Gewerkschaft der Polizisten nicht sein. Man hätte viele Stellen in den letzten Jahren gestrichen.

Aber Vorratsdatenspeicherung klingt eben besser und nach mehr Aktion.

Die mobile Version verlassen