Kurz vor dem Ziel geschlagen
Ich nehme mal an dem Publikum hier muss ich nichts über Murphys Gesetz sagen. Ich wurde an es gestern erinnert und zwar in Bezug auf die Plutoforschung. Pluto war der letzte Planet, der 1989 noch nicht besucht war.
1977 gab es auch die Möglichkeit eine Voyager zu Pluto weiterzulenken, das wäre nach der Saturnpassage gewesen. Allerdings hätte man dazu eine andere Startbahn als die beiden gestarteten Sonden einschlagen müssen. Man hat aus naheliegenden Gründen darauf verzichtet. Die Sonden waren für fünf Jahre Betriebszeit ausgelegt. Die Instrumente auf die Beobachtung der Gasriesen und ihre Fähigkeit Daten zwischenzuspeichern war begrenzt. Eine Passage von Pluto erschien zudem wissenschaftlich nicht sehr interessant. Was bitte konnte man im äußeren Sonnensystem bei der Kälte finden? Die Entdeckung von Vulkanen auf Io, einem Patchworkmond wie Miranda und Geysiren auf Triton stand ja noch aus. Ebenso wurde Plutos Mond Charon und das der Planet eine Atmosphäre hat erst nach dem Start beider Voyagers entdeckt.
Alan Stern, PI der derzeit zu Pluto fliegenden New Horizons Sonde, machte in einem Blog einen Vergleich zwischen New Horizons und Voyager der natürlich zugunsten von New Horizons ausfiel. Neben neueren und empfindlicheren Instrumenten die noch dazu auf den Himmelskörper ausgelegt sind ist das größte Plus der Sonde Daten in größerer Menge zwischenspeichern zu können und das deutlich schneller als Voyager. Bei der Kombination von kleinem Himmelskörper und geringer Datenrate auf den Bandrekorder hätte Voyager nur wenige Bilder geliefert. Schon nach 10 aufgezeichneten Bildern hätte sich die Aufnahmedistanz verdoppelt.
1989, als Voyager 2 Neptun passiert hatte gab es wieder mehr Interesse an Pluto. Triton in fast gleicher Entfernung war geologisch aktiv und nachdem Reagan das Präsidentenamt räumte entspannte sich auch die Budgetlage. Es blieb aber einige Zeit bei Plänen. Mit Goldins Kurs zu billigen Missionen wendete sich das Blatt und eine nur 175 kg schwere Sonde „Pluto Fast-Fly-By“ wurde geplant. Sie war aber technologisch zu ambitioniert und passte nicht in die Budgetgrenzen des Discovery-Programms.
Anfang 2000 ging man da ganze erneut an, mit einer etwas schweren und konventionelleren Sonde, Pluto-Kuiper-Express. (PKE) Die Kosten sollten begrenzt werden indem drei Sonden mit ähnlicher Architektur in wenigen Jahren starten sollten (Europa-Orbiter, Solar Probe und eben PKE). Neu war nun auch die nach der Pluto vorgesehene Passage eines Objektes des Kuiper-Gürtels, die man nun dank automatisierter Suchprogramme in immer größerer Zahl entdeckte. Als George Dabbel-Ju Bush Präsident wurde, gab es Finanzkürzungen und innerhalb weniger Monate wurden alle Projekte eingestellt. Diesmal jedoch nicht ohne Widerstand. Der Kongress war gegen die Einstellung und man stellte Mittel zur Verfügung um die Mission doch noch durchführen zu können. Die Sonde wurde nochmals neu geplant, verwandte noch mehr Elemente anderer Sonden, so den Bus von Messenger und das ALICE Experiment von Rosetta und konnte als New Horizons doch noch durchgeführt werden. Was man verlor war Zeit. New Horizons startete erst 2006, PKE wäre ein Startfenster früher, 14 Monate früher gestartet und hätte Pluto schon 2012 erreicht. Das ging, weil die Stellung Jupiter-Pluto eine bessere Beschleunigung zuließ als bei New Horizons. Die Sonde hätte sich bis auf 500.000 km an Jupiter genähert und hätte viel bessere Möglichkeiten gehabt die galileischen Monde zu beobachten.
Doch es klappte ja noch mit New Horizons. Es ging auch hier nicht ohne Dramatik, so stellte man in Los Alamos die Arbeit zeitweise ein, weil Datenträger fehlten und bevor man das nicht geklärt hatte arbeitete man nicht am RTG der Sonde. So startete sie mit einem nur teilbestückten RTG, der beim Start 15% weniger Energie als ein vollbestückter hat. Doch die großen Pechsträhnen kamen erst noch.
Während die Sonde noch auf dem Weg zu Jupiter war, wechselte sie ihre Mission. Sie startete als Planetensonde und endete als Zwergplanetensonde. Denn die internationale astronomische Union erklärte Pluto zu einem Zwergplaneten und sprach ihm den Planetenstatus ab! Alan Stern konnte nichts machen. Aber es wäre ja wenigstens die erste Zwergplanetensonde gewesen – bis gestern Dawn in einen Orbit um Ceres einschwenkte, Ceres ist der zweite Zwergplanet den es gibt (mehr hat man bisher nicht definiert)., New Horizons wurde nach 9 Jahren Flug um 4 Monate geschlagen. Gerechterweise muss man sagen, dass dies schon beim Start von Dawn weitgehend feststand,. doch Ionentriebwerke erlauben weitgehende Bahnanpassungen, sodass Ankunftszeitpunkte eher Planungen sind anders als bei Vorbeiflugsonden, wo die Abweichung nach 9 Jahren Flug maximal einige Sekunden vom Plan betragen.
Während dass vorwiegend am Image kratzt ist ein anderer Umstand schon besorgniserregend. Wie PKE war die Passage eines weiteren Kuiperobjektes nach der Pluto Passage vorgesehen. Das sollte während des Flugs gefunden und die Missionsplanung erstellt werden. Viel Treibstoff, um die Sonde umzulenken, hat man nicht und durch den teilbestückten RTG auch nicht so viel Zeit. Man fand aber in den Beobachtungskampagnen mit Teleskopen von der Erde aus nichts. Schließlich setzte man sogar das empfindlichere, aber auch teure HST ein. Hubble fand in drei Wochen Suche dann drei Körper, allesamt sehr klein (zwei sind <55 km groß, der andere rund 34 km). Einer wäre definitiv erreichbar, doch was nützt das? Selbst der größere ist 40-mal kleiner als Pluto. Die Daten die man beim Vorbeiflug gewinnen kann sind entsprechend dürftig. Da dürfte es sich eher lohnen etwas Beobachtungszeit für die neu entdeckten Plutomonde abzuzweigen die ähnlich groß sind. Meine Vermutung: New Horizons wird kein weiteres Ziel nach Pluto ansteuern, einfach weil es sich nicht lohnt. Die Objekte sind 1 Milliarde Kilometer von Pluto entfernt, dafür braucht die Sonde rund 4 Jahre. Das bedeutet viele zusätzliche Kosten und wenig zusätzliche Erkenntnisse, da stellt man meistens ein. Murphys Gesetz schlägt zu. Fehlt nur noch das die Sonde bei der Passage sich in die falsche Richtung dreht ….
(Kleines Rätsel: Welche Raumsonde tat das mal bei dem Vorbeiflug des eigentlichen Ziels?)
Die Sonde Deep Space 1 beim Vorbeiflug am 29.7.1999 am Kometen 1992 AD Braille.
Richtig!
(Wars So schwer oder liest keiner mehr den Blog?)