Bernd Leitenbergers Blog

Totgesagte leben länger

Letzte Woche konnte die Vega einen erneuten Startauftrag verbuchen. Die Vega wird einen peruanischen Erdbeobachtungssatellit starten zusammen mit vier Skybox Satelliten. Damit hat Arianespace von den erst am 20.11.2013 bestellten zehn Vega schon neun verkauft.

Bald wird Arianespace nachordern müssen, denn bei der Startrate geht das Los schon Anfang 2017 aus.

Die Vega hatten viele schon vor ihrem Jungfernflug abgeschrieben, so Eugen Reichl. Nun ist sicher klar, das die Vega vor allem eine Rakete war die Italien wollte. Die Nation hat zu Mitteln gegriffen die nahe an Erpressung gehen und inzwischen wohl bei der ESA Usus sind, zumindest wenn man sich die Ergebnisse der letzten Ministerratskonferenzen ansieht. Damals war es die Drohung aus der Ariane 5 Entwicklung auszusteigen um die Vega zu finanzieren. Man bekam Frankreich mit ins Boot wodurch die Finanzierung gesichert war. Frankreich denkt ja etwas langfristiger und mehr an die eigene Kompetenz als Deutschland und sah in der ersten Stufe die Möglichkeit die technologische Kompetenz der eigenen Industrie weiterzubringen und stieg so ein.

Wie wir einige Jahre später wissen führt dass dann zu einem Ariane 6 Konzept nur mit festen Ersten und zweiten Stufen. Ein nicht so schlechtes Konzept, das man aber weil Deutschland weniger in neue Technologien investiert dann wieder auf die „Ariane 5 Mini“ abändern musste, von dem ich gar nichts halte.

Dann liefen die Entwicklungskosten ziemlich aus dem Ruder und man hat noch einige subventionierte Starts geordert, damit es genügend Starts gibt um die Rakete im Markt zu platzieren. So gesehen waren beim Jungfernflug die Erfolgschancen nicht so hoch. Auch die Startkosten von 20 Millionen Dollar waren nicht zu halten. Der Jungfernflug war doppelt so teuer.

Warum also nun dieser Erfolg? Nun es gibt einige Gründe. Der erste ist die veränderte Lage. Deutschland wollte sich bei der Vega nicht beteiligen, weil russische Raketen vor allem Rockot und Dnepr billiger waren als die Vega. Das hat sich geändert. Russische Träger sind teurer geworden, weil die Inflation in Russland anstieg und vor allem die ausgemusterten Träger am Ende ihrer Lebensdauer angekommen sind. So viele gibt es nicht mehr.

Die gesamte US-Konkurrenz in diesem Nutzlastsegment ist praktisch nicht mehr existent. Die Pegasus ist zu klein uns für ihre Nutzlast extrem teuer. Die Taurus nach zwei Fehlstarts aus dem Rennen und noch viel teurer. SpaceX hat seine Falcon 1 mangels Aufträgen eingestellt und die größere Falcon 1e gar nicht erst entwickelt.

Was bleibt ist noch die PSLV die auch gut im Markt positioniert ist. Sie ist zuverlässig und finanzierbar.

Der zweite Vorteil der Vega ist dass sie mehrere Orbits anfliegen kann und so mehrere Nutzlasten gleichzeitig starten kann, dies bei etwas höherer Nutzlast als die PSLV. Das hat man schon beim zweiten Testflug erprobt und auch der peruanische Satellit wird seinen Platz mit vier anderen Satelliten teilen.

Natürlich bringt der Erfolg auch weitere Vorteile. Arianespace strebt zwei Starts pro Jahr an. Dann kostet ein Start rund 32 Millionen Euro. Kann man die Startrate auf vier pro Jahr erhöhen so sinkt der Preis auf 28 Millionen Euro, was nun wohl gegeben ist.

Wie immer gibt es schon Pläne für Leistungssteigerungen Das verwundert mich etwas, da alle bisher gebuchten Starts deutlich unter der Maximalnutzlast von 1,5 t sind. Die schwersten Nutzlasten wiegen 1,1 t. Das überrascht nicht, da hier das gleiche Argument greift wie bei der Ariane 5 – der Kunde möchte den Satelliten auch auf einem anderen Träger starten und die Alternative wäre dann die PSLV mit kleinerer Nutzlast. Wird man den Booster der Ariane 6 als erste Stufe verwenden so kommt man auf fast 2.200 kg Nutzlast in den Referenzorbit. Mit einer vergrößerten zweiten Stufe (40 anstatt 24 t Nutzlast) sogar 2.500 kg. Ob sich dies lohnt? Ich habe meine Zweifel. Aber zumindest wenn die Ariane 6 kommt wohl unumgänglich denn die P125/135 Booster werden durch ihre hohe Stückzahl deutlich billiger als die P85 Stufen sein. Ansonsten ist die Vega eigentlich optimiert. Das ist ein europäisches Novum, denn bei Ariane 1 und 5 baute man die Raketen so, dass man sie noch nachträglich in der Leistung steigern konnte. Das wurde dem DLR zum Verhängnis, das in zwei Studien untersuchte, ob man sich nach dem Jungfernflug mit einer eigenen Stufe beteiligen könnte, offiziell um die ukrainischen Triebwerke im AVUM zu ersetzen. Das Resultat war, dass man die Nutzlast kaum steigern kann. Es blieb daher bei der Studie. Immerhin wird man durch den Bau der P135 Booster in Augsburg dann ja beteiligt sein. Eher nützlich wäre eine zusätzliche Stufe um z. B. höhere Geschwindigkeiten zu erreichen. Diese könnte aus Feststoff sein oder auch auf Basis eines Apogäumantriebs (wie haben ja keine großen Nutzlasten). Die leistungsgesteigerte Vega C könnte z. B. mit einer Oberstufe einen Galileosatelliten starten (ohne klappt es nicht da diese keinen eigenen Antrieb haben) und so Sojus und Ariane 5 ersetzen z. B. um das Netzwerk schneller aufzubauen oder einzelne ausgefallene Satelliten zu ersetzen (da die Satelliten sich in verschiedenen Bahnebenen befinden ist dies effizienter als ein Doppelstart mit der Sojus außer es fallen gleichzeitig zwei Satelliten pro Ebene aus). Die EU hat ja gerade die Erweiterung von 24 auf 30 Satelliten beschlossen, das wären je einer pro Bahnebene als Reserve – so was kann man kostengünstig nur mit der Vega starten.

Es rächt sich, wie auch bei dem Start auf der Ariane 5 dass man die Satelliten ohne eigenen Antrieb konzipierte: bei Ariane 5 muss man so auf die leistungsschwächere EPS Stufe zurückgreifen und verliert Nutzlast: Eine ESC-B könnte acht anstatt vier Satelliten auf einmal starten wenn diese einen eigenen Antrieb hätten.

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