Neues von SpaceX
So, wenn ich mich etwas rargemacht habe, dann nicht, weil es wenig Neues gibt, sondern weil ich seit dem Montag Schmerzen im Rücken habe und nicht längere Zeit am Computer sitzen kann. Ich kann zwar kurzzeitig etwas gegen die Schmerzen tun (Minzöl auf die schmerzende Stelle und schmerzlindernde Heilkräuter nehmen – Acetylsalicylsäure wirkt überhaupt nicht) aber das ändert nichts an der Sache, das ich praktisch nichts arbeiten kann.
Nun es gibt Neuigkeiten von SpaceX. Dir Firma macht sich ja Mühe meine Rolle als SpaceX-Wahrsager zu festigen, wie ich schon in einem Kommentar andeutete, ist der Überdruck der die Explosion verursachte auf Helium zurückzuführen. Helium wird in vielen Stufen genutzt, um die Tanks unter Druck zu setzen. Sie haben so mehr Steifigkeit und der Treibstoff wird mit einem definierten Ausgangsdruck in die Turbopumpen gedrückt. Da die Tanks sich leeren, haben die Stufen eine oder mehrere Heliumflaschen an Bord, gefüllt entweder mit Heliumdruckgas oder flüssigem Helium beide Mal aber unter Überdruck. Aus ihnen wird Helium nach und nach freigesetzt entsprechend dem steigenden Volumen im Tank, der anfangs zu 99% gefüllt ist. Wird nun das Helium bei vollem Tank freigesetzt, so steigt der Druck im Tank rapide an und er explodiert. Ich meinte die Ursache könnte ein defektes Reduzierventil sein, das war es nicht. Stattdessen hat eine Strebe versagt, die die Flasche halten soll. Sie Bbach bei einem Fünftel der spezifizierten Last von 4,488 kN. Das soll das erste Mal bei Tausender bisher eingesetzter Streben sein.
Ich habs zwar nicht gesagt, aber mir gedacht „Bestimmt ist wieder ein externer Zulieferer“ schuld und das ist auch der Fall. SpaceX überlegt den Wechsel von Stahl auf Inconel – eigentlich eine Hochtemperaturlegierung und den Wechsel des Lieferanten. Man hat seitdem „Tausende“ dieser Streben getestet und einige gefunden die weit unterhalb der Spezifikationen der Last nachgaben. SpaceX rechnet mit Einbußen in Höhe von mehreren Hundert Millionen (Dollar). Man hat auch den Jungfernflug der Falcon Heavy aufgrund der Probleme erneut verschoben nun auf April 2016, sodass sie drei Jahre hinter dem Zeitplan hinterherhinkt. Und wie ich schrieb, hätte die Dragon auch überlebt. Das hatte nichts mit Hardwareunterschieden von Dragon 1 und Dragon 2 zu tun, wie ein Kommentator im Blog schrieb, nein, es gab nur die falsche Software an Bord. Diese löste den Fallschirm nicht aus, sonst hätte man sie bergen können.
Neu für mich war auch, dass die NASA sehr wohl den Flug bezahlt – nur nicht zu 100%. Aber wie bei allen kommerziellen Flügen beginnt mit Produktionsbeginn eine Ratenzahlung, sodass vor dem Start der Flug meist zu 90% bezahlt ist. Nur die letzte Rate spart sich die NASA – also spart sie eigentlich nichts, denn die Fracht muss sie ja nochmals starten, von deren Herstellungskosten mal ganz abgesehen. Wahrscheinlich gilt das auch für den Fehlstart von Orbital.
Neues gibt es auch vom Satellitenprojekt. Das kommt langsam vornan während Konkurrent OneWeb schon Verträge für den Bau und Start abgeschlossen hat. Während bis Ende nächstes Jahr SpaceX gerade mal einige Experimentalsatelliten starten will, will Oneweb schon mit dem Aufbau der Konstellation beginnen. Wahrscheinlich werden die nun folgenden Startverzögerungen auch dazu führen, dass sich das SpaceX Projekt weiter verzögert. Nun hat Intelsat die FCC aufgefordert, die Nutzung der ersten beiden Testsatelliten zu verhindern. Der Grund: SpaceX in seiner Geheimhaltungspolitik hat nichts über die benutzten Funkfrequenzen und Maßnahmen zur Störminderung veröffentlicht. Damit wäre nicht klar, ob diese Satelliten andere stören. SpaceX hat drauf reagiert und diese Informationen anscheinend nachgeliefert. Es ist damit zu rechnen das da noch mehr Kontra kommen wird. Allerdings ist Intelsat ja auch nicht uneigennützig, sie sind Coinvestor bei OneWeb.
Nun meine Meinung dazu. Verblüfft hat mich schon das Elon Musk die Explosion als „huge Blow“ für SpaceX bezeichnet hat. Ich dachte er bezieht sich auf die Konsequenzen – Startverschiebungen bei vielen wartenden Kunden, Imageverlust, vor allem aber die Konsequenzen für die Falcon Heavy – wenn etwas bei der Falcon 9 kaputtgeht, dann ist die Wahrscheinlichkeit bei der Falcon Heavy mit schwerer Nutzlast = höheren Kräften durch die Beschleunigung viel höher. Aber dem ist nicht so. Vielmehr fürchtet er um die physiologischen Folgen für die armen Mitarbeiter, die nur „Erfolg“ kennen. So viele wären seit dem letzten Misserfolg – dem dritten Start der Falcon 1 eingestellt worden und die kennen gar keine Misserfolge. Ach ist das nicht ein rührender Arbeitgeber? Damit die Mitarbeiter nicht zu sehr ins Grübeln kommen deklariert Elon Musk auch mal Teilerfolge zu vollen Erfolgen wie die taumelnde nicht wiederzündende Oberstufe beim Jungfernflug oder der Verlust von Sekundärnutzlasten.
Was machen da nur andere Launch Service Provider? Bei Arianespace war der letzte Fehlstart 2002, seitdem 66 Erfolge hintereinander. Die Delta 4 und Atlas V hatten überhaupt keine Fehlstarts, die der Vorgängermodelle sind noch länger her als bei Ariane 5. Darf dort keiner mehr den Betrieb verlassen und Rentnern nicht in die Rente gehen? Ich glaube eher nicht. Ich denke vielmehr das ein Fehler auftreten kann ist dort auch Bestandteil der Strategie und es gibt entsprechende Pläne, wie man damit umgeht.
Vor allem aber gibt es dort Fehlervermeidungsstrategien. Die wichtigste ist die Qualitätssicherung. Woanders ist es üblich jedes Teil das man beschädigungsfrei prüfen kann auch prüft. Bei der Saturn hat man ganze Tanks auf Überdruck (aber unterhalb des Berstdrucks) gesetzt um ihre Dichtigkeit und Stabilität zu prüfen. Eine Strebe, die fünfmal mehr Druck aushalten muss, als der Druck der bei Versagen anlag (wenn er durch die Beschleunigung kommt, dann war dies auch nahe an der Maximalbelastung) hat eigentlich so viele Reserven, dass man wahrscheinlich jede Strebe prüft und dann wäre dies nicht vorgekommen und man hätte den Fehler vorher erkannt und Maßnahmen zur Vorbeugung getroffen, die man nun erst hinterher umsetzen kann.
Offensichtlich rechnet auch Musk mit gravierenden Folgen als ich. Ich dachte mir „Den Fehler finden sie schnell, sind doch sonst auch so schnell und machen enorm viele Messungen, dann gibt es auch mehr Messwerte die Indizien sind“. Entsprechend schnell sollte die Falcon 9 erneut fliegen, auch weil ja viele Kunden schon jetzt lange gewartet haben. Aber „mehrere Hundert“ Millionen Dollar klingen doch mehr nach größeren erwarteten Verlusten, denn man braucht 4 Falcon 9 Starts, um nur in den Hunderterbereich in der Mehrzahl zu kommen. (Wenn er von Umsatz spricht, bei Gewinn sind es noch mehr Starts)
Wie es mit den Satelliten weiter geht, ist offen. Erstaunlich ist nur, das SpaceX hier langsamer als OneWeb ist und in Meldungen von einer frühen Projektphase spricht. Erwartet hätte ich das Gegenteil. Ich denke mir bei solchen neuen Services gilt „wer zuerst kommt mahlt zuerst“. Natürlich kann man auch abwarten und sehen was andere falsch machen und das dann selbst vermeiden. Aber diese Art von Firma war SpaceX in meinen Augen bisher nicht.
Nur mal so zum Verständnis:
Die Firma, die die Streben hergestellt hat, hat offensichtlich nicht getestet.
Warum nicht, solche Pannen würde ich, bei Aufträgen bei denen Fehler so „öffentlich“ sind, meiden wie der Teufel das Weihwasser.
So teuer sind Belastungstest nun auch wieder nicht…
kopfschüttel!
zu den Streben:
da gibt es letztlich eine ganze Kette von Problemen:
da ist zunächst das Stahlwerk, bzw. Walzwerk, das das Rohmaterial erstellt hat, in dem dann entgegen der Spezifikation doch microskopische Verunreinigungen waren.
dann der Hersteller der Streben: er kann sich zunächst mal auf die Zertifikate des Walzwerkes verlassen. Dafür sind sie ja da.
Und dann SpaceX, die die Streben verbaut haben, im Vertrauen auf die Zertifikate der Produzenten.
Irgendwo habe ich gelesen (und halte ich für gut möglich), dass bei den ersten Raketen tatsächlich alle Teile getestet wurden. Und alles war gut. Aber dann hat man sich auf Stichproben beschränkt, die auch nie problematisch waren.
Die ganze Testerei kostet sehr viel Geld. Das will aber keiner ausgeben. Wenn ein Produkt tausend mal ohne einen einzigen Makel war und man die Garantie bekommt, dass alles so bleibt, kann man schnell auf den Gedanken kommen, das Stichproben doch reichen. Haben sie ja auch auf etlichen Flügen. Und mit jedem erfolgreichen Start wurde diese These mehr bestätigt.
Wären schon früher derart schwächliche Streben geliefert worden, hätte es auch schon früher einen solchen Totalverlust gegeben.
Ich bin mal gespannt, wer da an SpaceX oder die Nasa Schadensersatz leisten muss. Denn die Ausgabe von Zertifikaten ist immer auch mit einer Haftung für das Produkt verbunden. Es kann gut sein, das Walzwerk und Strebenhersteller (bzw. deren Versicherungen) noch tief in die Tasche greifen müssen.
Inwiefern SpaceX selbst dabei auch noch auf Kosten sitzen bleibt, wird sicher auch noch verhandelt. Kommt drauf an, welche Produktionsstandards sie der Nasa verkauft haben.
Mit dem „huge Blow“ meinte Musk wohl eher so einen kapitalen „big Bang“, den man sehen kann. Eine Stufe, die nicht in den richtigen Orbit geht, oder eine Sekundärnutzlast, die letztlich unbrauchbar war, fällt bei den Leuten, die die Raketen zusammen dengeln nicht so wirklich auf. Hier gilt: „ein Bild (einer Explosion) zählt mehr als 1000 Worte (in einem Bericht lange nach dem Start)“.
Das die Dragon-Kapsel ihre Fallschirme nicht ausgelöst hat, ist natürlich obendrauf auch noch ein ziemliches Versäumnis. Aber aus eigener Erfahrung weis ich, wie schwer man sich tut, in kritischen Bereichen eine neue Software einzusetzen, nur um eine Funktion zu bekommen, die man noch nie gebraucht hat. „Never change a running system“.
Ich wüsste auch nicht, dass die anderen Raumtransporter über ein Rettungssystem verfügen würden. Sofern sie überhaupt für eine Landung konstruiert sind. Irgendwie verwunderlich, wenn man bedenkt, welche Werte da teilweise transportiert werden.
Und da hätte SpaceX unglaublich viele Punkte sammeln können. Schließlich hat es schon ewig keinen Echteinsatz eines Rettungssystems mehr gegeben.
Das die Falcon Heavy vorläufig nicht fliegt ist nachvollziehbar: man hat dort sowieso nicht den Druck der Kunden. Andererseits braucht man in naher Zukunft jede verfügbare Stufe um die Verspätungen im eh schon ambitionierten Startplan irgendwie zu minimieren.
Bei aller Expansion ist SpaceX immer noch eine kleine Firma, die keine nennenswerten Reserven für solche Aufholjagten hat.
Was die Verzögerungen bei der Satelliten-Flotte angeht: hier habe ich den Eindruck, dass man ein wenig unterschätzt hat, wie lange es dauert, bis man funktionsfähige Satelliten konstruiert hat. Von der Produktion einer solchen Flotte ganz zu schweigen.
Was mich daran ein wenig verwundert: man will ein eigenes Werk für den Bau der Satelliten aufbauen. Aber was macht man damit, wenn die Flotte incl. der Reserve produziert ist? Wie will man die Leute / Produktionsanlagen weiter auslasten?
Es ist ja nicht so, als wenn es nicht schon etliche Produzenten gäbe. Und so groß ist der Markt auch wieder nicht.
Es bleibt spannend.
Wird der exterene Lieferant eigentlich namentlich erwähnt?
@“Ralf mit Z“:
Woher will man wissen daß der Lieferant nicht getestet hat? Hast Du die Lieferpapiere oder die Spezifikation, nach denen sie beschafft wurden gesehen?
@ Anja,
Das ist eine Vermutung, wenn Bernd wie beschrieben hat, die Streben vom letztem Hersteller bis 90 % der garantierten Belastungsgrenze getestet wären, wäre das defekte Teil dort aufgefallen.
Und so teuer sind Belastungstest auf Zug oder Druck nun auch wieder nicht.
Im billigsten Fall reicht ein Flaschenzug für den Zugtest und ein großes Gewicht für den Drucktest.
Mal so ganz einfach gedacht.
Meiner Ansicht nach passt der vorfall zum SpaceX Konzept. Nortmal in der Raumfahrt ist das alles was man testen kann ohne es zu beschädigen oder in der Leistung zu mindern auch getestet wird. Das macht Raumfahrt so teuer. Nun kann man das runterfahren und nur Stichproben machen oder sich auf genügende Reserven verlassen und gar nicht mehr testen. Das macht Raketen dann viel billiger und dann kann eben so was passieren. Ich würde daher auch nicht den Lieferanten die Schuld geben. Der wird genau das gemacht haben was SpaceX bezahlt hat – wenn die Streben mit dem Sicherheitsfaktor 5 ohne Tests haben wollen (die Tests sind sicher teurer als nur die Strebe zu gießen) dann bekommt SpaceX solche Streben. Die Firma muss eben dann selbst testen oder eben nicht. Nur so erreicht man Preise die viel niedriger sind als die Konkurrenz.
Das dies nicht aus der Luft gegriffen ist sieht man bei vielen Vorfällen vor dem Start wo Teile nach Hotetests auswechselt werden bzw, wie dort verfahren wird – vor dem Jungfernflug gab es einen Riss in der Düse der Oberstufe – die wurde dann einfach um den Teil gekürzt der den Riss hat. Klar ein Riss ist nicht mehr da, nur die Ursache hat man so natürlich nicht gefunden und beseitigt.
@Ralf mit Z:
„Im billigsten Fall reicht ein Flaschenzug für den Zugtest und ein großes Gewicht für den Drucktest.“
Eben, im billigsten Fall. Da stimmen dann aber die Testbedingungen nicht. Denn vorher muss man wohl das Testmaterial ordentlich „schock gefrieren“, da die Heliumtanks und die Streben im Sauerstofftank mit entsprechend runter gekühlten Sauerstoff liegen.
Deswegen will man ja auch – vermute ich mal – auf ein temperaturbeständigeres Material wechseln. Hätte man mal vorher machen sollen … aber SpaceX ist ja noch eine junge Firma und lernt noch 😮
@“Ralf mit Z“ Dann würde ich auch schreiben „ich vermute mal daß….“ Alles andere ist unsubstantiierte Behauptung. Es wird doch eh schon viel zu viel Kaffeesatzleserei betrieben.
Zu den Tests: Mit Flaschenzug testet niemand auf der Welt eine Zug- oder Streckgrenze. Ich glaube, hier (und insbes. in dem ehemals interessanten Raumfahrtforum) hat kaum jemand Ahnung, wie in der Materialprüfung (und auch in der Raumfahrt) gearbeitet wird.
@kay
der Name des Lieferanten wurde (noch) nicht veröffentlicht.
Ich vermute, das liegt daran, dass man eine lautstarke Vorverurteilung mit der daran hängenden möglichen Geschäftsschädigung vermeiden möchte. Schliesslich ist noch nicht raus, wer denn da wieviel Verantwortung trägt.
Die Werkszeugnisse („Zertifikate“), die ich aus meinem beruflichen Umfeld kenne, haben keine Einschränkungen bzgl. der getesteten Eigenschaften. Dort wird nur bescheinigt, dass dieses Produkt eine gewisse Eigenschaft hat, bzw. einer Norm entspricht. Da steht nicht: „wir haben aber nur 2 Teile aus der Lieferung getestet. Der Rest ist irgendwas.“
Natürlich haben die Hersteller auch hier nur Stichproben getestet. Allerdings sind sie _immer_ in der Haftung, wenn daraus hergestellte Produkte dann Materialfehler haben. Diese Haftung gilt für die gesamte Charge, nicht nur für die getestete Stichprobe.
Deshalb wird ein ziemlicher Aufwand um die Archivierung der Zeugnisse und sichere Verfolgung der jeweiligen Chargen gemacht.
Wer als Hersteller eines Produktes so die Herkunft seiner Materialien belegen kann, kann bei seiner eigenen Betriebshaftplicht bessere Tarife bekommen. Schließlich geht ein nicht unerheblicher Teil der Haftung auf den Vorlieferanten über.
Es könnte natürlich sein, dass SpaceX den Vorlieferanten per Vertrag aus der Haftung entlassen hat, aber dann bräuchten sie eigentlich die Zeugnisse nicht mehr.
Oder man hat eine Vereinbarung zur Aufteilung des Risikos 50:50 und bekommt dafür einen besseren Preis…
In solchen Fällen wird sicher noch intensivst geprüft, ob die Lieferung dann doch Vertragskonform war, oder nicht.
Bei knapp 200 Mio Schaden, die da so im Raum stehen, wird man mit (unberechtigten) Schuldzuweisungen vorsichtig.
@HansSpace:
Üblicherweise gibt es eine Haftungsbeschränkung auf den Wert der gelieferten Leistung, die Folgeschäden ausschließt.
Wir lassen z.B. recht teure Bauteile aus Verbundwerkstoffen bei einem Zulieferer bearbeiten, dessen Haftung beschränkt sich auf seinen Mehrwert, d.h. bei Fehlverarbeitung zahlst Du nicht für die Bearbeitung, aber Dein Teil ist trotzdem Schrott.
Natürlich kann man versuchen, mit dem supplier etwas anderes auszuhandeln, aber der wird wohl kaum darauf eingehen wenn dabei sein Betrieb in Existenzgefahr kommen könnte. Oder anders formuliert: Du wirst keinen Schraubenlieferanten finden, der im Versagensfall einer seiner Schrauben eine neue Falcon 9 spendieren wird.
Ein wenig Eigenverantwortung hat jeder Auftraggeber, deswegen gibt es zum Einen normalerweise ja auch sowas wie Vorgaben an den Lieferanten, nach welchen Testkriterien (inkl. Losgröße) die gelieferte Ware geprüft werden muß, und zum Anderen zusätzlich noch eine Wareneingangprüfung beim Auftraggeber, die oftmals auch noch eigene Stichprobenüberprüfung beinhaltet.
Wenn die Design FMEA ergibt, daß es sich um ein mission-critical Bauteil handelt, wird man sicher anders damit umgehen, als wenn es unkritische Bauteile sind. (Natürlich muß man so eine FMEA auch erstmal gemacht haben…)
Zum Thema Skynet:
Da ist nur all zu verständlich dass SpX dort hinterher hinkt (sie sind eher noch zu ambitioniert).
SpX will jetzt eine Satellitenfertigung praktisch aus dem Nichts aufbauen und dabei noch bessere Technik als OneWeb verwenden.
Oneweb und SpX haben ja früher eng zusammen gearbeitet – bevor es dann zum Bruch kam. Und es sieht aus als hätte OneWeb dabei fast das gesamte KnowHow bekommen. Das allein kann schon ein vorsprung von einigen Jahren bedeuten.
Außerdem hast du ja selber darauf hingewiesen dass OneWeb auch besser mit dem alten Satellitenbusnes verbunden ist. Des weiteren lässt OneWeb die Satelliten bauen wohingegen SpX eine eigene Fertigung hoch ziehen will..
Also von da her kaum Überraschungen von dieser Seite.
Also das Fertigungsargument zieht nicht. Nur die ersten 10 Satelliten kommen aus Toulouse, der Rest wird in einer noch zu bauenden Fabrik in den USA entstehen – also auch OneWeb geht bei der Massenfertigung den Weg einer neuen fabriuk mit neuen Prozessen, den natürlich unterscheiden sich Herstellungsprozesse wenn die Stückzahl um den Faktor 100 ansteigt. Umgekehrt wird man bei SpaceX die ersten Saztelliten auch noch nicht in dieser neuen Anlage bauen. Das wäre bei zuerst zwei dann 8 Testsatelliten ziemlich unwirtschaftlich.
Das externe Unternehmen welches für die Misere verantwortlich gemacht wird, wird nicht genannt.
Da hier in alle Richtungen spekuliert wird hier mal meine:
Man hat überhaupt keinen Plan woran es gelegen hat. Um die Kunden nicht zu verunsichern hat man nun eine Lösung aufgezeig, die für SpaceX den geringsten Imageschaden erzeugt. Das mit den beschädigungen bei 20% ist eventuell frei erfunden, und da der Lieferant nicht genannt wird ist es dem egal, eventuell bekommt der dann weitere für ihn vorteilhafte Aufträge für andere Bauteile damit er jetzt stillhält und sich nicht wehrt.
Eine der ersten, und da es SpaceX ist wohl interessantesten, Fragen für mich ist:
Was hat der Lieferant überhaupt zertifiziert?
Man kann anhand dessen was andere Firmen aus dem Luft- bzw. Weltraumsektor fordern Vermutungen anstellen. Aber grade SpaceX macht bekanntlich vieles anders. Belastbarkeit? Materialzusammensetzung? Das das Teil gemäß der Berechnungsregeln zu mindestens xy% aus den USA stammt? Alles? Ganz was anderes?
Fragen über fragen. 🙂
@ Bernd: Und wo SpX seine ersten Satelliten fertigen lässt ist wohl noch nicht bekannt, hmm?
@ Oh KAY:
o.O
Dann meine Spekulation: OldSpace hat sich mit den Illuminaten zusammen getan und eine kleine Sprengladung von vlt 200g mit in den rechten Heliumtank geschmuggelt.
Denen wurde SpaßX nach ihren gerade mal 3 Fehlschlägen in 19 Missionen natürlich zu gefährlich und es musste da was unternommen werden!!
Es ist schwer, so etwas zu testen. Man muss ja nicht bei Zimmertemperatur testen, sondern bei -200 °C. Wenn man demnächst mit verdichteten (also unter den jeweiligen Siedepunkt gekühlten) Treibstoffen arbeitet, sogar bei noch tieferen Temperaturen. Und man muss nicht nur statische Belastungen testen, sondern auch die Belastung mit Vibrationen. Und deren Wirkung ist bei den tiefen Temperaturen im Tank deutlich verheerender als unter Normalbedingungen.
Es ist eines der Experimente, das bei öffentlichen Vorführungen zur Tieftemperaturphysik gerne vorgeführt wird: Ein Gummiball, der bei Zimmertemperatur weich ist, wird in flüssigem Stickstoff gekühlt. Lässt man ihn dann fallen, zerspringt er wie eine Tasse aus Keramik oder Glas. Sobald die „Scherben“ dann wieder erwärmt sind, verhalten die sich wieder normal, werden also wieder weich, und man kann sie fallen lassen, ohne, dass sie erneut zerspringen.
Dasselbe passiert – wenn auch in geringerem Maß – mit Stahlstreben. Bei den tiefen Temperaturen im Sauerstofftank ist deren Elastizität verringert. Dieselben Vibrationen, die bei Zimmertemperatur überhaupt kein Problem sind, liegen bei (fast) -200 °C möglicherweise jenseits der Belastungsgrenze. Dann sammeln sich über die Dauer des Fluges immer mehr Mikrorisse im Material – und irgendwann reißt es. Bisher hat man halt Glück gehabt, bzw. die Auslegung der Stahlstreben mit 400% Reserve bewirkte, dass sie halt bisher nie „durchgewackelt“ sind.
Es ist schade, dass die Dragon hart auf dem Wasser aufgeschlagen ist, weil der Fallschirm nicht geöffnet hat. Andererseits birgt halt jede Notfallfunktion, die man in die Software programmiert, auch die Gefahr, dass sie einen Notfall erkennt, wo gar keine ist, und dann Aktionen auslöst, die die Mission beeinträchtigen. Ein während der Startphase zu früh ausgelöster Fallschirm verhindert wahrscheinlich das Erreichen des korrekten Orbits, und er verhindert mit Sicherheit die weiche Rückkehr zur Erde (weil er beim Wiedereintritt zerstört wird).
Zu den Kosten für SpaceX: Selbst, wenn die NASA kein Geld für diesen Start zurückfordert, wird sie wahrscheinlich fordern, dass SpaceX einen Ersatzstart ohne erneute Kosten bereitstellt. Zudem müssen alle bereits produzierten Erst- und Zweitstufen umgebaut werden. Schließlich müssen Testsysteme für die die künftig verwendeten Streben gebaut werden, und zwar sowohl für statische Tests (für alle Streben) und dynamische Tests (nur eine Untermenge der Streben; die dynamisch getesten Streben werden dann nicht mehr für Flüge verwendet). Hinzu kommen Strafzahlungen wegen Startverzögerungen, möglicherweise weniger Starts dieses Jahr als geplant, die spätere Verfügbarkeit der F9 Heavy usw. usf.
@Kay: D’accord. Bis auf einen Punkt:
„Dann sammeln sich über die Dauer des Fluges immer mehr Mikrorisse im Material – und irgendwann reißt es. Bisher hat man halt Glück gehabt, bzw. die Auslegung der Stahlstreben mit 400% Reserve bewirkte, dass sie halt bisher nie „durchgewackelt“ sind.“
Du scheinst fest davon Überzeugt zu sein dass es ein genereller Konstruktionsfehler war.
Meinst du nicht, dass es möglich ist, dass der Fehler wirklich (wie berichtet) beim Streben-Produzenten lag?
Woher nimmst du deine Sicherheit?
Ob der Produzent der Streben verantwortlich ist oder es ein Konstruktionsfehler ist oder SpaceX Streben kaufte die 10.000 Pfund Zug bei Nomaltemperatur aushalten aber nicht bei -2ßß°C und Scherbewegungen wird man nicht klären können.
Man sollte bei SpaceX immer einiges im Hintergrund haben:
* Tendenz nicht weltraum-qualifizierte Teile zu nehmen um Kosten zu sparen: die Bordcomputer der Dragon sind nicht strahlungsresistent sondern setzen normale Bauteile nb, es gab auch schon Ausfälle die dann durch die Redundanz abgefangen werden. Die Solarzellen der Dragon sind chinesische Billigteile, die nach 6 Monaten rapide an Leistung verloren haben – Begründung: die Dragon ist nur 1 Monat im All. So kann es durchaus sein dass SpaceX Stahlstreben gekauft hat die gedacht sind für Verstrebungen und Kräne, aber niemals vom Hersteller bei den Bedingungen in der Stufe getestet werden.
* Die Informationspolitik die Fehler oder Rückschläge verschweigt oder schon mal aus Teilerfolgen volle Erfolge macht. Vor allem wird gerne anderen die Schuld zugeschoben, so beim ersten falcon 1 Fehlstart einem Techniker der eine Mutter falsch angezogen hat (später stellte sich heraus dass sie korrodiert war) oder eben gerne externen, so war Musk nach dem dritten Fehlstart der Falcon 1 gleich dabei die „Pusher“ als Ursache dingfest zu machen, da diese nicht von SpaceX stammten. Ursache war aber ein Restschub des Merlin 1C der zu Stufenkollission führte.
Solange es von dem Hersteller der streben kein eigenes Statement gibt würde cih die Beurteilung seitens SpaceX mit Vorsicht genießen.
Es gibt übrigens noch eine dritte Möglichkeit für das Versagen: Die Streben sind nicht für 10.000 lbf sondern 10.000 N qualifiziert. Der Bruch erfolgte bei 2000 lbf das sind 8900 N. bei so etwas muss man in den USA wo noch das imperiale Einheitensystem neben dem SI-System benutzt wird immer rechnen. Stichwort: MCO
http://www.bernd-leitenberger.de/mco.shtml
Ist schon komisch. Jeder Raumfahrtfirma sind wegen Materialversagen schon mehr oder minder schlimme Unglücke wiederfahren. Aber nur bei SpaceX kommen manche Zeitgenossen deswegen auf die Idee, die als Opfer zu sehen.
Wie ist das, wenn bei eurem neuen Wagen ein Teil Kaputt geht? Nehmt ihr dann auch die Firma, dessen Emblem vorne draufklebt, in Schutz? Oder haltet ihr sie für Verantwortlich wegen Geiz/Qualitätskontrolle/Konstruktionsfehler?
Keine Häme gegen SpaceX, sowas ist schon ganz anderen passiert. Aber Hauptverantwortlich ist SpaceX selber.
Der andere Bernd
@bernie:
Beim Auto vielleicht nicht, aber bei Apfel-Produkten sieht man das Phänomen schon ab und zu. Was mich in meiner Meinung bestärkt, daß sowohl Space-X als auch die Firma mit dem Apfel sich eine Fan-Gefolgschaft aufgebaut haben, die schon fast an eine Religion erinnert…. Aber das Thema hatten wir ja schon öfter.
Na ja so viele Unfälle wegen Materialversagen kenne ich nicht. Es gab einige bei denen das Design nicht stimmte und dann es zu einem Versagen kam (Jungfernflug Ariane 5 ECA wegen unzureichender Kühung der Düse) und Challenger explodierte weil man das Material jenseits der getesteten Bedingungen betrieb, aber wenn man nicht bis in die anfangszeit der Raumfahrt zurückgeht kenne ich keinen Unfall der auf Materialversagen beruht, was angesichts der heute möglichen Modellierung der Belastungen im Computer auch nicht verwundert. Was sind denn deine Unfälle aufgrund Materialversagen die Raumfahrtfirmen erlebt haben?
Genau die meinte ich: Die Anfangszeit der Raumfahrt. Es hat sich dann bei allen Betreibern von Carriern die Erkenntniss durchgesetzt, daß eine penible Qualitätskontrolle zwar teuer, aber immer noch billiger als Totalverluste sind.
SpaceX behauptet stolz von sich, nicht auf den ausgetretenen Pfaden seiner Mitbewerber wandeln zu wollen. Nunja…. Müssen sie halten den schweren Weg gehen.
Der andere Bernd
Dazu muss man nicht die Anfangszeit der Raumfahrt bemühen, das sieht man auch bei denin den letzten Jahren rapide angestiegenen Fehlstarts bei den Russen und wenn diese aufgeklärt werden an den Fehlerursachen.
Ich halte einen Vergleich heute mit der Anfangszeit für sehr problematisch. Zum einen ist man heute klüger, die Erfahrungen die man damals machte fließen ja in die Konstruktion und Herstellung ein. Zum anderen haben wir heute viel mehr Möglichkeiten Dinge zu simulieren und zu testen bevor man sie einsetzt. Das schützt nicht vor Fehlern die es auch immer wieder bei neuen Trägern gibt, aber anders als früher braucht man nicht erst 20 Starts damit man eine Zuverlässigkeit von 80-90% erreicht.
Man kann natürlich auf die Erkenntnisse pfeifen und das Rad neu erfinden. Dann lässt man einfach Prallbleche in Oberstufen weg oder Retroraketen – das spart dann Geld und verursacht Fehlstarts.
Hi Bernd,
in einer Sache bist du deiner Sache als Wahrsager aber nicht gerecht geworden. Falls du dich erinnerst, warst du der Meinung, dass SpaceX den Live-Stream seiner Starts absichtlich verzögert sendet, damit man im Falle eines Versagens den Stream rechtzeitig unterbrechen könnte. (Kommentare hier: http://www.bernd-leitenberger.de/blog/2014/07/29/die-juli-news-von-spacex/)
Das war nun offensichtlich nicht der Fall.
Was das Versagen der Strebe angeht so glaube ich nicht, dass hier nur ein schuldiger Zuliferer gesucht wurde, immerhin sind auch FAA, NASA und Air Force bei den Untersuchungen beteiligt. Vorallem die NASA wird vor dem nächsten CRS Flug wissen wollen, dass ihre Nutzlast sicher ist und der gleiche Fehler nicht nocheinmal auftritt. Daher werden die die Untersuchungsunterlagen bestimmt genauer ansehen, als die öffentlichkeit. Ich kann mir nicht vorstellen, dass sie hier mit einem vorgeschobenen Schuldigen durchkommen wenn die Strebe einwandfrei gewesen ist. (Bisher gelten die Ergebnisse ja auch noch als Vorläufig. Andere Möglichkeiten sind immernoch in Betracht zu ziehen, aber wie gesagt da schauen ihnen schon ein paar auf die Finger)
Was man SpaceX durchaus ankreiden kann, ist das die Streben wohl bisher nicht einzeln getestet wurden. (Da man das nun machen will gehe ich davon aus, dass das auch bisher Beschädigunsfrei möglich gewesen wäre). Hier wurden kosten gespart und sich auf ein Zertifikat verlassen. Ob das gerechtfertigt war kann man ohne den Kaufvertrag und das Zertifikat zu kennen nicht sagen, aber nicht zu testen wenn es in einem akzeptablen Rahmen möglich gewesen wäre ist Nachlässig (Nocheinmal, da man das in Zukunft machen will, gehe ich davon aus, dass es auch bisher möglich gewesen wäre.)
Was den „Huge Blow“ angeht, so kann ich nicht ganz nachvollziehen wo deine Interpretation herkommt, es würde ihm hier um die physiologische (psychologische?) Gesundheit seiner Mitarbeiter gehen. Ich kann mir grad die ISSRDC Konferenz wo das Zitat soweit ich weis herkommt gerade nicht anschauen. Die Vollständigste Version hab ich hier gefunden: http://www.spaceflightinsider.com/organizations/space-exploration-technologies/elon-musk-talks-crs-7-disaster-at-issrdc/
„Obviously, it’s a huge blow to SpaceX; we take these missions incredibly seriously. Everyone that can be engaged in the investigation into the accident is focused on that. In this case, the data does appear to be quite difficult to interpret. What happened is not just a simple, straightforward sort of thing.“
Deine Interpretation kann ich da beim besten Willen nicht rauslesen. Sollte mir hier der Zusammenhang fehlen tut mir das Leid aber eine bessere Version des Zitats habe ich nicht gefunden. (Erläutert er später im Interview was er damit meint?)
tl;dr: SpaceX hat Fehler gemacht die das Versagen der Strebe möglich gemacht haben. Das die Strebe vom Zulieferer kommt ist keine Verschwörung von SpaceX gegen seine Zulieferer oder undurchsichtige Informationspolitik.
Der Start war ja für die NASA und die überträgt zeitgleich auch life, da war ein versetzter Stream nicht möglich. Beim Ausfall des Triebwerks bei einem früheren Versorgungsflug gabs auch nur die Möglichkeit auf eine andere Kamera umzuschalten und das Video bei Youtube zu kürzen (als es Proteste gab wurde es später wieder ungekürzt online gestellt).
Es gibt Leute die meinen eine 35 s Verzögerung wäre bei Streams normal und kein „zeitversetztes Senden“. Das was ich bisher von Arianespace und NASA gesehen hat hat aber nicht diese Verzögerung sondern meist 3-7 s, sodass ich bei einigen Streams von SpaceX wo, diese Verzögerung auftritt schon von bewusstem zeitversetztem Senden spreche. Man weiß das sie es bei den Falcon 1 Übertragungen bewusst so gemacht haben, so haben sie den „life Stream“ beim zweiten Start abgebrochen bevor die Zuschauer sehen konnten, dass die zweite Stufe außer Kontrolle geriet.
Das an der Qualitätssicherung, wozu Kontrollen gehören gespart wird, ist bei SpaceX nichts neues, ich denke es ist Teil ihres Konzeptes.
Ich hatte jetzt leider in der Zwischenzeit nicht mehr daran gedacht, das bei anderen SpaceX starts zu überprüfen, ich schreib mir mal eine Erinnerung, dass ich das das nächste mal mache. Dann sollte ich auch wieder in den USA sein, mit einem optimalem Provider. Dann können wir mal vergleichen.
Ich weis jetzt nicht ob du das bei den letzten Starts weiterhin beobachtet hast. Was für eine Verzögerung wäre für dich noch im Rahmen des akzeptablen bei einem nicht NASA start?
Ich bin weiterhin der Meinung das ~30 sec technisch bedingt durchaus möglich sind aber beim nächsten Start sofern er denn in den nächsten 9 Monaten stattfindet schalte ich mal einen Trace ein. Bin gespannt was da rauskommt.
Ich denke auch das SpaceX hier aus seinen vergangenen Aktionen gelernt hat und nicht wiederholen wird. Das Internet steht einfach nicht auf „Zensur“.
Hast du noch eine Quelle für die „Huge Blow“ Interpretation die du im Artikel lieferst?
Ich verfolge die Starts eigentlich nicht mehr life. Daher kann ich nicht sagen ob es immer noch so ist. Meistens schaue ich nur die Videos an und die auch gekürzt um die Brennzeiten bzw. Statusmeldungen über Geschwindigkeiten bei Zündung und Brennschluss zu ermitteln, in der Hoffnung es bringt was bei der Rekonstruktion der technischen Angaben. Ich will nicht ausschließen das die 30 s technisch möglich sind, aber wie schon gesagt ich habe solche Verzögerungen noch nie beobachtet und das geht nur wenn man eine Uhr gleichzeitig laufen lässt. Allerdings halte ich nichts von Videos und schaue mir daher kaum welche (egal ob life oder nicht) an – schriftliche Statements kann ich viel schneller durchlesen und bekomme mehr Informationen als in Videos.
Beim Huge Bow habe ich einige Artikel verkudelmuddelt. Musk meint sich einiges damit. Die Aufgabe das Unglück zu rekonstruieren, der Einnahmeausfall (es ist von Revenue die Rede, also Nettoerlösen – da muss man schon einige Aufträge verlieren um in den mehrstelligen hundert Millionen Dollar Bereich zu kommen). Was mich mehr überrascht ist das er überrascht ist- Geht er davon aus, das SpaceX niemals Fehlstarts hat und nur andere Firmen?
Bezüglich der Frage, wie viele Fehlstarts es in „jüngerer“ Vergangenheit wegen Materialversagen gab: Wenn während der Startphase von einem Tank Teile abfallen, die andere Teile des Raumfahrzeugs so beschädigen, dass letzteres in einer späteren Missionsphase (Wiedereintritt!) zerstört wird, würde ich ebenfalls von „Materialversagen“ sprechen. Das hat bei der Columbia zwar nicht zu einem Fehlstart im engeren Sinne geführt, aber eben leider zum Verlust der Mission.
Und bei der Proton hatten wir vor weniger als drei Jahren einen Fehlstart wegen des Versagen einer Verschraubung. Ich zitierte von: http://www.ilslaunch.com/newsroom/news-releases/failure-review-oversight-board-frob-concludes-express-am4r-investigation-retu
„Based on the data presented, it was agreed by the FROB that the probable cause of the failure was the loss of structural integrity of a bolted interface that attaches the Stage III steering engine turbopump to the main engine structural frame.“
Wegen der gebrochenen Verschraubung vibrierte die „steering engine turbopump“ stärker als normal, was ein Treibstoffleck nach sich zog, was ultimativ den Missionsverlust bewirkte. Das ging zwar alles bei der Proton nicht ganz so schnell wie bei der Falcon 9, wo vom Brechen der Strebe, die den Helium-Tank festhält, bis zur Explosion des Sauerstofftanks der Oberstufe nicht mal eine Sekunde verging. Aber der Unfall-Auslöser ist in beiden Fällen strukturelles Versagen eines Kleinteils.
Nein, der Fehlstart ist kein Ruhmesblatt für SpaceX. Nur so außergewöhnlich, wie einige hier tun, ist er halt auch nicht.
Ich definiere Materialversagen nicht als Designfehler (Columbia: die Konstruktion wurde danach geändert, das müsste man nicht wenn der Fehler nur durch vorherige Kontrollen wie dies beim Fehlstart von SpaceX der Fall ist vermeiden könnte) noch als Mängel in der Qualitätssicherung oder Montage. Gerade bei der Proton tritt das nun sehr häufig auf. Anders kann ich mir nicht erklären warum eine dritte Stufe die seit mehreren Jahrzehnten unverändert produziert wird plötzlich den von dir beschriebenen Fehler produziert.
Die Fälle wo Material „versagte“ kenne ich, seitdem man mit finiten Elementen die Belastungen simulieren kann, wirklich nur vom Anfang der Raumfahrt. So das Versagen einer Atlas mit einer Mercury-Boilerplate als die Hülle bei Max-Q kollabierte – bisher war die Atlas niemals mit einer so schweren Nutzlast gestartet worden und die dünnen Tanks hielten die Belastung nicht aus. Sie wurden dann verstärkt oder beim ersten Atlas Centaur Test als die Isolationselemente nicht hielten und abfielen und der sich überhitzende Wasserstoff die Centaur sprengte.
Was mich auch wundert (daher mein Gedanke dass man die Einheiten verwechselt hat) ist das die streben bei so niedriger Belastung, einem Fünftel der Nennbelastung kollabieren. Um Gewicht zu sparen nimmt man nirgendwo in der Raumfahrt einen Sicherheitsfaktor von 5, normal ist 1,25. SpaceX rühmt sich wegen der „man rated“ Eigenschaft der Rakete (die wird man nun sicher auch noch genauer untersuchen) vom Faktor 1,5. Warum hier der Faktor 5?
Zu Deiner Frage, Bernd, warum der Faktor 5: Ich vermute, weil diese Streben ein relativ kleines und damit vergleichsweise leichtes Standard-Bauteil sind. Bei einer angegebenen Dicke von 1 Zoll sind sie garantiert als Hohlrohr ausgeführt. Nimmt man beispielsweise hochwertigen Stahl mit einer max. Zugspannung von 550 N/mm² an, dann braucht man bei einem Durchmesser von 1 Zoll eine Wandstärke von ziemlich genau 1 mm, um auf die angegebenen 10000 pounds-force zu kommen. Wenn die Strebe nun 2 Fuß (61 cm) lang ist, dann kommt sie auf eine Masse von unter 400 Gramm.
Selbst, wenn 250 dieser Streben verbaut sind, und man pro Strebe im Schnitt durch genauere Auslegung 50% der Masse sparen könnte, sind das in Summe gerade mal 50 kg, die man einspart. Klar kämen die direkt der Nutzlast zugute, aber man müsste eben 250 Streben individuell designen statt (im wahrsten Sinne des Wortes) „von der Stange“ zu kaufen.
Dieselbe Gewichtsersparnis könnte man sicher auch erzielen, wenn man bei der genannten Reserve bleibt, aber ein leichteres Material verwendet. Beides – engere Auslegung oder leichteres Material – würde aber eben die Kosten deutlich erhöhen. Und das Risiko von Fehlstarts. Hätte SpaceX weniger Reserve eingebaut, wahrscheinlich wären schon frühere Falcon 9 explodiert.
Warum versagt das verfluchte Ding nunmal trotz 4-facher Auslegungsreserve? Nun, wie ich schon schrieb, liegt möglicherweise doch ein Auslegungs- oder Designfehler vor, indem die dynamische Festigkeit dieser Streben bei tiefen Temperaturen (es ist ja der O2-Tank explodiert!) überschätzt oder gar nicht erst berücksichtigt wurde. Jetzt wird ja gemunkelt, dass Stahl durch Inconel ersetzt werden soll. Letzteres hat eine ähnliche Dichte wie Stahl, aber die doppelte Zugfestigkeit. Und es ist über einen weiten Temperaturbereich stabil, von kryogenen Temperaturen (!) bis über 1000 K.
Mal schauen, wie schnell SpaceX bei den bestehenden Falcon-9-Raketen die Stahlstreben durch Inconel-Streben getauscht bekommt, und dann wieder starten kann. Und mal schauen, welcher Kunde es wagt, seine Nutzlast dieser ersten Falcon 9 nach dem Fehlstart anzuvertrauen.
Die Verwendung von nicht kältefesten Material im Tieftemperatur-Bereich ist eigentlich ein Anfängerfehler, und sollte bei qualifizierten Personal nicht vorkommen. Möglicherweise sind diese Streben nicht die einzigen Teile, bei denen dieses Problem besteht.