Bernd Leitenbergers Blog

Neues von SpaceX

So, wenn ich mich etwas rargemacht habe, dann nicht, weil es wenig Neues gibt, sondern weil ich seit dem Montag Schmerzen im Rücken habe und nicht längere Zeit am Computer sitzen kann. Ich kann zwar kurzzeitig etwas gegen die Schmerzen tun (Minzöl auf die schmerzende Stelle und schmerzlindernde Heilkräuter nehmen – Acetylsalicylsäure wirkt überhaupt nicht) aber das ändert nichts an der Sache, das ich praktisch nichts arbeiten kann.

Nun es gibt Neuigkeiten von SpaceX. Dir Firma macht sich ja Mühe meine Rolle als SpaceX-Wahrsager zu festigen, wie ich schon in einem Kommentar andeutete, ist der Überdruck der die Explosion verursachte auf Helium zurückzuführen. Helium wird in vielen Stufen genutzt, um die Tanks unter Druck zu setzen. Sie haben so mehr Steifigkeit und der Treibstoff wird mit einem definierten Ausgangsdruck in die Turbopumpen gedrückt. Da die Tanks sich leeren, haben die Stufen eine oder mehrere Heliumflaschen an Bord, gefüllt entweder mit Heliumdruckgas oder flüssigem Helium beide Mal aber unter Überdruck. Aus ihnen wird Helium nach und nach freigesetzt entsprechend dem steigenden Volumen im Tank, der anfangs zu 99% gefüllt ist. Wird nun das Helium bei vollem Tank freigesetzt, so steigt der Druck im Tank rapide an und er explodiert. Ich meinte die Ursache könnte ein defektes Reduzierventil sein, das war es nicht. Stattdessen hat eine Strebe versagt, die die Flasche halten soll. Sie Bbach bei einem Fünftel der spezifizierten Last von 4,488 kN. Das soll das erste Mal bei Tausender bisher eingesetzter Streben sein.

Ich habs zwar nicht gesagt, aber mir gedacht „Bestimmt ist wieder ein externer Zulieferer“ schuld und das ist auch der Fall. SpaceX überlegt den Wechsel von Stahl auf Inconel – eigentlich eine Hochtemperaturlegierung und den Wechsel des Lieferanten. Man hat seitdem „Tausende“ dieser Streben getestet und einige gefunden die weit unterhalb der Spezifikationen der Last nachgaben. SpaceX rechnet mit Einbußen in Höhe von mehreren Hundert Millionen (Dollar). Man hat auch den Jungfernflug der Falcon Heavy aufgrund der Probleme erneut verschoben nun auf April 2016, sodass sie drei Jahre hinter dem Zeitplan hinterherhinkt. Und wie ich schrieb, hätte die Dragon auch überlebt. Das hatte nichts mit Hardwareunterschieden von Dragon 1 und Dragon 2 zu tun, wie ein Kommentator im Blog schrieb, nein, es gab nur die falsche Software an Bord. Diese löste den Fallschirm nicht aus, sonst hätte man sie bergen können.

Neu für mich war auch, dass die NASA sehr wohl den Flug bezahlt – nur nicht zu 100%. Aber wie bei allen kommerziellen Flügen beginnt mit Produktionsbeginn eine Ratenzahlung, sodass vor dem Start der Flug meist zu 90% bezahlt ist. Nur die letzte Rate spart sich die NASA – also spart sie eigentlich nichts, denn die Fracht muss sie ja nochmals starten, von deren Herstellungskosten mal ganz abgesehen. Wahrscheinlich gilt das auch für den Fehlstart von Orbital.

Neues gibt es auch vom Satellitenprojekt. Das kommt langsam vornan während Konkurrent OneWeb schon Verträge für den Bau und Start abgeschlossen hat. Während bis Ende nächstes Jahr SpaceX gerade mal einige Experimentalsatelliten starten will, will Oneweb schon mit dem Aufbau der Konstellation beginnen. Wahrscheinlich werden die nun folgenden Startverzögerungen auch dazu führen, dass sich das SpaceX Projekt weiter verzögert. Nun hat Intelsat die FCC aufgefordert, die Nutzung der ersten beiden Testsatelliten zu verhindern. Der Grund: SpaceX in seiner Geheimhaltungspolitik hat nichts über die benutzten Funkfrequenzen und Maßnahmen zur Störminderung veröffentlicht. Damit wäre nicht klar, ob diese Satelliten andere stören. SpaceX hat drauf reagiert und diese Informationen anscheinend nachgeliefert. Es ist damit zu rechnen das da noch mehr Kontra kommen wird. Allerdings ist Intelsat ja auch nicht uneigennützig, sie sind Coinvestor bei OneWeb.

Nun meine Meinung dazu. Verblüfft hat mich schon das Elon Musk die Explosion als „huge Blow“ für SpaceX bezeichnet hat. Ich dachte er bezieht sich auf die Konsequenzen – Startverschiebungen bei vielen wartenden Kunden, Imageverlust, vor allem aber die Konsequenzen für die Falcon Heavy – wenn etwas bei der Falcon 9 kaputtgeht, dann ist die Wahrscheinlichkeit bei der Falcon Heavy mit schwerer Nutzlast = höheren Kräften durch die Beschleunigung viel höher. Aber dem ist nicht so. Vielmehr fürchtet er um die physiologischen Folgen für die armen Mitarbeiter, die nur „Erfolg“ kennen. So viele wären seit dem letzten Misserfolg – dem dritten Start der Falcon 1 eingestellt worden und die kennen gar keine Misserfolge. Ach ist das nicht ein rührender Arbeitgeber? Damit die Mitarbeiter nicht zu sehr ins Grübeln kommen deklariert Elon Musk auch mal Teilerfolge zu vollen Erfolgen wie die taumelnde nicht wiederzündende Oberstufe beim Jungfernflug oder der Verlust von Sekundärnutzlasten.

Was machen da nur andere Launch Service Provider? Bei Arianespace war der letzte Fehlstart 2002, seitdem 66 Erfolge hintereinander. Die Delta 4 und Atlas V hatten überhaupt keine Fehlstarts, die der Vorgängermodelle sind noch länger her als bei Ariane 5. Darf dort keiner mehr den Betrieb verlassen und Rentnern nicht in die Rente gehen? Ich glaube eher nicht. Ich denke vielmehr das ein Fehler auftreten kann ist dort auch Bestandteil der Strategie und es gibt entsprechende Pläne, wie man damit umgeht.

Vor allem aber gibt es dort Fehlervermeidungsstrategien. Die wichtigste ist die Qualitätssicherung. Woanders ist es üblich jedes Teil das man beschädigungsfrei prüfen kann auch prüft. Bei der Saturn hat man ganze Tanks auf Überdruck (aber unterhalb des Berstdrucks) gesetzt um ihre Dichtigkeit und Stabilität zu prüfen. Eine Strebe, die fünfmal mehr Druck aushalten muss, als der Druck der bei Versagen anlag (wenn er durch die Beschleunigung kommt, dann war dies auch nahe an der Maximalbelastung) hat eigentlich so viele Reserven, dass man wahrscheinlich jede Strebe prüft und dann wäre dies nicht vorgekommen und man hätte den Fehler vorher erkannt und Maßnahmen zur Vorbeugung getroffen, die man nun erst hinterher umsetzen kann.

Offensichtlich rechnet auch Musk mit gravierenden Folgen als ich. Ich dachte mir „Den Fehler finden sie schnell, sind doch sonst auch so schnell und machen enorm viele Messungen, dann gibt es auch mehr Messwerte die Indizien sind“. Entsprechend schnell sollte die Falcon 9 erneut fliegen, auch weil ja viele Kunden schon jetzt lange gewartet haben. Aber „mehrere Hundert“ Millionen Dollar klingen doch mehr nach größeren erwarteten Verlusten, denn man braucht 4 Falcon 9 Starts, um nur in den Hunderterbereich in der Mehrzahl zu kommen. (Wenn er von Umsatz spricht, bei Gewinn sind es noch mehr Starts)

Wie es mit den Satelliten weiter geht, ist offen. Erstaunlich ist nur, das SpaceX hier langsamer als OneWeb ist und in Meldungen von einer frühen Projektphase spricht. Erwartet hätte ich das Gegenteil. Ich denke mir bei solchen neuen Services gilt „wer zuerst kommt mahlt zuerst“. Natürlich kann man auch abwarten und sehen was andere falsch machen und das dann selbst vermeiden. Aber diese Art von Firma war SpaceX in meinen Augen bisher nicht.

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