Bernd Leitenbergers Blog

They are insane expensive

Dieses Zitat stammt von Elon Musk und bezieht sich auf die Träger von ULA. Seit Jahren preist er seine Falcon 9 und Heavy wie bitteres Bier an und kann nicht verstehen, warum die USAF die viel teureren Träger von ULA verwendet. Zeit sich mal mit diesem Phänomen zu beschäftigen.

Das Hauptproblem bei dem Kostenvergleich ist das die Ausgaben des Militärs natürlich geheim sind. Doch nach diesem Dokument gibt es zumindest die Summen für die Posten. Demnach geben die USA 2016 für militärische Weltraumprojekte 4440,5 Millionen Dollar aus, davon 1428,7 Millionen für das EELV Programm. Das ist also ein Drittel der Gesamtausgaben. Das ist natürlich ein ziemlicher Posten, vor allem ist der prozentuale Anteil hoch. Das verwundert mich etwas weil eine Begründung der US-Air Force für die teuren EELV Raketen und Zurückhaltung bei SpaceX ja auch ist, das ihre Satelliten so teuer wären. Obwohl das Budget also nur ein Viertel des NASA Haushalts ausmacht (es gab Zeiten, da war es doppelt so hoch) führt das DoD doch in etwa so viele Starts wie die NASA durch. Auch dieses Paradoxon verwundert. Es klärt sich auf, wenn man weiß, dass es natürlich noch andere Regierungsorganisationen gibt die Starts durchführen. Die NRO hat ein Budget von 10,3 Milliarden Dollar und dessen Aufteilung ist nun wirklich geheim. Dann gäbe es noch die NOAA zu der allerdings viele irdische Ausgaben gehören. die USAF führt für diese Regierungsorganisationen auch die Starts durch und betreut den Teil der mit der Space Hardware zu tun hat.

Schaut man sich die Aufstellung aber genauer an, so fällt auf das nur die Hälfte auf die Raketen entfällt, der Rest auf die Bodenanlagen. Das ist auffällig. Sicher, jeder Weltraumbahnhof hat Fixkosten, doch so hohe wie die Trägerraketen selbst? Das fällt doch schwer zu glauben. Dann müsste die ESA 1 Milliarde Euro für das CSG pro Jahr ausgeben und das tut sie nicht obwohl die Startzahlen mit denen des DoD vergleichbar sind.

Zu den Trägerkosten ist zu sagen, dass nach ULAs Angaben eine Atlas 5 Core, also eine Atlas 401 derzeit für 164 Millionen Dollar gekauft werden kann, mit dem Block-Buy soll das auf 100 Millionen sinken. Die Nutzlast beträgt 4750 kg in den GTO. Ein Proton Start kostet zwischen 100 bis 120 Millionen Dollar abhängig vor Nutzlast (die untere Ziffer für 3,6 t, die höhere für 6 t). Ein Ariane 5 Start hat die doppelte Nutzlastkapazität bei 160 Millionen Euro pro Start. Man muss also nicht erst SpaceX bemühen um festzustellen das die Starts teuer sind. Auch die NASA zahlte für den Start von Maven 187 Millionen Dollar. Mit 100 Millionen Dollar wäre die Atlas in einer Preisregion mit der sie mit der Proton und Ariane 6 mithalten kann, doch das sind nur die Kosten mit der sie an die USAF übergeben wird, der Start kostet noch extra wie man auch an der Differenz von Maven (187) zu den angegebenen 164 Millionen Dollar sieht.

Warum ist aber diese Reduktion möglich, obwohl es nicht mehr Starts sind? Nun es ist die Sicherheit der Abnahme der Exemplare. Wenn man weiß, dass 30 Cores in einer bestimmten Zeit abgenommen werden so kann man die Produktion rationeller gestalten. So wird Ruag Space nun seine Fertigung in die USA verlagern. Sie stellen die Verkleidungen der 5xx Versionen her. Daneben steigt die Stückzahl das die Delta ausläuft. Die neue Vulcain ist übrigens von dem Vertrag nicht betroffen, sie wird erst danach eingesetzt werden. Auch Ariane 6 hat kein anderes Konzept im Aufbau als Ariane 5. Auch hier vermute ich sollen die Kosten Einsparungen durch Konsolidierung der Produktion auf drei Standorte kommen.

Die sinkende Nachfrage hat schon die Titan verteuert, als die Titan 3 ohne Booster in den Achtzigern auslief und die Stückzahl sank. Ebenso die Atlas V und Delta 4 als man mit kommerziellen Aufträgen rechnete und die ausblieben. Das verteuerte die Atlas V z.B. schnell von 90 auf 136 Millionen pro Start. ILS profitiert hier von den festen Starts Russlands, die etwa die Hälfte aller Proton Starts ausmachen und Arianespace bestellt schon immer die Ariane 5 blockweise in der Hoffnung alle Starts auch verkaufen zu können.

Der zweite Grund den ich sehe ist das das Militär offenbar enorme Bürokratien aufgebaut hat, was eigentlich verwundert, muss man dort doch vor allem auf Aktionen eines Gegners reagieren und die sind schwer vorausberechenbar. Aber in Zeiten asymmetrischer Kriegsführung scheint es keinen Gegner mehr zu geben der eigene Aktionen durchkreuzen könnte. Daneben scheint man beim DoD nicht den Begriff „sparen“ zu kennen. So erfuhr die Welt verblüfft 2011, das die Klimatisierung von Zelten im Irak und Afghanistan die US-Army 20 Milliarden Dollar pro Jahr kostete – mehr als das gesamte NASA  Budget.

Die Bürokratie zeigt sich auch darin, dass die Zertifizierung der Falcon 9 nun schon über eineinhalb Jahre dauert und 200 Millionen Dollar kostet – woanders kann man dafür schon eine kleine Trägerrakete entwickeln. Man sieht es auch bei den publizierten Kosten für Falcon 9 Starts:

Als Jason und DSCOVER gebucht wurden kostete ein Falcon Start noch 59 Millionen Dollar. der NASA Start ist 24 Millionen teurer, der DoD Start sogar 37 Millionen, das ist mehr als die Hälfte. Doch es geht noch weiter: In dem DSCOVR Budget steht der Start mit 134,5 Millionen Dollar – das sind die Kosten die der USAF entstehen wenn man die internen Kosten dauzurechnet.

Das ist die Crux, die es bei der NASA wie auch dem DoD gibt: die zunehmende Bürokratie die inzwischen mit allem verbunden ist. SpaceX hat die Mehrkosten mit der „Wissensgier“ von NASA und DoD begründet. Es ist nicht nur das beide Institutionen jede Menge Daten haben wollen, das wäre sicher möglich gewesen ohne das es zweistellige Millionenbeträge kostet indem man die entsprechenden Dinge als Datenträger oder elektronisch zur Verfügung stellt, es ist so dass in den Firmen dann Mitarbeiter von NASA und DoD sitzen die alles vor Ort durchleuchten fragen stellen und dadurch jede Menge zusätzliche Arbeit verursachen. Darüber hinaus sorgen sie auch für viele Stellen, die nicht mit der Produktion zusammenhängen. Als man die Atlas privatisierte, gab General Dynamics bekannt, das ein Startvertrag mit Eutelsat 92 Seiten umfasste und einer mit der NASA 4150 Seiten.

Ich habe meine Zweifel das diese Bürokratie die Zuverlässigkeit der Träger so massiv verbessert. Sicher, die Träger von ULA haben seit über einem Jahrzehnt keinen Fehlstart, doch den kann auch Ariane 5 vorweisen ohne diesen Overhead. Die beiden Verluste von OCO und Glory auf den beiden teuren Taurus XL waren z.B. auch nicht durch diesen Bürokratieoverhead zu verhindern.

Mein Vorschlag: macht es so wie die kommerziellen Kunden und wenn ihr noch Zweifel habt so versichert eure Nutzlasten. Versicherungsprämien nur für den Start liegen derzeit zwischen 3 und 10%, man kann annehmen das 3% für die Ariane 5 und 10% für die Proton gelten. Bei gleicher Zuverlässigkeit wie Ariane würden dann 3% auch für die Atlas gelten. Nimmt man die Unterschiede bei der Falcon 9 (+24 und + 37 Millionen) für Versicherungsprämien so kommt man auf eine Versicherungssumme von 800 bzw. 1293 Millionen Dollar. Die meisten Nutzlasten der NASA außer Curiosity und JWST kosten weniger, die NASA würde also Geld sparen. Auch das Militär startet nicht nur teure Hochleistungssatelliten sondern auch billigere GPS, Wetter und Kommunikationssatelliten, so würde man dort auch sparen. Zudem hätte man wenn tatsächlich ein Start scheitert das Geld die Nutzlast erneut zu bauen und zu starten. Russland soll angeblich seine Regierungsstarts versichern, warum also nicht auch die USA?

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