Bernd Leitenbergers Blog

Zement und der Lesch

Eigentlich mag ich ja den Lesch, vor allem weil er Klartext redet wenn es um die politische Bedeutung der Forschung und ihrer Ergebnisse geht. Darum ging es auch in einem Beitrag über „Frag den Lesch“. Es ging um den „Klima Killer Zement“. Die Aussage: Es werden 3 Milliarden Tonnen Zement pro Jahr produziert, der Kohlendioxydausstoß soll viermal so hoch wie beim weltweiten Flugverkehr sein. Das scheint auch zu stimmen. Zumindest der Spiegel berichtet ähnliches. Danach ging es in der Sendung um die Klimafolgen und Alternativen und da muss ich sagen: Schuster bleib bei deinen Leisten. Wenn ich nichts von Chemie verstehe, weil ich Physiker bin (leider meiner Erfahrung nach bei Physikern der Normalfall) dann sollte ich den Mund halten.

Fehler Nummer 1: „Bei der Produktion von 1 Tonne Zement werden 870 kg CO2 frei“. Er begründet das aufgrund des Brennens bei 1450 Grad Celsius. Dabei wird im beim Einspieler etwas später deutlich, dass der Werkstoff Calciumcarbonat ist. Beim Brennen passiert chemisch folgendes:

CaCO3 + Energie → CaO + CO2.

Setzt man die molaren Massen an, so entfallen bei der rechten Seite, den Produkten auf das Calciumoxid 56 g und das Kohlendioxyd 44 g. Das bedeutet alleine durch die Produktion von Calciumoxid wird pro Tonne CaO 785 kg Kohlendioxyd freigesetzt. Calciumoxid ist der Hauptbestandteil von Zement, er besteht zu 58 bis 66% aus diesem Material. Das bedeutet von den 870 kg Kohlendioxyd die pro Tonne Zement emittiert werden entfallen 450 bis 522 kg also der größte Teil auf das vorher gebundene Kohlendioxyd und nicht den Herstellungsprozess. Wenn man den Wett der ITAS Studie nimmt, die sich mit dem unten angesprochenen Magnesiumcarbonat-Zement beschäftigen dann beträgt der weltweite Durchschnitt bei der Zementproduktion 740 kg Kohlendioxid-Emission pro Tonne, dann macht also dass gebundene Kohlendioxid zwei Drittel aus – entsprechend gering sind die Energieinsparpotentiale.

Es wird noch besser. Im zweiten Teil geht es um eine Alternative: Magnesiumsilikat (übrigens als falsche chemische Formel (MgO3Si) dargestellt, richtig wäre MgSiO3) soll Kohlendioxid binden und daraus soll Magnesiumcarbonat werden. Die Selbstverständlichkeit mit der er diese Erkenntnis herausposaunt ist schon erstaunlich „Das Verfahren  Magnesiumcarbonat herzustellen ist ja schon aus dem Chemie Unterricht bekannt, das sind die kleinen weißen Stäbchen die man verwendet hat, also man wusste das schon“.

Aha ja: Den Chemieunterricht den Lesch genossen hat, möchte ich sehen. War dem Schullabor ein Hochofen angeschlossen? Magnesiumcarbonat wird nicht aus Magnesiumsilikat hergestellt. Silikate gehen mit fast allen Elementen eine stabilere Verbindung ein so auch mit Magnesium. Das Magnesiumcarbonat das wir heute abbauen stammt aus durch Wasser über Jahrmilliarden herausgelöst gelösten Magnesium Ionen die mit dem Kohlendioxyd der Luft reagieren. Niemand stellt es aus Silikat her, weil man für den nötigen Schnellgang viel Energie braucht, denn auch hier muss man das Magnesium aus einer Chemischen Bindung lösen. Lesch preist es trotzdem als Alternative zu Calciumoxid, weil es Kohlendioxid bindet nach

MgSiO3 + CO2 → MgCO3 + SiO2

Da der Rest der entsteht Quarz ist, ist vielleicht auch dem Laien klar, dass man dafür viel Energie braucht den Quarz ist chemisch sehr inert. Er reagiert nicht einfach so mit Magnesiumcarbonat zu Magnesiumsilikat.

Noch bedeutender ist aber das Magnesiumcarbonat nicht die Bindungsfähigkeit von Calciumoxid hat. Aufgrund einer chemischen Reaktion bildet Calciumoxid mit Wasser ein neues Mineral, das als Gerüst wirkt und die anderen Teile des Betons einschließt. Das macht Magnesiumcarbonat nicht. Es bildet zwar das basische Magnesiumcarbonat mit Wasser (und gibt dabei wieder zwei Drittel des gebunden Kohlendioxyds frei) aber bildet dann keine feste Gerüstsubstanz. Ich habe nach Magnesiumsilikat und Magnesiumcarbonat in diesem Zusammenhang gesucht, aber außer einigen allgemeinen Ausführen wie hier nichts gefunden. Die auch dort falsch angegebene Summenformel lässt drauf schließen, dass auch die ZDF Redeakteure nicht weiter gesucht haben. Lediglich ein Patent wo man eine Calciumoxid – Magnesiumcarbonatmischung zum Verhärten von Erdreich, das zu weich ist, einsetzen will geht in die Richtung, doch dabei geht es nicht um einen Untergrund der betoniert wird, sondern das Binden das dort enthaltenen Wassers.

Die Webseite von Klimakiller.info verweist aber auf eine ITAS Studie die sich mit diesem „Magnesiumzement“ beschäftigt. Liest man die im Original durch so wird klar, dass zum einen die Bindung des Kohlendoxyds Energie erfordert – das mildere Verfahren läuft bei 100 bis 200°C und 120 bis 150 Bar Druck im Autoklaven ab und zum anderen dieser Zement zumindest der bindende Anteil nicht aus Magnesiumcarbonat sondern Magnesiumoxid/Magnesiumcarbonat besteht. Magnesiumoxid bildet aber wie Calciumoxid feste Hydroxyde und wird auch als Keramikwerkstoff verwendet. Es bildet mit den Magnesiumsilikaten, die man auch als Ausgangsstoff nimmt, Mischkristalle die ähnlich wie Zement erhärten. Neben dem kleinen Anteil an Magnesiumcarbonat (minimal 20%, maximal 50%) am Zement spricht auch dagegen dass man das Magnesiumoxid selbst wiederum aus Magnesiumcarbonat bildet bei etwa 600 bis 700°C und dabei wird natürlich Kohlendioxid frei nach

MgCO3 + Energie → MgO + CO2

Das heißt – in der Summe hat man wenig Kohlendioxid eingespart erst recht nicht welches chemisch gebunden wie uns Lesch vormachen will. Da man für die Produktion auch Energie braucht, im Falle des Magnesiumzements auch sehr viel um die Ausgangsmineralien abzubauen und zu reinigen beträgt die Kohledioxidbilanz -20 bis +141 kg Kohlendioxyd pro Tonne Zement, Portlandzement der aus Calciumoxid als Bindemittel besteht hat eine Bilanz bei optimierter Prozessführung von 201 bis 420 kg Kohlendioxyd, wenn z.B. das Calciumoxid nicht nur als Calciumcarbonat sondern anderen Calciumverbindungen wie Gips oder Anhydrid stammt. Daneben gibt es Mischungen aus Calciumoxid mit anderen Mineralien wie z. B Calciumhydroxid. Auch hier gibt es neuere Forschungen an Alternativen. So viel besser steht also dieser neue Zement gar nicht da. (Von den mechanischen Eigenschaften ganz zu schweigen).

Das alles hätte man nachlesen können, wenn man dem Link auf Klimainfo gefolgt und beim ITAS eine suche gestartet hätte, aber dazu hat es wohl nicht gereicht (ich habe weniger als eine Stunde dazu gebraucht das Paper querzulesen, es ist sogar in Deutsch). Ganz ehrlich: das war schwer geschludert und eine sehr schlechte Leistung.

Es bleibt natürlich ein Problem, dass wirklich zu viel Zement produziert wird. Nach der ITAS vor allem in Asien und dort ist die Produktion so ineffizient wie bei uns vor der Ölkrise. Wenn man den weltweiten Durchschnittsverbrauch von 740 kg Kohlendioxid pro Tonne nur auf die obere Grenze von 420 kg pro Tonne bei modernen Verfahren senken würden, wäre schon viel gewonnen. Noch wichtiger wäre weniger mit Zement zu bauen. Der geht ja nicht nur in Häuser.

Eine kurze Recherche ergab, dass ein Einfamilienhaus etwa 200 bis 250 t wiegt. Nicht alles davon ist Zement. Zum einen gehen Dach, Fließen ab, dann selbst wenn es vollständig betoniert wurde (meist werden ja die Mauern bei uns noch gemauert also aus Stein gemacht und nur der Keller und die Decken betoniert) besteht Beton  nur zu einem Achtel aus Zement. Geht man von 200 t Beton aus, so enthält ein Einfamilienhaus also 25 t Zement. Das sind bei 4 Bewohnern 6,25 t pro Person. Nimmt man an dass es 50 Jahre steht so sind das 0.125 t pro Jahr. Da weltweit aber 3 Milliarden Tonnen hergestellt werden also 0,4 t pro Einwohner/Jahr) muss der größte Teil woanders hin gehen, z.B. in Straßen oder andere Versiegelungen. Dort anzusetzen wäre also sinnvoller.

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