Die Optimierung einer druckgeförderten Stufe
Nachdem ich mich mit dem Thema schon theoretisch beschäftigt habe, will ich mich mit dem Thema heute praktisch beschäftigen. Welches ist der optimale Tankdruck für eine druckgeförderte Oberstufe? Dazu will ich den Tankdruck einer Oberstufe gezielt verändern und den Einfluss auf die Performance berechnen.
Herausgesucht habe ich mir die EPS mit dem Aestus-Triebwerk, weil ich von dieser Oberstufe durch die Recherche für meine Bücher viele Daten habe. Das wichtigste was für die Berechnung notwendig ist findet sich in der folgenden Tabelle:
Parameter | Wert |
---|---|
Tankdruck: | 20,6 bar |
Tankgewicht: | 97,4 kg MMH 126,7 kg NTO |
Heliumtank: | 46 kg |
Triebwerksschub | 28,7 bar |
Brennkammerdruck: | 11 bar |
Mischungsverhältnis NTO zu MMH | 2,05 zu 1 |
Spezifischer impuls: | 3187 m/s |
Expansionsverhältnis | 84,3 zu 1 |
Trockenmasse Stufe | 1.200 kg |
Einige Wichtige Zusammenhänge: steigt der Tankdruck an, so steigt die Masse der Tanks und der Druckgastanks proportional an, das ergibt sich aus der Kesselformel.
Der Brennkammerdruck ist immer kleiner als der Tankdruck ich habe eine Abnahme auf 55% des Tankdrucks angenommen. Das entspricht dem Verhältnis Tank/Brennkammerdruck beim Aestus/EPS.
Bei gegebenem Triebwerk wird bei steigendem Brennkammerdruck folgendes passieren:
- Der Schub steigt linear an
- Das Expansionsverhältnis bleibt gleich
- Die Masse steigt an, da die Brennkammer einem höheren Druck standhalten muss. Sie ist die Schwerste Subkomponente des Triebwerks.
Ich gehe nun davon aus, das die Masse des Triebwerks gleich bleibt. Sinkt der Brennkammerdruck ab, so kann ich die Brennkammer leichter fertigen, um den gleichen Schub zu gewährleisten muss ich sie aber vergrößern, was die Gewichtseinsparung egalisiert. Was gleich groß bleibt, ist die Düse. Bei steigendem Tankdruck steigt so das Expansionsverhältnis linear an, bei sinkendem sinkt es. Damit auch der spezifische Impuls.
Ich habe also folgenden Zusammenhang: Bei steigendem Tankdruck steigt die Masse der Tanks und auch die Leermasse der Stufe, als Belohnung steigt auch der spezifische Impuls durch das höhere Expanionsverhältnis. Es wird nun interessant sein zu sehen, welcher Einfluss größer ist. Subjektiv würde ich sagen, dass ein niedriger Tankdruck günstiger ist. Die spezifischen Impulse kann man mit FCEA berechnen. Mit dem bekannten Werten für das Aestus kommt man auf 3221 m/s bei eingefrorenem Gelichgewicht, sehr nahe am praktischen Wert von 3187 m/s.
Die erste Aufgabe ist daher die theoretischen spezifischen Impulse zu berechnen
Tankdruck | Brennkammerdruck | Expansionsverhältnis | Spezifischer Impuls | Spezifischer Impuls korrigiert |
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2,72 bar | 1,5 bar | 11,5 | 2886 m/s | 2852 m/s |
5 bar | 2,75 | 21,1 | 3005 m/s | 2971 m/s |
10 bar | 5,5 | 42,1 | 3121 m/s | 3087 m/s |
20 bar | 11 bar | 84,3 | 3221 m/s | 3187 m/s |
40 bar | 22 bar | 168,6 | 3308 m/s | 3274 m/s |
80 bar | 44 bar | 337,2 | 3384 m/s | 3350 m/s |
Die 34 m/s, um die die theoretische Berechnung vom praktischen Wert abweicht, habe ich bei allen spezifischen Impuls abgezogen (letzte Spalte).
Die Trockenmasse ändert sich nun durch die schwereren Tanks, das zeigt folgende Tabelle:
Tankdruck | Trockenmasse Tanks | Trockenmasse Stufe |
---|---|---|
2,72 bar | 36,7 kg | 966,6 kg |
5 bar | 67,6 kg | 997,5 kg |
10 bar | 135,1 kg | 1065 kg |
20 bar | 270,1 kg | 1200 kg |
40 bar | 540,2 kg | 1470,1 kg |
80 bar | 1080,4 kg | 2010,3 kg |
Nun hat man alle Daten zusammen und kann die EPS Stufe mit diesen jeweils veränderten Werten in eine Nutzlastberechnung eisnetzen. Aufgrund der Tatsache, dass die Stufe schon fast einen Orbit erreicht hat, spielen Aufstiegsverluste keine Rolle, die Brennzeit bleibt auch gleich, so kann man die Nutzlast errechnen:
Tankdruck | Nutzlast (GTO) |
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2,72 bar | 7.148 kg |
5 bar | 7.435 kg |
10 bar | 7.674 kg |
20 bar | 7.775 kg |
40 bar | 7.754 kg |
80 bar | 7.408 kg |
Man findet: das Nutzlastmaximum ist genau bei der eingesetzten Stufe, das spricht immerhin für ein optimiertes Design. zwischen 10 und 20 Bar Druck ist die Nutzlast aber fast gleich hoch. so habe ich noch 15 Bar als Brennkammerdruck hinzugenommen, vielleicht gibt es ja da ein Optimum: In der Tat ist bei 15 Bar Brennkammerdruck (+98,5 kg Gewicht, spezifischer Impuls 3227 m/s) die Nutzlast mit 7805 kg noch um 30 kg höher. Doch 30 kg sind bei knapp 7,8 t nicht viel. Der Grund für den gewählten Tankdruck ist ein anderer: 20 Bar sind der Standarddruck auf den bei Astrium die Treibstofftanks für Satellitenantriebe ausgelegt sind. Diese Tanks in der größten Version setzt auch die EPS-Stufe ein, nur eben weil es eine Oberstufe ist, jeweils zwei Tanks für den Oxydator und Treibstoff.
Als Resümee können wir zumindest bei dieser Stufe die Folgerung ziehen, dass die Nutzlast bei einem relativ niedrigen Brennkammerdruck von 11 bis 15 bar optimal ist.