Nochmal: eine bessere Oberstufe für die Ariane 5
Wer den Blog regelmäßig liest, weiß was ich nicht nur wenig von SpaceX halte, sondern auch von der europäischen Trägerindustrie, die nun ja fast ausschließlich aus Airbus-Safran-Launchers besteht. Meiner Ansicht nach lassen sie sich viel zu gut für viel zu wenige Fortschritte bezahlen. Die ESC-B sollte 1,2 Milliarden Dollar kosten, nimmt man die bisherigen Aufwendungen hinzu so ist das teurer als die H-3, eine komplett neue Rakete, die Japan entwickeln will. Die Ariane 6 wird noch teurer und die letzten Entwürfen laufen mehr und mehr auf eine „Ariane 5 runderneuert“ raus, dafür ist sie aber viel zu teuer.
Nun ist schon die derzeitige ESC-A eine schlecht ausgelegte Stufe, die ESC-B und wahrscheinlich auch die der Ariane 6, die nach Abbildungen genauso wie die ESC-B aussieht, sind es auch. Neben technischen Gründen liegt das daran, dass die Stufe nach ESA-.Vorstellungen den gleichen Durchmesser wie die Zentralstufe haben muss. Für 5,4 m Durchmesser fasst sie aber viel zu wenig Treibstoff. Die Vulcan wird gerade eine ACES mit 5,4 m Durchmesser bekommen, doch die nimmt 68 und nicht 28 t Treibstoff auf. Sie soll leer 1/12,5 des Startgewichts wiegen, die ESC-A liegt bei 1/5 und die ESC-B bei 1/5.5 So verschenkt man mehrere Tonnen an Nutzlast.
Ich hatte schon die Idee, eine Stufe mit kleinerem Durchmesser, aber dafür länger, einzusetzen. Selbst wenn man den Durchmesser der Rakete nicht reduzieren will, so kann man die Verkleidung verlängern und unten verstärken, so macht man es bei der Atlas V in der 500 er Version. Da man die Verkleidung lange vor der Zündung abwirft ist das in der Summe immer noch günstiger als die derzeitige kompakte Stufe. Wenn ich es heute noch mal angehe, so weil ich zum einen durch ein Papier von Airbus-Safran auch die Kosten berechnen kann und glaube auch das ich die Nutzlast besser berechnen kann.
Als Ausgangsbasis habe ich die ESC-A genommen. Ich habe die Abmessungen des LH2-Tanks genommen und mit der Kesselformel ein wenig gespielt bis ich die Masse für den Tank von 1.900 kg erhielt. Nun habe ich mit der Kesselformel und den gleichen Konstanten die Masse eines kugelförmigen Tanks berechnet der 5,4 m Außendurchmesser hat, aber Kugelform hat. Er hat ein Volumen von 80,6 m³ und nimmt bei 97% Befüllung 5,3 t Wasserstoff auf. Er wiegt trotzdem nur 714 kg trotz des größeren Volumens. Das liegt zum einen daran dass die Wandstärken bei Zylindern viel höher sind als bei kugelförmigen Behältern (doppelt so hoch im zylindrischen Bereich an den Enden noch höher) und zum zweiten der LH2 Tank einem Zylinder entspricht bei dem der zweite Deckel sich nicht nach außen, sondern nach innen wölbt. Dadurch verliert man auch noch Volumen.
Der LOX-Tank muss bei gleicher Technologie und 5:1 Verhältnis für das HM-7 dann 3,54 m Durchmesser haben und 307 kg wiegen. Er fast 26,5 t Treibstoff. Damit haben beide Tanks zusammen eine Zuladung von 31,8 t – etwas mehr als bei der ESC-B. Die beiden Tanks muss man dann verbinden. Das geht am besten durch eine Gitterrohrkonstruktion. Diesen Platz kann man auch nutzen um die VEB unterzubringen. Anstatt Hydrazin kann man auch die Treibstoffe direkt nutzen. Astrium hat ja 300 N Triebwerke für LOX/LH2 im Angebot das spart auch Gewicht. Ich gehe davon aus, dass das Strukturgewicht der VEB genutzt werden kann um die Gitterrohrkonstruktion aufzubauen. Oben auf dem LH2-Tank ist viel einfacher ein Adapter anzubringen, weil er sowieso kugelförmig ist, während man bei Ariane 5 von 5,40 auf 2,98 m reduzieren muss. Diese obere Konstruktion wiegt bei 25 t Maximalnutzlast bei gängigen Faktoren 625 kg.
Kommen wir zu den Triebwerken. Die ESC-A hat bei maximal 39,8 t Masse mit Nutzlast 65 kN Schub, die ESC-B bei maximal 57,2 t Startmasse 180 kN Schub. Bei Ariane 6 sollten es bei 60 t Startmasse auch 180 kN Schub sein. Man benötigt also, wenn man diese Treibstoffmenge einsetzt und die HM-7B nimmt drei Triebwerke. Da das Triebwerk maximal 0,99 m breit ist gehen die ohne Problem nebeneinander in den Stufenadapter. Ich bin sogar für vier Triebwerke, dazu später mehr. Jedes HM-7B wiegt 165 kg, dazu nehme ich nochmals die gleiche Masse für den Schubrahmen, zusammen also 4 x 330 kg = 1320 kg. Normalerweise ist der Schubrahmen leichter, doch ich gehe überall auf Nummer Sicher.
Zuletzt braucht man noch eine Helium-Druckgasflasche. Ich habe die der EPC genommen und auf die kleinere Menge Treibstoff herunterskaliert. Die würde dann leer 47 kg wiegen und 35 kg Helium aufnehmen. So kommt man auf folgende Gewichtsbilanz
System | Gewicht |
---|---|
Flüssiger Wasserstoff | 5.300 kg |
Flüssiger Sauerstoff | 26.500 kg |
LH2-Tank | 714 kg |
LOX-Tank | 307 kg |
Triebwerke | 660 kg |
Schubgerüst | 660 kg |
VEB / Intertankstruktur | 950 kg |
Helium-Druckgas | 82 kg |
Adapter, obere Struktur | 625 kg |
Startgewicht: | 35.798 kg |
Leergewicht: | 3.998 kg |
Das ist Voll/Leermasseverhältnis von 8,95. Die Delta DCSS mit ähnlicher Treibstoffmenge (27,5t) und Konstruktion hat eine 8,87, das bestärkt mich darin, dass die Konstruktion umsetzbar und die Gewichtsannahmen realistisch sind. Setzt man diese Stufe auf eine Ariane 5 so kommt man auf eine Nutzlast von 14,3 t. Und das bei gleicher Technologie wie bisher, ohne neues Triebwerk, ohne leichte Werkstoffe bei den Tanks (die würden hier auch nicht mehr viel einsparen). Mit vier Triebwerken könnte die Nutzlast sogar noch höher sein, weil die Gravitationsverluste geringer sind. Ebenso sind die Massen für Schubrahmen und Stufen Adapter hoch angesetzt. 15 t Nutzlast wäre mit einer Auslegung auf 15 t Nutzlast und drei Triebwerken ohne Problem erreichbar.
Der wesentliche Grund für vier Triebwerke war für mich aber, das man so etwas umsetzen kann was die ESA gerne hätte – Wiederzündbarkeit. Sie brauchte es vor einigen Jahren für Raumsonden (erlaubt Doppelstarts mit einem kommerziellen Copassagier), das ATV und Galileo. Die Raumsonden gibt es nur alle Jahre, die ATV sind ausgemustert. Doch Galileo bleibt. Gerade für Galileo ist wichtig, das beim derzeitigen Einsatz der EPS die Nutzlast stark absinkt. Bei vier Triebwerken kann man eines später zünden und so die Wiederzündbarkeit einführen ohne ein wiederzündbares Triebwerk zu haben. Betreibt man (bei normalen GTO-Starts) alle vier so hat man eine Absicherung für einen Ausfall oder eine Minderleistung. Das kombiniert mit der demonstrierten Zuverlässigkeit des HM-7 (der letzte Fehlstart liegt über 20 Jahre zurück, die letzten 127 Starts waren ohne Probleme) macht den Antrieb recht zuverlässig. In den Galileo Orbit würde diese Version 8.386 kg transportieren, da ein Satellit etwa 800 kg wiegt reicht das für 8 Satelliten plus den Dispenser. Die Ariane 5 ES kann nur vier Transportieren. So spart man bei 24 Galileo Satelliten richtig Geld.
Kommen wir zu den Kosten. Wenn ich annehme das sich die Rakete nur durch mehr Triebwerke in den Kosten unterscheidet (die Tankkonstruktion ist einfacher, das müsste den Aufwand für Schubgerüst und Zwischentankstruktur aufheben) dann kommen als Kosten noch drei HM-7 hinzu. Eine Ariane 5 ECA kostet in der Fertigung 147,8 Millionen Euro, ein HM-7 Triebwerk aber nur 5,9. Bei 14,3 t Nutzlast wäre diese Rakete also um 3 x 5,9 = 17,7 Millionen Euro teurer. Das sind 12% des Herstellungspreises, sie transportiert aber 38,2% mehr Nutzlast. Mehr noch. Nimmt man gängige Faktoren für die Lernkurve (z.B. 0,75) so müssten 24 HM-7 pro Jahr nur das 2,82 fache von 6 HM-7 die derzeit pro Jahr produziert werden kosten, wodurch die Rakete nur etwa 16,7 Millionen Euro teurer wird.
In der Summe hat man eine Trägerrakete die mehr Nutzlast als die Ariane 5 ME und Ariane 6 bietet, bei überschaubaren Entwicklungskosten. Natürlich erreicht sie nicht die anvisierten kosten vorn Ariane 6. Doch die resultieren nach Airbus-Safran auch nicht aus neuer Technik sondern rationeller Fertigung und höheren Stückzahlen. Zumindest das erste sollte man auch hinbekommen ohne eine neue Rakete zu konstruieren.
Die Sinnfrage ist natürlich eine andere. Mit 14,3 t Nutzlast ist sie schon fast zu nutzlastreich. Das reicht für zwei der größten heutigen Satelliten, doch die wird man kaum zeitgleich angeliefert bekommen. Immerhin gehen nun ein schwerer und ein mittelschwerer Satellit, das geht bei der Ariane 5 ESC-A nicht. Theoretisch könnte sie auch mit zwei Sylda-5 drei Satelliten von je 4,4 t Masse, das ist ein mittelgroßer Satellit gleichzeitig transportieren, das wären dann 50% mehr Nutzlast als bei der Ariane 5 ECA, aber die Wahrscheinlichkeit das man diese gleichzeitig angeliefert bekommt sind heute klein. Aber die Zeiten ändern sich: Bei SpaceX müssen Kunden Jahre auf den Start warten, wenn Arianespace das auch einführt bekommt sie ohne Problem auch drei Satelliten für einen Start zusammen….